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DOI: 10.1055/a-0602-6176
Klinische und radiologische Untersuchung der Schulter
- Einleitung
- Anamnese
- Inspektion
- Palpation
- Beweglichkeitsprüfung
- Selektive Funktions- und Provokationstests der Schulter
- Bildgebung an der Schulter
- Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
- Literatur
Eine ausführliche Anamnese und die klinische Untersuchung der Schulter sind wegweisend für die Beurteilung von Beschwerden und richtungsweisend für die Indikation zur weiterführenden bildgebenden Diagnostik. Die Beurteilung der modernen bildgebenden Diagnostik ist oftmals zudem auch nur in Übereinstimmung mit einer ausführlichen klinischen Diagnostik möglich.
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Schlüsselwörter
Skapula - Klavikula - Traumatologie - radiologische Diagnostik - klinische Diagnostik - Akromioklavikulargelenk - RotatorenmanschetteAbkürzungen
Einleitung
Der Schultergürtel setzt sich aus einer fünfgliedrigen Gelenkkette zusammen, bestehend aus dem Sternoklavikulargelenk, dem Akromioklavikulargelenk, dem Glenohumeralgelenk, sowie dem subakromialen Nebengelenk und der skapulothorakalen Gleitschicht.
Das Wissen über die komplexe Anatomie und Biomechanik des Gelenks ist Voraussetzung für den Einsatz und die Interpretation spezifischer Funktionstests.
Die Funktion der Schulter ist immer in der Gesamtheit des Schultergürtels sowie der Halswirbelsäule, aber auch des gesamten Rumpfes und der Brust- und Lendenwirbelsäule zu sehen. Alle am Schultergürtel beteiligten Strukturen müssen bei der Untersuchung von Schulterbeschwerden Beachtung finden.
Die klinische Untersuchung der Schulter sollte nach einem individuellen und strukturierten Schema durchgeführt werden, bei dem es sich empfiehlt, die übliche Reihenfolge einzuhalten:
Anamnese
↓
Inspektion
↓
Palpation
↓
Bewegungsprüfung
↓
Funktions- und Provokationstests
Des Weiteren sollte die Untersuchung immer im Seitenvergleich beginnend mit der gesunden Seite erfolgen.
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Anamnese
Eine strukturierte und ausführliche Anamnese steht zu Beginn jeder Untersuchung. Hierbei sollte neben einer gezielten Unfall- und Schmerzanamnese auch die Frage nach beruflicher Belastung und sportlicher Aktivität gestellt werden. Überkopfarbeiten oder Sportarten mit ähnlichen Anforderungen führen häufig schon frühzeitig zu Erkrankungen der Schulter.
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Inspektion
Die Inspektion der Schulter beginnt schon bei der Beobachtung des gegenseitigen Mitschwingens der oberen Extremität beim Betreten des Untersuchungszimmers und des Bewegungsablaufs beim Entkleiden. Nach dem Entkleiden wird anschließend auf Asymmetrien, Gelenkkonturen, Atrophien der Muskulatur, Hämatome und Fehlstellungen geachtet.
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Palpation
Bei der Palpation werden Sternoklavikulargelenk, Klavikula, Akromioklavikulargelenk, Sulcus intertubercularis, Processus coracoideus sowie das Tuberculum majus und minus auf Schmerzprovokation getestet.
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Beweglichkeitsprüfung
Die aktive und passive Beweglichkeitsprüfung erfolgt immer im Seitenvergleich entsprechend der Neutral-Null-Methode für Flexion/Extension, Abduktion/Adduktion und Außen-/Innenrotation in 0°- und 90°-Abduktionsstellung ([Abb. 1]). Insbesondere weist eine Einschränkung der hohen Innenrotationsfähigkeit im Seitvergleich auf ein GIRD-Syndrom (glenohumeral internal Rotation Deficit) hin, welches häufig beim posterosuperioren Impingement auftritt (Werferschulter). Eine eingeschränkte aktive mit freier passiver Beweglichkeit kann z. B. Hinweis auf eine Verletzung der Rotatorenmanschette sein.
Bevor anschließend spezifische Funktions- und Provokationstests der Schulter durchgeführt werden, gilt es, die HWS orientierend zu untersuchen, um eine vertebragene Schmerzgenese auszuschließen.
Die Untersuchung und Dokumentation der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität ist bei jeder Untersuchung obligat. Bei Verdacht gilt es, auch mögliche neurovaskuläre Kompressionspathologien (z. B. Thoracic-Outlet-Syndrom) mittels klinischer und bildgebender Testverfahren auszuschließen.
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Selektive Funktions- und Provokationstests der Schulter
Nackengriff, Schürzengriff
Mithilfe des Nacken- und Schürzengriffs kann zu Beginn jeder spezifischen Untersuchung der Schulter eine grob orientierende Beurteilung der Globalfunktion erfolgen. Als Vergleichswert beider Seiten und als diagnostischer Verlaufsparameter kann bei abgespreiztem Daumen der Daumen-Vertebra-prominens-Abstand zwischen der Daumenspitze und dem 7. Halswirbel gemessen werden. Dieser Wert kann sowohl für den Nacken- als auch für den Schürzengriff bestimmt und dokumentiert werden.
Können der Nacken- und Schürzengriff problemlos seitengleich durchgeführt werden, ist eine schwerwiegende Erkrankung der Schulter zunächst unwahrscheinlich.
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Handflächenzeichen- und Fingerzeichentest
Beim Handflächenzeichen- und Fingerzeichentest wird der Patient aufgefordert, die Schmerzen zu lokalisieren. Während eine Schultereckgelenkpathologie sehr differenziert mit dem Finger lokalisiert werden kann, bedeckt der Patient mit einer subakromialen oder intraartikulären Pathologie mit der Handfläche die gesamte Schulterpartie.
