Ultraschall Med 2008; 29(2): 156-158
DOI: 10.1055/s-2008-1027301
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

3D/ 4D-Ultraschall in der Geburtshilfe - Babyfernsehen ohne Diagnostik?

3D/ 4D-Ultrasound in Obstetrics - Baby TV without Diagnostics?E. Merz
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Publication Date:
02 April 2008 (online)

Die 3D/ 4D-Ultraschalltechnik hat sich in Europa innerhalb der letzten Jahre so phänomenal entwickelt [1] [2] [3] [4] [5], dass damit nicht nur Fotos, sondern auch Videos vom Ungeborenen angefertigt werden können, die insbesondere für die werdenden Eltern, aber auch für den Untersucher von bleibendem Eindruck sind.

Auch in den USA hat sich diese Technik in der Zwischenzeit mehr und mehr etabliert [6]. Parallel zum medizinischen Einsatz der 3D/ 4D-Ultraschalltechnik in der pränatalen Diagnostik hat sich dort aber auch ein neuer Geschäftsbereich entwickelt, der Bilder und Videos von Ungeborenen kommerziell vermarktet, ohne dass damit eine medizinische Untersuchung verbunden ist. Firmen wie „Fetal Fotos, Peek-a-Boo, Womb with a View oder Baby Insight” entstanden im ganzen Land, vor allem in Einkaufszentren, und bieten den Schwangeren Ultraschalluntersuchungen zur Anfertigung von Erinnerungsfotos/-videos des Feten (sog. „Keepsake images/videos”) an [7]. So schön und mitreißend solche Bilder für die werdenden Eltern und auch für den Untersucher auch sein mögen [8], so problematisch ist die Anfertigung von solchen Fotos oder Videos vom Ungeborenen ohne medizinische Diagnostik und Kontrolle.

Ohne Zweifel handelt es sich bei der Ultraschalluntersuchung in der Schwangerschaft um eine medizinische Diagnostik, die zumindest in Deutschland an den Arzt gebunden ist. Dies unterscheidet sich grundsätzlich von anderen Ländern (z. B. USA oder Norwegen), wo Ultraschalluntersuchungen auch von nichtärztlichen Ultraschallspezialisten (Sonografers) durchgeführt werden. Grundsätzlich sind diese aber auch an eine ärztliche Supervision gebunden.

In Deutschland beinhalten die Ultraschall-Screeninguntersuchungen nach den Mutterschaftsrichtlinien [9] die Überprüfung des Feten hinsichtlich seines Wachstums und eventueller anatomischer Auffälligkeiten. Ergeben sich hierbei Unklarheiten, so sind diese mittels einer detaillierten Ultraschalluntersuchung in einem weiterführenden Zentrum der DEGUM-Stufe II oder III abzuklären. Ziel dieser Untersuchung ist es dabei, eine fetale Fehlbildung gezielt auszuschließen oder nachzuweisen. Ergibt sich während dieser Untersuchung ein schönes Bild vom Feten, so obliegt es dem Arzt, dies der Patientin am Ende der Schwangerschaft als Erinnerungsfoto auszuhändigen.

In den USA wird bei den sog. Keepsake images/videos hingegen ein medizinisches Equipment verwendet, um Bilder vom Ungeborenen anzufertigen, ohne dass dabei eine medizinische Diagnostik damit verbunden ist. D. h., es gibt weder eine gezielte Kontrolle der fetalen Anatomie noch eine Überwachung des zeitlichen Einsatzes einer solchen Untersuchung. Zwar geben die meisten dieser Firmen den Patientinnen zu verstehen, dass es sich hierbei nicht um eine medizinische Untersuchung handelt. Wird dies jedoch nicht kundgetan, so können die Patientinnen fälschlicherweise annehmen, dass bei der Untersuchung auch die Überprüfung der fetalen Anatomie einbezogen wurde. Bei einer übersehenen Auffälligkeit kann dies dann forensische Konsequenzen haben.

