Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A211
DOI: 10.1055/s-2008-1076358

Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus führt eine basal-unterstützte orale Therapie mit Insulin glargin (BOT) zu einem längeren Verbleib auf der Therapie als eine NPH-basierte Kombinationstherapie mit oralen Antidiabetika

M Pfohl 1, K Kostev 2, FW Dippel 3
  • 1Evangelisches Bethesda-Johanniter-Klinikum Duisburg GmbH, Duisburg, Deutschland
  • 2IMS Health GmbH & Co. OHG, Frankfurt am Main, Deutschland
  • 3Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Berlin, Deutschland

Fragestellung: Randomisierte klinische Studien zeigen, dass eine basal-unterstützte orale Therapie mit Insulin glargin (Lantus®) (BOT) einer NPH-basierten Kombinationstherapie mit oralen Antidiabetika im Hinblick auf die Stoffwechselkontrolle ebenbürtig ist. Lantus® zeichnet sich jedoch gegenüber NPH durch eine geringere Hypoglykämierate aus. In der vorliegenden Studie wurden zum ersten Mal retrospektiv Daten aus deutschen Arztpraxen ausgewertet, die den Verbleib auf der jeweiligen Therapieform widerspiegeln. Als primäres Ziel wurde die Dauer der BOT mit Glargin im Vergleich zu einer NPH-basierten oralen Kombinationstherapie bis zu einer Umstellung auf eine intensivierte Insulintherapie (ICT) untersucht.

Methodik: Mithilfe der repräsentativen IMS-Datenbank (Disease Analyzer®), die auf Patientenkonsultationsdaten aus mehr als 1.000 Arztpraxen basiert, wurden im Zeitraum Januar 2003 bis August 2006 Patienten mit Typ-2-Diabetes identifiziert, die erstmals eine BOT mit Glargin oder eine NPH-basierte Kombinationstherapie erhielten. Im Rahmen einer Cox-Regressionsanalyse wurde über eine Beobachtungsdauer von mindestens 1 Jahr bis zu maximal 5 Jahren das Zielereignis „Umstellung auf ICT“ untersucht.

Ergebnisse: In die Analyse wurden insgesamt 1.242 Patienten eingeschlossen, davon erhielten 896 Glargin und 364 NPH. Eine Umstellung auf eine ICT wurde im Beobachtungszeitraum bei 13,8% der Patienten unter Glargin vorgenommen, bei den Patienten unter NPH lag diese Rate mit 20,5% signifikant höher (p<0,001). Die mittlere Therapiedauer unter Glargin betrug 764,1 Tage gegenüber 654,4 Tage unter NPH (p<0,001). Cox-Regressionsanalysen zeigten, dass das Alter sowie die behandelnde Facharztgruppe einen signifikanten Einfluss auf die Dauer der Therapie hatten. Kein Einfluss wurde für Geschlecht, Versicherungsstatus, Region (West vs. Ost), Art der oralen Therapie, Beobachtungsdauer und das Jahr des Beginns mit der Therapie gefunden.

Unter Adjustieren der Faktoren „Alter“ und „Facharztgruppe“ ergab sich in der Cox-Regressionsanalyse eine Hazard Ratio von 0,575 (95%-KI: 0,429–0,771, p=0,0002) für den Therapiewechsel auf ICT für Glargin vs. NPH. Das bedeutet, dass das Risiko für die Umstellung auf eine ICT unter einer BOT mit Glargin 1,74 mal niedriger ist als unter einer NPH-basierten oralen Kombitherapie.

Schlussfolgerungen: Die Analyse der Realdaten zeigte, dass Patienten unter einer BOT mit Insulin glargin im Vergleich zur NPH-basierten Kontrollgruppe signifikant länger mit der jeweiligen Therapie behandelt werden bevor eine Umstellung auf eine ICT erfolgt.

Da es sowohl aus der Sicht des Patienten (weniger Insulininjektionen, Blutzuckermessungen etc.) als auch des Gesundheitssystems (höhere Kosten durch ICT) vorteilhaft ist, die BOT möglichst lange beizubehalten, könnte eine BOT mit Glargin gegenüber einer NPH-basierten Kombinationstherapie auch unter gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten die zu bevorzugende Therapieoption darstellen.