Einleitung
Dentale Bildgebung ist häufiger Bestandteil des radiologischen Alltags, sei es durch Miterfassung im Rahmen anderweitiger Fragestellungen oder als zielgerichtete Untersuchung, wie zum Beispiel bei Patienten mit dentalem oder orofazialem Trauma. Zwar hat sich der Zahnstatus der Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten durch optimierte Mundhygiene und Prävention in der Zahnheilkunde verbessert [1], dennoch sind Erkrankungen des Zahnes und seines Halteapparats weiterhin mit bedeutenden Auswirkungen und Einschränkungen der Lebensqualität für die betroffenen Patienten verbunden. Eine frühe Detektion dieser Befunde ist, auch für den Radiologen, eine wichtige Aufgabe. Diese Übersichtsarbeit soll daher eine strukturierte Einführung in die dentale Bildgebung geben.
Zahnaufbau
Die Zähne sind entwicklungsgeschichtlich ektodermale Hartgebilde. Man unterteilt den Zahn in Zahnkrone (Corona), ‑hals (Cervix) und ‑wurzel (Radix) ([Abb. 1a]). An der Zahnkrone umgibt der Schmelz (Enamelum) das Dentin. Zentral liegt die Pulpa, die sich zum Apex verjüngt und das Gefäß- bzw. Nervengeflecht enthält. Die Radix ist über eine Sonderform der Syndesmose (Gomphose) verankert. Dieser Zahnhalteapparat (Parodontium) besteht aus Wurzelhaut, Zement, Alveolenwand und dem Zahnfleisch (Gingiva). Von diesen Strukturen lassen sich projektionsradiografisch Schmelz, Dentin und Pulpa anhand ihrer zunehmenden Strahlentransparenz sowie der gut sichtbare Parodontalspalt mit am Übergang zum Alveolarfortsatz anliegender Lamina dura abgrenzen.
Abb. 1 a 3D-Rekonstruktion eines 9,4 T-MRT eines extrahierten Zahnes zur Veranschaulichung des Zahnaufbaus mit Unterteilung in Corona, Cervix und Radix. Das zentrale Zahnmark wird in Kronenpulpa und Wurzelpulpa unterteilt. Zum Apex verjüngt sich der Wurzelkanal; mit abgeschlossener Wurzelentwicklung verschließt sich auch das Foramen apikale. b Orthopantomogramm mit physiologischer Darstellung der Zähne. Die Tabelle zeigt die klassische Nummerierung des Erwachsenen-Gebisses nach der FDI, angefangen bei 11 für den ersten Scheidezahn im oberen rechten Quadranten bis zu 48 für den Weisheitszahn im unteren rechten Quadranten. c 2 exemplarische präoperative DVT-Bilder vor Extraktion von 38 zur Lagebestimmung des Nervus alveolaris inferior im Canalis mandibularis (roter Pfeil). d Curved-Rekonstruktion einer CT zentriert auf den linken Canalis mandibularis. Die CT kann u. a. für die dreidimensionale Bestimmung des Abstands der Wurzelspitzen zum Canalis mandibularis eingesetzt werden. In diesem Beispiel liegt die Wurzel des 38 unmittelbar angrenzend.
Jede Hälfte des Ober- bzw. Unterkiefers enthält beim Erwachsenen im Regelfall 2 Schneidezähne (Incisivi) und 1 Eckzahn (Caninus) sowie als Seitenzähne 2 Backenzähne (Prämolares) und 3 Mahlzähne (Molares).
Bildgebungstechniken
Als Bildgebungstechniken stehen der dentalen Radiologie insbesondere die Projektionsradiografie mit dem Orthopantomogramm (OPG) und gezielten Zahnaufnahmen, die digitale Volumentomografie (DVT) sowie die CT und in experimentellen Ansätzen auch die MRT zur Verfügung.