Obwohl die Ultraschallanwendung beim Feten heute unter medizinisch korrekter Anwendung als nicht gefährdend für das Ungeborene gilt, handelt es sich um eine Technik, bei der das fetale Gewebe einer bestimmten Schallenergie ausgesetzt wird. Auch wenn es sich hierbei nur um eine geringe Energie handelt, so ist von Tierstudien her bekannt, dass bei unkontrollierter und vor allem lang andauernder Exposition bestimmte Effekte am fetalen Gewebe, wie Erwärmung oder Kavitation, entstehen können [10]. Jeder Arzt, der in Deutschland Ultraschalluntersuchungen beim Ungeborenen durchführt, weiß deshalb, dass die Anwendung von Untersuchungen, bei denen die Energie auf ein kleines Areal appliziert wird, wie z. B. beim gepulsten Doppler, gerade so kurz wie nötig sein soll, um eine korrekte Diagnose stellen zu können.

Im Vergleich zur herkömmlichen zweidimensionalen Ultraschall hat die 3D/ 4D-Technik den Vorteil, dass damit nicht nur Bilder, sondern Volumina vom Feten aufgenommen und gespeichert werden, aus denen dann der Ultraschallspezialist die Diagnose stellen kann. D. h., die tatsächliche zeitliche Schallexposition des Feten ist damit im Vergleich zur kontinuierlich angewandten 2D-Technik deutlich reduziert. Dies gilt jedoch nur für die Untersuchung durch den Experten und bei günstiger Lage des Feten. Bei unerfahrenem Untersucher und bei ungünstiger Lage des Feten kann es hingegen bedeuten, dass länger als eine halbe Stunde geschallt werden muss, um das Gesicht und/oder das Geschlecht - für die Eltern die beiden meist gewünschten Zielorgane - optimal darzustellen und im Volumen abzuspeichern. Liegen ungünstige Fruchtwasserverhältnisse vor, so ist eine Oberflächendarstellung des Feten trotz längerer Untersuchung meist nicht möglich.

Wie soll man sich nun als Arzt verhalten, wenn Eltern ein Erinnerungsfoto oder -video wünschen? Hierzu sind aus Expertensicht folgende Punkte zu berücksichtigen:

Erinnerungsfotos vom Embryo oder Feten gehören nicht zur Auftragsleistung einer medizinischen Ultraschalluntersuchung und sind deshalb als optional anzusehen. Für werdende Eltern haben Fotos vom Ungeborenen einen hohen Stellenwert. Diese sollten aber nur im Rahmen einer medizinischen Untersuchung angefertigt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Fotos während der Untersuchung - was sich meist anbietet - oder als Addendum nach der Untersuchung aufgenommen werden. Die alleinige Ultraschalluntersuchung zur Anfertigung lediglich von Erinnerungsbildern/-videos ist aus medizinischer Sicht abzulehnen. Erinnerungsvideos sollten möglichst kurz sein und im Rahmen der diagnostischen Untersuchung gewonnen werden, wodurch die Zeit, die für die eigentliche Diagnostik erforderlich ist, nur unwesentlich überschritten wird. Unter Verwendung der 4D-Sonografie können bestimmte fetale Bewegungen aus gespeicherten Volumensequenzen detailliert herausgesucht und nochmals gezielt für die Eltern abgespeichert werden. Jeder Untersucher, der Erinnerungsfotos und/oder -videos für die Eltern digital aufnimmt, muss sich bewusst sein, dass das ausgehändigte Bildmaterial im Falle einer übersehenen Fehlbildung unter Umständen juristisch gegen ihn verwendet werden kann. Dies ist zwar kein neues Phänomen, sondern bereits hinreichend von der nichtdigitalen Videoaufnahme her bekannt. Neu ist jedoch, dass abgespeicherte Volumina - im Vergleich zu Videoaufnahmen - auch im Nachhinein nochmals in toto untersucht werden können und somit unter Umständen auch noch Auffälligkeiten zu Tage kommen können, die auf den digital abgespeicherten Oberflächenbildern nicht zu sehen waren. Bei ungünstiger Lage des Feten oder bei deutlich reduzierter Fruchtwassermenge sollten die Eltern darauf aufmerksam gemacht werden, dass unter solchen Umständen keine schönen dreidimensionalen Oberflächenbildern vom Ungeborenen gewonnen werden können.

