ZFA (Stuttgart) 2007; 83(5): 200-201
DOI: 10.1055/s-2007-977702
Fortbildung

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prof-Kurs und Mehr

Internationale Nachwuchsförderung in der universitären AllgemeinmedizinProf-Course and MoreInternational Faculty Development in University General PracticeN. Donner-Banzhoff 1 , S. Wilm 2
  • 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Philipps-Universität Marburg
  • 2Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Publication History

Publication Date:
23 May 2007 (online)

Der, Professionalisierungskurs für akademisch interessierte Allgemeinmediziner/-innen‘- kurz: Prof-Kurs - gehört inzwischen zum Leben der DEGAM dazu. 1999 begann die erste Gruppe mit 18 Teilnehmern ihr Programm von fünf Wochenend-Blöcken über anderthalb Jahre. In diesem Jahr wird der vierte Kurs „die Fackel“ an den fünften Kurs weitergeben.

Die Anregung zu dieser Förderung des akademischen Nachwuchses in der Allgemeinmedizin kam aus Kanada; vor etwa 15 Jahre wurde von der Abteilung für Allgemeinmedizin der Universität Toronto das Five-Weekend-Fellowship-Program begründet. Die Initiatorin dieses Programms, Professor Helen Batty, traf sich am 31. Januar 2007 mit Teilnehmern der DEGAM-Prof-Kurse in Frankfurt. Erfahrungen aus den bisherigen Initiativen zur akademischen Nachwuchsförderung (Faculty Development), aber auch Konsequenzen und künftige Entwicklungen wurden diskutiert.

Das kanadische Programm diente dazu, den über das ganze Land versprengten Lehrbeauftragten und Lehrärzten Gelegenheit zu geben, ihre akademische Kompetenz - vor allem in der Lehre - weiterzuentwickeln. Es richtete sich vor allem an Kolleginnen, die Vollzeit in ihrer Praxis arbeiten, sich aber trotzdem in der Aus- und Weiterbildung und in der Forschung engagieren möchten. Das Bedürfnis, über den Trott des Alltags den Horizont zu erweitern, Kollegen in gleicher Situation kennen zu lernen und einem Burn-out vorzubeugen, waren wichtige Motive für die Teil-nahme. Helen Batty schilderte den Prozess der Etablierung, der didaktischen und logistischen Umsetzung. Das Programm fügt sich in ein ausgefeiltes Stufensystem der Nachwuchs-Förderung und des Faculty Development, das über das einjährige Fellowship-Program (Vollzeit) bis hin zum Master-Studiengang reicht.

Das „Fünf-Wochenend-Prinzip“ hat weite Verbreitung gefunden. In so verschiedenen Ländern wie z. B. Brasilien, China, Thailand und den Golf-Emiraten werden akademisch interessierte und engagierte Allgemeinärzte mit solchen Programmen unterstützt. In Kanada wird es aber auch für inhaltlich definierte intensive Fortbildungs-Programm genutzt.

Die Themen der fünf Prof-Kurs-Wochenenden Lehre & Kommunikation Versorgung in der Praxis Qualität Forschung Gedeihen an der Hochschule (siehe http://www.degam.de/alt/faculty/index_fd.htm)

Der Prof-Kurs der DEGAM sticht in dieser Landschaft durch seine radikale Lernerzentrierung hervor. Hier sind die Teilnehmer in hohem Maße auf die eigene Initiative angewiesen, da keine Programmleitung i.e.S. vorgesehen ist, sondern nur eine recht allgemeine thematische Struktur und ein zeitlicher Rahmen vorgegeben werden. Dies bietet die Chance, Inhalte und Didaktik ganz auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden; andererseits sorgt dies zu Beginn eines jeden Kurses für Skepsis und Befürchtungen, und lässt manchen ein Scheitern des ganzen Kurses fürchten.

Kurse dieser Art sind immer auch ein Instrument des Generationswechsels; sie helfen einer neuen Generation dabei, ihre Vorstellungen zu formulieren und umzusetzen. Das kanadische Programm zielte auch darauf, über mehrere Orte versprengte Kolleginnen zu einer kritischen Masse und zu Netzwerken zusammenzuschließen; dazu arbeiten kleine Gruppen von Teilnehmern in den Zeiten zwischen den Wochenendblöcken an eigenen gemeinsamen Projekten. Die Präsentation der Ergebnisse ist nicht nur ein Anreiz für die einzelnen Teilnehmer, sondern auch eine Information der fachbezogenen Öffentlichkeit über die Arbeit der Gruppe.

Neben den sachlich definierbaren Kompetenzen ist „leadership“ immer das übergeordnete Lernziel. Diese erfordert allerdings eine sorgfältige Reflexion der didaktischen und Gruppenprozesse, verschiedene Formen der Rückkopplung und der Evaluation. Der entsprechende Erfolg zeigt sich darin, dass viele Teilnehmer inzwischen ihren Weg in universitäre Leitungspositionen gefunden haben, auch in Deutschland.

Viele Teilnehmer das kanadischen Programms berichten, dass die Teilnahme ihr Leben verändert hat. Die Nachfrage nach dem Programm hat allerdings nachgelassen, da es inzwischen regionale Initiativen und mehrere Masterprogramme gibt, die wiederum von früheren Teilnehmern des Programms mitgestaltet werden. Das Fünf-Wochenend-Programm stellt also auch ein „Train-the-Trainer-Instrument“ zur gezielten Verbreitung neuartiger Kompetenzen dar.

In der internationalen Perspektive, die Helen Batty darlegte, zeigt sich, dass die Allgemeinmedizin Vorreiter in der akademischen Nachwuchsförderung ist. In Kanada haben inzwischen andere klinische Fächer das Konzept übernommen, teilweise in Form von interdisziplinären, gemeinsamen Programmen. Für Deutschland bietet die DEGAM mit dem Professionalisierungs-Kurs ebenfalls ein Modell an, das in anderen medizinischen Fächern noch keine Entsprechung gefunden hat [Abb. 1].

Abb. 1 Teilnehmer des Gesprächs: vorne v. links nach rechts: H.-P. Romberg, H. Batty, A. Erler; hinten: N. Donner-Banzhoff, S. Wilm, C. Levin

Interessenskonflikt: keine angegeben.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. N. Donner-BanzhoffMHSc. 

Abteilung für Allgemeinmedizin

Präventive und Rehabilitative Medizin

Philipps-Universität Marburg

35032 Marburg

Email: Norbert@med.uni-marburg.de