Einleitung
Die Lungentransplantation ist eine Therapieoption für Patienten mit terminaler Lungenerkrankung. Ziel der Transplantation muss eine Verlängerung des Überlebens oder die Verbesserung der Lebensqualität sein [1]. Lungentransplantationsprogramme gibt es in Deutschland derzeit an 16 Kliniken [2], die 2017 insgesamt 309 Lungentransplantationen durchführten [2]. 391 Patienten wurden Ende des Jahres 2017 als „transplantabel“ auf der Warteliste der Vermittlungsstelle Eurotransplant geführt. 64 Patienten verstarben im gleichen Jahr auf der Warteliste [2]. Spende, Entnahme und Übertragung von Organen in Deutschland regelt seit 1997 das Transplantationsgesetz (TPG, 5. November 1997, BGBl. I S. 2631). 2012 wurden mit der Definition des Transplantationsbeauftragten und der Erweiterung der Zuständigkeiten der Prüfungs- und Überwachungskommission der Bundesärztekammer signifikante Änderungen eingeführt.
Die Vermittlung der Organe soll nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit erfolgen. Dem wird durch den 2011 in Deutschland eingeführten Lung Allocation Score (LAS) Rechnung getragen, der einen positiven Einfluss auf die Lungentransplantation hatte [3]. Die Umstellung der Organvermittlung auf den LAS hat in den USA und Deutschland zu einer Verminderung der Wartelistensterblichkeit um 8 Patienten pro 100 Transplantationen geführt. Gleichzeitig hat die Anzahl der durchgeführten Transplantationen zugenommen, ohne dass die Anzahl der Spenderorgane währenddessen zugenommen hat. Darüber hinaus ist die postoperative 1-Jahres-Überlebenszeit seit der Umstellung angestiegen [3]
[4].
Am 07.11.2017 trat eine neue Richtlinie der Bundesärztekammer zur Lungentransplantation in Kraft [5]. Diese konnte erstmals die Erkenntnisse der Überprüfungen der Transplantationsprogramme durch die Prüfungs- und die Überwachungskommission nach §§ 11 und 12 TPG berücksichtigen. Die Richtlinie stellt u. a. klar, wie die Untersuchungen, auf denen der LAS beruht, durchgeführt werden sollen. Hierzu gab es bisher nur von Eurotransplant herausgegebene Ausführungsbestimmungen („business rules“ im ET-Manual) [6]. Die Richtlinie präzisiert nun außerdem, wie die interdisziplinäre Transplantationskonferenz, die in jedem Zentrum über die Aufnahme von Patienten in die Warteliste entscheidet, strukturiert sein soll, und benennt ihre weiteren Aufgaben. Die Richtlinie konkretisiert die Kriterien für die Auswahl der Transplantationskandidaten, für die bisher Empfehlungen von internationalen Fachgesellschaften [7]
[8] herangezogen wurden. Für bestimmte Konstellationen soll es nun Beschränkungen für die Aufnahme in die Warteliste geben.
Der Lung Allocation Score
Der Lung Allocation Score
Der LAS ergibt sich aus der Differenz der geschätzten Überlebenszeit nach der Transplantation und der geschätzten Überlebenszeit auf der Warteliste, normiert auf einer Skala von 0 bis 100. Zur Schätzung der Überlebenszeit des Patienten auf der Warteliste wird eine Überlebenskurve über 365 Tage modelliert. Ausgangspunkt ist die Überlebenskurve eines fiktiven Referenz-Patienten. Aus dem Register des US-Organ Procurement and Transplantation Networks (OPTN) ist bekannt, wie stark verschiedene Kenngrößen (z. B. Alter, Sauerstoffbedarf etc.) das mittlere Überleben vor Transplantation verkürzen oder verlängern [9]. Die fiktive Überlebenskurve wird für jeden der 365 Tage entsprechend der Abweichung der realen Kenngrößen des tatsächlichen Patienten vom Referenzwert angepasst. Hierbei werden die klinischen Parameter (siehe [Tab. 1]) jeweils unterschiedlich gewichtet [5]. Analog wird die Überlebenskurve für das erste Jahr nach der Transplantation erstellt. Nach dem Vergleich der Überlebenszeiten kann dann auf den Nutzen in Bezug auf das Überleben geschlossen werden ([Abb. 1]).
Tab. 1
LAS-Parameter, zusammengefasst aus [5].
Schätzung der
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Überlebenszeit auf der Warteliste
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Überlebenszeit nach Transplantation
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Diagnose
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Diagnose
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Alter
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Kalendarisches Alter
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Kreatinin-Wert
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BMI (Größe, Gewicht)
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Diabetes
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Funktioneller Status
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Funktioneller Status
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Forcierte Vitalkapazität (FVC)
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FVC (für Diagnose-Gruppe B und D)
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O2-Bedarf
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6-Minuten-Gehstrecke
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Kontinuierliche mechanische Beatmung
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Kohlendioxidpartialdruck (PaCO2)
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Anstieg des PaCO2
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Systolischer pulmonalarterieller Druck (ausgenommen Gruppe B-Erkrankungen)
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Pulmonalkapillärer Wedge-Druck (für Diagnose-Gruppe D)
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Mittlerer pulmonalarterieller Druck (für Zuordnung der Sarkoidose zu Gruppe A oder D)
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Abb. 1 Berechnung des LAS an einem Beispiel.
