Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A106
DOI: 10.1055/s-2008-1076253

13 Jahre externes Benchmarking für pädiatrische Diabeteszentren in Deutschland und Österreich: Longitudinale Analyse über insgesamt 36518 Patienten in pädiatrisch-diabetologischer Betreuung

K Warncke 1, I Knerr 2, M Mix 3, A Thon 4, E Schober 5, P Beyer 6, A Hungele 7, M Grabert 7, W Rabl 1, RW Holl 7
  • 1Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, München, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Erlangen, Kinder- und Jugendklinik, Erlangen, Deutschland
  • 3Universitätsklinik Rostock, Kinderklinik, Rostock, Deutschland
  • 4Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • 5Medizinische Universitätsklinik Wien, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Österreich
  • 6Evangelisches Krankenhaus Oberhausen, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Duisburg/Essen, Klinik für Kinder und Jugendliche, Oberhausen, Deutschland
  • 7Universität Ulm, Institut für Epidemiologie, Ulm, Deutschland

Fragestellung: Eine standardisierte Dokumentation über längere Zeiträume ist die Basis, um Veränderungen der Prozess- und Ergebnisqualität chronischer Krankheiten zu objektivieren. Die vorliegende Auswertung zeigt Änderungen der pädiatrisch-diabetologischen Versorgung in Deutschland und Österreich über die letzten 13 Jahre.

Methodik: Seit 1995 basiert die DPV-Wiss-Initiative auf der kontinuierlich weiterentwickelten Dokumentationssoftware zur prospektiven Verlaufsdokumentation DPV (http://dpv.mathematik.uni-ulm.de). Zweimal jährlich werden anonymisierte Daten aus den Behandlungszentren exportiert und zentral ausgewertet (SAS-Software). Inkonsistente Daten werden an die Behandlungszentren zur Überprüfung und Korrektur zurückgeschickt. Für die hier vorgestellte Analyse pädiatrischer Behandlungsqualität wurden Daten von insgesamt 36 518 Patienten aus 190pädiatrischen Therapieeinrichtungen (183 Zentren mit wohnortnaher Langzeitbetreuung, 7 Reha-Kliniken) mit Typ-1-Diabetes ausgewertet (DM-Manifestation vor dem 18. Lebensjahr, aktuelles Alter entsprechend den DMP-Vorgaben maximal 21 Jahre).

Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum nahm die Intensität der Insulintherapie deutlich zu: Während 1995 28% der Patienten 4 mal täglich oder öfter Insulin injizierten und weniger als 1% eine Insulinpumpe verwendeten, stiegen diese Prozentzahlen auf 59% bzw. 21% in der ersten Jahreshälfte 2007 an (p<0.0001). Der Anteil schnellwirkender Analoga stieg von 0.7 auf 48%, der Anteil langwirkender Analoga von 0 auf 42% an. Die Frequenz der täglichen Blutzuckermessungen stieg im Mittel von 3.7 Messungen im Jahr 1995 auf 5.6 Messungen pro Tag im Jahr 2007 (p<0.0001). Der mittlere HbA1c-Wert sank von 7.8±1.7% im Jahr 1995 auf 7.5±1.5% in der ersten Jahreshälfte 2007 (p<0.0001). Die Rate schwerer Hypoglykämien (Definition: Bewusstlosigkeit/Krampfanfall) sank von 21.8 auf 11.6 Ereignisse pro 100 Patientenjahre (p<0.0001). Das Auftreten der diabetischen Ketoazidose unter Therapie war dagegen konstant bei 4–5 Ereignissen pro 100 Patientenjahre.

Schlussfolgerung: Langfristige Projekte zur Qualitätssicherung und versorgungsepidemiologischen Forschung sind auch in Deutschland/Österreich möglich. In der pädiatrischen Diabetologie zeigen sich Veränderungen der Behandlungsprozesse (Intensivierung von Insulintherapie und Stoffwechselselbstkontrolle), sowie eine erfreuliche Verbesserung der durchschnittlich erzielten Stoffwechseleinstellung anhand des DCCT-standardisierten HbA1c-Wertes und der Hypoglykämierate. Seit dem Jahr 2000 wird die DPV-Software auch zur Dokumentation der internistisch-diabetologischen Versorgungsqualität eingesetzt.