Das OPG basiert auf einer konventionellen Röntgentomografie und umfasst in einer halbkreisförmigen gegenläufigen Bewegung von Röntgenröhre und Bilddetektor die Zähne des Ober- und Unterkiefers, die Kiefergelenke sowie Teile der Kieferhöhlen. Qualitätsmerkmale einer OPG-Aufnahme sind u. a. 1.) eine freie, symmetrische Projektion des Ramus mandibularis einschließlich des Processus condylaris als Indikator für eine korrekte Kopfneigung und -rotation, 2.) eine erhaltene Graustufen-Differenzierung und 3.) eine möglichst „reale“ Größendarstellung der Zahnkronen der Oberkieferfrontzähne als Indikator für einen korrekten Abstand des Lichtvisiers. Die Halbkreis-Aufnahme kann zu verschiedenen Artefakten führen, beispielhaft sei hier bei Fremdmaterialien wie Ohrringen eine unscharfe Projektion auf der Gegenseite erwähnt.
Die Orientierung im OPG erfolgt in Europa üblicherweise anhand einer Nummerierung gemäß der Fédération Dentaire Internationale (FDI), dem Zahnärzteweltverband ([Abb. 1b]). Dabei markiert die erste Zahl den zugehörigen Quadranten, beginnend im rechten Oberkiefer (1) und schließlich dem Uhrzeigersinn folgend bis zum rechten Unterkiefer (4); die zweite Zahl nummeriert die Zähne innerhalb des Quadranten, beginnend beim ersten Frontzahn. In einem Milchzahngebiss wird die Quadranten-Nummerierung 5 bis 8 verwendet. Bezogen auf den einzelnen Zahn erfolgt die Richtungsangabe mittels bukkal (in Richtung Wange), lingual bzw. palatinal (in Richtung Zunge bzw. Gaumen), mesial (in Richtung Frontzähne) und distal (in Richtung Molares). Weitere Richtungsbezeichnungen sind apikal (zur Wurzelspitze) bzw. koronal und okklusal (zur Kaufläche).
Die digitale Volumentomografie (DVT), im angloamerikanischen Raum auch Cone-Beam-CT genannt, ist ein häufig in der dentalen Bildgebung genutztes Verfahren zur überlagerungsfreien, dreidimensionalen Darstellung des Gesichtsschädels [2]. Hierbei werden ein kegelförmiges Röntgenstrahlenbündel und ein zweidimensionaler Bildrezeptor genutzt, um aus dem Volumendatensatz sekundäre Schichtbilder sowie die korrespondierenden 3D-Rekonstruktionen zu generieren. Die DVT wird vornehmlich zur Planung von dentalen Implantaten bzw. von operativen Zahnextraktionen (insbesondere für die Abstandsbestimmung zum Nervus alveolaris inferior, [Abb. 1c]) eingesetzt, kann jedoch auch bei der Beurteilung der Nasennebenhöhlen oder zur Lagebeurteilung von Implantaten im Mittel- bzw. Innenohr helfen [3]. Zwar diskutieren erste Studien einen Einsatz der DVT auch für die Weichteildiagnostik [4], jedoch muss hierfür die eingesetzte Strahlendosis (zu) deutlich angehoben werden. Daher ergeben sich für die DVT außerhalb der dentalen (Trauma‑) Bildgebung Einsatzmöglichkeiten vornehmlich in der Bildgebung ossärer Strukturen und Pathologien [5]
[6]
[7]. Lange galt, dass die effektive Strahlendosis der DVT grundsätzlich um ca. einen Faktor 10 niedriger sei als bei der CT [8]
[9]. Nach den neuesten Empfehlungen der internationalen Strahlenschutzkomission (ICRP), Leitlinien der Europäischen Kommission oder verschiedener Studien, muss diese pauschale Aussage jedoch zumindest diskutiert werden [10]
[11]
[12]: Durch Anpassen der CT-Scanparameter an die (zahnärztliche) Fragestellung statt Verwendung klassischer Scanprotokolle (Schädel oder Nasennebenhöhlen) konnte die effektive Strahlendosis deutlich gesenkt werden [13]