Die zur Transplantation führende Diagnose und eine bestehende invasive Beatmung werden im LAS mit am stärksten gewichtet. Die Diagnose des Empfängers muss anhand einer Liste von 77 möglichen Grunderkrankungen (davon 38 für interstitielle Lungenerkrankungen) klassifiziert werden. Die möglichen Grunderkrankungen sind in 4 Gruppen A-D eingeteilt ([Tab. 2]). Hierbei kann eine Diagnose je nach Verlaufsform auch unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden (z. B. Sklerodermie mit führender restriktiver Lungenerkrankung Gruppe D oder mit pulmonaler Hypertonie Gruppe B).
Tab. 2
Diagnosen-Gruppen zur Bestimmung des LAS, verkürzt nach [5].
Gruppe
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Art der Erkrankung
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Beispiele
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A
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Obstruktive Lungenerkrankungen
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z. B. COPD/Lungenemphysem, Bronchiektasie, allergische bronchopulmonale Aspergillose, alpha-1-Antitrypsin-Mangel, granulomatöse Lungenerkrankungen, Lymphangioleiomyomatose
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B
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Lungengefäßerkrankungen
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z. B. idiopathische pulmonalarterielle Hypertonie, pulmonale venookklusive Erkrankung, chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie, assoziierte pulmonalarterielle Hypertonie bei Kollagenosen, Eisenmenger-Syndrom
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C
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Antikörpermangelsyndrom oder zystische Fibrose
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z. B. Mukoviszidose, Hypogammaglobulinämie, variables Immundefektsyndrom
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D
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Restriktive Lungenerkrankungen
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z. B. idiopathische Lungenfibrose, Atemnotsyndrom des Erwachsenen, exogen allergische Alveolitis, kryptogen organisierende Pneumonie, Langerhans-Zell-Histiozytose, Transplantatversagen, systemischer Lupus erythematodes, Sarkoidose
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Der Wert des LAS ändert sich während der Wartezeit. Bei relevanten Veränderungen der klinischen Situation (z. B. Veränderungen des titrierten Sauerstoffbedarfs um mehr als 1 L/min, Beginn oder Beendigung von invasiver Beatmung oder extrakorporalen Lungenersatzverfahren) oder spätestens nach 3 Monaten muss bei Eurotransplant der Gesundheitszustand aktualisiert werden (bei LAS Werten ≥ 50 sogar alle 14 Tage). Die für die Meldung erhobenen Werte des Gesundheitszustands (z. B. Lungenfunktion, Blutgase, 6-Minuten-Gehtest und Kreatinin) dürfen maximal 4 Wochen (bei LAS Werten ≥ 50 maximal 7 Tage) alt sein. Die Richtlinie der Bundesärztekammer stellt nunmehr klar, wie zu verfahren ist, wenn ein Patient als „nicht transplantabel“ (NT) gemeldet war und danach wieder als „transplantabel“ (T) gemeldet wird. Wird in einem solchen Fall ein LAS beantragt, müssen die klinischen Befunde neu erhoben werden, wenn die oben genannten Fristen abgelaufen sind.
Die Prüfungs- und die Überwachungskommission stellten für die Jahre 2010 – 2012 bei der Überprüfung von 343 Meldungen an die Vermittlungsstelle in ca. 14 % relevante Abweichungen im Vergleich mit den Eintragungen in den Quelldokumenten fest [10]. Im Jahr 2011, dem ersten Jahr nach Einführung des LAS, betrug der Anteil sogar 26 %. Diese Abweichungen können auf die Komplexität des Punktwertsystems LAS mit 17 Variablen und unzureichende Vorgaben zur Erhebung dieser Parameter, weniger auf absichtliche Manipulationen durch die Zentren zurückgeführt werden. Die statistische Vorhersage, auf der das LAS-Modell beruht, kann nicht zutreffen, wenn die eingesetzten Daten inkorrekt sind („garbage in – garbage out“ [11]). Es ist deshalb wichtig, dass die LAS-Parameter standardisiert erhoben und korrekt an Eurotransplant weitergegeben werden. Durch die neue Richtlinie sollen diese Probleme gelöst werden. Besonders häufig fanden sich Abweichungen bei den Angaben zu Sauerstoff-Flussrate, Blutgasen, Diagnose, 6-Minuten-Gehtest und Vitalkapazität. Signifikanteste Fehlerquelle war die Angabe des Sauerstoffbedarfs, weil er großen Einfluss auf den LAS hat. Daher wird nun eine Titration des Sauerstoffbedarfs auf das Minimum zum Erreichen eines Sauerstoffpartialdrucks von 8 kPa (60 mmHg) gefordert. Insgesamt verlangt die aktuelle Richtlinie bei der Durchführung von Spirometrie, 6-Minuten-Gehtest, Rechtsherzkatheter und Sauerstofftherapie eine strenge Orientierung an den Empfehlungen der Fachgesellschaften [12]
[13]
[14]
[15]. Die wichtigsten Hinweise zur Durchführung der Untersuchungen sind in [Tab. 3] zusammengefasst.
