Aktuelle Neurologie 2007; 34(4): 209
DOI: 10.1055/s-2007-970829
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Interessenkonflikte

Conflicts of InterestG.  Deuschl, H.  C.  Diener, H.-C.  Hopf, G.  Krämer, H.  Reichmann, C.-W.  Wallesch
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Publication Date:
09 May 2007 (online)

Bis vor einigen Jahren war es üblich, bei wissenschaftlichen Publikationen die finanzielle Quelle, aus der eine Studie bezahlt wurde und mögliche Interessenkonflikte nicht zu benennen. Dies hat sich in den letzten zehn Jahren erfreulicherweise geändert, und entsprechende Interessenkonflikte werden in zunehmendem Umfang nicht nur von großen internationalen Journalen, sondern auch im deutschsprachigen Raum publiziert.

In den Vereinigten Staaten nimmt dies aber in der Zwischenzeit abstruse Züge an. So ist man als Redner bei Kongressen in den USA gezwungen, ein oder mehrere Dias zu Beginn zu zeigen, die alle möglichen Interessenkonflikte darlegen, unabhängig davon, ob sie mit dem Inhalt der vorgetragenen Daten zu tun haben oder nicht. Dies ist besonders bedauerlich, wenn man für einen Vortrag nur 5 min Zeit hat und dann 1 min für die Präsentation der möglichen Interessenkonflikte verloren geht.

Eine weitere Absurdität erlebte einer von uns vor Kurzem. In einer Publikation aus Deutschland in der Zeitschrift JAMA (2006; 296: 283 - 291) wurden Ergebnisse einer großen epidemiologischen Untersuchung aus der Women's Health Study publiziert, in der 27 840 Frauen im Alter über 45 Jahren über 20 Jahre verfolgt wurden. Die Studie zeigte ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, was bereits bekannt war, aber auch ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte. Bei der Darlegung von finanziellen Interessenkonflikten wurden keine Angaben gemacht, da die Studie - wie aufgeführt - vom National Institute of Health und einer Stiftung finanziert wurde und keinerlei Bezug zu irgendwelchen Medikamenten oder der Industrie hatte. Dessen ungeachtet hat ein Reporter der Washington Post dies aufgegriffen und zum Anlass genommen, einen Artikel zu schreiben, in dem er den Autoren vorwirft, finanzielle Verbindungen mit der Industrie verschwiegen zu haben. Die Autoren wurden gezwungen, einen Brief an JAMA zu schreiben, der im selben Heft publiziert wurde und in dem ausführlich alle Kontakte, die jeder der Autoren jemals mit irgendeiner Pharma-Firma hatte, aufgeführt wurden.

Die Herausgeber der Aktuellen Neurologie sind uneingeschränkt dafür, dass alle Publikationen und Vorträge, bei denen Medikamente eine Rolle spielen oder bei denen Firmen als Teil- oder komplette Sponsoren aufgetreten sind, eine entsprechende Erklärung über mögliche Interessenkonflikte enthalten müssen. Wir halten es aber für absurd, wenn man Interessenkonflikte bei Studien darlegen soll, bei denen Medikamente und Firmen überhaupt keine Rolle spielen. Diese Absurdität wird dadurch verdeutlicht, dass in dem erwähnten Artikel im JAMA Kürzungen der Diskussion hingenommen werden mussten, in denen wichtige Aspekte der Studie ausführlich diskutiert werden sollten, weil darauf verwiesen wurde, dass es dafür keinen Platz gebe. Dessen ungeachtet gab es aber Platz, um auf einer Druckseite sämtliche irrelevanten Interessenkonflikte abzudrucken.

Dessen ungeachtet möchte aber auch die Aktuelle Neurologie in Zukunft mögliche Interessenkonflikte offenlegen. Unsere Autoren werden daher in Zukunft gebeten, bei Einreichung sämtlicher Manuskripte, in denen medikamentöse oder sonstige Therapieverfahren erwähnt werden, in dem Manuskript in geeigneter Form zu erklären, ob sie Zuwendungen für Beratung, Kongressbesuche, Vortragshonorare oder die Durchführung klinischer Studien (auch an die Institutionen des Autors bzw. der Autoren) erhalten haben und ob sonstige Interessenskonflikte bestehen (z. B. Beschäftigung bei einer interessierten Firma, Aktienbesitz etc.). Bei Therapiestudien muss auch angegeben werden, ob sie vollen Zugriff auf die Daten hatten und das Manuskript selbst geschrieben haben.

Die Herausgeber der Aktuellen Neurologie:

G. Deuschl, H. C. Diener, H.-C. Hopf, G. Krämer, H. Reichmann, C.-W. Wallesch