Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A54
DOI: 10.1055/s-2008-1076201

Muskelstimulation mit hoch-frequenter externer Muskelstimulation mindert signifikant die Symptome der diabetischen Polyneuropathie

K Kempf 1, B Rose 2, S Martin 1
  • 1Westdeutsches Diabetes- und Gesundheitszentrum, Düsseldorf, Deutschland
  • 2Deutsches Diabetes-Zentrum, Institut für Klinische Diabetologie, Düsseldorf, Deutschland

Fragestellung: Diabetische Neuropathie ist eine der häufigsten chronischen Komplikationen bei Diabetes mellitus (DM). Typische Symptome sind Kribbeln, Brennen, Taubheitsgefühl oder Schmerzen in Füßen und Unterschenkeln, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Medikamentöse Therapien können Schmerzen reduzieren, haben jedoch häufig Nebenwirkungen. In einer Pilotstudie konnten wir zeigen, dass hoch-frequente externe Muskelstimulation (hfEMS) neuropatische Symptome effektiver reduziert als transkutane elektrische Nervenstimulation. Es war daher das Ziel den Einfluss von hfEMS auf neuropatische Symptome in einer größeren Kohorte unter realen Alltagsbedingungen zu untersuchen.

Methodik: Durch Pressemitteilungen wurden auf die Studie aufmerksam gemacht. Patienten, die sich im Studienzentrum meldeten und die Einschluss- (DM und symptomatische diabetische Polyneuropathie) und keines der Ausschlusskriterien (Herzschrittmacher, Chemotherapie) erfüllten, wurde ein Gerät zur hfEMS (HiToP®191, gbo Medizintechnik AG) zugeschickt mit der Anleitung, es mindestens 4 mal pro Woche für 30min über einen Zeitraum von 4 Wochen zu verwenden. Die Intensität und Häufigkeit der vorhandenen Symptome wurden in standardisierten Telefongesprächen auf einer Skala von 0–10 (inkl. Neuropathie Symptom Score (NSS)) vor Beginn der Therapie (t0), nach 8 Tagen (t1) und 4 Wochen (t2), sowie 3 Wochen nach Ende der Therapie (t3) erfasst. Patienten, deren neuropatische Symptome sich um mindestens 3 Skalenpunkte verbessert hatten (t2 vs. t0), wurden als Therapieresponder gewertet.

Ergebnisse: In der Kohorte (n=167; 132Männer; Alter 67,3±9,2 Jahre; DM-Dauer 12,7±9,0 Jahre; HbA1c 7,0±1,2%; NSS 6,8±2,0) kam es durch Anwendung von hfEMS zu einer Verringerung der Intensität (und Häufigkeit) des Kribbelns (3,4±2,4 (t2) vs. 5,6±2,7 (t0); p<0,0001), Brennens (2,8±2,5 vs. 4,4±3,2; p<0,0001), der Schmerzen (3,0±2,6 vs. 5,1±3,2; p<0,0001) und des Taubheitsgefühls (4,1±2,8 vs. 6,5±3,0; p<0,0001) in Füßen (und Unterschenkeln) wie auch bei der Schlafbeeinträchtigung (2,6±2,4 vs. 4,8±3,3; p<0,0001). Interessanterweise traten auch 3 Wochen nach Beendigung der Therapie die Symptome schwächer und seltener (p<0,0001) im Vergleich zu vorher auf (t3 vs. t0), wobei allerdings bereits eine Verschlechterung im Vergleich zum Zeitpunkt t2 zu beobachten war (p<0,0001). Darüber hinaus sprachen 82% der Patienten als Therapieresponder auf hfEMS an. Dies war assoziiert mit einer längeren DM-Dauer (r=0,18, p=0,02), höherem NSS (r=0,16, p=0,04) und HbA1c (r=0,20, p=0,02) zu Therapiebeginn.

Schlussfolgerungen: hfEMS verbessert signifikant die Symptome der diabetischen Polyneuropathie und hat möglicherweise auch längerfristige Effekte, da Symptome auch nach Beendigung der Therapie weniger intensiv und weniger häufig auftreten. Da hfEMS keine Nebenwirkungen hat und vorrangig Patienten mit weiter fortgeschrittenem DM darauf ansprechen, sollte hfEMS als Therapie Patienten mit diabetischer Neuropathie angeboten werden.