Einleitung
Die Ausübung von Sport hat einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität, und Sport hat für viele Menschen heute bis ins hohe Alter eine zunehmende Bedeutung. Es
ist davon auszugehen, dass der Anteil an Patienten, die nach einer Endoprothesenoperation sportlich aktiv sein wollen, zunehmen wird [1]. Aufgrund moderner, langlebiger Materialien und Implantate erhalten zunehmend immer jüngere Patienten, die unter einer degenerativen Erkrankung der
Hüfte oder des Kniegelenks leiden, ein künstliches Gelenk. Dieses jüngere und oftmals sportlich aktive Patientenkollektiv hat aber auch eine höhere
Erwartungshaltung und wünscht in der Regel nach erfolgreicher Operation eine Rückkehr in den Sport [2].
Nach einer Prothesenoperation zeigt sich in der Regel auch wieder eine stärkere sportliche Belastung, auch wenn es sich hier in der Regel um „Low-Impact“-Sportarten
handelt. [3], [4]. Faktoren wie der präoperative Aktivitätslevel, männliches Geschlecht, Alter und
BMI haben einen Einfluss auf die sportliche Aktivität nach der Operation. Generell wird heute bis ins gehobene Alter Sport ausgeübt, da ältere Patienten aufgrund
ihrer Pensionierung oft auch wieder mehr Zeit für diese Aktivitäten zur Verfügung haben und Sport bis ins fortgeschrittene Alter heute gesellschaftlich stärker
akzeptiert und gefördert wird [5].
Dabei gehört zu einer hohen Patientenzufriedenheit heute einerseits ein schmerzfreies Gelenk und die uneingeschränkte Ausübung von Alltagsaktivitäten, aber
andererseits auch die individuelle Möglichkeit, Sport auszuüben [6]. Dies stellt den operativ tätigen Orthopäden und
Unfallchirurgen vor die Frage, in welchem Umfang Patienten nach der Operation sportlich aktiv werden können und ob das sportliche Aktivitätsniveau der der
Implantation vorausgegangenen Jahre auch nach einer Endoprothese noch sinnvoll ist.
In der Vergangenheit ist man davon ausgegangen, dass die physische Aktivität eines Patienten einen starken Einfluss auf das Abriebverhalten der Prothesen hat [7]. Insofern überrascht es auch wenig, dass die großen Fachgesellschaften wie die Hip Society und die Knee Society in ihren
Richtlinien die Teilnahme an sogenannten High-Impact-Sportarten wie Handball, Basketball und Joggen nach der Implantation einer künstlichen Hüft- und Knieprothese
ablehnen [8], [9], [10].
Neuere Studien haben jedoch gezeigt, dass gerade in der Hüftendoprothetik bereits Standardimplantate, die hoch vernetztes Polyethylen verwenden, derart exzellente
mechanische Eigenschaften haben, dass Abrieb auch unter starker Belastung nur noch als ein unwahrscheinlicher Fehlermechanismus gilt [11].
Darüber hinaus haben die Rekonstruktion der Kapsel und Außenrotatoren nach einem hinteren Zugang [12], die Verwendung des direkten
vorderen Zugangs [13], [14], [15] und neue größere
Kopfdurchmesser die Luxationsraten deutlich gesenkt. Damit erscheint auch die Ausübung von Sportarten, die einen maximalen Bewegungsumfang benötigen, wie zum
Beispiel Yoga, durchaus möglich. Wesentlich weniger klar ist, inwieweit das hoch vernetzte Polyethylen eine stärkere Belastung nach einer Knieprothese ermöglichen
kann. Da die stärkere Vernetzung des Polyethylens insgesamt das Material etwas brüchiger macht und die „fracture toughness“ reduziert [16] wird kontrovers diskutiert, ob die Verwendung hochvernetzten Polethylens auch in der Knieendoprothetik sinnvoll ist [17], [18].