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[15]. Dabei zeigten diese Niedrig-Dosis-CT-Protokolle teilweise ein höheres Auflösungsvermögen und verbesserte Bildqualität als die DVT, bei schnellerer Akquisition und somit reduzierten Bewegungsartefakten [14]
[16]. Zudem konnten verschiedene Studien eine erhebliche (ca. 20fache) Spannbreite der effektiven Strahlendosis bei Verwendung unterschiedlicher DVT-Geräte aufzeigen, einige Geräte erreichten oder überschritten somit sogar die Dosiswerte der CT [17]
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[20]. Bezüglich der Verwendung der einzelnen Bildgebungsmodalitäten für die dreidimensionale dentale Bildgebung gilt es somit, auch unter Berücksichtigung der effektiven Strahlendosis, nicht notwendigerweise die Wahl zwischen DVT oder CT zu treffen, sondern vielmehr jeweils eine Optimierung der Scanparameter unter Berücksichtigung der Fragestellung anzustreben. Im Gegensatz zu Computertomografen dürfen digitale Volumentomografen auch von Zahnärzten nach Erwerb einer entsprechenden Fachkunde eingesetzt werden.
Mithilfe der klassischen Computertomografie können mit dezidierten Nachverarbeitungsprogrammen speziell auf die Dentaldiagnostik abgestimmte parakoronare und paraaxiale Rekonstruktionen oder virtuelle OPG-Ansichten berechnet oder curved-Rekonstruktionen angefertigt werden ([Abb. 1c]). Diese Bildgebungstechnik kann, wie die DVT, ebenfalls zur implantologischen Behandlungsplanung und Verlaufskontrolle genutzt werden. Wie auch bei der DVT wird üblicherweise eine spezielle Röntgenschablone während der Bildgebung eingesetzt, welche für die spätere Implantatplanung nötig ist. Die CT bietet gegenüber der DVT Vorteile bezüglich des Weichteilkontrastes; hierfür kann ggf. auch eine MRT-Untersuchung durchgeführt werden [21]. Die Zahn-MRT bleibt bisher experimentellen Ansätzen vorbehalten [22].
Konservierende Zahnheilkunde
Das Hauptaugenmerk in der konservierenden Zahnheilkunde liegt auf der Kariologie und Endodontologie. Karies ist eine durch einen Biofilm induzierte und durch Zucker unterhaltene, multifaktorielle Erkrankung der Zähne, welche aus einer sich abwechselnden De- und Remineralisation des Zahnhartgewebes resultiert [23]. Kariöse Läsionen stellen sich als umschriebene Aufhellung der Zahnkrone dar ([Abb. 2a]) und werden, soweit klinisch keine irreversible Schädigung der Pulpa vorliegt, durch plastische Füllmaterialien oder Einlagefüllungen ersetzt. Gängige plastische Füllungsmaterialien sind Amalgame, Komposite und Glasionomerzemente, die radiologisch nicht sicher voneinander unterschieden werden können. Bei einer durchschnittlichen Haltbarkeit für plastische Füllungsmaterialien von ca. 10 Jahren sind regelmäßige klinische und radiologische Verlaufskontrollen erforderlich [24]. Neben der häufigen Sekundärkaries, definiert als auftretende Karies bei bestehender Restauration, können z. B. Materialversagen oder endodontische Komplikationen einen Austausch der Füllung nötig machen [25]. Bildgebend zeigt sich eine Füllung röntgenopaker als der physiologische Zahn und ohne geradlinige Begrenzung ([Abb. 2b]). Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Übergang vom Füllungsmaterial zum Zahnhartgewebe gelten, um eine Sekundärkaries oder einen überstehenden Füllungsrand als Risikofaktor rechtzeitig erkennen zu können ([Abb. 2c]).
