Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A162
DOI: 10.1055/s-2008-1076309

Wie werden Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes mellitus behandelt, die zu einer stationären Rehabilitationsmaßnahme eingewiesen werden? – Behandlungsqualität und -Charakteristika

R Schiel 1, G Kramer 1
  • 1MEDIGREIF-Inselklinik Heringsdorf GmbH, Fachklinik für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten, Seeheilbad Heringsdorf, Deutschland

Einleitung: Ziel der Untersuchung war die Analyse der Charakteristika und Behandlungsqualität von Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes, die zu einer stationären Rehabilitationsmaßnahme eingewiesen wurden.

Methodik: Es wurden alle Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes (n=660), die vom 01.08.2004 bis zum 30.11.2007 in unsere Klinik eingewiesen wurden, computergestützt mit APV erfasst und die Charakteristika und Behandlungsqualität mit SPSS ausgewertet.

Ergebnisse: Die Kinder und Jugendlichen (Alter 12,4±5,7, Diabetesdauer 4,3±3,7J., 52% Mädchen, Größe 1,51±0,23m, Gewicht 47,9±20,5kg, BMI 19,9±4,5kg/m2, systol. RR 104,6±14,6, diastol. RR 64,6 ±10,7mmHg) hatten einen mittleren HbA1c-Wert (DCA 2000®, Normbereich 4,5–5,7%) von 7,85±1,33%. 74% verwendeten Analoginsuline, 77% hatten eine intensivierte Insulintherapie mit multiplen Insulininjektionen (ICT), 19% eine Insulinpumpe (CSII) und 4% eine konventionelle Insulintherapie. Die Kinder und Jugendlichen applizierten 0,76±0,28 I.E. Insulin/kg KG, hatten 15±5 KE/d, mittlere NüchternBlutglucosewerte von 6,5±2,6mmol/l und führten im Median 42 Blutglucoseselbstkontrollen pro Woche durch (0–84). Die Insulinapplikationsstellen waren bei 26% auffällig (Lipoatrophie, -Hypertrophie, Hämatome). Schwere Hypoglykämien (mit Bewusstlosigkeit) waren bei 10 (1,5%), symptomatische bei 635 (96%) mindestens einmalig während der vorausgegangen 4 Wochen aufgetreten. Im Vergleich zur ICT hatten Patienten mit CSII eine geringere Insulindosis (0,71±0,24 vs. 0,78±0,28 I.E./kg KG, p=0,011), niedrigere NüchternBlutglucosewerte (6,0±1,8 vs. 6,7 ±2,7mmol/l, p=0,021), häufigere Blutglucoseselbstkontrollen (46,0 ±10,4 vs. 36,3±9,0/Woche, p<0,005), besseres diabetesbezogenes Wissen (erfasst mit standardisierten Fragebögen) (17,0±4,4 vs. 15,4±4,5 Punkte, p=0,004), aber vergleichbare HbA1c-Werte (7,85±1,30 vs. 7,91±1,35%, p=0,659) und Hypoglykämiefrequenzen. Die multivariate Analyse ergab als einzigen mit dem HbA1c assoziierten Parameter das Alter (R-square=0,109, β=0,333, p<0,005). Alle anderen in das Modell einbezogenen Parameter (Diabetesdauer, Strategie der Insulintherapie, Humaninsulin oder Analogon, Anzahl der Blutglucoseselbstkontrollen, KE/d, diabetesbezogenes Wissen) zeigten keine Assoziationen.

Schlussfolgerungen: Kinder und Jugendliche werden zumeist aufgrund individueller Probleme der Stoffwechselführung und -Qualität (z.B. schlechtes HbA1c, hohe NüchternBlutglucosewerte, Hypoglykämien, geringes Wissen, motivationale/andere spezifische psychologische Probleme) zu einer stationären Rehabilitationsmaßnahme eingewiesen. Die meisten haben eine ICT/CSII und verwenden Insulinanaloga. Eine große Zahl hat pathologisch veränderte Insulinapplikationsstellen. Die positive Assoziation zwischen Alter und HbA1c-Wert könnte auf die Verschlechterung des HbA1c-Wertes im Rahmen der Pubertät hinweisen, die häufig mit motivationalen Problemen, seltener aber mit Wissensdefiziten oder sonstigen medizinischen Problemen assoziiert ist.