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Skapulothorakaler Rhythmus
Eine skapulothorakale Dyskinesie beschreibt eine Dysfunktion des skapulothorakalen Rhythmus infolge unterschiedlichster Schulterpathologien oder einer Insuffizienz der extrinsischen Kontrollfunktion der skapulastabilisierenden Muskulatur. Die selektive Mitbeurteilung des Skapulothorakalgelenks stellt daher einen integralen Bestandteil jeder Untersuchung der Schulter dar.
Skapuladysfunktion
Störungen des skapulothorakalen Rhythmus lassen sich vor allem beim Absenken des antevertierten Armes (Skapulaprovokationstest) beobachten. Wird hierdurch ein Skapula-Winging, ein Hervortreten der Skapula provoziert, deutet dies auf eine Dyskinesie der Schulter hin. Nach Kibler wird die Skapuladysfunktion in drei Grade differenziert [3] ([Tab. 1]).
Einteilung |
Kennzeichen |
---|---|
Grad 1 |
Abheben des Angulus inferior |
Grad 2 |
Abheben des Margo medialis |
Grad 3 |
Abheben der gesamten Skapula mit prominentem Margo superior |
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Rotatorenmanschette
Die klinische Symptomatik von Verletzungen der Rotatorenmanschette hängt maßgeblich von der Größe und dem zeitlichen Verlauf der Ruptur ab. Während frische Rupturen häufig mit starken Schmerzen und einer Functio laesa einhergehen, können chronische Rupturen durch gute muskuläre Kompensation eine annähernd freie Beweglichkeit ohne Schmerzen präsentieren.
Die Rotatorenmanschette ist eine funktionelle Einheit der Mm. supraspinatus, subscapularis, teres minor und infraspinatus. Die Manschette ermöglicht maßgeblich das hohe Bewegungsspektrum der Schulter, spielt als dynamischer Stabilisator aber auch eine übergeordnete Rolle für die Stabilisierung und Zentrierung des Glenohumeralgelenks. Eine starke Einschränkung der aktiven Beweglichkeit bei passiv freiem Bewegungsumfang deutet nach Ausschluss neurologischer Pathologien auf eine Läsion der Rotatorenmanschette hin. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer sog. Pseudoparalyse des Arms.
M. supraspinatus
Ist der Patient nicht in der Lage, schmerz- oder kraftbedingt den passiv abduzierten Arm zu halten, wird dies als „Drop Arm Sign“ bezeichnet und ist hinweisend auf eine Läsion vor allem der Sehne des M. supraspinatus.
Als weiterer Test zur Beurteilung der Integrität der Sehne des M. supraspinatus wird der Jobe-Test mit einer hohen Sensitivität und Spezifität beschrieben [4]. In 90° Abduktion und 30° Horizontalflexion wird der Patient aufgefordert, den Arm gegen eine von kranial gerichtete Kraft zu halten ([Abb. 2]). Mit dem Arm in maximaler Innenrotation und den Daumen bodenwärts gerichtet („Empty-Can-Test“) werden hierbei vor allem die posterokranialen Sehnenanteile getestet, während beim „Full-Can-Test“ mit den Daumen zur Decke gerichtet vor allem die ventralen Anteile beurteilt werden können [5].
Beim 0°-Abduktionstest (Starter-Test) erfolgt die isometrische Kraftprüfung und Schmerzprovokation bei aktiver Abduktion der herabhängenden Arme gegen den Widerstand des Untersuchers. Schmerzen deuten auf eine Läsion des M. supraspinatus hin.
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Mm. infraspinatus et teres minor
Verletzungen der Außenrotatoren treten nur sehr selten isoliert auf und sind häufig vergesellschaftet mit einer Läsion der Sehne des M. supraspinatus. Eine isolierte Beurteilung der Außenrotatoren ist daher schwierig.
Beim 0°-Außenrotationstest wird der Patient aufgefordert, mit herabhängenden am Körper anliegenden Armen gegen die Kraft des Untersuchers die Schulter nach außen zu rotieren ([Abb. 3]).
Wird der Arm in 90° Abduktion und 30° Flexion geführt, kann die Beteiligung des M. deltoideus vermindert und die Außenrotatoren isoliert beurteilt werden (Patte-Test) [6]. Bei Schmerzen oder einer Kraftminderung im Seitenvergleich ist der Test positiv.
Eine hohe diagnostische Wertigkeit bietet das sog. External-Rotation-Lag-Sign (ERLS) ([Abb. 4]). Zunächst wird der Arm bei leichter Abduktion in eine submaximale Außenrotationsstellung gebracht. Aufgrund von Rückstellkräften der Kapsel kann eine maximale Außenrotationsstellung zu falsch positiven Testergebnissen führen und sollte daher vermieden werden.
Kann der Patient die passiv eingestellte submaximale Außenrotation nicht halten und fällt der Arm spontan in die Innenrotation zurück, ist der Test positiv und deutet vor allem auf eine Läsion des M. supraspinatus hin. Kann diese Position auch nicht in 90° Abduktion gehalten werden, muss mit einer Mitbeteiligung der Außenrotatoren gerechnet werden.
Das Ausmaß des Lag-Zeichens korreliert hierbei maßgeblich mit der Größe der Ruptur [7].
Ein weiteres klinisches Zeichen ist das Hornblower-Zeichen. Hierbei wird der Patient aufgefordert, die Hand des betroffenen Arms zum Mund zu führen. Liegt eine komplette Insuffizienz beider Außenrotatoren vor, weicht der Arm in Innenrotation aus, und der Patient muss den Ellenbogen höher heben als die Hand.
