Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2 - P238
DOI: 10.1055/s-2007-982333

Die Glukagonsekretion wird stärker durch intravenöse als durch orale Glukose supprimiert

K Vollmer 1, M Nauck 2, J Holst 3, W Schmidt 1, J Meier 1
  • 1St. Josef-Hospital, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Klinik I, Bochum, Germany
  • 2Diabeteszentrum Bad Lauterberg, Bad Lauterberg, Germany
  • 3Department of Medical Physiology, University of Copenhagen, Copenhagen, Denmark

Einleitung: Der Inkretineffekt beschreibt die Verstärkung der postprandialen Insulinsekretion durch gastrointestinale Hormone. Unklar ist, ob auch die Glukagonsekretion durch einen Inkretineffekt beeinflusst wird. Ferner findet sich bei vielen Patienten mit Typ 2 Diabetes eine gestörte Suppression der Glukagonfreisetzung. Es ist unbekannt, ob diese Störung bereits vor der Diabetes-Manifestation vorliegt. Daher wurde (1) die Glukagonsekretion nach oraler sowie während intravenöser Glukosegabe verglichen und (2) untersucht, ob die Glukagonsekretion sich bei erstgradigen Verwandten von Patienten mit Typ 2 Diabetes und Kontrollpersonen unterscheidet.

Patienten und Methoden: 16 erstgradige Verwandte von Patienten mit Typ 2 Diabetes und 10 angepasste Kontrollpersonen wurden mit einer oralen Glukosegabe (75g) sowie mit einer „isoglykämischen“ intravenösen Glukoseinfusion untersucht.

Ergebnisse: Die Glukagonspiegel wurden sowohl durch die orale, als auch durch die intravenöse Glukose signifikant supprimiert (p<0,0001), jedoch war die Suppression während der intravenösen Glukosegabe ausgeprägter (76±2%) als nach der oralen Glukosegabe (48±4%; p<0,001). Die Unterschiede in den Glukagonspiegeln zwischen den Experimenten mit oraler und i.v. Glukose waren mit den Anstiegen der Sekretion von GIP (r=0,60, p=0,001) und GLP-1 (r=0,46, p<0,05) korreliert. Die Glukagonspiegel unterschieden sich nicht zwischen den erstgradigen Verwandten und Kontrollpersonen.

Schlussfolgerungen: Trotz der glukagonostatischen Wirkungen von GLP-1 ist die Suppression der Glukagonsekretion durch Glukose nach oraler Glukosezufuhr vermindert. Dies könnte auf die glukagonotropen Wirkungen von GIP und GLP-2 zurückzuführen sein. Die normale Suppression der Glukagonsekretion bei den erstgradigen Verwandten von Patienten mit Typ 2 Diabetes deutet darauf hin, dass sich Störungen der Alpha-Zell-Funktion erst später in der Pathogenese des Typ 2 Diabetes entwickeln.