Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A229
DOI: 10.1055/s-2008-1076376

Hohe Prävalenz von Diabetes, Metabolischem Syndrom und Atherosklerose bei Patienten mit schwerer Hypertriglyzeridämie

UW Bärbock 1, UC Brödl 2, B Göke 2, KG Parhofer 2
  • 1Klinik Passau Kohlbruck, Diabeteszentrum, Passau, Deutschland
  • 2Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik II Grosshadern, München, Deutschland

Einleitung: Die Hypertriglyzeridämie (Serum-TG >200mg/dl) weist in der westlichen Bevölkerung eine Prävalenz von 17–30% auf. Stark erhöhte Triglyzeridwerte (>400mg/dl) sind dagegen selten. Das Ziel dieser Studie war retrospektiv ambulante Patienten mit sehr hohen TG-Werten zu erfassen und zu charakterisieren.

Methodik: Über einen Zeitraum von 1 Jahr stellten sich in der Ambulanz der Medizinischen Klinik II, Großhadern der Universität München 166 Patienten (117Männer (M), 49 Frauen (F)) mit einem Durchschnittsalter von 50±12 Jahren (16–82 Jahre) mit TG-Werten ≥400mg/dl vor. Dieses Kollektiv wurde anhand von insgesamt 53 Parametern (u.a. Begleiterkrankungen, familiäre Belastung, Risikofaktoren, Laborwerte, Medikation und technische Befunde) charakterisiert. Für die statistische Auswertung wurden für die Mittelwertanalyse der verteilungsunabhängige Mann-Whitney-Test und Kruskall-Wallis-Test herangezogen, des weiteren die Kontingenzanalyse und Maßkorrelationsanalyse.

Ergebnisse: Im Gesamtkollektiv betrugen die TG 995±791mg/dl (M 993±721mg/dl, F 1000±944mg/dl), das Minimum lag bei 402mg/dl, das Maximum 5165mg/dl. Der mittlere BMI lag bei 29,1±4,7kg/m2. Bei 42,2% der Patienten lag ein manifester Diabetes vor. Die TG-Werte zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern unterschieden sich nicht (938mg/dl vs. 1071mg/dl). Im Kollektiv hatten 61,5% ein Metabolisches Syndrom, von denen wiederum 83,8% eine Störung im Glucosestoffwechsel aufwiesen. Eine Korrelation zwischen TG und Nüchtern-BZ bzw. HbA1c ließ sich nicht nachweisen (r=-0,08 bzw r=-0,05). 34,1% der Patienten gaben einen regelmäßigen Alkoholkonsum an, bei 91,3% fand sich eine Fettleber in der Sonographie. Patienten ohne Steatosis hatten niedrigere TG (635±262mg/dl), als solche mit Steatosis (1229±1019mg/dl) insbesondere solche mit gleichzeitig regelmäßigem Alkoholkonsum (1455±964mg/dl). Fast 60% wiesen erhöhte GGT-Werte auf (M 127±246 IU/l, F 72±107 IU/l). Zwischen TG und GGT findet sich eine schwache Korrelation (gesamt r=0.19; p<0,05) (M r=0,25; p<0,05; F s=-0,01, ns). Eine Hyperurikämie lag bei 38,7% der Männer (6,9±1,7mg/dl) und bei 58,5% der Frauen (6,3±1,7mg/dl) vor. 51,1% des Kollektivs rauchten. Eine Atherosklerose war bei 43% nachweisbar, 32,6% hatten anamnestisch eine KHK, 25,5% ein pAVK und 32,1% eine cerebrale AVK (Plaques und/oder Intima media Verdickung). Insgesamt hatten 5,4% (9 Patienten) anamnestisch eine Pankreatitis, davon 4 ausschließlich Hypertriglyzeridämie-induziert.

Schlussfolgerungen: Patienten mit schweren Hypertriglyzeridämien sind eine sehr heterogene Gruppe von Patienten. Obwohl Störungen des Glucosestoffwechsels und ein Metabolisches Syndrom häufig sind, besteht keine Korrelation zwischen Triglyzeridwerten und Nüchtern-BZ oder HbA1c. Wegen der hohen Atheroskleroserate sollten Patienten mit ausgeprägter Hypertriglyzeridämie systematisch auf Gefäßveränderungen gescreent werden und die anderen Risikofaktoren konsequent behandelt werden.