Verletzungen der Außenrotatoren sind häufig vergesellschaftet mit einer Läsion der Sehne des M. supraspinatus.
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M. subscapularis
Eine Ruptur der Sehne des M. subscapularis wird im klinischen Alltag nicht selten übersehen.
Zur Beurteilung der Sehnenintegrität zeigt der Bear-Hug-Test eine hohe Spezifität von 91,7% [8] ([Tab. 2], [Abb. 5]). Die Hand der zu untersuchenden Schulter wird auf die Schulter der Gegenseite geführt, der Ellenbogen wird angehoben. Der Patient wird aufgefordert, diese Position zu halten, während der Untersucher eine forcierte Außenrotation provoziert. Schmerzen oder eine Kraftminderung im Vergleich zur gesunden Gegenseite sprechen für eine Läsion vor allem der kranialen Anteile der Sehne des M. subscapularis.
Im Gegensatz dazu beurteilt der Lift-off-Test nach Gerber vor allem die unteren Anteile der Sehne [9] ([Abb. 6]). Der Arm des Patienten wird hierzu passiv in Innenrotation auf den Rücken gebracht. Aus dieser Position wird der Patient zunächst aufgefordert, eine aktive Innenrotation durchzuführen und dabei die Hand vom Rücken abzuheben. Durch Widerstand des Untersuchers kann anschließend die isometrische Kraft des M. subscapularis getestet werden. Ist ein aktives Abheben des Arms nicht möglich oder gibt der Patient starke Schmerzen bei Innenrotation an, kann von einer Läsion des M. subscapularis ausgegangen werden.
Es muss bedacht werden, dass auch schmerzhafte Pathologien der langen Bizepssehne zu falsch positiven Testergebnissen führen können. Ein negatives Testergebnis schließt jedoch in der Regel eine Ruptur der Sehne aus [8].
Beim Belly-Press-Test wird der Patient aufgefordert, beide im Ellenbogengelenk gebeugten Unterarme bei gestreckten Handgelenken mit ganzer Kraft gegen den Bauch zu drücken und dabei die Ellenbogengelenke vorn zu halten. Bei einem Riss der Sehne gelingt dies nicht, und der Ellenbogen sinkt zum Rumpf zurück („Napoleon-Zeichen“). Auch für den Belly-Press-Test wird eine hohe Spezifität von über 90% beschrieben [8] ([Tab. 2]). Kann der Patient die gestreckte Hand bei passiv flektiertem und maximal innenrotiertem Arm nicht auf dem Bauch halten, wird dies als positives Belly-off-Zeichen beschrieben.
Ruptur |
Test |
Sensitivität |
Spezifität |
Literatur |
---|---|---|---|---|
ERLS = External Rotation Lag Sign; ISP = M. infraspinatus; SSC = M. subscapularis; SSP = M. supraspinatus; TM = M. teres minor |
||||
SSP |
Drop Arm Sign |
35% |
88% |
Park et al. 2005 [10] |
Jobe-Test |
53% |
82% |
Park et al. 2005 [10] |
|
0°-Abduktionstest |
– |
– |
||
ISP/TM |
0°-Außenrotationstest |
51% |
84% |
Park et al. 2005 [10] |
Patte-Test |
100% |
93% |
Walch et al. 1998 [6] |
|
– (+SSP) |
ERLS |
70% |
100% |
Hertel et al. 1996 [7] |
SSC |
Bear-Hug-Test |
60% |
92% |
Barth et al. 2006 [8] |
Lift-off-Test |
40% |
79% |
Bartsch et al. 2010 [11] |
|
Belly-Press-Test |
40% |
98% |
Barth et al. 2006 [8] |
|
Belly-off-Zeichen |
86% |
91% |
Bartsch et al. 2010 [11] |
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M. deltoideus
Die Integrität der Sehne des M. deltoideus kann vor allem inspektorisch beurteilt und in der Kraftmessung getestet werden. Die drei Anteile des Muskels (Pars clavicularis, Pars acromialis und Pars spinalis) können isoliert durch Widerstand gegen Anteversion, Abduktion und Retroversion im Vergleich zur gesunden Gegenseite geprüft werden.
Beim Deltoid-Extension-Lag-Zeichen wird der Arm in eine submaximale Retroversionsstellung geführt und der Patient aufgefordert, diese Position aktiv zu halten. Bei einer Verletzung des N. axillaris kann der Arm nicht gehalten werden und fällt aus der Extensionsstellung zurück [12].
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Impingement-Syndrom
Ein Impingement bezeichnet ein unspezifisches Einklemmen. Klassischerweise wird ein Impingement-Syndrom durch Einengung des Subakromialraums beschrieben. Hierbei wird differenziert zwischen einem Outlet-Impingement, welches eine mechanische Irritation der Sehne des M. supraspinatus durch eine Raumeinengung, z. B. infolge eines ausgeprägten akromialen Sporns beschreibt. Ein Non-Outlet-Impingement beschreibt im Gegensatz dazu eine relative subakromiale Raumeinengung durch Volumenzunahme (z. B. hypertrophierte Bursa oder Kalk). Neben dem subakromialen Impingement werden auch ein subkorakoidales Impingement sowie bei der Werferschulter ein anterosuperiores und posterosuperiores Impingement beschrieben.
Painful Arc
Beim klassischen Impingement zeigt sich ein positiver Painful Arc ([Abb. 7]) zwischen 60° und 120°. Meist bereitet das konzentrische Absenken dem Patienten mehr Schmerzen als das Anheben des Arms (s. a. [Tab. 3]).
