Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A280
DOI: 10.1055/s-2008-1076427

Konzeptuelles Vorgehen bei therapieresistenten Kindern und Jugendlichen mit Diabetes im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke – Resumee über 7 Jahre interdisziplinäre Zusammenarbeit

D Hilgard 1, M Meusers 2
  • 1Gemeinschaftskrankenhaus, Kinderdiabetologie, Herdecke, Deutschland
  • 2Gemeinschaftskrankenhaus, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Herdecke, Deutschland

Einleitung: Im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke wurde ein mehrstufiges interdisziplinäres Konzept erarbeitet. Ausgehend von einem niederschwelligen Kontaktaufbau zu einem Kinder- und Jugendpsychiater im Rahmen von stationären Aufenthalten (z.B. bei Erstmanifestation) oder Gruppenschulungskursen werden alle Optionen einer psychiatrischen-psychologischen Begleitung bedarfsgerecht genutzt (ambulante Psychotherapie, kurze psychiatrische Interventionen, psychiatrisches Konsil während stationärer Aufenthalte, therapeutische Aufenthalte zum „Coaching“ bei Motivationsproblemen auf der psychosomatischen Station, psychiatrische Aufenthalte bei schwerwiegenderen psychiatrischen Komorbiditäten).

Fragestellung: Das Outcome von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes, die im Rahmen des interdisziplinären Betreuungskonzeptes mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Hause behandelt wurden, soll anhand von Elternbefragungen, HbA1c-Verläufen und aus der langfristigen Nachbetreuung ausgewertet werden.

Methodik: Es handelt sich um eine retrospektive Verlaufsbeobachtung von 107pädiatrischen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1, die im Zeitraum zwischen 2000–2007 stationär und ambulant in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bzw. psychosomatisch mitbehandelt wurden.

Ergebnisse: Von den untersuchten 107 Patienten wurden 71 ambulant, 13 stationär psychosomatisch, 27 stationär psychiatrisch, 2 tagesklinisch, 38 Patienten konsiliarisch während eines stationären Aufenthaltes in der Pädiatrie behandelt, die Altersverteilung liegt zwischen 1 und 21 Jahren, 3 Patienten wurden nicht durch die Kinderdiabetologie in Herdecke betreut.

Diagnosen: Krankheitsakzeptanzprobleme, Therapieverweigerung, Essstörungen, reaktive Depression, Angststörungen, psttraumatische Belastungsstörungen, 12 Fälle wurden wegen diabetesunabhängiger Diagnosen mitbehandelt. Von den 42 über längere Zeit wegen diabetesrelevanten Problemen psychiatrisch mitbetreuten Patienten ergab sich eine deutliche HbA1c – Verbesserung nach 1 Jahr, in 4 Fällen kam es zu Therapie-Abbrüche. Eine Nachbefragung erbrachte großteils positive Resultate.

Schlussfolgerungen: Das in Herdecke entwickelte umfassende interdisplinäre Betreuungskonzept für Diabetespatienten mit psychiatrischen Auffälligkeiten oder zur Vorbeugung von solchen hat sich in den letzten Jahren bewährt. Frühzeitige Hinzuziehung eines mit dem Krankheitsbild erfahrenen Kinder- und Jugendpsychiaters kann helfen, gravierende psychiatrische Probleme im Kindes- und Jugendalter zu vermeiden und Folgeschäden des Diabetes zu verhindern.