Tab. 3
Bestimmung der LAS Parameter, zusammengefasst aus [5].
Parameter
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Möglichkeiten
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Erläuterung
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Funktioneller Status
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notwendige: Unterstützung
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Hier kann der Barthel-Index (BI) oder der Pflegegrad herangezogen werden:
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Diabetes
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-
kein Diabetes
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nicht insulinabhängig
-
insulinabhängig
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Innerhalb der letzten 24 h vor der Erhebung des LAS, eine vorübergehende Insulintherapie auf Intensivstation ist als „kein Diabetes“ zu werten.
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Beatmung
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-
keine
-
CPAP
-
BiPAP
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kontinuierlich invasiv
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intermittierend invasiv
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Nachweis durch Beatmungsprotokoll der letzten 24 h. Kontinuierliche invasive Beatmung wird definiert als fehlender Nachweis von Spontanatmungsphasen oder von Phasen mit niedriger Druckunterstützung (< 20 cm H2O). CPAP/BiPAP-Therapie bei Schlafapnoe ist als „keine Beatmung“ zu werten.
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Sauerstoffbehandlung
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-
keine
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nur nächtlich
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nur bei Belastung
-
in Ruhe
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Hier soll eingegeben werden, wie der Patient Sauerstoff in den letzten 24 Stunden angewendet hat. Das Feld ist unabhängig vom Sauerstoffbedarf in Ruhe (s. u.). Hatte er keine Sauerstoffbehandlung, oder nur nachts, wird dies entsprechend vermerkt. Eine Sauerstoffbehandlung von mehr als 12 h am Tag wird als „Sauerstoffbehandlung in Ruhe“ gewertet. Alle anderen intermittierenden Sauerstoffgaben werden als „Sauerstoff unter Belastung“ angegeben.
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Sauerstoffbedarf in Ruhe (Titration)
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Fluss in l/min oder Sauerstoffkonzentration in %), ggf. auch 0 L/min oder 21 %
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Die geringste notwendige Sauerstoffzufuhr zum Erreichen eines PaO2 von mindestens 60 mmHg. Die Angabe ist unabhängig vom Feld „Sauerstoffbehandlung“. Nur arterielle oder kapilläre BGA verwenden. Mindestens 15 Minuten Ruhezeit vor der Durchführung. Mindestens 10 Minuten Hyperämisierung des Ohrläppchens (Arterialisierung) bei Kapillarproben. Mindestens 5 Minuten konstante Sauerstoffflussrate vor jeder Messung. Nur stationäre O2-Quellen und keine Demandsysteme verwenden. Gerätespezifische Flussrate ablesen (z. B. Fa. Draeger der „Nordpol“ des Durchflussmessers). Pulsoxymeter anlegen, Sauerstoff-Flussrate oder Konzentration titrieren bis SpO2 von 90 bis 92 % erreicht ist. Jetzt Blutgase bestimmen. Ggf. Sauerstoffzufuhr neu einstellen und Blutgase bestimmen bis Ziel PaO2 von 8kPa (60 mmHg) erreicht ist. SpO2 und Sauerstoff-Flussrate auf BGA-Befund dokumentieren. Eine BGA unter High-Flow-Sauerstofftherapie wird akzeptiert, wenn der O2-Bedarf nach konventioneller Methode 15 l/min übersteigt. Extrakorporale Verfahren werden zur Bestimmung soweit möglich reduziert, um einen Entwöhnungsversuch zu dokumentieren und den Sauerstoffbedarf im Verlauf beurteilen zu können. Nur wenn aus logistischen Gründen, keine Titration möglich ist, wird das Feld leer gelassen.
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Forcierte Vitalkapazität (FVC)
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% des Sollwerts
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Spirometrie nach ATS/ERS Standard [14] (d. h. mindestens 3, höchstens 8 Manöver, die maximalen exspiratorischen Atemstromstärken werden aus der besten Fluss-Volumen-Kurve, d. h. aus derjenigen mit der größten Summe aus FEV1 und FVC bestimmt). Die inspiratorische Vitalkapazität (IVC) sollte nur bei Nicht-verfügbarkeit der FVC an Eurotransplant gemeldet werden. Bei kontinuierlich beatmeten Patienten oder anderen Patienten, die keine Spirometrie durchführen können, kann die letzte verfügbare FVC gemeldet werden.
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Parameter aus dem Rechtsherzkatheter (PAPsyst, PAPm, PCWP)
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mmHg
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Die Messung muss grundsätzlich in Ruhe erfolgen. Wenn nicht invasiv kein Hinweis auf eine pulmonale Hypertonie besteht, kann auf den Rechtsherzkatheter verzichtet werden. Messungen an ECMO sind nicht verwertbar.
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PaCO2
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mmHg
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Zulässig sind nur Messungen im arteriellen Blut oder im arterialisierten Kapillarblut nach Sauerstofftitration. Transkutane Messungen sind nicht geeignet.