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Impingement-Test nach Hawkins und Kennedy
Beim Impingement-Test nach Hawkins und Kennedy wird durch eine forcierte Innenrotation bei 90° flektierter Schulter und 90° gebeugtem Ellenbogen der Subakromialraum weiter geschlossen und möglicher Schmerz provoziert ([Abb. 8]; s. a. [Tab. 3]). Ist dieser Test vor allem bei gleichzeitiger Adduktion der Schulter positiv, deutet dies auf ein subkorakoidales Impingement hin, z. B. im Rahmen einer Tendinitis der Sehne des M. subscapularis.
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Impingement-Test nach Neer
Beim Impingement-Test nach Neer fixiert der Untersucher mit einer Hand die Skapula, während die andere den Arm des Patienten ruckartig nach vorne medial in die Adduktions- bzw. Skapulaebene über die Horizontale hinaus hebt. Durch eine subakromiale Einengung werden bei positivem Test akute Schmerzen provoziert. Der Test ist auch bei vielen anderen Pathologien positiv und zeigt daher eine niedrige Spezifität (s. a. [Tab. 3]). Zur Verbesserung der differenzialdiagnostischen Aussagekraft können die Impingement-Tests mit einer subakromialen Lokalanästhesie kombiniert werden (LA-Test).
Test |
Sensitivität |
Spezifität |
Literatur |
---|---|---|---|
Hawkins-Kennedy-Test |
72% |
66% |
Park et al. 2005 [10] |
Neer-Test |
68% |
69% |
Park et al. 2005 [10] |
0°-Painful Arc |
74% |
81% |
Park et al. 2005 [10] |
Schmerzen bei Adduktion und forcierter Innenrotation deuten auf ein subkorakoidales Impingement hin.
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Lange Bizepssehne (LBS)
Eine Verletzung der LBS ist eine häufige Ursache chronischer Schmerzen der Schulter. Die Sehne entspringt am Labrum glenoidale und am Tuberculum supraglenoidale und verläuft intraartikulär bis zum Eintritt in den Sulcus intertubercularis. Vor dem Eintritt in den Sulcus wird sie stabilisiert durch die sog. Pulley-Schlinge, eine bandartige Struktur gebildet aus Fasern des Lig. coracohumerale, Lig. glenohumerale superius und Teilen der Mm. supraspinatus und subscapularis.
Bei der Diagnostik von Pathologien der LBS muss zunächst unterschieden werden zwischen einer Verletzung am Ansatz der Sehne (SLAP-Läsion) und Verletzungen und degenerativen Prozessen der Sehne in ihrem Verlauf, wie z. B. der Tendinitis, einer Instabilität bei Verletzung der Pulley-Schlinge sowie Partial- oder Komplettrupturen.
Eine spontane Ruptur der LBS ist oft schon inspektorisch zu diagnostizieren. Ein distalisierter Muskelbauch („Popeye-Zeichen“) zeigt sich klassisch bei einer proximalen Läsion der Sehne oder nach Tenotomie im Rahmen einer Operation. Ein Hämatom über dem distalen Ansatz ohne tastbare Spannung der Sehne kann bei einer akuten Ruptur der distalen Bizepssehne zu finden sein.
Sulcuszeichen nach DePalma
Die lange Bizepssehne lässt sich bei schlanken Patienten in der Regel gut im Sulcus intertubercularis tasten. Ein druckschmerzhafter Sulcus als positives Sulcuszeichen nach DePalma zeigt eine hohe diagnostische Wertigkeit für das Vorliegen einer Pathologie im Verlauf der Sehne.
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Speedʼs Test
Beim Speedʼs Test wird der Patient aufgefordert, gegen den Widerstand des Untersuchers bei Supination und leichter Flexion im Ellenbogen weiter zu flektieren. Eine seitendifferente Flexionskraft oder Schmerzen im Bereich des Sulcus intertubercularis sprechen für eine Erkrankung der langen Bizepssehne.
Für die Durchführung des Speedʼs Test gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben. Palm-up-Test und Speedʼs Test werden zum Teil als Synonym für den gleichen Test verwendet. In einigen Literaturstellen wird beim Palm-up-Test der Patient aufgefordert, den leicht gebeugten Ellenbogen gegen Widerstand zu flektieren, während beim Speedʼs Test der Ellenbogen gestreckt ist [13]. Ebenso findet sich eine hohe Divergenz der Sensitivitäten und Spezifitäten in der Literatur (s. a. [Tab. 4]), weshalb eine verlässliche Aussage zur Reliabilität nicht möglich ist.
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Yergason-Test
Beim Yergason-Test fasst der Untersucher die Hand des Patienten wie zum Gruß. Gegen den Widerstand des Untersuchers wird anschließend der Patient aufgefordert, die Hand zu supinieren. Werden Schmerzen im Verlauf der Bizepssehne provoziert, ist der Test positiv.
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Active-Compression-Test nach OʼBrien
Zur Diagnostik einer SLAP-Läsion (SLAP = superior Labrum anterior posterior) zeigt vor allem der Active-Compression-Test nach OʼBrien eine hohe diagnostische Wertigkeit. Der stehende Patient hält seinen Arm in 90° Anteversion und 10° Adduktion bei maximaler Innenrotation ([Abb. 9]). Der Untersucher übt von kranial Druck auf den Unterarm aus und fordert den Patienten auf, die Position zu halten. Werden Schmerzen in der Schulter provoziert, welche durch eine maximale Außenrotation gelindert werden können, spricht dies für das Vorliegen einer SLAP-Pathologie [14]. Der Test fällt jedoch auch häufig bei AC-Gelenkpathologien positiv aus, ohne für diese Läsionen zur Beurteilung herangezogen werden zu können.