Abb. 2 a Ausgedehnte Karies-Läsion bei nahezu vollständiger Aufhellung der Zahnkrone. Die apikale Aufhellung ist verdächtig auf eine apikale Parodontitis mit typischer Osteolyse. b Suffiziente Füllungen mit am Zahn abschließenden Rändern. c Insuffiziente Füllungen 27, 36 und 37 mit Aufhellungen angrenzend an das Füllungsmaterial. Bei 36 und 37 zeigt sich ein überstehender Füllungsrand. Da hier Speisereste verbleiben können, stellen überstehende Füllungsränder einen Risikofaktor für die Entstehung des Sekundärkaries dar.
Die Endodontologie beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Erkrankungen des Pulpa-Dentin-Komplexes und des periapikalen Gewebes. Entzündungen dieser Regionen können ein wichtiger (unbemerkter) Infektionsherd sein und viele internistische oder chirurgische Behandlungen (Immun- oder Stammzelltherapie, Organtransplantation, etc.) erheblich beeinträchtigen. Ursache ist meist eine bakterielle Infektion; als Eintrittspforte liegt häufig ein kariöser Defekt vor. Schreitet diese bis zur Zahnpulpa fort, spricht man von einer Pulpitis. Hier werden reversible und irreversible Formen unterschieden. Bei irreversiblen Pulpitiden gilt das gesamte Endodont (Kronen- und Wurzelpulpa) als irreversibel geschädigt, sodass im Gegensatz zu einer reversiblen Pulpitis in der Regel zusätzlich eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt wird. Nach chemischer und mechanischer Wurzelkanalbehandlung werden die Wurzelkanäle mit Wurzelfüllmaterial (üblicherweise Guttapercha) befüllt, welches sich durch die Verwendung von Metallsulfaten röntgenopak darstellt. Eine Füllung, die 0 – 2 mm vom anatomischen Apex entfernt endet sowie wanddicht und blasenfrei ist, wird als adäquat betrachtet ([Abb. 3a]) [26]. Komplikationen bei der Behandlung sind u. a. eine zu kurze Auffüllung der Wurzel ([Abb. 3b]), ein Überstopfen des Füllmaterials (angloamerikanisch auch als „Puff“ bezeichnet) apikal aus dem Wurzelkanal heraus, übersehene Wurzelkanäle, Instrumentenfrakturen ([Abb. 3c]) oder Anlage einer Via falsa.
Abb. 3 a Suffiziente Wurzelkanalbehandlung mit Darstellung des röntgendichten Materials bis in die Wurzelspitze. b Insuffiziente Wurzelkanalbehandlung der mesialen Wurzel (blauer Pfeil). Zudem zeigt sich eine leichtgradige Aufhellung der Apex-Region, verdächtig für eine konsekutive entzündliche Reaktion der Wurzelspitze (gelber Kreis). c Die röntgendichte, wellenförmige Struktur der mesialen Wurzelspitze stellt verbliebendes Fremdmaterial nach einer Instrumentenfraktur während einer Wurzelkanalbehandlung dar (roter Pfeil).
Schreitet eine bakterielle Infektion einer Pulpitis über den Wurzelkanal oder tiefe Zahnfleischtaschen bis zur Wurzelspitze fort, ist eine periapikale Entzündung die Folge. Auch wenn akute Formen sich bildgebend zunächst unauffällig darstellen können, zeigt sich im Zeitverlauf zumeist eine periapikale Aufhellung ([Abb. 3b]). Entsprechend der Pulpitis ist die Wurzelkanalbehandlung die erste Therapieoption.