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Maximaler und minimaler PaCO2 der letzten 3 Monate
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mmHg
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Zulässig sind nur Messungen im arteriellen Blut oder im arterialisierten Kapillarblut nach Sauerstofftitration, keine venösen, transkutanen oder nächtlichen Messungen.
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6-Minuten-Gehtest
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m
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Der Test wird mit der bei Belastung verordneten Sauerstoffflussrate durchgeführt. Die Verwendung von Gehhilfen ist erlaubt, nicht jedoch die Durchführung sitzend im Rollstuhl. Bei Patienten mit kontinuierlicher Beatmung oder einem extrakorporalen Lungenersatzverfahren wird eine Gehstrecke von 0 m eingetragen. Bei anderen Patienten, die den Test nicht absolvieren, wird der letzte verfügbare Test verwendet oder der Vorgabewert von 46 m.
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Kreatinin
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mg/dl oder µmol/l
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Letzter Kreatininwert, maximal 7 Tage vor den anderen Parametern gemessen.
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Das LAS-Modell wird kontinuierlich weiterentwickelt, um die Effektivität der Transplantationsallokation weiter zu verbessern. In den USA wurde 2015 eine modifizierte Form des LAS eingeführt [16]. In Deutschland wird anhand der von Eurotransplant erhobenen sog. LAS-plus-Parameter ([Tab. 4]) an einem verbesserten LAS für die Zukunft gearbeitet [17]. Durch die Hinzunahme der LAS-plus-Parameter soll die Vergleichbarkeit mit dem LAS der USA gewährleistet werden. Dafür wird mit der neuen Richtlinie eine bessere Datengrundlage geschaffen [5].
Tab. 4
LAS-plus-Parameter, zusammengefasst aus [5].
Datum der Intubation oder Tracheotomie
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Sauerstoffpartialdruck, Standard-Bikarbonat, pH
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Parameter aus dem Rechtsherzkatheter (PAPdiast, CVP, HI)
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FEV1 Minimale Sauerstoffsättigung während des 6-Minuten-Gehtests
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Hämoptysen mit Bronchialarterienembolisation in den letzten 3 Monaten Infektion mit antibiotischer Behandlung in den letzten 24 h Pneumothorax mit Drainage Exazerbationen mit Hospitalisierung im letzten Jahr
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i. v.-Vasopressoren, i. v.-Inotropika, systemische Prostanoide
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Kreatinin[*], minimales und maximales Kreatinin aus den letzten 3 Monaten Bilirubin[*], minimales und maximales Bilirubin aus den letzten 3 Monaten Thrombozytenzahl[*]
International normalized ratio (INR)[*]
C-reaktives Protein[*]
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Extrakorporale Lungenunterstützung Datum der Anlage der extrakorporalen Lungenunterstützung
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Nierenersatzverfahren in den letzten 7 Tagen
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Behandlung auf Intensivstation[**], Behandlung auf Intermediate Care Station[**]
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Kombiniertes Transplantationsverfahren
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* nicht älter als 7 Tage
** mit Nachweis eines kardiovaskulären und respiratorischen Monitorings über 24 h/d
Die interdisziplinäre Transplantationskonferenz
Die interdisziplinäre Transplantationskonferenz
Bereits die 2013 fortgeschriebene Richtlinie [18]
[19] setzte für die Aufnahme in die Warteliste eine Entscheidung einer interdisziplinären Transplantationskonferenz voraus. Diese muss nun zwingend nicht nur mit einem Herzchirurgen/Thoraxchirurgen, sondern auch erstmals mit einem Pneumologen besetzt sein. Zuvor war hier ein „Internist“ gefordert. Weitere vorgeschriebene Mitglieder sind ein Facharzt für psychosomatische Medizin/Psychiatrie oder ein Psychotherapeut, ein nicht in die Transplantation eingebundener Vertreter des ärztlichen Direktors und ein Vertreter einer anderen Disziplin wie z. B. der Intensivmedizin. Die Aufnahme in die Warteliste erfordert üblicherweise zumindest die Zustimmung des Chirurgen und des Pneumologen. Bei Uneinigkeit kann die Ständige Kommission Organtransplantation (StäKO) um Beratung gebeten werden (Arbeitsgruppen-Konsilium gemäß § 14 Statut StäKO [20]). Die verpflichtende psychosomatische/psychiatrische Expertise trägt der Tatsache Rechnung, dass sich in Studien Hinweise auf negative Folgen psychischer Begleiterkrankungen – besonders Suchterkrankungen – auf den Transplantationserfolg mehren und gleichzeitig die Prävalenz psychischer Begleiterkrankungen bei Patienten auf der Warteliste hoch ist [21]
[22].
Die Aufgabe der interdisziplinären Transplantationskonferenz umfasst die Festlegung des geplanten Transplantationsverfahrens (Einzel- vs. Doppel-Lungentransplantation, eventuelle Lebendspende), die Entscheidung über die erforderliche totale Lungenkapazität des potenziellen Organspenders und eine eventuelle Größenreduktion des Transplantats sowie die Entscheidung über eine Beantragung eines exceptional Lung Allocation Score (eLAS) für Patienten, bei denen der konventionelle LAS die klinische Situation nicht adäquat wiedergibt. Die Dokumentation der Konferenzentscheidung hat neben der Begründung auch objektive Befunde wie u. a. Diagnose, Größe, Gewicht, Blutgruppe, Lungenfunktion, 6-Minuten-Gehtest, Sauerstoffbedarf und ggf. Beatmung zu berücksichtigen. Die Transplantationskonferenz ist zudem verpflichtet, Abweichungsmeldungen (s. u.) an die Ständige Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer vorzunehmen.
