Dtsch Med Wochenschr 2018; 143(09): 680-681
DOI: 10.1055/a-0596-4823
Facharztfragen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

55-jähriger, übergewichtiger Patient mit Typ-2-Diabetes

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Publication Date:
23 April 2018 (online)

Sie betreuen einen 55-jährigen übergewichtigen Patienten mit Typ-2-Diabetes. Er hat eine Ernährungsberatung erhalten und es ist ihm auch gelungen, sein Gewicht etwas zu reduzieren. Zusätzlich treibt er in Maßen Sport. Trotzdem war eine Behandlung mit Metformin nötig. Nach 4 Monaten liegt der HbA1c-Wert bei 8,5 %, die NBZ-Werte schwanken um 150 mg/dl. Wie gehen Sie vor?
Antwort

Weiterhin versuchen, durch Gewichtsreduktion und körperliches Training eine bessere Einstellung zu erreichen. Zusätzlich wird jedoch eine Steigerung der medikamentösen Behandlung notwendig sein.

Kommentar

Vorgehen bei ungenügender BZ-Einstellung unter Metformin bei Typ-2-Diabetes nach Empfehlungen der DDG/DGIM:

  • Insulin-Monotherapie oder

  • Zweifachkombination (vorzugsweise mit Metformin):

    • DPP-4-Inhibitor

    • GLP-1-Rezeptorantagonist

    • Glucosidasehemmer

    • Insulin (meist Verzögerungsinsulin)

    • Pioglitazon

    • Repaglinid (bei eGFR < 25 ml/min))

    • SGLT2-Inhibitor

    • Sulfonylharnstoff

Wenn auch unter einer Kombinationsbehandlung mit zwei oder drei Antidiabetika keine ausreichend gute BZ-Einstellung erfolgt, wie würden Sie dann vorgehen?
Antwort

In dieser Situation ist eine intensivierte Insulin- und Kombinationstherapie notwendig.

Kommentar

Ungenügende BZ-Einstellung bei Zwei- oder Dreifachkombination bei Typ-2-Diabetes:

  • Kombinationsbehandlung zusätzlich zu oralen Antidiabetika (OAD)

  • Intensivierte Insulintherapie

Wie würden Sie eine intensivierte Insulin- und Kombinationstherapie durchführen?
Antwort

Weiterführen der Therapie mit OAD, zusätzlich am späten Abend Insulin (Bedtime-Insulin).

Kommentar

Kombinationsbehandlung des Typ-2-Diabetes mit OAD und Insulin:

  • Weiterführen der OAD-Therapie

  • zusätzlich: lang wirksames Basalinsulin oder Insulinanalogon (Glargin)

Welche Insulindosis würden Sie wählen?
Antwort

6IE am Anfang, weitere Steigerung nach Bedarf.

Kommentar

Insulindosis bei Kombinationsbehandlung mit OAD:

  • initial:

    • mit niedriger Dosis beginnen: 6 IE

  • Dosisanpassung:

    • NBZ > 145 mg/dl an 3 aufeinander folgenden Tagen: Erhöhung um 4 IE

    • NBZ > 110 mg/dl an 3 aufeinander folgenden Tagen: Erhöhung um 2 IE

    • NBZ < 80 mg/dl an 3 aufeinander folgenden Tagen: Reduktion um 2 – 4 IE

Wie verhalten Sie sich, wenn Sie auch mit einer Kombinationsbehandlung keine ausreichend guten prä- und postprandialen BZ-Werte einstellen können?
Antwort

Gabe eines zusätzlichen prandialen Insulins unter Beibehaltung der bestehenden Medikation oder Umstellung auf eine reine Insulinbehandlung.

Kommentar

Ungenügende BZ-Einstellung bei Kombinationstherapie OAD plus Bedtime-Insulin:

  • Insulintherapie

  • OAD plus intensivierte konventionelle Insulintherapie

Was sind überhaupt die Indikationen für eine Insulinbehandlung?
Antwort

Die wichtigsten Indikationen sind der Typ-1-Diabetes, der Typ-2-Diabetes, wenn mit Diät und OAD keine ausreichende BZ-Einstellung erreicht werden kann, sowie das Coma diabeticum.

Kommentar

Indikationen zur Insulinbehandlung:

  • Typ-1-Diabetes

  • Typ-2-Diabetes, der anders nicht ausreichend eingestellt werden kann

  • Coma diabeticum

  • Gravidität, wenn Diät alleine nicht zu einer ausreichenden BZ-Einstellung führt

  • perioperativ

Kennen Sie die grundsätzlichen Möglichkeiten einer Insulinbehandlung beim Typ-1-Diabetes?
Antwort

Man unterscheidet die konventionelle Insulintherapie mit relativ starrem Schema, die intensivierte Insulintherapie sowie die Insulinpumpentherapie.

Kommentar

Möglichkeiten der Insulintherapie:

  • konventionelle Insulintherapie

  • intensivierte Insulintherapie: Basis-Bolus-Konzept

  • intensivierte Insulintherapie: Insulinpumpentherapie

Was verstehen Sie unter einer konventionellen Insulintherapie?
Antwort

Behandlung mit Normalinsulin, Intermediärinsulin sowie Mischungen von beiden nach einem festen vorgegebenen Schema.

Kommentar

Konventionelle Insulintherapie:

  • Verwendung von Normalinsulin, Verzögerungsinsulin und Mischungen von beiden

  • Intermediärinsulin für den Nüchternbedarf und (bei 2-maliger Anwendung) für das Mittagessen

  • Normalinsulin für Frühstück und Abendessen

Was sind Intermediärinsuline?
Antwort

Intermediärinsuline sind Insuline, bei denen durch Zugabe von Zusätzen eine verzögerte Resorption erreicht wird.

