RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2007-981664
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Im Anschluss sehen Sie den Wetterbericht…..
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
21. Juni 2007 (online)
So oder ähnlich, liebe Leserinnen und Leser, lauten die Ankündigungen nach den Nachrichtensendungen im Fernsehen. Es gibt Grund zu der Annahme, dass in den nächsten Jahrzehnten vielleicht die Form der Ansage, nicht aber deren Inhalt gleich bleiben wird. Sie ahnen schon, welcher Bezug hier hergestellt werden soll.
Es geht um den bis heute vierten Klimabericht der Vereinten Nationen. Er teilt sich in drei Abschnitte:
Teil 1 (Februar 2007) beleuchtet das Ausmaß des Klimawandels und stellt die Verantwortung des Menschen für die globale Erwärmung in gravierender Deutlichkeit heraus. So ist z. B. der Meeresspiegel im 20. Jahrhundert um 17 Zentimeter gestiegen, die Arktis hat sich doppelt so stark erwärmt wie das globale Mittel und elf der vergangenen zwölf Jahre finden sich unter den zwölf wärmsten seit dem Beginn der Aufzeichnungen um 1850. Teil 2 (April 2007) betrachtet die Folgen und nennt als größte Risiken Dürren und Hitzewellen, das Abschmelzen von Grönlands Eispanzer, Überschwemmungen und die Übersäuerung der Ozeane. Teil 3 (Mai 2007) beschreibt den verbleibenden Handlungsspielraum. Um den Temperaturanstieg auf den beherrschbaren Bereich von 2,0-2,4 Grad Celsius zu begrenzen, muss der immer noch steigende Treibhausgas-Ausstoß drastisch reduziert werden. Spätestens in acht Jahren dürfen die weltweiten Kohlendioxidemissionen nicht weiter ansteigen und müssten (verglichen mit den Werten vom Jahr 2000) bis Mitte des Jahrhunderts um 50 85% sinken.
Die Kosten für eine Eindämmung des Klimawandels halten sich nach Einschätzung der Experten derzeit noch in vorstellbaren Grenzen. Wenn der globale Temperaturanstieg im kontrollierbaren Bereich bleiben soll, koste dies im Jahr weniger als 0,12 Prozentpunkte des weltweiten Wirtschaftswachstums.
Die Kosten für eine Eindämmung des Klimawandels belaufen sich nach Einschätzung der Experten auf weniger als 0,12 Prozentpunkte des weltweiten Wirtschaftswachstums im Jahr. Klimaschützende Technologien seien bereits heute verfügbar. Der Bundesumweltminister stellte am 26. April einen Acht-Punkte-Plan vor, der Maßnahmen zur Senkung der Emissionen in Deutschland vorsieht. Den Ausbau der Atomkraft sucht man in diesen Empfehlungen šbrigens vergeblich. Experten haben berechnet, dass (abgesehen von den Risiken dieser Technologie) selbst mehrere hundert zusätzliche Reaktoren nur einen äußerst bescheidenen Beitrag zur Klimarettung liefern könnten. Wirklich lohnend sei nur ein Investment in die drei Hauptstrategien Energieeffizienz, erneuerbare Energien und kohlendioxidarme Kohle- und Gaskraftwerke.
Nicht erwähnt in diesem Plan ist auch die unschäzbare Rolle der Wälder. Nach Überzeugung führender Wissenschaftler wüde eine 50%ige Verminderung der Entwaldung (begründet mit der Produktion von „Biokraftstoffen”!!) bis 2050 die Freisetzung von fünfzig Milliarden Tonnen verhindern und zwischen 10 - 15 Milliarden US-Dollar kosten. Man konzentriere sich bei den bislang beschlossenen Protokollen zu sehr auf die Emissionen reicher Länder und auf technologische Lösungen anstatt auch den Armen dieser Welt Anreize zu bieten, mit dem Abbrennen der Wälder aufzuhören.
In der Tat beängstigend, werden viele sagen. Was bitte aber hat ein Editorial und ein Artikel, der sich mit der weltweiten CO2-Regulierung beschäftigt (siehe S. 230) in einer hausärztlichen Zeitschrift zu suchen? Die Antwort fällt nicht schwer.
Zum einen sind Hausärzte keine Verwalter, die mit unbelebter Materie umgehen. Ihre tägliche Interaktion mit Menschen, die ihnen vertrauen, erfordert auch, dass sie sich über allgemeinpolitische Themen kundig machen, die ihre Patienten nicht nur beschäftigen, sondern in diesem Falle auch berechtigt ängstigen. Zum anderen drohen konkrete Gesundheitsgefahren. Damit sind keineswegs alleine verheerende Überschwemmungen durch den steigenden Meeresspiegel in der Dritten Welt gemeint. Auch in unseren Breitengraden werden häufigere und heftigere Wetterextreme zu steigenden ökonomischen und sozialen Kosten führen und die Gesundheit von Millionen von Menschen betreffen (Todesfälle, Verletzungen und Krankheiten durch Hitzewellen, Überschwemmungen, Stürme, Brände und Dürren).
„Nur durch den verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen und nachhaltiges Wirtschaften wird eine erfolgreiche Zukunft möglich sein - für die Unternehmen ebenso wie für die gesamte Welt. Daher ist Klimaschutz keine Option, für die man sich entscheiden kann oder auch nicht, sonder ein zwingendes Gebot”. Dieses Zitat stammt nicht etwa von einem weltfremden Wissenschaftler, sondern von einem verantwortlichen Manager eins großen Automobilkonzerns.
Herzlich
Ihr Michael M. Kochen
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. M. M. KochenMPH, FRCGP
Facharzt für Allgemeinmedizin
Abteilung Allgemeinmedizin
Georg-August-Universität
Humboldtallee 38
37073 Göttingen
eMail: mkochen@gwdg.de