Frauenheilkunde up2date 2008; 2(3): 235-257
DOI: 10.1055/s-2008-1076821
Geburtshilfe und Perinatalmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Geburtshilfliche Koagulopathien

W. Stein, T. Hawighorst, G. Emons
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Publikationsdatum:
03. Juni 2008 (online)

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Kernaussagen

Umfangreiche Veränderungen der Hämostase bedingen in der normalen Schwangerschaft einen Zustand der Hyperkoagulabilität. Angeborene oder erworbene Thrombophilien erhöhen dabei zusätzlich das Risiko für VTE und schwangerschaftsassoziierte Komplikationen, wie Präeklampsie, vorzeitige Plazentalösung, intrauterine Wachstumsrestriktion und intrauterinen Fruchttod. Daher ist bei Frauen mit positiver Eigen- oder Familienanamnese auf VTE oder bei entsprechenden Schwangerschaftskomplikationen eine Thrombophilie-Untersuchung indiziert.

Prä- und postpartale Blutungen bedingen weltweit einen hohen Anteil mütterlicher Mortalität, wobei bis zu 90 % der tödlichen Blutungen postpartal auftreten. Blutungsassoziierte Krankheitsbilder in der Geburtshilfe umfassen das HELLP-Syndrom, das Amnioninfusionssyndrom, Placenta praevia oder Placenta accreta, die vorzeitige Plazentalösung und die postpartale Blutung.

Blutgerinnungsstörungen in der Geburtshilfe sind hierbei v. a. bedingt durch eine Verlust- bzw. Verdünnungskoagulopathie oder eine disseminierte intravasale Gerinnung (DIC). Die genannten Koagulopathien bedingen einander und sind eng assoziiert mit einer Gewebshypoxie, Azidose und Hypothermie. Besteht der Verdacht auf eine DIC, sind engmaschige Laborkontrollen durchzuführen.

Zur Behandlung einer schweren geburtshilflichen Koagulopathie werden je nach Bedarf Blutkomponenten eingesetzt. Bezüglich des therapeutischen Vorgehens beim Einsatz dieser Komponenten gibt es jedoch keine allgemein gültigen Leitlinien.

Grundsätzlich umfasst die adäquate Behandlung einer schweren geburtshilflichen Blutungsstörung die rechtzeitige Diagnosestellung, eine zügige Wiederherstellung des zirkulierenden Volumens, die Beseitigung einer chirurgischen Blutungsursache und die Therapie einer Koagulopathie. Zu beachten ist dabei, dass häufig mehr als eine Blutungsursache vorliegt und rasches interdisziplinäres Handeln entscheidend für den Erfolg ist.

Ein aktives Management in der Nachgeburtsphase reduziert das Risiko einer postpartalen Blutung und erniedrigt damit auch das Transfusionsrisiko.

Zu den Maßnahmen gehören hierbei Eisblase, manuelle Uteruskompression, Gabe von Oxytocin und ggf. Sulproston sowie im Falle einer notwendigen operativen Intervention die intrauterine Ballontamponade, Uteruskompressionsnähte oder in letzter Instanz die Hysterektomie.

Literatur

Dr. med. W. Stein

Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe · Georg-August-Universität Göttingen

Robert-Koch-Straße 40

37075 Göttingen

eMail: werner.stein@med.uni-goettingen.de