Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A182
DOI: 10.1055/s-2008-1076329

Der Effekt des rs10882278 Polymorphismus des RBP4-Gens auf anthropometrische Parameter, Indizes des Glucosestoffwechsels und kardiovaskuläre Endpunkte in zwei unabhängigen Kohorten

A Fischer 1, MO Weickert 1, M Osterhoff 1, M Möhlig 1, AFH Pfeiffer 1, H Boeing 2, J Spranger 1
  • 1Abteilung Klinische Ernährung, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Potsdam und Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährung, Charité, Berlin, Deutschland
  • 2Abteilung Epidemiologie, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Nuthetal/Potsdam, Deutschland

Fragestellung: Eine Adipositas und daraus resultierende Entgleisungen des Glucosestoffwechsels oder die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen, werden durch die Interaktion verschiedenster Umweltfaktoren und der individuellen genetischen Prädisposition verursacht. Varianten zu ermitteln, die im Zusammenhang mit diesen sehr heterogenen polygenetischen, metabolischen Erkrankungen stehen, ist Inhalt dieser Arbeit. Das Retinol-bindende Protein 4 (RBP4) stellt auf Grund experimenteller Daten, welche dieses Gen mit allen drei Krankheitsbildern in Verbindung bringt, ein kausales Kandidatengen dar.

Methodik: Es wurden alle vier im RBP4-Gen vorkommenden htSNP's (haplotype tagging Single Nucleotide Polymorphism), mittels des TaqMan-Assays, in zwei unabhängigen Kohorten bestimmt. Die Querschnittsstudie MeSyBePo (Metabolisches Syndrom Berlin Potsdam), mit 1.895 Teilnehmern, beinhaltet eine umfangreiche anthropometrische und metabolische Charakterisierung, welche die Durchführung eines OGTT einschließt. Die prospektive (Follow-Up 6,5 Jahre) Fall-Kohorten Studie EPIC-Potsdam (European Investigation into Cancer and Nutrition) mit insgesamt 1.250 Probanden, umfasste 408 Personen die entweder einen inzidenten Myokardinfarkt (n=155), einen Schlaganfall (n=163) oder eine transitorisch ischämische Attacke (n=90) protokollierten. Zugunsten einer besseren Übersicht, werden hier nur die Ergebnisse des rs10882278 dargestellt, da dieser den deutlichsten Effekt zeigte.

Ergebnisse: In beiden Kohorten kam es in Falle der Variante zu einer Erhöhung des BMI, Hüft- und Taillenumfangs und des prozentualen Fettanteils, welcher über die Messung vier verschiedener Hautfalten kalkuliert wurde. Die WHR blieb dagegen unverändert. Auf den für die MeSyBePo-Kohorte validierten Index der Insulinsekretion wurde kein Effekt detektiert, dagegen aber eine Verbesserung des Insulinsensitivitätsindizes. Auch der Dispositionsindex, welcher das hyperbolische Verhältnis von Insulinsensitivität zu Insulinsekretion reflektiert, war für Träger der Variante verbessert. Auf den in dieser Kohorte bestimmten Serumspiegel von RBP4 hatte die Variante keinen Effekt. In Hinblick auf das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung zeigte sich auf den prospektiven Endpunkt Myokardinfarkt ein um 50% verringertes Risiko für Träger des mutierten Allels (p=0,039).

Schlussfolgerungen: Aufgrund der hier ermittelten Daten kann man spekulieren, dass der rs10882278 Polymorphismus des RBP4-Gens zwar eine Erhöhung von Parametern der allgemeinen Körperzusammensetzung zur Folge hat, aber mehr zu Lasten des subkutanen Kompartiments, als das metabolisch negativere viszerale Depot. Dies könnte auch erklären, warum es trotz Erhöhung anthropometrischer Parameter durch die Variante zu einer Verbesserung des Glucosemetabolismus kommt und das Risiko für einen Myokardinfarkt deutlich verringert wird. Diese Ergebnisse müssen in weiteren Studienkollektiven validiert werden.