Key words
MR-angiography - angiocardiography - cardiac - vascular - MR-imaging
Einleitung
Die weltweit immer weiter steigende Zahl an kardiovaskulären Erkrankungen verlangt
eine detaillierte Analyse des Blutflusses in Herz und Gefäßen, um ein fundiertes Verständnis
der zugrunde liegenden Pathomechanismen zu gewinnen. Die 4D-Flussmessung erscheint
dabei ein vielversprechendes Instrument, das neben der morphologischen Darstellung
von Gefäßen auch funktionelle Informationen liefert. Mit dem Ziel, die Ursachen kardiovaskulärer
Erkrankungen bereits vor Einsetzen klinisch relevanter Pathologien zu erkennen und
zu therapieren, werden verschiedene Parameter untersucht: Mittels 4D-Flussmessung
erfolgt eine qualitative und quantitative Analyse von Flussgeschwindigkeit, Flussvolumen,
Flussrichtung, Wall-Shear-Stress, Druckgradienten oder komplexen Strömungsmustern.
Derzeit ist es möglich, Flüsse in Herz, Aorta, Lebergefäßen, Nierenarterien, größeren
intraabdominellen Gefäßen, Karotiden und größeren intrakraniellen Gefäßen darzustellen.
An einer weiteren Verbesserung der Technik, vor allem im Hinblick auf eine weitere
Verkürzung der Mess-Zeit, aber auch einer noch besseren räumlichen und zeitlichen
Auflösung wird intensiv geforscht. Dabei sind vor allem die parallele Bildgebung sowie
das compressed sensing hervorzuheben. Der Ablauf einer 4D-Flussmessung besteht aus
den Schritten der Datenakquisition, der Rekonstruktion und dem Pre-processing sowie
der Analyse, wie in [Abb. 1] dargestellt. Bisher wird die 4D-Flussmessung in wenigen Kliniken Deutschlands zur
Unterstützung klinischer Entscheidungsfindungen eingesetzt.
Abb. 1 Arbeitsschritte der 4D-Flussmessung: Zunächst erfolgt die EKG- (linke Spalte, oben)
und Atem-getriggerte (linke Spalte, Mitte) Datenakquisition. Bei der Rekonstruktion
werden mit verschiedenen Rekonstruktionsmöglichkeiten (z. B. mit paralleler Bildgebung)
Magnitude-Bilder (schwarzer Hintergrund, Mitte unten) sowie Phasenkontrast-Bilderb(grauer
Hintergrund, Mitte unten) in jeder Raumachse berechnet. Im Pre-processing werden Phasen-offset-Fehler
korrigiert. Bei der Analyse erfolgt zunächst eine Qualitätskontrolle der Datensätze,
sodass dann eine farbkodierte (rechts, oben) Visualisierung sowie quantitative Auswertung
(rechts, unten) erfolgen können.
Technik
Field of view, räumliche und zeitliche Auflösung, VENC
Aufgrund der relativ langen Scanzeiten der 4D-Flussmessung sollte sich das field of
view auf den wesentlichen Bereich konzentrieren. Zur akkuraten Bestimmung der Flussparameter
und um auch kleine Flussphänomene erfassen zu können, ist eine hohe räumliche Auflösung
nötig. Je kleiner jedoch die Voxel-Größe, desto länger die Scan-Zeit und desto geringer
das Signal-Rausch-Verhältnis (Signal-to-noise-ratio[SNR]), sodass individuell bei
jedem Patienten ein Kompromiss gefunden werden muss. Etabliert hat sich in etwa eine
Voxel-Größe mit isotroper Kantenlänge von 2,5 – 3,0 mm für Herz und thorakale bzw.
abdominelle Gefäße und 0,7 – 1,5 mm für intrakranielle Gefäße [1]. Damit auch kurze Flussphänomene erfasst werden, ist eine möglichst hohe zeitliche
Auflösung von etwa 40 ms pro 3D-Datensatz nötig [2]. [Tab. 1] fasst sinnvolle Richtgrößen für die räumliche und zeitliche Auflösung sowie das
field of view zusammen.