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Crank-Test
Beim Crank-Test wird der Arm des Patienten maximal eleviert und der Ellenbogen 90° gebeugt. Gleichzeitig übt der Untersucher einen bodenwärts gerichteten Druck auf den Humerus aus und führt den Arm in eine Innen- und Außenrotationsbewegung. Hierbei kommt es zu einer Zugbelastung auf den SLAP-Komplex. Ein Schnappen oder Schmerzen sprechen für eine Läsion im anteroposterioren Labrumkomplex.
Da die einzelnen SLAP-Tests für sich wenig spezifisch und sensitiv sind, sollte immer eine Kombination der verschiedenen Tests zur Verbesserung der Treffsicherheit in der Diagnosefindung durchgeführt werden (s. a. [Tab. 4]).
Test |
Sensitivität |
Spezifität |
Literatur |
---|---|---|---|
OʼBrien-Test |
63% |
73% |
Guanche et al. 2003 [15] |
Crank-Test |
40% |
73% |
Guanche et al. 2003 [15] |
Yergason-Test |
74% |
58% |
Naredo et al. 2001 [16] |
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Akromioklavikulargelenk
Fingerzeichentest
Patienten mit einer schmerzhaften AC-Gelenkpathologie können, anders als bei den meisten anderen Pathologien der Schulter, sehr genau die Schmerzen lokalisieren.
Auch die isolierte Druckschmerzhaftigkeit ist pathognomonisch für das Vorliegen einer Verletzung oder einer symptomatischen Degeneration des Gelenks.
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Painful Arc
Durch eine zunehmende Druckerhöhung und Torquierung im Gelenk berichtet der Patient zudem über Schmerzen ab einer Elevation von über 140° (hoher Painful Arc).
Ein Painful Arc zwischen 60 und 120° deutet auf ein Impingement hin, während ein painful Arc von über 140° auf eine Pathologie des AC-Gelenks hinweist.
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Forcierter Horizontaladduktionstest
Auch beim forcierten Horizontaladduktionstest (Cross-Body-Action) kommt es durch eine forcierte Horizontaladduktion zu Schmerzen. In der Differenzialdiagnose kann der Schmerz ergänzend durch eine gezielte lokalanästhetische Infiltration des AC-Gelenks ausgeschaltet werden (LA-Test).
Sensitivitäts- und Spezifitätswerte von AC-Gelenktests fasst [Tab. 5] zusammen.
Test |
Sensitivität |
Spezifität |
Literatur |
---|---|---|---|
lokaler Druckschmerz |
96% |
10% |
Walton et al. 2005 [17] |
hoher painful Arc |
50% |
47% |
Chronopolous et al. 2001 [18] |
Horizontaladduktionstest |
77% |
79% |
Chronopolous et al. 2001 [18] |
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Horizontalverschiebetest der lateralen Klavikula
Zur klinischen Beurteilung einer Horizontalinstabilität nach AC-Gelenksprengung wird das laterale Ende der Klavikula zwischen zwei Finger genommen und eine horizontale Translation durchgeführt.
Der Verdacht auf eine horizontale Instabilität kann maßgeblich die Empfehlung zur operativen oder konservativen Therapie nach Schultereckgelenksprengung beeinflussen. Daher empfiehlt es sich, bei Unklarheit hinsichtlich einer Instabilität die klinische Untersuchung durch AC-Gelenkspezialaufnahmen (nach Alexander) zu ergänzen (s. u.).
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Instabilität
Eine echte Instabilität bezeichnet die Unfähigkeit, den Humeruskopf in der Gelenkpfanne zu zentrieren. Anders als eine Hyperlaxität, welche ein überdurchschnittliches Ausmaß der glenohumeralen Translation beschreibt, wird diese als echte Pathologie der Schulter beschrieben. Bei der Instabilität muss zudem differenziert werden zwischen einer uni- und multidirektionalen Instabilität mit oder ohne Hyperlaxitätskomponente.
Vorderer Apprehension-Test
Der wichtigste Test zur Prüfung einer anteroinferioren Schulterinstabilität ist der vordere Apprehension-Test ([Abb. 10]).
Der Test wurde erstmals 1981 von Rowe veröffentlicht und kann sowohl im Sitzen als auch im Liegen durchgeführt werden [19]. Es empfiehlt sich, den Test im Liegen durchzuführen, da hierdurch die Skapula zwischen Untersuchungsliege und Thorax stabilisiert und die Beurteilbarkeit gesteigert werden kann.
Die zu untersuchende Schulter wird bei 90° flektiertem Ellenbogen in unterschiedlichen Abduktiongraden außenrotiert ([Abb. 10 a]). Hierbei sollte der Arm in 60°, 90° und 120° Abduktion getestet werden. Berichtet der Patient bei zunehmender Außenrotation über Angst vor einer Luxation, ggf. mit zusätzlicher Schmerzangabe, und kommt es zu einer reflektorischen Anspannung der Muskulatur, wird der Test positiv gewertet. Während bei einer Abduktion von 60° vor allem das mediale glenohumerale Ligament (MGHL) für die Spannung der Kapsel verantwortlich ist, wird bei 90° und vor allem bei 120° das inferiore glenohumerale Ligament (IGHL) getestet [20].
Mit zwei weiteren Manövern kann die Sensitivität und Spezifität des Apprehension-Tests weiter gesteigert werden:
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Relocation-Test nach Jobe
Mittels des Relocation-Tests nach Jobe übt der Untersucher mit der Hand mechanischen Druck von ventral auf das Gelenk aus und erhöht hierdurch die Stabilität der Schulter von außen ([Abb. 10 b]). Kommt es durch dieses Manöver zu einer Besserung der Apprehension-Symptomatik, ist der Test positiv.