Es ist davon auszugehen, dass bei der Artikulation des runden Femurkondylus und des relativ flachen Polyethyleneinsatzes aufgrund der geringen Kontaktflächen im
Vergleich zum Kugelgelenk an der Hüfte deutlich höhere Belastungsspitzen im künstlichen Kniegelenk auftreten [17]. Deshalb wurden
in der Vergangenheit Sportarten wie Joggen, die mit hohen Spitzenbelastungen und unkontrollierbaren Scherkräften einhergehen, nicht empfohlen [19]. Dies dürfte auch der Hintergrund dafür sein, dass bei Hüftprothesen grundsätzlich höhere Aktivitätslevel erlaubt werden als bei
Knieprothesen [8].
Primäre Hüftendoprothese
In der Praxis sind die Empfehlungen hinsichtlich Sport sehr von dem betreuenden Orthopäden abhängig und weisen eine große Bandbreite auf. So ist in der Literatur der
ärztliche Rat zur Vorsicht einer der Hauptgründe für eine reduzierte Sportausübung bei Patienten nach der Operation [24]. Dies kann
sicher auf die in den Anfängen der Endoprothetik hohen Lockerungsraten bei jungen und aktiven Patienten zurückgeführt werden ([
Abb.
1
]), die bis heute noch die Empfehlungen der Operateure beeinflussen [25]. Ein guter Meinungsspiegel ist die von
Swanson, Schmalzried und Dorey [8] veröffentlichte Umfrage unter Mitgliedern der amerikanischen Hip and Knee Society. Im Rahmen
eines Fragebogens zu postoperativ empfohlenen Sportarten zeigte sich, dass 95 % der orthopädischen Chirurgen die Teilnahme an „Low-Impact“-Sportarten (Radfahren,
Golf) empfehlen, aber von „High-Impact“-Sportarten abraten. Interessanterweise zeigte sich, dass High-Volume-Chirurgen grundsätzlich liberalere Empfehlungen zur
Sportausübung geben.
Abb. 1 Röntgenaufnahme 14 Jahre nach Implantation einer Hüftprothese mit unvernetztem Polyethylen. Die Aufnahme zeigt ausgedehnte Osteolysen nach
Plastikabrieb. Der Patient war zum Zeitpunkt der Hüftprothesenimplantation 42 Jahre alt und blieb auch nach der Operation sportlich aktiv.
Bei den im Simulator beobachteten geringen Abriebraten von hochvernetztem Polyethylen ist aber nicht davon auszugehen, dass durch eine sportliche Betätigung das
Risiko für eine abriebinduzierte Lockerung erheblich ansteigt [20]. Auch klinische Ergebnisse von Garvin [21] zeigen, dass junge Patienten mit einem Alter von bis zu 50 Jahren nach der Verwendung hochvernetzten Polyethylens auch nach 9
Jahren nur minimalen Abrieb zeigen.
Insofern scheinen gerade Aktivitäten, die zu einer gleichmäßigen, wenn auch intensiven Belastung der Prothese führen (langsames Joggen, Langlauf, Fahrradfahren,
Ski-Langlauf etc.), eher unproblematisch zu sein. Wobei man anmerken muss, dass nur ungefähr 4 % der Patienten nach einer Hüftprothese wirklich regelmäßig joggen
gehen [22]. Als häufigsten Grund, diese Sportarten nicht mehr auszuüben, geben Patienten die Angst vor Verletzungen und Stürzen
an.
Unproblematisch erscheinen auch Sportarten, bei denen der direkte Kontakt zum Gegner ausgeschlossen werden kann und somit unkontrollierte Bewegungen vermieden werden
(Minimalkontakt-Karate, Basketball ohne Wettbewerbscharakter etc.). Wenig problematisch erscheinen auch Sportarten, bei denen ein geübter Patient zu jedem Zeitpunkt
die Kontrolle über das Hüftgelenk behält. So empfehlen wir, beim alpinen Skifahren Pisten unter dem Schwierigkeitsniveau vor der Operation auszuwählen, die es dem
erfahrenen Skifahrer ermöglichen, Stürze zu vermeiden. Der Einfluss von Skifahren auf eine Hüftprothese wurde von Geschwend und seinen Mitarbeitern untersucht [23]. Im Rahmen dieser Studie wurde eine Gruppe von Patienten, die den alpinen Skilauf weiter betrieben, mit einer inaktiven Gruppe
ohne Skifahren verglichen. Es zeigte sich, dass Skifahren im Rahmen dieser Studie keinen negativen Einfluss auf die Überlebensrate einer Hüftprothese hatte.