Tab. 1
Richtgrößen für die technischen Parameter bei der 4D-Flussmessung.
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Parameter
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Richtgröße
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field of view (FOV)
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so groß wie nötig und so klein wie möglich
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räumliche Auflösung
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isotrope Voxel-Größe: 2,5 – 3,0 mm für Herz/Aorta/Pulmonalarterien
isotrope Voxel-Größe: 1,5 – 2,0 mm für größere abdominelle Gefäße (Nierenarterien/Truncus
coeliacus/A. mesenterica superior)
isotrope Voxel-Größe: 0,7 – 1,5 mm für intrakranielle Gefäße
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zeitliche Auflösung
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ca. 40 ms
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Die Flussgeschwindigkeitsbreite, welche abgebildet werden kann, muss durch den Benutzer
vor der Messung durch die Festlegung der „VENC“ (Velocity-Encoding-Sensitivity) festgelegt
werden. Die VENC bestimmt die maximale Flussgeschwindigkeit, die in der folgenden
Messung aufgenommen werden kann. Sie bildet mit einer Phasenverschiebung von –π bis
+π oder einer Winkeldifferenz der Phase von -180 Grad bis + 180 Grad eine minimale
und maximale Geschwindigkeit ab. Dadurch wird der darstellbare Geschwindigkeitsbereich
festgelegt, die velocity-encoding-range. Die Flussgeschwindigkeiten werden in Graustufen
codiert. Wird während einer Messung die vorher gewählte VENC in einem Bereich überschritten,
so kann die Flussgeschwindigkeit in diesem Bereich nicht adäquat erfasst werden. Dies
führt im Bild zu einem abrupten Umschlag von hoher Geschwindigkeit, also einem hellen
Areal zu einem schwarzen Areal, dem sogenannten Aliasing. Im Bereich des Aliasingartefakts
sind keine Quantifizierungen möglich. Die gewählte VENC korreliert mit dem Signal-Rausch-Verhältnis,
sodass eine zu hoch gewählte VENC zu verrauschten Bildern führt. Zur Vermeidung eines
solchen Artefakts ist die VENC der erwarteten Flussgeschwindigkeit möglichst exakt
anzupassen. Als Faustregel gilt: Die VENC ist etwa 10 % größer als die erwartete Maximalgeschwindigkeit
zu wählen. Ein häufiges Dilemma ergibt sich aus der Anforderung, dass sowohl hohe,
als auch niedrige Flussgeschwindigkeiten in einem Patienten dargestellt werden müssen,
wie beispielsweise bei einer Aortenstenose mit hoher Flussgeschwindigkeit im Jet und
langsameren Flussgeschwindigkeiten im Herzen sowie in weiter distal gelegenen arteriellen
Gefäßen. Ein Versuch, dieses Problem zu überwinden, sind multi-VENC-Ansätze [3]. [Tab. 2] fasst Richtwerte für die VENC in verschiedenen Gefäßen zusammen.
Tab. 2
Richtwerte für die Wahl der VENC (= velocity-encoding-sensitivity) in verschiedenen
Gefäßen.
