Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A100
DOI: 10.1055/s-2008-1076247

Deutliche Erhöhung des kardiovaskulären Risikos bei älteren Diabetikern mit arterieller Verschlusskrankheit: 5-Jahresergebnisse der getABI Studie

C Diehm 1, H Darius 2, D Pittrow 3, JR Allenberg 4, RL Haberl 5, M Mahn 6, HG Tepohl 7, I Burghaus 8, HJ Trampisch 8
  • 1Abt. für Kardiologie/Angiologie des Klinikums, Karlsbad-Langensteinbach, Deutschland
  • 2I. Med. Klinik, Vivantes Klinikum, Berlin-Neukölln, Deutschland
  • 3Institut für Klinische Pharmakologie der Univ., Dresden, Deutschland
  • 4Abt. für Gefäßchirurgie der Univ., Heidelberg, Deutschland
  • 5Abt. für Neurologie, Städt. Krankenhaus, München-Harlaching, Deutschland
  • 6Sanofi-Aventis, Genf, Switzerland
  • 7Angiologische Praxis, München, Deutschland
  • 8Abt. für Med. Informatik, Biometrie und Epidemiologie der Univ., Bochum, Deutschland

Hintergrund: Die aktuellen Leitlinien des National Cholesterol Education Panel (NCEP ATP III) bzw. der ESC/EASD stufen den Diabetes mellitus (DM) und/oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) als Koronaräquivalent ein, welches im Rahmen sekundärpräventiver Maßnahmen intensiv zu behandeln ist. Wir quantifizierten das Mortalitätsrisiko von Patienten mit einer oder beider dieser Erkrankungen in der hausärztlichen Praxis.

Methodik: Die German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index (getABI)-Studie ist eine seit 2001 laufende, prospektive, epidemiologische Beobachtungsstudie mit 6880 unselektierten Patienten ≥65 Jahre in 344 repräsentativen Hausarztpraxen in Deutschland. PAVK zu Studienbeginn war definiert als ABI-Wert <0,9, oder Claudicatio intermittens, oder PAVK-bedingte Revaskularisation oder Amputation. DM wurde definiert als: Arztdiagnose oder Einnahme von oralen Antidiabetika bzw. Insulin, oder HbA1c >7%. Hazard Ratios (HR, 95% Konfidenzintervall) für Mortalität und inzidente kardiovaskuläre Ereignisse wurden mithilfe eines multivariaten Cox-Regressionsmodells ermittelt und nach den bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren multivariat adjustiert.

Ergebnisse: Zum Studienbeginn stellten sich die Patientencharakteristika wie folgt dar: mittleres Alter 72,5 Jahre, 58% Frauen, 46% derzeitige oder frühere Raucher, 65% mit arterieller Hypertonie, 52% mit Dyslipidämie, 25% mit DM. Bei jedem fünften Patienten (20,8%) wurde eine PAVK diagnostiziert. Von den Patienten ohne PAVK/DM (n=4125) waren nach 5 Jahren 8,5% verstorben, bei Patienten mit DM allein (n=1218) 12,6%, mit PAVK allein (n=904) 17,0%, und mit DM + PAVK (n=513) 28,1%. Im Vergleich zu Patienten ohne PAVK/DM lag nach multivariater Adjustierung das Risiko (HR) für Mortalität jeglicher Ursache für Patienten mit PAVK allein bei 1,6 (KI: 1,3–2,0), für Patienten mit DM allein bei 1,6 (KI: 1,3–1,9), und für Patienten mit PAVK +DM bei 3,0 (KI: 2,5–3,7).

Es fand sich außerdem eine klare reziproke Assoziation zwischen abnehmendem ABI und erhöhter kardiovaskulärer Mortalität und Morbidität.

Schlussfolgerung: Falls bei Patienten eine PAVK oder ein DM vorliegt, insbesondere aber beim gleichzeitigen Auftreten beider Erkrankungen, ist das Risiko eines vorzeitigen Todes bzw. des Auftretens kardiovaskulärer Ereignisse deutlich erhöht. Deshalb ist nachdrücklich zu empfehlen, Patienten in der hausärztlichen Praxis bezüglich des Vorliegens einer PAVK bzw. eines DM zu screenen, und die kardiovaskulären Risikofaktoren der betroffenen Patienten intensiv zu behandeln.