Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A56
DOI: 10.1055/s-2008-1076203

Charakterisierung der Netzhautgefäßdurchmesser und retinaler Gefäßweitenregulation bei der diabetischen Retinopathie

A Mandecka 1, J Dawczynski 2, M Blum 3, W Vilser 4, N Müller 1, G Wolf 1, UA Müller 1
  • 1Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin III, Jena, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Jena, Klinik für Augenheilkunde, Jena, Deutschland
  • 3HELIOS- Klinikum, Augenklinik, Erfurt, Deutschland
  • 4IMEDOS, Jena, Deutschland

Fragestellung: Die bisherige Studienlage bezüglich der Netzhautgefäßdurchmesser bei Patienten mit Diabetes mellitus (DM) ist uneinheitlich. Eine gestörte Endothelfunktion scheint eine wichtige Rolle bei der Entstehung der diabetischen Retinopathie (DR) zu spielen. Dabei führt die Stimulation der Netzhaut mit Flickerlicht zu einer Vergrößerung des Gefäßdurchmessers von Netzhautgefäßen. Eine reduzierte Flickerdilatation wird als endotheliale Dysfunktion betrachtet. Ziel unserer Studie ist die Untersuchung der Auswirkungen des Diabetes mellitus auf den Gefäßdurchmesser und der Assoziation zwischen den Gefäßdurchmesser und der Flickerantwort der retinalen Gefäße.

Methodik: Es wurden 29 gesunde Probanden (Alter 42,2 Jahre), 83 Patienten mit Typ-1-Diabetes (Alter 46,0 Jahre) sowie 143 Patienten mit Typ-2 (Alter 62,0 Jahre) untersucht. Jeweils 5 Fundusaufnahmen aller Patienten erfolgten unter standardisierten Bedingungen in Mydriasis. Die Graduierung der Fundusaufnahmen erfolgte im zentralen Feld (Aufnahme 1) um den mittleren Durchmesser der Arterien und Venen zu bestimmen. Die Klassifikation der DR erfolgte entsprechend den ETDRS-Kriterien in: keine DR, milde-, moderate-, schwere- nichtproliferative und proliferative DR. Mit dem Dynamic Vessel Analyser (Fa. IMEDOS) wurde die Dilatation der retinalen Gefäße nach Flickerstimulation vermessen.

Ergebnisse: Nach Adjustierung nach Alter, Geschlecht und Antihypertensiva zeigte sich eine progressive Verminderung des Durchmessers der Arteriolen mit zunehmender Schwere der DR (trend test p<0.008). Patienten mit proliferativer DR hatten signifikant engere Netzhautarteriolen im Vergleich zu Patienten ohne DR (p<0.001). Weiterhin zeigten alle Patienten mit DM größere venöse Gefäßdurchmesser im Vergleich zur Kontrollgruppe (240.7µm vs. 229.4µm), wobei im Verlauf der Retinopathie nur noch eine geringe Veränderung der venösen Durchmesser feststellbar war (trend test p<0.195). Patienten mit DM und ohne sichtbare Zeichen einer DR zeigten bereits deutlich größere Durchmesser der Venolen (238µm) im Vergleich zu Kontrollen (229.4µm), wobei dieser Unterschied nach erfolgter Adjustierung nicht signifikant war. Sowohl die arterielle als auch die venöse Gefäßdilatation auf Flickerlicht nahm mit zunehmender Schwere der DR kontinuierlich ab (trend test p<0.002, p<0.03, bzw.).

Schlussfolgerungen: Die diabetische Retinopathie geht mit einer Dilatation der Netzhautvenolen bei gleichzeitiger progressiver Verengung der Arteriolen einher. Mit zunehmender Schwere der DR nimmt gleichzeitig die Fähigkeit der Autoregulation des Blutflusses auf externe Stimuli in beiden Gefäßtypen ab. Eine quantitative Messung der Durchmesser von Netzhautarteriolen neben der Messung der induzierten retinalen Vasodilatation könnte zusätzliche Informationen hinsichtlich des individuellen Retinopathierisikos liefern.