Beschränkungen der Aufnahme in die Warteliste
Beschränkungen der Aufnahme in die Warteliste
Die Entscheidung über Aufnahme auf eine Warteliste oder die Ablehnung einer Aufnahme obliegt der Transplantationskonferenz des jeweiligen Transplantationszentrums. Hinsichtlich der Indikation für eine Listung verweisen wir auf die bisher erschienenen Übersichtsarbeiten und Leitlinien [7]
[16]
[23].
Als allgemeine Kontraindikationen gegen eine Listung zur Lungentransplantation gelten [7]: unkontrollierte Infektionserkrankungen (z. B. aktive Tuberkulose), Versagen anderer Organe ohne Möglichkeit zur kombinierten Transplantation, operativ-technische Probleme (z. B. Thoraxwand- oder Wirbelsäulendeformität), anhaltend fehlende Therapietreue, unkontrollierbare Gerinnungsstörungen, ausgeprägte Adipositas (BMI > 35 kg/m2), muskuläre Dekonditionierung ohne Rehabilitationspotenzial und schwere kardiovaskuläre Erkrankungen ohne Möglichkeit der Revaskularisierung.
Erstmalig hat die Richtlinie nun sog. Beschränkungen der Aufnahme in die Warteliste definiert. Dies bedeutet, die Transplantationskonferenz kann zwar die Aufnahme eines Patienten, bei dem bestimmte relative Kontraindikationen vorliegen, beschließen. Diese Fälle müssen aber der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer gemeldet werden und sollen später systematisch untersucht werden. Als Beschränkungen der Aufnahme in die Warteliste sind definiert:
1. Nicht kurativ behandelte bösartige Erkrankungen
Eine kurativ behandelte Krebserkrankung sollte abhängig von der Entität mindestens 2 Jahre (z. B. Basaliom), zumeist aber 5 Jahre (kolorektales Karzinom, Mammakarzinom) in intensiver Nachsorge ohne Rezidiv geblieben sein. Für alle Patienten mit Adenocarcinoma in situ oder minimalinvasivem Adenokarzinom der Lunge (früher bronchoalveoläres Karzinom [24]) stellt die Grunderkrankung grundsätzlich eine Beschränkung der Aufnahme dar. Das Vorgehen bei Tumorerkrankungen ist damit begründet, dass Patienten nach einer Lungentransplantation ein mehr als doppelt so hohes Risiko für das Auftreten einer bösartigen Erkrankung haben [19]. Bei den bösartigen Erkrankungen spielt das tumorfreie Intervall eine prognostisch wichtige Rolle. Für Lungen- oder Herztransplantierte, die schon vor der Transplantation eine bösartige Erkrankung hatten, wurde gezeigt, dass das Rezidivrisiko nach 5 Jahren tumorfreier Nachsorge mit 6 % sehr niedrig war, bei einem tumorfreien Intervall von unter einem Jahr aber auf über 60 % anstieg [20]. Hierbei sind für verschiedene Tumorentitäten unterschiedliche Rezidivrisiken [21], aber auch die Entwicklung neuer Therapien zu berücksichtigen. Die bisherigen Studien zum Krebsrisiko von transplantierten Patienten beziehen sich fast ausschließlich auf Daten aus der Zeit vor der Einführung der Checkpoint-Inhibitoren, einem Zeitpunkt, der in der Onkologie eine Zäsur darstellt [22]. Bei Tumorerkrankung in der Anamnese eines Lungentransplantationskandidaten wird deshalb eine Stellungnahme einer Tumorkonferenz zur Frage der Rezidivrate in den nächsten 2 bzw. 5 Jahren empfohlen, bei einem Patienten ohne ausreichend langes Intervall ist diese verpflichtend.
2. Schädlicher Substanzgebrauch und Abhängigkeitssyndrome
Im Fall des Gebrauchs von Mitteln mit Suchtpotenzial (bei der Lungentransplantation betrifft dies v. a. das Rauchen) wird vor der Aufnahme in die Warteliste eine durch laborchemische Tests nachgewiesene Abstinenz von 6 Monaten gefordert. Geeignet sind bspw. Cotinin in Serum oder Urin für Tabakrauch und andere Nikotinprodukte, Ethylglucuronid im Urin oder Phosphatidylethanol im Vollblut für Alkoholkonsum. Für diese und andere schädliche Substanzen kann der langfristige Nachweis fast immer durch Haaranalysen (unbehandelt, Länge über 5 cm) geführt werden. Wenn die Abstinenzzeit unter 6 Monaten liegt, besteht eine Beschränkung der Aufnahme auf die Warteliste. Nach Lungentransplantation rauchen etwa 12 % der Empfänger. Dies hat nach der Transplantation ein exponentiell gesteigertes Schädigungspotenzial, v. a. aber ein massiv erhöhtes Tumorrisiko zur Folge [25]
[26].
