Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2 - V60
DOI: 10.1055/s-2007-982155

Toll-Like Rezeptor 4: Regulator der betazellgerichteten Immunreaktion und der Entwicklung des Körpergewichts im Tiermodell des Typ 1 Diabetes

E Gülden 1, S Imamura 1, M Ihira 1, H Kolb 1, V Burkart 1
  • 1Deutsches Diabetes-Zentrum, Düsseldorf, Germany

Fragestellung: Initiation und Progression der betazellgerichteten Immunreaktion sowie Pathogenese des Insulinmangeldiabetes werden wesentlich durch Zellen und Mediatoren des nicht-adaptiven Immunsystems kontrolliert. Die Aktivitäten nicht-adaptiver Immunzellen, wie Makrophagen, werden über Toll-Like Rezeptoren (TLR) beeinflusst. Da unsere früheren Untersuchungen einen entscheidenden Einfluss des TLR4 bei der proinflammatorischen Makrophagenaktivierung belegen, sollten in dieser Studie mithilfe einer TLR4-defizienten Linie der non-obese diabetic (NOD) Maus, einem Tiermodell des humanen Typ 1 Diabetes, TLR4-abhängige Prozesse identifiziert werden, die an der Pathogenese des Insulinmangeldiabetes beteiligt sind.

Methodik: Untersuchungen zur Reaktivität von Milzzellpopulationen aus weiblichen NOD-Mäusen mit normaler (TLR4+/+) oder fehlender (TLR4-/-) TLR4-Expression auf Concanavalin A (ConA) und Interleukin-2 (IL-2) wurden ergänzt durch histologische Analysen der pankreatischen Inseln und Studien zur Körpergewichtsentwicklung.

Ergebnisse: Unsere Befunde im Modell der TLR4-defizienten NOD Maus zeigen eine signifikante Beschleunigung der Diabetesentwicklung in TLR4-/- Tieren. Histologische Analysen der Pankreata von 100 Tage alten Mäusen zeigten in TLR4-/- Tieren einen höheren Anteil von Inseln mit fortgeschrittener Immunzell-Infiltration (29%) als in TLR4+/+ Tieren (11%) (p<0,01). Gleichzeitig lag in TLR4-/- Mäusen der Anteil gering infiltrierter Inseln niedriger (20%) als in TLR4+/+ Mäusen (49%) (p<0,01). Hinweise für eine immunologische Hyperreaktivität in TLR4-/- Mäusen ergaben sich aus ConA und IL-2 stimulierten Milzzellpopulationen. Milzzellen von TLR4-/- Mäusen zeigten nach ConA Stimulation (2,5µg/ml) eine 4,5 fach höhere Proliferationsrate als Zellen von TLR4+/+ Mäusen (p<0,01). Nach Stimulation mit IL-2 (50ng/ml) produzierten Milzzellen von TLR4-/- Mäusen höhere Mengen des betazelltoxischen Mediators Tumor Nekrose Faktor α (311±10pg/ml) als Zellen von TLR4+/+ Mäusen (161±14pg/ml) (p<0,001). Da neuere Befunde die Anwesenheit von Komponenten des angeborenen Immunsystems, darunter Makrophagen und TLR, auch im Fettgewebe belegen, wurden in einem ersten Ansatz mögliche Auswirkungen des TLR4 Defektes auf die Körpergewichtsentwicklung analysiert. Dabei zeigte sich, dass die Gewichtsentwicklung weiblicher TLR4-/- Mäuse einer signifikant anderen Kinetik folgt, als die der TLR4+/+ Mäuse (p<0,0001). Bis zum Alter von 21 Wochen wogen TLR4-/- Tiere 1,7±0,2g (6,9±0,8%) mehr als TLR4+/+ Tiere.

Schlussfolgerungen: Unsere Ergebnisse in TLR4 defekten NOD Mäusen zeigen eine beschleunigte Gewichtszunahme und eine immunologische Hyperreaktivität, die möglicherweise auf eine unzureichende Gegenregulation in Abwesenheit von TLR4 zurückzuführen ist. Diese Befunde legen die Vermutung nahe, dass TLR4 die betazellgerichtete Immunreaktion sowie das Körpergewicht reguliert und damit die Entwicklung des Insulinmangeldiabetes in der NOD Maus kontrolliert.