Statements bezüglich der Anfertigung von Ultraschallerinnerungsbildern vom Embryo/Feten wurden auch von der AIUM [11] und von der EFSUMB [12] publiziert. Abschließend wird das Statement der Food and Drug Administration in den USA [7] wiedergegeben, das den Verkauf oder das Verleihen von Ultraschallgeräten zur alleinigen Durchführung von Erinnerungsvideos ablehnt:

„Persons who promote, sell or lease ultrasound equipment for making „keepsake” fetal videos should know that FDA views this as an unapproved use of a medical device. In addition, those who subject individuals to ultrasound exposure using a diagnostic ultrasound device (a prescription device) without a physician’s order may be in violation of state or local laws or regulations regarding use of a prescription medical device.”

3D/ 4D ultrasound has experienced such phenomenal developments in Europe over the last few years (1.5) that parents-to-be as well as examiner can now view not only images but also impressive videos of fetuses.

This technique has also become increasingly established in the United States [6]. In addition to the medical use of 3D/ 4D ultrasound in prenatal diagnostics, a new industry that commercially markets non-medical images and videos of fetuses has developed. Companies such as Fetal Fotos, Peek-a-Boo, Womb with a View, and Baby Insight have sprung up all over the country, particularly in shopping centers, and offer pregnant women ultrasound examinations for the purpose of creating fetal keepsake images/videos [7]. Although this is exciting and meaningful for parents-to-be and examiners [8], the creation of such images and videos without a medical purpose and proper monitoring is problematic.

In Germany, ultrasound examination during pregnancy is a diagnostic procedure that must be performed by a physician. This is not the case in other countries (e. g., USA and Norway) where ultrasound examinations can be performed by ultrasound specialists (sonographers). However, the supervision of a physician is typically required in such cases.

In Germany ultrasound screenings are used to examine the fetus according to the maternity guidelines [9] with respect to growth and possible anatomical anomalies. Any ambiguities are clarified by a detailed ultrasound examination in a DEGUM level II or III center. The objective of this examination is to rule out or identify fetal deformities. If the examination yields a good image of the fetus, the physician can provide it to the patient at the end of the pregnancy as a keepsake image.

In the USA, medical equipment is used to create the keepsake images/videos without a diagnostic purpose. This means that there is neither targeted examination of the fetal anatomy nor monitoring of the duration of such an examination. Even though most of these companies imply that the procedure is not a medical examination, this is not clearly stated so that patients might incorrectly assume that the examination includes a check of fetal anatomy. An undiagnosed abnormality can have forensic consequences.

Although the proper medical use of ultrasound for fetuses is currently viewed as safe, the fetal tissue is subjected to a certain sound energy. Even though this energy is minimal, animal studies have shown that uncontrolled, long exposure can produce certain effects, such as heating or cavitation [10]. Therefore, every physician in Germany performing ultrasound examinations on fetuses knows that examinations involving the application of energy to a small area, such as pulsed Doppler, should be as brief as possible in order to obtain a correct diagnosis.

Compared to conventional two-dimensional ultrasound, the 3D/ 4D technique has the advantage that not only images but also fetal volumes are recorded and saved for use by the ultrasound specialist for diagnosis. This means that the actual exposure duration of the fetus is significantly shorter than in the continuously applied 2D technique. However, this only applies in the case of an examination by an expert and a favorable position of the fetus. In the case of an inexperienced examiner and an unfavorable position of the fetus, it can take longer than a half hour to optimally visualize and record the face and/or the sex, the most desired regions of interest for parents-to-be. If the amniotic fluid conditions are poor, a surface representation of the fetus is usually not possible even with a long examination.