Geht der gewünschte Sport mit einem erhöhten Luxationsrisiko einher, so kann gegebenenfalls ein Operationszugang ausgewählt werden, der mit einem geringeren
Luxationsrisiko einhergeht. So ist davon auszugehen, dass Sportarten, die eine tiefe Hüftbeugung erfordern, wie zum Beispiel Rudern, Beinpressen,
Buckelpisten-Skifahren, sowie gewisse Yogaübungen, sicherer nach einem direkten vorderen oder anterolateralen Zugang ausgeübt werden können, als dies mit einem
hinteren Zugang der Fall wäre.
Nicht nur durch den Zugang allein kann die Stabilität des Hüftgelenkes in gewisse Bewegungsrichtungen verbessert werden. Die Einführung von Pfannen mit einer
tripolaren Gelenkpaarung (ADM, Stryker, Mahwah, NJ, USA/ Active Articulation™ Dual Mobility Hip System, Biomet, Warsaw, IN, USA) können unter Umständen unabhängig
vom Zugang auch extreme Gelenkstellungen, wie sie im Rahmen von Yoga und Ballett notwendig sind, ermöglichen. Es erscheint den Autoren sinnvoll, darauf hinzuweisen,
dass aufgrund der relativ unklaren Langzeitdaten es nicht absehbar ist, ob diese neuen Gelenkpaarungen auch unter extremer mechanischer Belastung gleich gute
Langzeitergebnisse erzielen, wie dies für die Standard Hüftprothesen der Fall ist. Gerade für ältere Frauen mit Interesse an Yoga oder Dehnungsübungen können diese
Implantate jedoch sehr nützlich sein. Es erscheint uns sinnvoll, den Patienten darüber zu informieren, dass Implantate, die eine bessere Beweglichkeit ermöglichen
(Tripolare Pfanne), wahrscheinlich nicht in dem gleichen Maße mechanisch belastet werden können, wie dies bei den Standardgleitpaarungen (Standard Keramik/Metall
mit hochvernetztem Polyethylen) möglich ist.
Oberflächenersatz des Hüftgelenks
Oberflächenersatz des Hüftgelenks
Nachdem der Oberflächenersatz zu Beginn des 21. Jahrhunderts zunächst wie die ideale Lösung für den jungen und aktiven Patienten aussah, haben die teilweise
schlechten Langzeitergebnisse in den letzten fünf Jahren die anfängliche Euphorie relativ schnell verfliegen lassen. Schlechte Langzeitergebnisse wurden anfangs vor
allem für spezielle Implantattypen (ASR®, Depuy, Warsaw, IN, USA) [26] und Frauen veröffentlicht [27]. Heute zeigt sich jedoch, dass wahrscheinlich nur junge Männer bis zum Alter von 55 Jahren, die ein relativ großes Implantat (ab einer
Femurkomponentengröße von 48 mm) mit optimalem Design (Birmingham Oberflächenersatz, Smith & Nephew, Memphis, TN, USA) erhalten haben, langfristig vergleichbare
Überlebensraten wie eine unzementierte Standardprothese erreichen ([
Abb. 1
], [
Abb.
2
]) [28]. Dies gilt für die primäre Arthrose und die posttraumatische Arthrose [29].
Abb. 2 Präoperatives (a) und postoperatives Röntgenbild (b) eines Mixed-Martial-Arts-Kämpfers, der im Alter von 45 Jahren einen
Oberflächenersatz erhielt.