3. Invasive Beatmung oder extrakorporales Lungenersatzverfahren (ohne vorherige Aufnahme in die Warteliste)
In den letzten Jahren ist der Anteil der Patienten, die vor der Transplantation kontinuierlich beatmet wurden oder ein extrakorporales Lungenersatzverfahren (z. B. ECMO) erhielten, in Deutschland auf 13 % gestiegen. Diese Patienten haben nach der Transplantation eine schlechtere Prognose als Patienten ohne Beatmung oder Lungenersatzverfahren (1-Jahresüberleben 56 % vs. 80 %) [3]. In Deutschland ist der Anteil an Patienten mit extrakorporalem Lungenersatzverfahren als „bridge to transplant“ mit 8 % doppelt so hoch wie in den USA [27]. Die Prognose von Patienten mit Beatmung oder ECMO ist in den USA jedoch besser (1-Jahresüberleben 70 % [28]). Der Einsatz eines extrakorporalen Lungenersatzverfahrens wird von internationalen Fachgesellschaften als relative Kontraindikation eingestuft und stellt eher eine Option für junge Patienten (< 40 Jahre) ohne signifikante Komorbidität dar [7]. Die Prognose nach Transplantation verschlechtert sich weiter, wenn der Patient vor Beginn einer kontinuierlichen Beatmung oder eines extrakorporalen Lungenersatzverfahrens nicht auf der Warteliste stand. Eine Ursache für die schlechtere Prognose könnte sein, dass diese Patienten nicht ausreichend in Bezug auf den zu erwartenden Transplantationserfolg evaluiert werden können oder ungewöhnliche Indikationen für eine Transplantation wie z. B. ein ARDS oder eine Pneumonie bestehen. Derartige Ausnahmen müssen nun nach positivem Beschluss der Transplantationskonferenz mit Begründung an die Ständige Kommission Organtransplantation gemeldet werden. Durch Nachbeobachtung dieser Fälle soll dann entschieden werden, ob diese Patientengruppe zukünftig überhaupt in die Warteliste aufgenommen werden soll [5].
4. Kolonisation/Infektion mit hochresistenten Erregern (z. B. Burkholderia cenocepacia, Mycobacterium abscessus)
Patienten, deren Atemwege mit multi- oder panresistenten Erregern besiedelt sind, können in die Warteliste aufgenommen werden, sofern die Besiedelung durch Transplantation sanierbar ist und noch medikamentöse Behandlungsoptionen bestehen. Besonders kritisch wird die Infektion mit panresistenten und hochvirulenten Erregern wie bspw. Burkholderia cenocepacia gesehen [5]. In 4 Fallserien [29]
[30]
[31]
[32], in denen zusammen 38 Patienten mit zystischer Fibrose und Burkholderia cenocepacia-Nachweis transplantiert wurden, wird studienübergreifend eine 1-Jahresüberlebensrate von insgesamt nur 41 % berichtet. In den meisten Zentren weltweit werden Patienten mit einer Burkholderia cenocepacia-Infektion keine Transplantation mehr angeboten [33], und auch in Deutschland gilt sie als Kontraindikation [5]. Andere Erreger, deren Nachweis zusammen mit einem infektiologischen Therapiekonzept für die perioperative Phase als Abweichung gemeldet werden müssen, sind z. B. Mycobacterium abscessus, 4MRGN Enterobakterien (z. B. Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumannii) oder selten Schimmelpilze wie Mucorales.
Meldung von Abweichungen
Die interdisziplinäre Transplantationskonferenz des jeweiligen Zentrums kann von den allgemeinen Empfehlungen abweichen und den Patienten trotz der oben genannten Kontraindikationen in die Warteliste aufnehmen. Dann muss jedoch im Fall eines Substanzabusus, einer Besiedelung mit multiresistenten Erregern, einer bösartigen Erkrankung ohne ausreichend langes rezidivfreies Intervall oder, wenn der Patient unter Einsatz invasiver Beatmung oder extrakorporalem Lungenersatzverfahren erstmals in die Warteliste aufgenommen wird, eine Abweichungsmeldung an die Ständige Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer vorgenommen werden. Das Formular hierfür (http://www.baek.de/Abweichungsmeldung) muss Geburtsjahr und Initialen des Empfängers und eine kurze Schilderung des Sachverhalts enthalten. Gleichzeitig müssen das Protokoll der Transplantationskonferenz mit schriftlicher Begründung der Entscheidung, ein aktueller Arztbrief und ggf. weitere begründende Unterlagen (z. B. Stellungnahme der Tumorkonferenz) beigefügt werden.