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untersuchte Region
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VENC
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Aorta
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100 – 200 cm/s
Stenose: 250 – 400 cm/s
Aneurysma: 0 – 100 cm/s
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Ventrikel
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150 cm/s
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Herzklappen/Herzhöhlen
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Insuffizienz: 150 cm/s
Stenose: 250 – 500 cm/s
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Karotiden
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150 – 450 cm/s
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venöse Gefäße
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50 – 80 cm/s
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Sequenz
Für die 4D-Flussmessung werden „spoiled gradient echo“-Sequenzen verwendet. Dabei
zerstört ein Spoiler-Gradient in der schichtselektierenden x-Achse nach dem Readout-Gradienten
die noch vorhandene transversale Magnetisierung. Somit verbleibt nur die z-Magnetisierung
während der folgenden Anregung. Dadurch sind kurze Echo-(TE-) und Repetitions-(TR-)Zeiten
von TE 2 – 4 ms und TR 5 – 7 ms möglich. Durch die kurzen TR wird das Signalmaximum
des Blutes invers zur T1-Relaxationszeit gewichtet. Für die 4D-Flussmessung ist also
keine Kontrastmittelgabe nötig. Wird die 4D-Flussmesung nach Gabe eines Gadolinium-haltigen
Kontrastmittels durchgeführt, bewirkt dies eine bessere signal-to-noise-ratio, einhergehend
mit einer verbesserten velocity-to-noise-ratio. Natürlich wird durch das Kontrastmittel
auch der Kontrast zwischen Blut und umgebendem Gewebe verbessert. Vorsicht ist jedoch
geboten, da es durch das wash-out des Kontrastmittels zu Veränderungen der T1-Zeit
des Blutes während der Messung kommt, deren Einfluss auf die Ergebnisse der Messung
noch nicht vollständig geklärt sind [1].
Gating
Um die Eigenbewegung des Herzens sowie die Thorax-Exkursion zu kompensieren und dabei
von der exakten Mitarbeit des Patienten unabhängig zu sein, wird häufig eine Atemtriggerung
in Navigator-Technik genutzt; dabei werden nur während eines definierten Zeitfensters
Daten aufgezeichnet, welches durch die mittels Navigator-Messung ermittelte Zwerchfellposition
definiert wird. Zur Bestimmung der Zwerchfellposition wird vor der Messung ein HF-Puls
eingestrahlt, der die Zwerchfellposition entlang eines stabförmigen Bereichs in Bewegungsrichtung
darstellt. Befindet sich das Zwerchfell innerhalb des Akzeptanzfensters, werden die
zu diesem Zeitpunkt gewonnenen Daten in die Bildrekonstruktion eingeschlossen, sonst
verworfen. Typischerweise werden Akzeptanzfenster von 3 – 6 mm eingestellt. Die Messung
der Navigator-Position an sich kostet bereits Zeit; wenn zudem die Navigator-Effizienz
gering ist, kann es zu verlängerten Mess-Zeiten kommen [4]. Bei einer noch weitergehenden Methodenentwicklung, dem sogenannten Real-time-Slice-Tracking,
werden unmittelbar vor jeder Datenakquisition die Zwerchfellpositionen gemessen und
dann in Echtzeit die Gradienten so verändert, dass die gemessene Schicht zur aktuellen
Herzposition passt. Daraus ergibt sich die Möglichkeit ein größeres Navigationsfenster
zu definieren, typischerweise 5 – 8 mm, sodass die Aufnahmezeit verkürzt wird [1]. Auf analoge Weise erfolgt ein Gating in Bezug auf den Herzzyklus. Statt des Zwerchfellnavigators
wird hier eine EKG-Registrierung zur Synchronisation der Herzphasen genutzt.
Verkürzung der Akquisitionszeit
Die absolute Mess-Zeit wird einerseits durch technische Vorgaben, wie räumliche und
zeitliche Auflösung und Abdeckung, und andererseits durch patientenabhängige Vorgaben,
wie Herzfrequenz, EKG-Signal und Atmungsamplitude, bestimmt. Zur Beschleunigung der
Datenaufnahme der 4D-Flussmessung wurden verschiedene k-Raumstrategien entwickelt.
