Der Klinikarzt 2008; 37(5): 220
DOI: 10.1055/s-2008-1081040
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Beatmungsassoziierte Pneumonie - Bei Trauma- und ARDS-Patienten entsteht kein zusätzliches Mortalitätsrisiko

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Juni 2008 (online)

 

Quelle: Melsen WG, Rovers MM, Bonten MJM. Ventilator-associated pneumonia and attributable mortality: a systematic review of observational studies. 18th European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ECCMID) 2008; abstract O136

Thema: Trotz widersprüchlicher Ergebnisse aus Beobachtungsstudien und großen Schwankungen bezüglich der Mortalitätsrate ist derzeit gemeinhin akzeptiert, dass eine beatmungsassoziierte Pneumonie (VAP) aufgrund einer nosokomialen Infektion das Mortalitätsrisiko bei Patienten auf Intensivstationen erhöht. Eine Gesamtauswertung der Studien gab es bislang nicht.

Projekt: Dr. Marianne Melsen, Utrecht (Niederlande), hat im April auf dem diesjährigen ECCMID-Kongress diese Lücke geschlossen und eine Metaanalyse aus 52 Studien mit insgesamt 17 347 Patienten präsentiert. Dabei haben die Autoren nur Studien berücksichtigt, in denen die Mortalitätsrate mechanisch beatmeter VAP-Patienten im Vergleich mit einer Kontrollgruppe berechnet worden war.

Ergebnis: Die Gesamtanalyse der Daten ergab tatsächlich eine Assoziation zwischen einem erhöhten Mortalitätsrisiko und einer beatmungsassoziierten Pneumonie (relatives Risiko 1,27, Konfidenzintervall 1,15-1,39). Aufgrund der großen Heterogenität der Daten hatten die Studienautoren schon vorab verschiedene Substudien spezifiziert - angefangen von der Art der Studie über die diagnostische Vorgehensweise (quantitative Kultur, klinische Kriterien) und die Qualität der Studie bis hin zur Studienpopulation (allgemeine Intensivpatienten, Traumapatienten, Patienten mit akutem respiratorischen Distress-Syndrom [ARDS]). In fast allen Subanalysen entsprach das relative Risiko in etwa dem der Gesamtanalyse - mit zwei Ausnahmen: Weder bei Trauma- noch bei ARDS-Patienten (vier bzw. neun Studien) konnten die Studienautoren eine signifikante Assoziation zwischen Mortalität und beatmungsassoziierter Pneumonie feststellen.

Fazit: Allein anhand von Beobachtungsstudien lässt sich die Annahme, dass eine beatmungsassoziierte Pneumonie das Mortalitätsrisiko intensivmedizinisch versorgter Patienten erhöht, aufgrund der hohen Heterogenität der Studien demnach nur schwer belegen. Tatsächlich scheint es mit den Trauma- und ARDS-Patienten zwei Patientengruppen zu geben, bei denen eine solche Assoziation nicht besteht. Genauere Analysen, die mehr patientenspezifische Daten berücksichtigen, wären daher wünschenswert.

Schlüsselwörter: nosokomiale Infektion - Intensivmedizin - beatmungsassoziierte Pneumonie - Mortalität