Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-0625-1700
Penetrierende Verletzungen
Publication History
Publication Date:
23 October 2018 (online)
Penetrierende Verletzungen sind immer noch eine seltene Entität in Europa und im Rettungsdienst. Penetrierende Verletzungen können durch Hieb- und Stichwaffen, aber auch durch Schusswaffen verursacht sein. Im Rahmen der zunehmenden Bedrohung durch terroristische Anschläge rückt auch die Möglichkeit der Explosionsverletzung („Blast Injury“) in den Fokus. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die verschiedenen Entitäten und die entsprechenden Behandlungsprinzipien von penetrierenden Verletzungen.
-
Nicht nur Stich- und Schussverletzungen, sondern auch Explosionsverletzungen verursachen penetrierende Verletzungen.
-
Penetrierende Verletzungen sind in Europa nach wie vor eine seltene Verletzungsentität. Aufgrund der zunehmenden Bedrohung durch terroristische Handlungen sind sie dennoch immer wahrscheinlicher geworden.
-
Bei Szenarien mit penetrierenden Verletzungen darf niemals die vorherrschende Lage außer Acht gelassen werden. Die Eigensicherung ist stets zu beachten.
-
Die Verletzungsfolgen einer Schussverletzung sind nur bedingt vorhersehbar, da die Wirkung eines Geschosses von vielen Variablen abhängig ist. Grundsätzlich lassen sich Geschosse in High-Velocity- und Low-Velocity-Geschosse unterteilen. Insbesondere High-Velocity-Geschosse verursachen ausgeprägte Verletzungen.
-
Eine Explosionsverletzung („blast injury“) ist eine thermomechanische Kombinationsverletzung, die penetrierende Verletzungen durch den Fragmentationseffekt verursacht. Die Besonderheit liegt in dem zusätzlichen Barotrauma und den möglichen einhergehenden Verbrennungen im Vergleich zu Stich- und Schussverletzungen.
-
Um ein strukturiertes und prioritätenorientiertes Arbeiten sicherzustellen, hat sich der ABCDE-Algorithmus gemäß Prehospital Trauma Life Support (PHTLS) bewährt. Da penetrierende Verletzungen potenziell „blutende Verletzungen“ sind, ist es zweckmäßig, diesen Algorithmus um ein initiales „c“ für critical Bleeding zu ergänzen, um eine Exsanguination zu vermeiden.
-
Penetrierende Verletzungen sind obligat kontaminiert und sollten auch als solche behandelt werden. Eine präklinische Antibiotikagabe ist nicht zwingend erforderlich bei zeitnaher Verlegung in eine weiterführende Behandlungseinrichtung.
-
Es gelten die Regeln der permissiven Hypotonie und der Volumensubstitution analog zur S3-Leitlinie der Schwerverletzten-Behandlung.
-
In vielen Fällen können penetrierende Verletzungen erst durch eine chirurgische Intervention adäquat behandelt werden. Der Ansatz „scoop and run“ sollte bevorzugt werden.
-
Literatur
- 1 Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. TraumaRegister DGU®. Jahresbericht 2017. Im Internet: http://www.traumaregister-dgu.de/fileadmin/user_upload/traumaregister-dgu.de/docs/Downloads/TR-DGU-Jahresbericht_2017.pdf Stand: 15.07.2018
- 2 Najibi S, Dougherty PJ, Morandie MM. Management of gunshot wounds to the joints. Tech Orthop 2006; 21: 200-204 doi:10.1097/01.bto.0000240270.38353.85
- 3 Bieler D, Franke AF, Hentsch S. et al. Schuss- und Stichverletzungen in Deutschland – Epidemiologie und Outcome. Eine Analyse aus dem TraumaRegister DGU® . Unfallchirurg 2014; 117: 995-1004
- 4 Bundeskriminalamt. Bundeslagebild Waffenkriminalität 2016. Im Internet: https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Waffenkriminalitaet/waffenkriminalitaetBundeslagebild2016.html Stand: 15.07.2018
- 5 Deutsches Reichsgesetzblatt 1901. 423-454
- 6 Stefanopoulos PK, Pinialidis DE, Hadjigeorgiou GF. et al. Wound ballistics 101: the mechanism of soft tissue wounding by bullets. Eur J Trauma Emerg Surg 2017; 43: 579-586
- 7 Mayo A, Kluger Y. Terrorist bombing. World J Emerg Surg 2006; 1: 33 doi:10.1186/1749-7922-1-33
- 8 Schwab R, Güsgen C, Hentsch S. et al. Terrorismus – Eine neue Dimension des Polytraumas. Chirurg 2007; 78: 902-909
- 9 Kluger Y, Nimrod A, Biderman P. et al. The quinary pattern of blast injury. Am J Disaster Med 2007; 2: 21-25
- 10 National Association of Emergency Medical Technicians US (NAEMT). ed. PHTLS. Prehospital Trauma Life Support. 8th ed. Burlington Mass: Jones & Bartlett Learning; 2014
- 11 Neitzel C, Ladehof K. Hrsg. Taktische Medizin: Notfallmedizin und Einsatzmedizin. 2. Aufl.. Berlin: Springer; 2015
- 12 Hossfeld B, Josse F, Kulla M. et al. Handlungsempfehlung zur prähospitalen Anwendung von Tourniquets, Handlungsempfehlung des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Notfallmedizin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. DGAI 2016. Im Internet: https://www.dgai.de/aktuelles/344-praehospitale-anwendung-von-tourniquets Stand: 15.07.2018
- 13 Kaske S, Maegele M. Volumentherapie beim schwerverletzten Traumapatienten: Empfehlungen und aktuelle Leitlinien. Unfallchirurg 2017; 120: 85-90 doi:10.1007/s00113-016-0283-0
- 14 Kobbe P, Pape H. Penetrierende Verletzungen. Notfall Rettungsmed 2008; 11: 141 doi:10.1007/s10049-007-0997-1
- 15 von Lübken F, Achatz G, Friemert B. et al. Update zu Schussverletzungen der Extremitäten. Unfallchirurg 2018; 121: 59 doi:10.1007/s00113-017-0449-4
- 16 Franke A, Bieler D, Wilms A. et al. Behandlung von Schussfrakturen der unteren Extremität. Unfallchirurg 2014; 117: 975-994
- 17 Weinstein J, Putney E, Egol K. Low velocity gunshot wounds result in significant contamination regardless of ballistic characteristics. Am J Orthop (Belle Mead NJ) 2014; 43: E14-E18
- 18 Norman J, Gahtan Franz V M. et al. Occult vascular injuries following gunshot wounds resulting in long bone fractures of the extremities. Surg 1995; 61: 146-150
- 19 Radtke C, Vogt PM. Nervenverletzungen und posttraumatische Versorgung. Unfallchirurg 2014; 117: 539-555
- 20 Kollig E, Hentsch S, Willms A. et al. Schussverletzungen: Müssen Projektile und Fragmente immer entfernt werden?. Chirurg 2014; 85: 607-615