Vergleicht man Patienten mit einem Oberflächenersatz und einer konventionellen Hüftprothese, so zeigt sich, dass Patienten mit einem Oberflächenersatz häufiger
sportlich aktiv sind [30]. Interessanterweise unterscheiden sich die beiden Gruppen jedoch ansonsten weder in den
Hüftfunktions-Scores noch in den Schmerzwerten. Banerjee und Mitarbeiter [31] zeigen, dass fast alle Patienten nach einem
Oberflächenersatz wieder sportlich aktiv waren. Jedoch zeigte die Studie auch nach einem Oberflächenersatz einen Trend hin zu „Low-Impact“-Sportarten. In der
genannten Studie konnte nahezu keiner der Patienten, die präoperativ „High-Impact“-Sport (zum Beispiel Handball oder Basketball) betrieben hatten, nach der
Operation wieder diesem Sport nachgehen.
Offensichtlich ist auch, dass die Auswahl junger und aktiver männlicher Patienten für den Hüftoberflächenersatz den Prozentsatz sportlich aktiver Patienten erhöht
[32]. So zeigte eine Studie von Wylde et al. [32], dass 64 % der Patienten sich in den drei
Jahren vor einem Oberflächenersatz aktiv sportlich betätigten, während dies nur 32 % der Patienten vor einer Standard-Hüftendoprothese taten. Während in dieser
englischen Patientengruppe die Wahrscheinlichkeit einer sportlichen Betätigung altersunabhängig für Männer 1,8-mal höher war als für Frauen, zeigte sich
hinsichtlich des Prozentsatzes der Patienten, die nach der Operation zu ihrem präoperativen Sport zurückkehrten, kein Unterschied zwischen Standardprothese und
Oberflächenersatz.
In den USA bleibt der Oberflächenersatz heute nur noch jungen Männern vorbehalten, die „High-Impact“-Sportarten ausüben. Dabei gelten als mögliche Indikation vor
allem Sportarten, die (A) eine hohe mechanische Belastung des Gelenks verursachen (wettbewerbsmäßiges Laufen, Basketball und Fußball), (B) die einen extremen
Bewegungsumfang des Hüftgelenks erforderlich machen (Kampfsportarten wie Karate und Judo, Klettern, Fallschirmspringen), oder (C) Sportarten, bei denen aufgrund des
Umfeldes in jedem Fall eine Luxation vermieden werden muss (Wellenreiten, Windsurfen, Extremklettern und Extremski). Es ist die Erfahrung des Erstautors, dass die
Mehrzahl der Patienten nach einem Oberflächenersatz auch wieder derart extreme Sportarten ausüben können. Wir schränken aus diesem Grund die sportliche Aktivität
unserer Patienten nach einem Oberflächenersatz nicht ein. Dies wird durch Studien untermauert, die gezeigt haben, dass eine stärkere Belastung bei
Metall-Metallprothesen nicht unbedingt mit einer höheren Abriebrate und höherem Materialverschleiß einhergehen [33]. Aufgrund der
teilweise desaströsen Ergebnisse des Oberflächenersatzess erfordert die Operation jedoch eine restriktive Indikationsstellung (Männer, Alter unter 55 Jahre,
„High-Impact“-Sportarten, Implantatkopfgröße ab 48 mm), einen erfahrenen Operateur, regelmäßige Nachkontrollen und die Auswahl eines Implantats mit nachgewiesener
Langlebigkeit (Birmingham Oberflächenersatz, Smith & Nephew, Memphis, TN, USA).
Unikondyläre Knieendoprothese
Unikondyläre Knieendoprothese
Unikondyläre Schlittenprothesen sind nur bei ausgewählten Patienten indiziert. In der Regel kommt die Behandlungsoption nur für Patienten infrage, die in nur einem
der drei Gelenkkomparitmente degenerative Veränderungen aufweisen ([
Abb. 3
]). Außerdem sollten eine gute Gelenkstabilität
(intaktes vorderes Kreuzband), gute Beweglichkeit und relativ geringe Gelenkdeformität vorliegen.
Abb. 3 Präoperatives (a) und postoperatives Röntgenbild (b) einer 65-jährigen ambitionierten Tennisspielerin. Die Patientin erhielt
einen unikondylären Hemischlitten bei medialer Arthrose.