What should a physician do when parents want a keepsake image or video? The following points must be taken into consideration:

Keepsake images of embryos or fetuses are not part of a medical ultrasound examination and are therefore optional. Images of unborn babies are very important to parents-to-be. However, such images should only be created during a medical examination. It is not important whether these images are taken during the examination, which is usually the case, or as an addendum after the examination. Ultrasound examination for the sole purpose of creating keepsake images/videos should be rejected from a medical standpoint. Keepsake videos should be as short as possible and created during a diagnostic examination, thereby only minimally increasing the time required for the actual diagnostic procedure. Using 4D sonography, specific fetal movements can be retrieved from stored volume sequences and recorded for parents in a targeted manner. Every examiner providing digital keepsake photos and/or videos for parents should be aware that the image material can potentially be used in a legal case against the examiner in the event of an undiagnosed malformation. This is already known from non-digital video recordings. However, unlike video recordings, stored volumes can be subsequently thoroughly reviewed, thus possibly showing abnormalities that were not visible on the digitally stored surface images. In the case of an unfavorable position of the fetus or a significantly reduced amniotic fluid quantity, parents should be informed that good three-dimensional fetal surface images are not possible under such circumstances.

Statements regarding the production of ultrasound keepsake images of embryos/fetuses were also published by AIUM [11] and EFSUMB [12]. In conclusion, the statement of the Food and Drug Administration in the United States [7] is cited:

“Persons who promote, sell or lease ultrasound equipment for making ‘keepsake’ fetal videos should know that FDA views this as an unapproved use of a medical device. In addition, those who subject individuals to ultrasound exposure using a diagnostic ultrasound device (a prescription device) without a physician’s order may be in violation of state or local laws or regulations regarding use of a prescription medical device.”

Literatur/References

  • 1 Merz E, Welter C. 2D and 3D ultrasound evaluation of normal and abnormal fetal anomaly in the second and third trimesters in a level III center.  Ultraschall in Med. 2005;  26 9-16
  • 2 Chaoui R, Heling K S. Grundlagen der 3D- und 4D-Echokardiographie beim Fetus unter Nutzung der Spatio-Temporal-Image-Correlation (STIC)-Software.  Ultraschall in Med. 2006;  27 340-346
  • 3 Merz E. Sonographische Computertomographie.  Ultraschall in Med. 2006;  27 307-308
  • 4 Kalache K D, Bamberg C, Proquitte H. et al . Three-dimensional multi-slice view: new prospects for evaluation of congenital anomalies in the fetus.  J Ultrasound Med. 2006;  25 1041-1049
  • 5 Merz E, Benoit B, Blaas H G. et al . Standardization of three-dimensional images in obstetrics and gynecology: consensus statement.  Ultrasound Obstet Gynecol. 2007;  29 697-703
  • 6 Benacerraf B R, Benson C B, Abuhamad A Z. et al . Three- and 4-dimensional ultrasound in obstetrics and gynecology: proceedings of the american institute of ultrasound in medicine consensus conference.  J Ultrasound Med. 2005;  24 1587-1597
  • 7 FDA cautions against ultrasound ‚keepsake‘ images .http://www.fda.gov/fdac/features/ 2004 / 104_images.html. 
  • 8 Lee S, Pretorius D H, Asfoor S. et al . Prenatal three-dimensional ultrasound: perception of sonographers, sonologists and undergraduate students.  Ultrasound Obstet Gynecol. 2007;  30 77-80
  • 9 Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung („Mutterschafts-Richtlinien”) in der Fassung vom 10. Dezember 1985 (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr.60a vom 27. März 1986) zuletzt geändert am 24. März 2003, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr.126 vom 11. Juli 2003, in Kraft getreten am 12. Juli 2003. 
  • 10 EFSUMB Newsletter: European Committee of Medical Ultrasound Safety (ECMUS) . Clinical safety statement for diagnostic ultrasound, ultrasound exposure during pregnancy, safety considerations for other sensitive organs, ultrasound contrast agents (UCA).  Ultraschall in Med. 2007;  28 99
  • 11 AIUM Statement . Keepsake Fetal Imaging- Approved June 22, 2005.   , http://www.aium.org/publications/statements/_statementSelected.asp?statement= 31
  • 12 EFSUMB Newsletter . Statement on the Use of Diagnostic Ultrasound for Producing Souvenir Images or Recordings in Pregnancy.  Ultraschall in Med. 2007;  28 100

Prof. Dr. E. Merz

Präsident der DEGUM Frauenklinik, Krankenhaus Nordwest

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