Kommentar

Intermediärinsuline:

  • heute meist NPH-Insulin (Neutral-Protamin-Hagedorn-Insulin), Wirkdauer 9 – 18 h

  • Mischungen mit Normalinsulin möglich

Welche Formen von Insulin kennen Sie überhaupt?
Antwort

Man unterscheidet kurz wirksame Insuline (Normalinsulin und Insulinanaloga), Verzögerungsinsuline (Intermediärinsuline, NPH-Insuline) sowie Langzeitinsuline und Insulinanaloga (Glargin).

Kommentar

Insuline:

  • kurz wirksame Insuline:

    • Normalinsulin: BZ-Senkung bei subkutaner Gabe nach 15 – 30 min, Wirkgipfel nach 1 – 2 h

    • Insulinanaloga: Insulin-Lispro, Insulin-Aspart, Insulin-Glulisin: BZ-Senkung bei subkutaner Gabe nach 15 min, Wirkmaximum nach 50 min, Wirkdauer 2 – 3 h

  • Verzögerungsinsuline:

    • Intermediärinsulin: NPH-Insulin, Wirkdauer 9 – 18 h

  • Langzeitinsuline:

    • verzögerte Resorption durch Zugabe von Zusätzen, Wirkdauer 8 – 24 h

    • Insulinanaloga: Glargin (Lantus), Wirkdauer 24 h, Detemir (Levemir)

Welchen Insulinbedarf legen Sie zur Berechnung der Gesamtdosis bei einem Typ-1-Diabetes zugrunde?
Antwort

Für den Beginn: 0,6 IE/kg KG pro Tag.

Kommentar

Insulinbedarf pro Tag:

  • Insulinmangeldiabetiker: 0,5 – 1 IE/kg KG pro Tag

  • übergewichtiger Typ-2-Diabetiker: bis 2 IE/kg KG pro Tag

  • Insulinproduktion beim gesunden Erwachsenen: 24 – 36 IE pro Tag

Können Sie uns sagen, wie eine konventionelle Insulintherapie durchgeführt wird?
Antwort

Die einfachste Variante ist eine morgendliche und eine abendliche Insulininjektion, wobei morgens ⅔ der Gesamtdosis gegeben werden und abends ⅓.

Kommentar

Durchführung der konventionellen Insulintherapie:

  • 2-mal täglich: morgens ⅔ der Gesamtdosis, abends ⅓ der Gesamtdosis

  • 3-mal täglich: morgens Mischinsulin, mittags Normalinsulin, abends Mischinsulin

Wie ist bei dieser Therapie das Mischungsverhältnis zwischen Normalinsulin und Intermediärinsulin?
Antwort

⅔ Intermediärinsulin, ⅓ Normalinsulin.

Kommentar

Insuline bei der konventionellen Insulintherapie:

  • feste Mischung von Normal- und Intermediärinsulin: ⅔ Intermediärinsulin, ⅓ Normalinsulin

  • bei 3-maliger Gabe: zusätzlich mittags nach aktuellem BZ-Wert Normalinsulin, Spritz-Ess-Abstand 10 – 45 min

Worin besteht der Vorteil der konventionellen Insulintherapie gegenüber den anderen Therapieformen?
Antwort

Die Hauptvorteile bestehen in der einfachen Handhabung, der geringen Zahl von Injektionen und dem relativ niedrigen Hypoglykämierisiko.

Kommentar

Vor- und Nachteile der konventionellen Insulintherapie:

  • Vorteile:

    • wenige Injektionen

    • einfache Handhabung auch durch Angehörige

    • relativ geringes Hypoglykämierisiko

  • Nachteile:

    • striktes Regime notwendig

    • hohe Insulinspiegel zwischen den Mahlzeiten, damit Notwendigkeit zur Zwischenmahlzeit

  • Indikationen:

    • Wunsch nach wenig Injektionen

    • Bereitschaft zu starrem Rhythmus

    • Unfähigkeit zu intensivierter Behandlung wegen mangelnder Motivation oder Intelligenz

Sie betreuen einen Patienten mit Typ-1-Diabetes, der unter einer konventionellen Insulintherapie recht gut eingestellt ist. Allerdings werden morgens hohe NBZ-Werte gemessen. Woran denken Sie?
Antwort

Wenn der Patient nur morgens ein Verzögerungsinsulin erhält, ist die wahrscheinlichste Ursache ein Insulinmangel am Morgen. Wenn der Patient auch abends spritzt, könnte ein Dawn-Phänomen oder ein Somogyi-Effekt vorliegen.

Kommentar

Ursachen hoher morgendlicher NBZ-Werte bei Insulintherapie:

  • bei morgendlicher Einmalgabe:

    • ungenügende Wirkdauer des Insulins

  • Dawn-Phänomen:

    • erhöhter Insulinbedarf in der zweiten Nachthälfte durch vermehrte Sekretion insulinantagonistischer Hormone, insbesondere des Wachstumshormons

  • Somogyi-Effekt:

    • Bei zu hoher abendlicher Insulingabe kommt es zu einer nächtlichen Hypoglykämie mit anschließender morgendlicher reaktiver Hyperglykämie.

Nach: Berthold Block,

Facharztprüfung Innere Medizin,

3000 kommentierte Prüfungsfragen.

5., vollständig überarbeitete Auflage 2017

ISBN 9783 131 359 551