Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A312
DOI: 10.1055/s-2008-1076459

Vergleich der HbA1c-Werte bei Kindern und Jugendlichen vor und nach Teilnahme an einem stationären strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramm

G Kramer 1, S Müller 1, R Schiel 1
  • 1MEDIGREIF-Inselklinik Heringsdorf GmbH, Fachklinik für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten, Seeheilbad Heringsdorf, Deutschland

Einleitung: Ziel der Untersuchung war die Analyse der Qualität der Stoffwechseleinstellung bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes mellitus bei stationärer Aufnahme in eine Rehabilitationsklinik und nach Teilnahme an einem strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramm (SBSP).

Methodik: Bei 64 Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes wurde der HbA1c-Wert (DCA2000®, Bayer Diagnostics, Normbereich 4,5–5,7%) initial und nach Teilnahme an einem 4-wöchigen SBSP gemessen. Weiterhin wurden die Charakteristika der Patienten (Alter, Diabetesdauer, BMI, Insulindosis/kg KG, Anzahl der Hypoglykämien, Anzahl der Blutglucoseselbstkontrollen) sowie mit einem standardisierten Fragebogen das diabetesspezifische Wissen vor und nach Teilnahme am SBSP erhoben.

Ergebnisse: Der mittlere HbA1c bei Aufnahme lag bei 8,6%. Bei 42 (66%) der Kinder und Jugendlichen hatte er sich während des stationären Aufenthaltes verbessert, bei 22 (33%) war er gleich geblieben oder hatte sich verschlechtert. Patienten, deren HbA1c sich verschlechtert hatte, hatten initial niedrigere Ausgangswerte (7,4±1,2 vs. 9,3±2,0p=<0,05). Nach Beendigung des SBSP hatte sich der HbA1c-Wert in der Gruppe mit anfangs besseren HbA1c-Wert auf 7,8±1,2 erhöht und in der anderen Gruppe auf 8,0±1,2 gesenkt (p=0,59). Patienten mit einer Verschlechterung des HbA1c-Wertes waren tendenziell älter (12,4±3,5 vs. 11,6±4,7J. p=0,40), hatten eine längere Diabetesdauer (4,5±3,2 vs. 3,9±3,4J. p=0,49) und ein schlechteres Ergebnis im anfangs durchgeführten Wissenstest (62,6±17,7 vs. 70,5±13,0% p=0,84). Interessanterweise hatten Patienten mit einem höheren Ausgangs HbA1c-Wertes mehr Hypoglykämien pro Woche als die Gruppe mit niedrigerem HbA1c (12,0±11,4 vs. 8,4±9,2). In der multivariaten Analyse ergaben sich Assoziationen zwischen dem HbA1c-Wert (R-square=0,137) sowie Alter (β=0,665, p=0,004) und Größe (β=-0,477, p=0,035). Alle anderen in das Modell einbezogenen Variablen (Diabetesdauer, BMI, Insulindosis, diabetesbezogenes Wissen) zeigten keine Assoziationen.

Schlussfolgerungen: Bei zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen die in einer Rehabilitationsklinik aufgenommen werden kann durch den stationären Aufenthalt die Qualität der Stoffwechseleinstellung verbessert werden. Kinder und Jugendliche mit höheren HbA1c-Werten sind älter, haben häufiger Hypoglykämien und tendenziell ein geringeres diabetetesbezogenes Wissen. Dieses legt den Schluss nahe, dass die schlechte Stoffwechseleinstellung auf motivationale Probleme, die psychologischerseits in dieser Altersgruppe häufig beobachtet werden, sowie Wissensdefizite zurückzuführen sind. Kinder und Jugendliche mit guten HbA1c-Werten werden in der Regel aufgrund spezifischer Probleme (z.B. Umgang mit dem Diabetes im Alltag, Hypoglykämiewahrnehmungstraining) eingewiesen. Hier ist eine weitere Reduktion des HbA1c-Wertes in der Regel nicht das primäre Therapieziel.