Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2 - P167
DOI: 10.1055/s-2007-982262

Häufigkeit von Glukosetoleranzstörungen und kardiovaskulären Risikofaktoren bei Teilnehmern eines ambulanten Adipositas-Schulungsprogramms für Kinder und Jugendliche

A Tewes 1, H Sassmann 2, E Sadeghian 1, W von Schütz 1, K Lange 2, T Danne 1
  • 1Kinderkrankenhaus auf der Bult, Pädiatrie 3, Hannover, Germany
  • 2Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Germany

Fragestellung: Beschreibung des Risikoprofils für Typ 2 Diabetes und der Lebensbedingungen von Teilnehmern eines 1-jährigen ambulanten interdisziplinären Schulungsprogramms für Familien mit übergewichtigen Kindern und Jugendlichen.

Methodik: Adipöse Kinder und Jugendliche (>97. Perzentile + familiäres Risiko/>99,5. Perzentile) werden vom behandelnden Kinderarzt an ein Kinderkrankenhaus überwiesen. Dort nehmen sie an einem 1-jährigen ambulanten Schulungsprogramm teil. Die Intervention (KgAS-Programm der AGA) umfasst die wöchentliche Teilnahme an den Bausteinen Sport, Ernährungsberatung, Psychosoziales und Medizin. Die Ergebnisqualität wird durch vierteljährige Datenerhebungen gesichert.

Ergebnisse: 100 Familien wurden seit Dezember 2004 zum Adipositas-Training aufgenommen. 44% der Kinder & Jugendlichen sind männlich, 56% weiblich. 37% besuchen eine Grundschule, 63% weiterführende Schulen (davon 20% Gymnasien). Die Teilnehmer sind 8–16 Jahre alt (M=11,4; +2,0). BMI: M=28,9 (+4,5) m/kg2; BMI-SDS: M=2,4 (+0,4); Größe: M=154,0 (+12,0)cm; Gewicht: M=70,0 (+19,7)kg; Gewicht-SDS: M=2,3 (+0,6). Bei 10% wurden eine oder mehrere Begleiterkrankungen diagnostiziert. HbA1c: m=5,2% (+0,3; n=52); BZ-nüchtern m=83,0mg/dl (+8,4; n=94); 120min OGTT-BZ: m=99,0mg/dl (+15,8; n=63). Es wurde kein Diabetes mellitus diagnostiziert. In den OGTT's zeigten sich jeweils ein Fall gestörter Glukosetoleranz (IGT; Nüchtern-BZ: 75mg/dl –120min-BZ: 176mg/dl) und ein Fall gestörter Nüchternglukose (IFT; Nüchtern-BZ: 101mg/dl –120min-BZ: 119mg/dl). RR-sys: M=118,3 (+12,3); RR-dia: M=61,3 (+7,8); 10% Chol.↑; 30% HDL↓; 10% LDL↑; 43% Trigl.↑; Familiäres Risiko: 72,4% der Väter (n=87; BMI m=28,9±4,8; Alter m=43,3±6,0) & 54,9% der Mütter (n=95; BMI m=28,2±7,1; Alter m=40,8±4,9) sind übergewichtig oder adipös; keine dokumentierten Fälle von Typ-2 DM oder Apoplex bei den Eltern; 1 Infarkt; 7x Hypertonie. 50% der Großmütter mütterlicherseits (65,4J.±8,2) und 50,7% väterlicherseits (68,7J.±8,4) sind adipös, 16,3% bzw. 10,7% litten an Typ 2 Diabetes. 33,8% der Großväter mütterlicherseits (69,1J.±8,4) und 33,9% väterlicherseits (71,2J.±7,6) sind adipös, 15,4% bzw. 14,8% litten an Typ 2 Diabetes. 79% der Mütter & 76% der Väter sind deutscher Herkunft. 66% der Teilnehmer leben bei den leiblichen Eltern, 21% bei einem Elternteil & 12% in einer Patchworkfamilie. Bildungsstand der Eltern: 39,5% der Väter & 19% der Mütter Hauptschulabschluss oder niedriger.

Schlussfolgerung: Die Teilnehmer an dem Adipositas-Schulungsprogramm repräsentieren eine Hochrisikogruppe für ein Metabolisches Syndrom: Stark übergewichtig mit z.T. gravierendem familiären Risiko. Dennoch sind sie derzeit gesund. Erste Fälle gestörter Glukosetoleranz deuten auf ein akutes gesundheitliches Risiko hin. Manifester Typ 2 Diabetes ist bei übergewichtigen Kindern außerhalb des Kur-Settings selten; aber Aspekte eines Metabolischen Syndroms häufig.