Größenkompatibilität von Transplantat und Empfänger
Größenkompatibilität von Transplantat und Empfänger
Für die Größenkompatibilität wird die totale Lungenkapazität (TLC) von Spender und Empfänger von Eurotransplant auf der Basis von Größe und Geschlecht errechnet (predicted TLC/pTLC). Ein Spenderorgan gilt als kompatibel, wenn dessen pTLC nicht mehr als 10 % geringer oder nicht mehr als 20 % größer ist als die TLC des Empfängers ist. Bei besonders großen oder kleinen Lungenvolumina des Empfängers kann das errechnete Ergebnis erheblich von der tatsächlich gemessenen TLC (actual TLC/aTLC) abweichen. Bei Verwendung der pTLC wird man deswegen beim Lungenemphysem die tatsächliche TLC meist unter- und bei der Lungenfibrose meist überschätzen [34].
In der Richtlinie wird nun der Einfluss der zur Transplantation führenden Erkrankung auf die optimale Größe des Transplantats berücksichtigt. Nunmehr kann der Mittelwert aus aTLC und der pTLC (= korrigierte TLC oder kTLC) bei Eurotransplant für das Größenmatching angegeben werden. Dies hat neben der Verbesserung der Größenkompatibilität weitere Vorteile: Erstens erleichtert es die Transplantation eines überdimensionierten Spenderorgans, was bei Empfängern mit unterdurchschnittlicher TLC (also aTLC < pTLC, typischerweise restriktive Lungenerkrankungen) generell angestrebt wird. Für Transplantationen überdimensionierter Spenderorgane wurde in dieser Situation ein besseres Transplantatüberleben gezeigt [35]. Zweitens wird bei Patienten mit überdurchschnittlicher TLC (typischerweise Patienten mit Lungenemphysem) eine Überdimensionierung der Spenderorgane vermieden, welches mit schlechterem Transplantatüberleben in dieser Subgruppe verbunden war [34].
Drittens findet durch Einführung der kTLC eine Angleichung an die übliche Bandbreite der TLC möglicher Spenderlungen statt. Die unterdurchschnittlich kleinen Lungenvolumina bei erwachsenen Transplantationskandidaten (mit typischerweise restriktiven Lungenerkrankungen) führten dazu, dass nur wenige – meist kindliche – Spenderlungen für diese Empfänger verfügbar waren. Die Größenreduktion von Spenderorganen sollte Ausnahmefällen mit kleinen Lungenvolumina vorbehalten sein, da die Ergebnisse von Lungenlappentransplantationen in retrospektiven Untersuchungen denen von nicht größenreduzierten Organen unterlegen war [36]. Der Ganzkörperplethysmografie wird bei der Bestimmung der aTLC der Vorzug gegenüber der CT-Volumetrie gegeben. Folgende Parameter müssen die Zentren bei der Vermittlungsstelle zur Größenkompatibilität des Empfängers angeben:
-
Größe und Geschlecht zur Berechnung der pTLC (obligat)
-
anatomische Besonderheiten (obligat) und Angabe der korrigierten TLC (fakultativ)
-
Angabe, ob pTLC oder kTLC berücksichtigt werden soll (obligat)
-
Angabe, ob Lappentransplantation geplant ist (fakultativ, dann entfällt die Obergrenze der TLC)
Organallokation
Die Vermittlung der gespendeten Organe erfolgt für die 135 Millionen Einwohner von Deutschland, Belgien, Kroatien, Österreich, Ungarn, Luxemburg, Slowenien und den Niederlanden durch die Stiftung Eurotransplant in Leiden [6]. Mit Meldung eines möglichen Empfängers an Eurotransplant definiert das behandelnde Zentrum ein Spenderprofil. In diesem Profil werden die Grenzen definiert, in denen das Alter und die TLC des potenziellen Spenders liegen sollen. Außerdem muss angegeben werden, ob Spender akzeptiert werden, die CMV-, HBV-, oder HCV-positiv sind oder an einer Sepsis, Meningitis, Drogensucht oder einer Tumorerkrankung litten. Eurotransplant erstellt daraus Zuordnungslisten, auf denen die möglichen Empfänger nach verschiedenen Kriterien entsprechend nationalen Regelungen geordnet sind. Für Patienten aus Zentren in Deutschland werden die Listen in erster Linie nach dem LAS geordnet. Für pädiatrische Patienten unter 12 Jahren erfolgt die Allokation weiterhin nach Wartezeit, da in diesem Kollektiv der LAS nicht evaluiert wurde. Bei ihnen wird beim Durchlaufen des Allokationsalgorithmus ein LAS von 100 angenommen.
