Aktuelle Dermatologie 2007; 33(4): 126-130
DOI: 10.1055/s-2007-966339
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hypoallergene Ernährung im Säuglingsalter - ist eine Prävention atopischer Erkrankungen möglich?

Hypoallergenic Nutrition in Childhood - Is Prevention of Atopic Diseases Possible?C.  Bayerl1 , U.  Winckelmann2
  • 1Klinik für Dermatologie und Allergologie, HSK Wilhelm-Fresenius-Klinik, Städtisches Klinikum Wiesbaden
  • 2Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, HSK Wiesbaden GmbH
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Publication Date:
18 April 2007 (online)

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Zusammenfassung

In den letzten 25 Jahren hat die Zahl atopischer Erkrankungen um mehr als 150 % zugenommen. Erkrankungen des atopischen Formenkreises sind seltener bei Familien mit einer höheren Geschwisterzahl, bei Kindergartenbesuch früh im Leben, bei Familien mit anthroposophischem Lebensstil, bei Kontakt mit Tieren auf dem Bauernhof in der frühen Säuglingszeit und bei hohen Endotoxinspiegeln in der Wohnung.

In den ersten sechs Lebensmonaten bietet die Gabe von Brustmilch einen Schutz vor Atopie, oder aber Proteinhydrolysate, teils oder extensiv hydrolysierte Zubereitungen basierend auf Molke oder Casein und die strikte Meidung von Kuhmilch. Auf Aminosäuren aufgebaute oder sogenannte Elementardiäten werden nur bei Kindern mit nachgewiesener Kuhmilchallergie empfohlen. Beikost und feste Nahrung sollte schrittweise und erst nach dem sechsten Lebensmonat gegeben werden. Hochallergene Nahrungmittel (Ei, Milch, Soja, Fisch, Nüsse) sollten im ersten Lebensjahr bei Risikokindern gemieden werden.

Meidet die Mutter während der Schwangerschaft allergene Nahrungsmittel, hat dies eher keinen Schutzeffekt in Hinsicht auf atopische Erkrankungen. Kinder mit manifester Atopie zeigen in ihrer Darmflora häufig Keime wie Bakteroides, Staphylokokkus aureus und Clostridien. Im Gegensatz dazu weisen Brustmilch-gestillte Kinder eine ähnliche Darmflora auf wie die von Kindern mit probiotischer Ernährung (Gabe apathogener Laktobazillen und Bifidusbakterien) oder auch präbiotischer Ernährung (Ernährung mit Galakto- und Fructo-Oligosacchariden, die das Wachstum von Laktobazillen und Bifidusbakterien fördern). Bei Kindern mit Atopierisiko sprechen neue Studien - allerdings noch bei spärlicher Studienlage - für probiotische Ernährung in der Schwangerschaft und bei stillenden Müttern, und präbiotische Ernährung für Kinder, die nicht gestillt werden. Zusätzliche Maßnahmen der Atopieprävention umfassen das „Nicht-Rauchen” in Schwangerschaft, Stillzeit und in den Familien, Reduktion der Hausstaubmilben- und Schimmelpilzbelastung und keine Haustiere im späteren Kindesalter.

Abstract

In the last 25 years, atopic diseases have increased by more than 150 %. Atopy occurs less frequently in families with a higher number of siblings, in cases of early admittance to kindergarden, in families with anthroposophic lifestyles, in cases of early contact with farm animals and high endotoxin levels in the immediate environment.

In the first six months of life, nutritional protection is provided by breast feeding, protein hydrolysates such as partially or extensively hydrolysed formula based on whey or caseine and strict avoidance of cow's milk. Amino acids or elementary diets are recommended only in children with proven milk protein allergy. Supplementary diet and solid food should be started step by step after the sixth month and high allergenic food (egg, milk, soy, fish, nuts) must be avoided in the first year. During pregnancy, avoidance of potential allergens by the mother has not been proven to prevent atopic diseases. In children with allergy, bacteroides, staphylococcus aureus and clostridiae are often resident in the gut mucosa. In contrast, probiotic nutrition (apathogenic lactobacilli or bifidobacteria) or praebiotic nutrition (galacto- or fructo-oligosaccharides favoring the growth of lactobacilli and bifidobacteriae) result in an intestinal flora such as is found in breast-fed children. For children at risk of allergy, recent studies - still only few and therefore preliminary - argue in favour of probiotics for pregnant and breast-feeding women and praebiotics for non breast-fed children.

Additional measures for atopy avoidance are not smoking in pregnancy, during breast feeding and in families with a child at risk, reduction of housedust mites and moulds and no pets in later childhood.

Literatur

Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Klinik für Dermatologie und Allergologie
Städtische Kliniken WiesbadenLehrkrankenhaus der Universität Mainz
HSK, Wilhelm-Fresenius-Klinik GmbH

Aukammallee 39

65191 Wiesbaden

Email: christiane.bayerl@hsk-wiesbaden.de