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Surprise-Release-Test
Zur weiteren Bestätigung der Diagnose kann mittels des (Surprise-)Release-Tests durch plötzliches Loslassen der äußeren Stabilisierung eine abrupt eintretende Apprehension erneut provoziert werden.
Der vordere Apprehension-Test sollte ergänzt werden durch den Relocation-Test nach Jobe und den Surprise-Release-Test.
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Jerk-Test
Test |
Sensitivität |
Spezifität |
Literatur |
---|---|---|---|
Apprehension-Test |
53% |
99% |
Lo et al. 2004 [20] |
Jerk-Test |
73% |
98% |
Kim et al. 2005 [21] |
Kim-Test |
80% |
94 |
Kim et al. 2005 [21] |
Beim Jerk-Test wird in 90° Anteversion und 10° Adduktion ein nach dorsal gerichteter Druck auf die Schulter ausgeübt. Kommt es hierdurch zu Schmerzen, einem Schnappen („Jerk“) oder einer provozierbaren Instabilität, wird der Test positiv gewertet.
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Kim-Test
Beim Kim-Test wird der Arm bei zunehmender Elevation und axialer Stauchung in dorsoinferiore Richtung gezogen, um ebenfalls eine hintere Instabilität zu provozieren ([Abb. 11]).
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Hyperlaxität
Zur allgemeinen Beurteilung einer Hyperlaxität kann zunächst die Überstreckbarkeit des Ellenbogens und der Kniegelenke sowie der Daumen-Unterarm-Abstand gemessen und mit dem Beighton-Score graduiert werden.
Load-and-Shift-Test
Eine vermehrte anteroposteriore Translation, aber auch eine uni- oder multidirektionale Instabilität kann mit dem Load-and-Shift-Test eruiert werden. Der Patient sitzt aufrecht, und der Untersucher steht schräg hinter dem Patienten und stabilisiert mit einer Hand die Schulter von der Klavikula bis zur Skapula. Mit der anderen Hand wird der Humeruskopf zunächst mit leichtem Druck in das Glenoid zentralisiert, um einen physiologischen Startpunkt zu definieren („load“). Von dieser Position aus wird anschließend die ventrale und dorsale Translation des Humeruskopfes beurteilt („shift“) ([Abb. 12]).
Die Translationsfähigkeit des Humeruskopfes kann analog zu Hawkins graduiert werden [22] ([Tab. 7]). Der Test kann alternativ auch gut im Liegen in 90° Abduktionsposition durchgeführt werden.
Einteilung |
Kennzeichen |
---|---|
Grad 0 |
physiologische Humeruskopftranslation (0 – 25%) |
Grad I |
Translation des Kopfes bis zum Glenoidrand (25 – 50%) |
Grad II |
Translation des Kopfes über den Glenoidrand hinaus, jedoch ohne Luxation |
Grad III |
Translation mit kompletter Luxation ohne spontane Reposition |
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Sulcustest
Eine vermehrte inferiore Hyerlaxität, vor allem durch eine Insuffizienz des inferioren glenohumeralen Ligaments, kann durch den Sulcustest eruiert werden. Durch Zug auf den herabhängenden Arm kommt es bei einer ausgeprägten Hyperlaxität zu einer Rinne (lat. „sulcus“) zwischen Humeruskopf und Akromion. Die Tiefe der Rinne kann in cm gemessen und nach Altcheck graduiert werden ([Tab. 8]) [23]. Ein positives Sulcuszeichen in zusätzlicher Außenrotation deutet auf eine Insuffizienz des Rotatorenintervalls hin.
Einteilung |
Tiefe der Rinne zwischen Humeruskopf und Akromion |
---|---|
Grad I |
0 – 1 cm |
Grad II |
1 – 2 cm |
Grad III |
> 2 cm |
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Hyperabduktionstest nach Gagey
Beim Hyperabduktionstest nach Gagey stabilisiert der Untersucher mit einer Hand die Skapula, um mit der anderen eine passive maximale rein glenohumerale Abduktion/Elevation durchzuführen. Eine rein glenohumerale Elevation von über 105° deutet vor allem auf eine Hyperlaxität der inferioren Kapsel hin.
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Bildgebung an der Schulter
Sonografie
Die Sonografie der Schulter bietet ein leicht verfügbares und kostengünstiges bildgebendes Verfahren. Der Schwerpunkt bei der sonografischen Untersuchung liegt in der Beurteilung der Rotatorenmanschette, der langen Bizepssehne und der subakromialen und subdeltoidalen Bursa und des AC-Gelenks.
Die sonografische Untersuchung und Beurteilung ist anspruchsvoll und zeigt eine hohe Untersucherabhängigkeit. Ein standardisierter Ablauf sowie exakte Kenntnisse der topografischen Anatomie sind Voraussetzung für eine gute Qualität und Aussagekraft.
Die Untersuchung erfolgt beim sitzenden Patienten mit locker herabhängendem Arm. Nach der Empfehlung der DEGUM werden drei Regionen mit jeweils einem Transversal- und Longitudinalschnitt definiert ([Tab. 9]). Zur Beurteilung von Pathologien sollten mögliche Formveränderungen der Sehnen, Kalibersprünge und Strukturveränderungen immer im Vergleich zur gesunden Gegenseite beurteilt werden. Echoarme Bereiche deuten auf einen Sehnendefekt hin und sollten immer in zwei Ebenen dargestellt und dokumentiert werden. Bei einer Tendinitis calcarea z. B. finden sich demgegenüber echoreiche Zonen mit einer typischen dorsalen Schallauslöschung.
Als Vorteil gegenüber der konventionellen Bildgebung sowie der Schnittbildgebung bietet die Sonografie eine dynamische Untersuchungsmöglichkeit. Hierdurch kann z. B. eine Bizepssehneninstabilität, eine nicht retrahierte Subscapularissehnenruptur oder ein Impingement durch Schulterabduktion dynamisch diagnostiziert werden.
