Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A234
DOI: 10.1055/s-2008-1076381

Auswertung des Disease Management Programms Typ-2-Diabetes in Bayern – Prävalenzen von Folgeerkrankungen

N Görlitz 1, M Keller 2, AG Ziegler 3
  • 1Klinikum Schwabing, Städtisches Klinikum München GmbH, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Suchtmedizin, München, Deutschland
  • 2Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München, Deutschland
  • 3Institut für Diabetesforschung der TU München, München, Deutschland

Fragestellung: In Bayern nehmen rund 60 bis 80 Prozent aller Typ-2-Diabetiker an Disease Management Programmen teil. Mit rund 400000 vorliegenden Erstdokumentationen steht hier der größte einheitlich erhobene Datensatz zur Auswertung bereit. Anhand der vorliegenden Daten sind Rückschlüsse auf die Prävalenzen von Folge- und Begleiterkrankungen in verschiedenen Krankheitsstadien des Diabetes mellitus möglich.

Methodik: Im Sinne einer Querschnittstudie wurden Prävalenzen der Folgeerkrankungen von Typ-2-Diabetikern ermittelt, die in den Jahren 2004–2006 in Bayern in das DMP eingeschrieben worden waren. Es wurde jeweils die erste vorliegende Erstdokumentation in die Auswertung einbezogen. Insgesamt wurden Daten von 390452 individuellen Patienten analysiert. (Mittleres Alter 67,09±10,69 Jahre, Dauer der Diagnose 7,07±6,89 Jahre, BMI 30,03±6,05kg/m2, HbA1c 6,95±1,29%). Statistische Analysen bezüglich der Prävalenzen von Folge- und Begleiterkrankungen in verschiedenen Krankheitsstadien erfolgten in SPSS.

Ergebnisse: Bei jeweils rund einem Fünftel der Patienten lag bei Einschreibung mindestens eine mikro- (18,8%) oder makro- (18,3%) angiopathische Folgeerkrankung des Diabetes mellitus vor. Die häufigste makroangiopathische Komplikation ist die pAVK (8,9%) gefolgt von Zustand nach Herzinfarkt (6,8%) und Schlaganfall (5,9%). Die häufigste mikroangiopathische Komplikation ist die diabetische Neuropathie (12,2%) noch vor Nephropathie (7,4%) und Retinopathie (5,8%). Die Prävalenz sowohl von makro- wie auch mikroangiopathischen Begleiterkrankungen steigt mit zunehmender Dauer der Erkrankung stetig an. Bei Neuropathie, Nephropathie und Retinopathie deutlich ausgeprägter als bei pAVK, Schlaganfall und Herzinfarkt. Beispielsweise liegt bei im Jahr der Dokumentation neu entdeckten Typ-2-Diabetikern bei nur 0,9% bereits eine Retinopathie vor, während nach 11 Jahren bei 15,1% eine solche dokumentiert wurde. Bei 3,5% aller neu entdeckten Diabetiker besteht in der Vorgeschichte ein Herzinfarkt. Nach mindestens 11 Jahren Diagnosedauer haben 9,2% einen Herzinfarkt erlitten. Alterskontrolliert sind signifikante Anstiege zu verzeichnen (z.B. 60–69jährige: Myokardinfarkt OR=2,068, 95% KI 1,902–2,248; p<0,001; Retinopathie OR=16,222 95% KI 14,007 –18,787; p<0,001).

Schlussfolgerungen: Die bei einem Großteil aller bayerischen Diabetiker von versorgenden Ärzten erhobenen Prävalenzdaten zu Folgeerkrankungen des Typ-2-Diabetes liegen niedriger als Angaben aus der Literatur erwarten lassen. Ein krankheitsspezifischer Anstieg der Prävalenzen lässt sich bereits mit einfachen Querschnittuntersuchungen gut belegen.