Parodontologie
Die Parodontologie beschäftigt sich mit der Diagnose und Therapie der Erkrankungen des Zahnhalteapparats. Klassifiziert wird die Parodontitis, die Entzündung des Zahnhalteapparats u. a. in die chronische und aggressive Form [27]. An der chronischen Parodontitis leiden 52 % der 35- bis 44-Jährigen und über 90 % der 75- bis 100-Jährigen [1]. Die chronische Parodontitis wird weiterhin in eine lokalisierte (< 30 % der Zähne betroffen) und eine generalisierte Form (> 30 %) unterteilt, wobei 3 Schweregrade (leicht, mittel, schwer) berücksichtigt werden [27]. Diese Schweregrade werden radiologisch anhand des messbaren Knochenverlustes (Anteil der freiliegenden Wurzelanteile im Verhältnis zur gesamten Wurzellänge) eingeteilt. Bei der leichten Form liegt ein Knochenverlust von 10 – 20 % der Wurzellänge ([Abb. 4a]), beim mittleren Schweregrad von 20 – 50 % ([Abb. 4b]) und bei der schweren Form von über 50 % vor ([Abb. 4c]). Die Diagnose der aggressiven Parodontitis ist nicht eindeutig definiert, bezieht sich jedoch auf eine schwere Verlaufsform insbesondere in jungem Patientenalter [27].
Abb. 4 Die Parodontitis wird in 3 Schweregrade eingeteilt. Die exemplarischen Detailaufnahmen auf der rechten Seite zeigen deutlich einen zunehmenden Knochenverlust von der a leichten Form mit einem Knochenverlust von 10 – 20 % der Wurzellänge über b den mittleren Schweregrad mit 20 – 50 % zu c der schweren Form mit über 50 % Knochenverlust der Wurzellänge.
Verschiedene Studien – teils mit konträren Ergebnissen – diskutieren, ob die Parodontitis negative Effekte auf verschiedene systemische Erkrankungen, wie die rheumatoide Arthritis [28], Diabetes mellitus [29]
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[32] und kardiovaskuläre Erkrankungen [33], haben könnte oder sogar ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt birgt [22]. Somit ist auch vor diesem Hintergrund eine sensitive Befundung durch den Radiologen sinnvoll.
Implantologie
Dentale Implantate dienen als Zahnersatz und werden in der Regel enossal im Kieferknochen verankert. Diese Verankerung bezeichnet man auch als Osseointegration, wobei Osteoblasten direkt an die Implantatoberfläche integrieren [34]. Vor Implantation muss in der radiologischen Planung ein ausreichender Abstand zum Nervus mandibularis sowie zur Kieferhöhle und Nachbarzähnen berücksichtigt werden ([Abb. 5a]). Nach Implantation dient die Bildgebung der Detektion von Komplikationen, insbesondere Implantat- und Schraubenfrakturen, oder die durch mikrobiologische Erreger bedingte Periimplantitis ([Abb. 5b]) [35]. Um eine Periimplantitis zu diagnostizieren, wird radiologisch u. a. der vertikale Knochenverlust am Implantat evaluiert [36].
Abb. 5 a Darstellung von 2 achsgerecht einliegenden Zahnimplantaten unter Schonung des Nervus alveolaris inferior (blaue gestrichelte Linie) bzw. der Kieferhöhle. Nebenbefundlich zeigt sich ein impaktierter Weisheitszahn sowie eine mittelgradige Parodontitis. b Implantologische Komplikation mit Implantatfraktur und verbliebenem Fragment im Knochen.