[Tab. 9] fasst die beurteilbaren Strukturen in den dazugehörigen Schnittebenen zusammen.
Zur Sonografie der Schulter werden sechs Standardebenen definiert ([Tab. 9]).
ventrale Region |
lateral-superiore Region |
dorsale Region |
|||
---|---|---|---|---|---|
transversal |
longitudinal |
transversal |
longitudinal |
transversal |
longitudinal |
|
|
|
|
|
|
Abschließend können auch das AC- und das SC-Gelenk sonografisch hinsichtlich Stellung und möglicher Weichteilveränderungen im Vergleich zur Gegenseite statisch und dynamisch beurteilt werden.
In allen Standardschnittebenen dienen Skapula und Humeruskopf als knöcherne Leitstrukturen.
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Röntgenuntersuchung
Die konventionelle Röntgendiagnostik schließt sich zur Primärdiagnostik der klinischen Untersuchung und Sonografie an. Für die Schulter stehen einige Standardebenen und eine Vielzahl von Spezialaufnahmen zur Verfügung. Eine ausführliche klinische Untersuchung ist daher vor Anordnung einer weiterführenden Röntgenuntersuchung essenziell. Ausnahme sind die Luxation sowie der dringende Verdacht auf eine Fraktur. Hierbei sollte nur die Prüfung der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität vor der radiologischen Bildgebung erfolgen, um iatrogene Verletzungen zu vermeiden.
Es sollte immer eine Röntgendiagnostik in mindestens zwei Ebenen erfolgen. Die anteroposteriore und die axiale Aufnahme gelten als Standardeinstellungen.
Anteroposteriore Röntgenaufnahme
Bei der anteroposterioren Aufnahme (a.–p.) muss eine exakte Einsehbarkeit des Gelenkspalts möglich sein (true a.–p.) ([Abb. 13]). Hierzu muss berücksichtigt werden, dass die Gelenkpfanne einen offenen Winkel von 30 – 40° nach ventral hat. Bei besonderen Fragestellungen, z. B. zur Beurteilung der Lage eines Kalkdepots, kann die a.-p. Aufnahme zusätzlich in Innen- und Außenrotationsstellung durchgeführt werden ([Abb. 14]). Die a.–p. Projektion in Innenrotation ermöglicht zudem auch die Beurteilung einer Hill-Sachs-Läsion nach ventraler Schulterluxation.
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Axiale Röntgenaufnahme
Bei der zweiten Standardebene, der axialen Aufnahme, werden im Idealfall Humeruskopf und Glenoid in 90° zur a.–p. Ebene dargestellt ([Abb. 13 b]). Vor allem die häufig primär übersehene hintere Schulterluxation kann in dieser Projektion diagnostiziert werden.
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Y-Aufnahme
Da bei der axialen Aufnahme der Arm leicht abduziert werden muss, ermöglicht die Y-Aufnahme (Synonyme: Skapulatangentialaufnahme, True-lateral-View- oder Outlet-View) eine alternative Einstellungstechnik des schmerzgeplagten Patienten. Die Skapula wird tangential getroffen und der Processus coracoideus, der hintere Akromionschenkel und der Corpus scapulae bilden das charakteristische „Y“. Im Idealfall projiziert sich der Humeruskopf direkt auf das Glenoid ([Abb. 13 a]).
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Zielaufnahme des AC-Gelenks nach Zanca
Eine optimale Darstellung des AC-Gelenks bietet die AC-Gelenkszielaufnahme nach Zanca. Belastungsaufnahmen mit Gewichten an beiden Handgelenken ermöglichen die Diagnostik und Klassifikation einer AC-Gelenksprengung.
Zur Strahlenreduktion können anstelle einer typischen Panoramaaufnahme ([Abb. 15]) auch beide AC-Gelenke gezielt mit kleinen Kassetten nacheinander dargestellt werden.
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Alexander-Aufnahme des AC-Gelenks
Zur Beurteilung einer horizontalen Instabilität des AC-Gelenks hat sich die AC-Gelenkaufnahme nach Alexander etabliert ([Abb. 16]). Diese erfolgt in maximaler Horizontaladduktion des betroffenen Arms unter Fixierung durch den gesunden Arm.
Eine Röntgenuntersuchung muss immer in mindestens zwei Ebenen erfolgen.
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Computertomografie (CT)
Die CT dient hauptsächlich der Darstellung knöcherner Läsionen. Die Beurteilung und Klassifikation von komplexen Frakturen sowie die Stellung von einzelnen Fragmenten oder eine mögliche Gelenkflächenbeteiligung kann durch eine CT-Untersuchung exakt dargestellt werden. Die Planung einer Operation (Prothesenplanung) und die Ausmessung von Glenoiddefekten nach Schulterluxation im En-Face-View in der 3-D-Rekonstruktion sind durch die CT ebenfalls möglich ([Abb. 17]). Bei einer Kontraindikation zur MRT-Untersuchung kann eine Arthro-CT-Untersuchung auch zur Kapsel-Labrum-Diagnostik oder Beurteilung von Läsionen der Rotatorenmanschette indiziert sein.
Die CT-Untersuchung bietet eine multiplanare, schnell verfügbare Untersuchungsmethode zur Beurteilung von komplexen Frakturen oder zur präoperativen Planung.