Bei Eingang einer Spendermeldung bei Eurotransplant wird anhand der Eigenschaften des Spenders die entsprechende Zuordnungsliste ausgewählt. Im Fall eines Spenders < 18 Jahre werden zunächst pädiatrische Patienten auf der Warteliste bevorzugt. Beträgt das Alter des Spenders mehr als 18 Jahre, gibt es international unterschiedliche Regelungen. In Deutschland werden diese Lungen primär den potenziellen Empfängern ≥ 18 Jahre angeboten. Die Vermittlungsstelle wendet im nächsten Schritt ein modifiziertes AB0-Blutgruppenschema an. Spenderlungen können prinzipiell AB0-kompatibel transplantiert werden. Dies würde Empfänger mit der Blutgruppe AB bevorzugen („Universalempfänger“). Das modifizierte AB0-Schema soll eine annähernde Chancengleichheit unter den potenziellen Empfängern verschiedener Blutgruppen erreichen. Kann kein Angebot nach dem modifizierten AB0-Schema gemacht werden, wird eine Verteilung nach dem AB0-kompatiblen Schema versucht (siehe [Abb. 2]). Das Spenderorgan wird international an die passenden Empfänger mit einem LAS ≥ 50 (high LAS) angeboten, die an Zentren gelistet sind, die in Ländern liegen, die bisher weniger Spenderorgane aus dem Spenderland importiert haben, als umgekehrt (negative Bilanz). Begonnen wird mit dem Patienten/der Patientin mit dem höchsten LAS. Wenn es keinen potenziellen Empfänger gibt, der diese Kriterien erfüllt, wird das Spenderorgan allen passenden Patienten mit einem LAS < 50 (low LAS) angeboten. Das Angebot geht zunächst an die Patienten im Spenderland, dann an Patienten in den Ländern mit negativer Bilanz (weniger Spenderorgane importiert als exportiert), dann an die Patienten international im Eurotransplant-Gebiet. Die Rangfolge entspricht dabei jeweils den nationalen Regeln im Spenderland. In Deutschland bestimmt primär der LAS die Rangfolge auf der Zuordnungsliste.
Abb. 2 Ablauf einer Organvermittlung am Beispiel eines Spenders ≥ 18 Jahre aus Deutschland:
1 Allokation zunächst nach modifiziertem AB0-Schema: 0 an 0 und B; A an A und AB; B an B; AB an AB. Wenn keine Allokation möglich ist, wird stattdessen das AB0 kompatible Schema verwendet: 0 an 0, B, A und AB; A an A und AB, B an B und AB, AB an AB.
2 Das Empfängerland darf nicht mehr Organe aus dem Spenderland importieren als umgekehrt.
3 Die Regeln, nach denen die Reihenfolge der Allokation gebildet wird, unterscheiden sich je nach Land, in dem das Transplantationszentrum ansässig ist. In Deutschland erfolgt die Allokationsreihenfolge zuerst nach dem LAS, dann nach der Wartezeit, dann nach dem Eintrittsdatum auf die Warteliste, dann nach der Eurotransplant-Nummer.
Wenn von Eurotransplant ein Organangebot gemacht wird, hat das angesprochene Transplantationszentrum 30 Minuten Zeit, das Angebot anzunehmen. Wenn 3 Zentren das Spenderorgan abgelehnt haben, wechselt der Vermittlungsmodus zum beschleunigten Vermittlungsverfahren (sog. rescue allocation). Um die Ischämiezeit so gering wie möglich zu halten, werden nun regionale/nationale Transplantationszentren kontaktiert, die wiederum innerhalb von 30 Minuten 2 mögliche Empfänger an Eurotransplant melden können. Die Rangfolge dieser Patienten wird durch den LAS festgelegt. Gelingt auf diesem Weg keine Vermittlung oder besteht Zeitdruck (z. B. instabiler Kreislauf des Spenders), wird als Vermittlungsverfahren „competitive rescue allocation“ eingesetzt, um den Verlust des Spenderorgans zu verhindern. Das Organangebot wird nun regional an mindestens 3 Zentren gemacht, die selbst einen Empfänger auswählen. Das Zentrum, das zuerst zusagt, erhält dann das Spenderorgan. 2017 wurde bei den 309 durchgeführten Lungentransplantationen in 47 % der Fälle das Organ über ein Rescue-Verfahren vermittelt [37]. Gelingt die Vermittlung auch nicht durch das beschleunigte Vermittlungsverfahren, wird das Spenderorgan zunächst Zentren angeboten, die Angebote aus dem erweiterten Spenderkreis („marginal donors“) akzeptieren und dann an eine Vermittlungsstelle außerhalb des Eurotransplant-Gebiets vergeben.
Ausblick
In die Fortschreibung der Richtlinie fließen Abweichungsmeldungen der Transplantationszentren und z. B. Erfahrungen der Sachverständigengruppe ein. In den USA wurde im Februar 2015 eine Weiterentwicklung des LAS-Modells eingeführt. Erste Vergleichsuntersuchungen von „ET“-LAS und US-LAS sind kürzlich veröffentlicht worden [38]. Die Übernahme des neuen US-Modells erscheint aufgrund fehlender Validierung und signifikanter Unterschiede in der Parameterdefinition in Zukunft keine Option. Es wird angenommen, dass Eurotransplant ab 2017 sehr verlässliche und komplette Daten für die Lungentransplantation insbesondere für Deutschland und die Niederlande vorliegen werden. Auf Basis unserer Ergebnisse wird ebenfalls eine Weiterentwicklung des LAS erarbeitet werden. Wesentliche Voraussetzung für die Weiterentwicklung des LAS-Modells ist, dass deutsche Zentren die Daten zuverlässig erheben. Dies würde auch die Audits der Prüfungskommission für die Lungentransplantation zukünftig erheblich vereinfachen.
Die aktuelle Richtlinie macht klarere Vorgaben für die Auswahl der Transplantatempfänger und gibt den Transplantationszentren ein Werkzeug an die Hand, um den komplexen Prozess der Wartelistenführung rechtssicher abzuwickeln.