Bei den Implantaten wird zwischen den traditionellen „Fixed Bearing“-Schlittenprothesen mit einem fixierten Plastikinlay und den „Mobile Bearing“-Schlittenprothesen
mit einem mobilen Plastikinlay unterschieden. Letztere scheinen auch für schwerere Patienten (> 85 Kilogramm) eine Behandlungsoption zu sein [34].
Der Erhalt der Kreuzbänder bei dieser Operation führt zu einer normalen Gelenkkinematik und versetzt viele Patienten in die Lage, Sport zu treiben. Jedoch ist nicht
klar, ob unikondyläre Schlittenprothesen den sportlichen Belastungen langfristig standhalten können.
Einige Operateure wählen aus diesem Grund Schlittenprothesen aus, die mit einem minimalen Knochenverlust bei der Implantation einhergehen und bei Lockerung aufgrund
zu starker Belastung relativ unproblematisch gewechselt werden können.
Die Rehabilitation nach einer Schlittenprothese ist im Vergleich zu einer Knietotalendoprothese oft deutlich verkürzt, und die meisten Patienten erzielen ein
besseres Funktionsergebnis. Patienten mit einer unikondylären Prothese beginnen häufiger und auch früher wieder mit dem Sport als Patienten nach einer
Knietotalendoprothese [35], [36]. In einem vor kurzem veröffentlichten Übersichtsartikel über das
Aktivitäts- und Sportniveau von Patienten mit einer unikondylären Schlittenprothese zeigte sich, dass Patienten mit einer Schlittenprothese grundsätzlich wieder
regulär Sport treiben, aber das präoperative Aktivitätsniveau in der Regel nicht mehr erreichen. Auch für die Schlittenprothesen zeigt sich ein Trend zu
„Lower-Impact“-Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren [37], [38].
Totale Knieendoprothese
In der Knieendoprothetik wird je nach Erhalt des hinteren Kreuzbandes zwischen einer „Cruciate Retaining“- und einer „Posterior Stabilized“-Prothese unterschieden.
Beiden Designs ist gemein, dass zur Verbesserung der Beugefähigkeit die Femurkomponente auf der Tibiaoberfläche nach hinten rollt. Dies soll bei der „Cruciate
Retaining“-Knieprothese durch das hintere Kreuzband vergleichbar zur normalen Gelenkkinematik erfolgen, während bei der „Posterior stabilized“-Prothese der Kontakt
zum tibialen Zapfen die Rückwärtsbewegung auslöst.
Bei beiden Designs artikuliert der runde Femurkondylus mit der flachen Tibiaoberfläche, und somit führen die relativ geringen Kontaktflächen zu erheblichen
Belastungsspitzen im Polyethylen. Da hochvernetztes Polyethylen wesentlich härter ist, wird die uneingeschränkte Nutzung dieses Materials in der Knieendoprothetik
aufgrund der eventuell erhöhten Brüchigkeit (geringere „fracture toughness“) immer noch kontrovers diskutiert. Während in der Hüftendoprothetik deutlich höhere
Belastungen wahrscheinlich ohne langfristige Konsequenzen toleriert werden, kann davon bei einer totalen Knieprothese nicht sicher ausgegangen werden. In einer
Arbeit von Lachiewicz [39] zeigten sich bei der klinischen Anwendung von hochvernetztem Polyethylen in der Knieendoprothetik weder
Vorteile noch Nachteile.
Darüber hinaus führen viele sportliche Aktivitäten zu einer erheblichen Belastung des Quadrizeps und der Patella. Gerade bei sportlich aktiven Patienten sollte
deswegen die Indikation zu einem Patellarückflächenersatz mit Vorsicht gestellt werden.
Anders als bei den oben genannten Standardimplantaten können durch die Verwendung einer Mobil-Bearing-Gleitpaarung oder durch ein Medial- oder Lateral-Pivote-Design
Belastungsspitzen im Polyethylen vermieden werden. Theoretisch sollten diese Implantate aufgrund ihres Kugelgelenkcharakters auch höhere Belastungsspitzen aushalten
können, jedoch ist dies nicht hinreichend untersucht.