Trauma
Traumata des Zahnes lassen sich nach der ICD der WHO klassifizieren [37]. OPG und Einzelzahnaufnahmen sind initial die Modalitäten der Wahl und können bei Notwendigkeit um eine DVT oder CT erweitert werden [38]
[39]. Bei Konkussionen des Zahnes liegt eine posttraumatische Schmerzsymptomatik ohne weiteres klinisches oder radiologisches Korrelat vor. Unterschieden werden darüber hinaus Zahnfrakturen und Zahnluxationen [39]. Bei Zahnfrakturen ist die Beteiligung der Pulpa für die weitere Behandlung entscheidend ([Abb. 6a]), dementsprechend sollte die Befundung sowohl an der Fraktur beteiligte Zahnsubstanzen (Schmelz, Dentin, Pulpa) als auch die Lokalisation (Zahnkrone, ‑hals, ‑wurzel) enthalten ([Abb. 6a, b]). Eine DVT kann die Frakturdiagnostik erleichtern ([Abb. 6b]). Bei Wurzelfrakturen werden Längs- von Querfrakturen unterschieden, wobei die Längsfrakturen eine schlechtere Prognose aufweisen [38]. Während bei traumatischen Zahnintrusionen der Parodontalspalt bildgebend komprimiert ist, ist er bei der Luxation erweitert [39]. Bei lateralen Zahnluxationen ist der Parodontalspalt entsprechend der Luxationsrichtung erweitert ([Abb. 6c]), zudem finden sich häufig angrenzende Frakturen des Alveolarfortsatzes [39]. Exzentrisch angefertigte Zahnfilme erleichtern hier die Diagnostik. Die Maximalform der Luxation stellt die Zahnavulsion dar ([Abb. 6c]). Eine Reposition mit anschließender Bildgebung sollte schnellstmöglich erfolgen. Zähne ohne abgeschlossene Wurzelentwicklung, röntgenologisch einem noch offenen Foramen apikale entsprechend, haben eine deutlich bessere Prognose bei Replantation. Im Verlauf nach Zahntrauma können Zähne ankylosieren oder resorbiert werden, weshalb regelmäßige projektionsradiografische Kontrollen indiziert sind.
Abb. 6 a Traumatische horizontale Fraktur der Zahnkrone 22 unter Beteiligung der Zahnpulpa (blauer Kreis). b Zwei DVT-Bilder in sagittaler (links) und koronarer (rechts) Ebene einer horizontalen Wurzelfraktur 11 mit vollständiger Dislokation der Zahnkrone. c Traumatische Alveolarfortsatzfraktur 31, 32, 41, 42 mit vollständiger Avulsion von 32 und Extrusion von 31, 41, und 42. Der Parodontalspalt ist entsprechend erweitert. d Traumatische Fraktur des Processus condylaris links (blauer Kreis). Darüber hinaus nicht dislozierte Fraktur der Mandibula paramedian rechts (häufig Ort der primären Krafteinwirkung, blauer Pfeil). e 3D-CT-Rekonstruktion desselben Pathomechanismus bei einem anderen Patienten mit dislozierter Mandibulafraktur paramedian rechts (blauer Pfeil) sowie dislozierter Fraktur des Processus condylaris und Processus coronoideus links (blauer Kreis). f DVT-Volumenrekonstruktion einer linksseitigen Fraktur einer atrophierten Mandibula.
Abhängig vom Trauma-Mechanismus sind Zahnverletzungen oftmals mit Kieferfrakturen assoziiert, die eine Erweiterung der Diagnostik (z. B. CT, DVT) erforderlich machen können. Zu beachten ist, dass insbesondere bei lateralen Unterkieferfrakturen zusätzliche (para‑)mediane Fissuren mit möglicher Einstrahlung in die Alveolarfortsätze der Front- oder Schneidezähne möglich sind ([Abb. 6d, e]). Eine 3D- bzw. Volumenrekonstruktion der CT bzw. DVT kann die Frakturdarstellung auch hier erleichtern ([Abb. 6e, f]).
Schlussfolgerung
Die dentale Bildgebung ist wichtiger Bestandteil der klinischen Radiologie zur Detektion von Pathologien der Zähne und des Zahnhalteapparats, um eine frühe Detektion, Prävention oder zahnärztliche Behandlung zu ermöglichen. Dabei gilt es, die dentalen Pathologien nicht nur als lokale Erkrankungen, sondern auch bezüglich ihrer potentiellen systemischen Auswirkung zu verstehen.
Hinweis: Institutsangabe Nr. 3 wurde am 4. Juli 2018 geändert.