Laryngorhinootologie 2007; 86(9): 640-643
DOI: 10.1055/s-2007-966228
Originalien

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Anosmiker schmecken schlechter als Gesunde

Anosmics are More Poorly Able to Taste Than Normal PersonsH.  Gudziol1 , K.  Rahneberg1 , S.  Burkert2
  • 1Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde, Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena (Komm. Direktor: Prof. Dr. med. H. Gudziol)
  • 2Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Komm. Leiter: PD Dr. med. K. Neumann)
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Publikationsverlauf

eingereicht 11. Mai 2006

akzeptiert 19. Januar 2007

Publikationsdatum:
02. März 2007 (online)

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Zusammenfassung

Einleitung: Der Riech- und der Schmecksinn agieren beim Essen und Trinken eng miteinander und können sich gegenseitig verstärken. Bei einer andauernden Anosmie fällt das konditionierende olfaktorische Priming weg, sodass Auswirkungen auf das Schmeckvermögen vermutet werden. Methodik: Es wurden die Erkennungsschwellen für süß, salzig, sauer und bitter mithilfe der 3-Tropfen-Methode nach Henkin bei 39 Anosmikern bestimmt und mit denen von 39 gesunden Versuchspersonen gleichen Alters und Geschlechts verglichen. Ergebnisse: Anosmiker hatten im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant schlechtere Erkennungsschwellen für alle Schmeckqualitäten. Die medianen Erkennungsschwellen differierten für bitter um das 8-fache, für salzig um das 4-fache und für sauer um das Doppelte. Die medianen Erkennungsschwellen für süß waren nicht unterschiedlich. Die gustatorischen Erkennungsschwellen der jungen und alten Anosmiker differierten nicht. In der Kontrollgruppe war dies auch der Fall. Nur beim Erkennen der Zitronensäurelösung waren die Jungen empfindlicher als die Alten. Die Dauer und die Ursache der Anosmie hatten keinen Einfluss auf das Ausmaß der Minderung des Schmeckvermögens. Schlussfolgerung: Anosmiker schmecken tatsächlich alle 4 Schmeckqualitäten schlechter. Dieser olfakto-gustatorische Kombinationsschaden sollte im Falle einer Begutachtung berücksichtigt werden. Anosmikern kann bei fehlender Freude am Essen zum gustatorischen Nachwürzen der Speisen geraten werden.

Abstract

Introduction: The senses of smell and taste interact closely during eating and drinking and can sensitize each other. The conditioning olfactory priming disappears with permanent anosmia, so one can suppose that has effects on taste sensibility. Methods: The thresholds of taste recognition were measured for sweet, salty, sour, and bitter by using the 3-drops-method according to Henkin in 39 anosmics and were compared with those of 39 normal subjects of the same age and gender. Results: Anosmics had a poorer, i. e. higher recognition threshold for all taste qualities than normal persons. The median recognition threshold of bitter was 8 times, of salty four times, and of sour twice higher. The median recognition thresholds of sweet were equal. The gustatory recognition thresholds of the young and older anosmics didn’t differ significantly. The recognition thresholds of young and older normal subjects were not different except sour. The duration and the cause of anosmia had no influence on the recognition thresholds. Conclusion: Anosmics actually taste all four taste qualities more poorly. That olfacto-gustatory decline should be considered for insurance reports. Anosmics should be advised to spice their meals gustatorily for coping strategy.

Literatur

Prof. Dr. med. Hilmar Gudziol

Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
des Klinikums der Friedrich-Schiller-Universität

Lessingstraße 2
07740 Jena

eMail: hilmar.gudziol@med.uni-jena.de