Bei Insuffizienz der Seitenbänder oder stärkerem Knochensubstanzverlust kann auch die Implantation einer stärker geführten Prothese wie einer „Constrained“- oder
Scharnierprothese notwendig werden. Diese Implantate sind vor allem bei Patienten mit einer ausgeprägten präoperativen Gelenkdeformität oder -instabilität
beziehungsweise bei einer Prothesenwechseloperation indiziert. Aufgrund einer stärkeren Kopplung übertragen sie in ausgeprägterem Maß Stress auf das
Implantat-Knochen-Interface beziehungsweise die Gleitpaarung selbst. Von einer stärkeren Belastung der Prothese sollte aus diesem Grund in jedem Fall Abstand
genommen werden. Gerade für Patienten mit einer Scharnierprothese sind nur minimale sportliche Belastungen wie zum Beispiel das Golfspielen unter Verwendung eines
Golfcarts, das leichte Fahrradfahren und Wandern im Flachland (vermeide Berg- und Treppauf/-ab), sowie Schwimmen zu empfehlen.
In Bezug auf spezielle Sportarten zeigt sich bei Golfern, dass die Implantation einer totalen Knieprothese zu einer sehr guten Schmerzreduktion führte und sie den
Sport besser genießen konnten. Jedoch verwendeten mehr Patienten ein Golfcart nach der Operation [40].
Dass auch mit einer totalen Knieendoprothese ein sehr hohes Sportniveau erreicht werden kann, berichtete Michael Mont [41]. In
seiner Studie an 33 Tennisspielern, die eine totale Knieprothese erhielten, spielten nach 7 Jahren alle Patienten wieder regelmäßig durchschnittlich 3x wöchentlich
Tennis. Es konnte auch gezeigt werden, dass „High-Impact“-Sportarten wie Tennis oder Basketball keinen negativen Einfluss auf das Überleben einer totalen
Knieendoprothese haben und eine Prothese bei einzelnen Patienten durchaus ein hohes Aktivitätslevel ermöglicht [42].
Bradbury [43] beschrieb in einem Kollektiv von 160 Patienten, die 208 Knieprothesen erhielten, dass 91 % der Patienten, die vor der
Operation eine „Low-Impact“-Sportart wie Bowling betrieben, diese auch nach der Operation wieder ausübten. Im Gegensatz dazu gingen jedoch nur 20 % der Patienten,
die vor der Operation einen „High-Impact“-Sport, wie zum Beispiel Tennis ausübten, diesem Sport auch nach der Operation wieder regelmäßig nach. Insgesamt waren in
dieser Studie 77 % der Patienten wieder sportlich aktiv. Abschließend kann man feststellen, dass eine Rückkehr in den Sport grundsätzlich möglich ist. Wobei nach
wie vor Patienten in der Regel Sportarten treiben, die bereits vor der Operation ausgeübt wurden. Das Erlernen einer neuen, motorisch anspruchsvollen Sportart oder
einer Sportart mit einem erhöhten Verletzungsrisiko ist jedoch nicht zu empfehlen.
Zusammenfassung
Dem Endoprothesenoperateur steht heute eine Vielzahl an Implantaten zur Verfügung, die es ihm ermöglichen, Implantat und Fixierung individuell den Bedürfnissen des
Patienten anzupassen. Dabei sollte es in der Regel möglich sein, dem Patienten einen aktiven Lebenswandel auch nach einer künstlichen Gelenkprothese zu ermöglichen.
Entscheidend ist es bereits präoperativ abzuklären, welche Sportarten der Patient auszuüben gedenkt, und dann gezielt die beste Behandlungsoption für den Patienten
auszuwählen oder im individuellen Gespräch Alternativen aufzuzeigen. Den meisten Patienten wird heute auch nach einer künstlichen Gelenkprothese eine Vielzahl an
sportlichen Betätigungsfeldern offenstehen.
Hinweis auf Zweitverwertung