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DOI: 10.1055/a-0622-8147
Periokuläres Masquerade-Syndrom: ein Beispiel
Periocular Masquerade Syndrome: A CasePublication History
eingereicht 01 March 2018
akzeptiert 24 April 2018
Publication Date:
11 July 2018 (online)
Der Begriff Masquerade-Syndrom wird im medizinischen Zusammenhang u. a. verwendet, wenn ein Tumor vortäuscht, eine entzündliche Läsion zu sein. Nicht selten kommt es dabei zu einer Verzögerung der Diagnosestellung und adäquaten Therapie. Im Bereich des Lides und der Bindehaut kann dieses Syndrom bei Tumoren unterschiedlichen Zellursprungs auftreten, bei einem Plattenepithelkarzinom, einem malignen Melanom der Bindehaut [1] und am häufigsten bei einem Talgdrüsenkarzinom [2], [3], [4]. Die genannten Tumorentitäten zählen zu den seltenen Erkrankungen, deren Prävalenz definitionsgemäß unter 1 : 2000 liegt [5]. Liegt zusätzlich ein Masquerade-Syndrom vor, steht der behandelnde Arzt oft vor der besonderen Herausforderung, die Diagnose zumindest nach einer nicht all zu langen Phase der differenzialdiagnostischen Abwägung, also mit möglichst geringer Verzögerung, zu stellen, sodass für den Patienten nur wenig Schaden entsteht. In diesem Fallbericht stellen wir eine 81-jährige Patientin vor, bei der bereits über viele Monate eine Trichiasis am linken Oberlid auffiel, weshalb im Oktober 2013 eine stationäre Behandlung wegen eines Hornhautulkus erforderlich wurde. Zu diesem Zeitpunkt war das linke Oberlid entzündlich gerötet und an der Lidkante verkrustet und wies neben einer Verbreiterung des Oberliddeckblatts im Sinne einer Levatordesinsertion ein Entropium mit Trichiasis durch mehrere Wimpern mit begleitender konjunktivaler Injektion auf ([Abb. 1]). Auch am rechten Auge lag eine chronische Blepharitis vor, allerdings mit deutlich weniger Entzündungszeichen. Drei Monate später wurde am Oberlid des linken Auges eine Rücklagerung der vorderen Lidlamelle ohne Spaltung der Lidkante durchgeführt. Die Patientin erschien erneut weitere 3 Monate später mit einer Zunahme der Verkrustung am linken Oberlid und nun deutlicher Rarefizierung der Oberlidwimpern ([Abb. 2]). Trotz initial beidseitiger Blepharitis bestand nun aufgrund des klinischen Verlaufs und der zunehmenden Asymmetrie der dringende Verdacht, dass ein Talgdrüsenkarzinom vorliegt. Eine exzisonale Biopsie bestätigte diesen Verdacht histologisch, eine ausgedehnte Nachresektion wurde erforderlich. Der resultierende Defekt maß 3,0 cm × 2,4 cm und konnte nach der R0-Resektion mit einer komplexen Rekonstruktion mittels freier tarsomarginaler Transplantate und Hautverschiebelappen rekonstruiert werden.
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Literatur
- 1 Auw-Hädrich C, Reinhard T. Bindehautmelanom. Z prakt Augenheilkd 2006; 27: 244-250
- 2 Schmitz EJ, Herwig-Carl MC, Holz FG. et al. Sebaceous gland carcinoma of the ocular adnexa – variability in clinical and histological appearance with analysis of immunohistochemical staining patterns. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2017; 255: 2277-2285
- 3 Keskinaslan I, Pedroli GL, Piffaretti JM. et al. Eyelid sebaceous gland carcinoma in a young Caucasian man. Klin Monatsbl Augenheilkd 2008; 225: 422-423
- 4 Lai TF, Huilgol SC, Selva D. et al. Eyelid sebaceous carcinoma masquerading as in situ squamous cell carcinoma. Dermatol Surg 2004; 30: 222-225
- 5 EURORDIS-Rare Diseases Europe. Was ist eine seltene Krankheit?. Im Internet: https://www.eurordis.org/de/seltene-krankheiten Stand: 24.02.2018
- 6 Galea M, Sharma R, Srinivasan S. et al. Demodex blepharitis mimicking eyelid sebaceous gland carcinoma. Clin Exp Ophthalmol 2014; 42: 208-210