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Magnetresonanztomografie (MRT)
Die MRT-Untersuchung der Schulter stellt in der heutigen Zeit den Goldstandard zur Beurteilung nicht knöcherner Pathologien dar. Vor allem für die Diagnostik von Rotatorenmanschettenläsionen oder die Differenzierung einzelner Instabilitätspathologien hat das MRT einen hohen Stellenwert. Eine direkte MR-Arthrografie ist vor allem für die Diagnose von Partialrupturen der Rotatorenmanschette (z. B. PASTA-Läsion, [Abb. 18]) oder zur Evaluation von Labrum-/SLAP-Läsionen sensitiver als die native MRT-Untersuchung.
Insgesamt wird daher für die Beurteilung chronischer Verletzungen eine direkte MR-Arthrografie empfohlen, während im Akutstadium durch die Kontrastgebung intraartikulärer Hämatome eine native MRT-Untersuchung ausreicht.
Eine i. v. Injektion von Kontrastmittel (indirekte MR-Arthrografie) ist vor allem für die Abklärung von Infektionen der Schulter oder zur Tumordiagnostik indiziert.
Die Schichtführung erfolgt standardmäßig parakoronar, axial und parasagittal:
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Die parakoronare Schicht ([Abb. 19 a]) verläuft parallel zum Verlauf des M. supraspinatus. Supraspinatussehne und -muskel, Pathologien der Bursa subacromialis bzw. subdeltoidea, das inferiore Labrum, das superiore Labrum mit Ansatz der langen Bizepssehne sowie Verletzungen der humeralseitigen Kapsel können in dieser Schicht befundet werden.
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Die axiale Schicht ([Abb. 19 b]) zeigte das Glenoid mit dem vorderen und hinteren Labrum, die Mm. subscapularis und infraspinatus und den Verlauf der langen Bizepssehne im Sulcus intertubercularis.
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Die parasagittalen Bilder ([Abb. 19 c]) eignen sich vor allem zur Beurteilung der gesamten Rotatorenmanschette und des Rotatorenmanschettenintervalls. In den weit medial gefahrenen parasagittalen Schichten, dem sog. Y-View, lassen sich vor allem mögliche Atrophien der Muskulatur beurteilen.
Um keine Pathologien zu übersehen, sollte die Schichtdicke nicht mehr als 3 mm betragen. Zur Abgrenzung unterschiedlicher Pathologien sind immer T1- und eine T2-Wichtungen bzw. fettsupprimierte Sequenzen notwendig.
Die abschließende Therapieempfehlung sollte sich nicht an den Befunden der radiologischen Bildgebung, sondern maßgeblich an den subjektiven Beschwerden und den objektiv erhobenen klinischen Untersuchungsbefunden sowie den Bedürfnissen des Patienten orientieren.
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Nacken- und Schürzengriff liefern eine grobe Orientierung; sind diese problemlos möglich, ist eine Schulterpathologie zunächst unwahrscheinlich.
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Die selektive Mitbeurteilung des Skapulothorakalgelenks stellt einen integralen Bestandteil jeder Untersuchung der Schulter dar.
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Des Weiteren wird die Rotatorenmanschette (M. supraspinatus, Mm. infraspinatus et teres minor, M. subscapularis, M. deltoideus) beurteilt.
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Zur Beurteilung eines Impingement-Syndroms sind beispielsweise der Painful Arc und die Impingement-Tests nach Hawkins/Kennedy oder nach Neer geeignet.
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Funktionelle Tests der langen Bizepssehne sowie des Akromioklavikulargelenks schließen sich an.
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Die Untersuchung der Schulterstabilität – mögliche Instabilität sowie Hyperlaxität – schließen die klinische Untersuchung ab.
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Ein leicht verfügbares und kostengünstiges bildgebendes Verfahren der Schulter bietet die Sonografie, erfordert jedoch einen standardisierten Ablauf sowie exakte anatomische Kenntnisse der Topografie.
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Die Röntgendiagnostik sollte immer in mindestens zwei Ebenen erfolgen. Die anteroposteriore und die axiale Aufnahme gelten als Standardeinstellungen, ggf. können bei besonderen Fragestellungen z. B. Y-Aufnahmen, Zielaufnahmen des Akromioklavikulargelenks nach Zanca oder Alexander-Aufnahmen notwendig werden.
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Zur Beurteilung knöcherner Läsionen, insbesondere komplexer Frakturen, sowie zur OP-Planung ist die Computertomografie gut geeignet.
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MRT-Untersuchungen sind Diagnostikum der 1. Wahl bei nicht knöchernen Pathologien, wobei die direkte MR-Arthrografie für die Diagnose chronifizierter Prozesse empfohlen wird, während im akuten Stadium die native MRT-Untersuchung ausreicht.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Johannes Buckup, Frankfurt am Main.
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Johannes Buckup
Dr. med., seit 01/2013 Assistenzarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Abteilung für Sportorthopädie, Knie- und Schulterchirurgie, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main. Autor und Herausgeber des Buches „Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln“, Thieme Verlag.
Interessenkonflikt
Die Autoren bestätigen, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
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Literatur
- 1 Buckup K, Buckup J. Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln : Untersuchungen – Zeichen – Phänomene. 5. Aufl.. Stuttgart: Thieme; 2012
- 2 Debrunner H. Gelenkmessung (Neutral-0-Methode), Längenmessung, Umfangsmessung. Bulletin des Offiziellen Organs der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen. 1971
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Literatur zur weiteren Vertiefung
- 1 Buckup J, Buckup K. Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln. Stuttgart: Thieme; 2012
- 2 Deutsche Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE) e.V.. Untersuchungstechniken des Schultergelenks. Obere Extremität; 06/2012. Im Internet: https://www.dvse.info/fortbildung/untersuchungstechniken.html Stand: 07.04.2018
- 3 Magee DJ. Orthopedic physical Assessment. München: Elsevier Health Sciences; 2014
Korrespondenzadresse
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Literatur
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