Beim k-t-undersampling wird nicht der gesamte k-Raum ausgelesen, sodass zu Lasten
der SNR die Scan-Zeit um den Reduktionsfaktor 4 bis 5 verkürzt werden kann. Bei der
segmentierten k-Raumfüllung werden mehrere zusammenhängende k-Raumzeilen (= Segment)
mit einer Anregung ausgelesen. Die Segmente lassen sich in unterschiedlicher Reihenfolge
aufzeichnen. Sinnvoll ist es, zuerst die zentralen Zeilen auszulesen, damit ein guter
Bildkontrast bleibt, während eine Reduktion der Auflösung in Kauf genommen wird, da
das Signal bis zur Auslesung der peripheren Segmente bereits reduziert ist. Ein Segmentationsfaktor
von 2 wird empfohlen [1]. Durch eine nicht-kartesische k-Raum-Auslesung kann zugunsten der Auflösung und
SNR die Scan-Zeit verkürzt werden. Für die 4D-Flussmessung ist eine zentrische elliptische
Auslesung sinnvoll, bei der die äußeren Zeilen nicht ausgelesen oder durch Nullen
ersetzt werden. Das Prinzip der parallelen Bildgebung beruht auf der reduzierten k-Raumakquisition:
Durch eine Spule mit mehreren Elementen können die verschiedenen Spulenelemente zeitgleich
entsprechend ihrer Sensitivität für das Magnetfeld Informationen zum Entstehungsort
des MR-Signals aufnehmen. Das Konzept wird durch verschiedene Methoden und Anbieter
verwirklicht, beispielsweise SENSE (SENSitivity Encoding), SMASH (simultaneous acquisition
of spatial harmonics) und GRAPPA (GeneRalized Autocalibrating Partial Parallel Acquisition).
Die Bildaufnahmezeit kann um den Reduktionsfaktor 2 bis 4 gesenkt werden, abhängig
von der Anzahl der Spulenelemente und der Feldstärke [1]. Eine Kombination der beschriebenen Beschleunigungsverfahren ist besonders effektiv,
um die Scan-Zeit einer 4D-Flussmessung zu reduzieren. Damit dauert die Darstellung
des gesamten Herzens etwa 10 min, die der Aorta (je nach Abdeckung) zwischen 5 und
15 min.
Pre-Processsing
Die 4D-Flussmessung liefert eine enorme Datenmenge. In diesen Rohdaten sind verschiedene
Fehler enthalten, sodass ein Pre-processing nötig ist. Die Hauptfehler sind Maxwell-terms,
Eddy-Currents und Phase-Wraps. Bei den Maxwell-terms verursachen konkomitante Gradienten-Felder
räumlich variierende Phasen-offsets. Maxwell-terms entstehen bei allen Phasenkontrast-Akquisitionen.
Die Korrekturfaktoren können direkt aus den Wellenformen der Gradienten abgeleitet
werden, die für die Datenakquisition verwendet wurden [5]. Phase-Wraps sind Einfaltungen in Phasenkodier-Richtung. Ein automatisches Korrektursystem
befindet sich als Inline-Funktion in jedem MR-Scanner. Durch das schnelle Ein- und
Ausschalten von Magnetfeldgradienten entstehen Veränderungen des magnetischen Flusses,
wodurch es in leitenden Materialien zu Wirbelströmen, den Eddy-Currents, kommt. Diese
verändern die Stärke und Dauer des gewünschten Gradienten, sodass es zu zeitlichen
und räumlichen Phasen-offsets kommt. Die meisten MR-Scanner haben ein Korrektursystem,
das durch Vorhersage der Eddy-Currents die Wellenform der Gradienten anpasst; dennoch
gelingt es nicht, die Eddy-Currents vollständig zu beseitigen [5]. Ein weiterer Fehler entsteht, wenn die Flussgeschwindigkeit während der Datenakquisition
die gewählte VENC überschreiten kann – dann entstehen Aliasing-Artefakte. Ist es nicht
möglich, die VENC anzupassen, kann versucht werden, die Flussgeschwindigkeiten innerhalb
der Areale mit Aliasing über einen Phasen-unwrapping-Algorithmus zu bestimmen. Da
bisher keine mathematische Lösung für einen exakten Algorithmus gefunden wurde, entstehen
bei der derzeit verfügbaren Korrektursoftware wiederum verschiedenen Fehler [6], sodass deren Anwendung derzeit nicht empfohlen werden kann.
Nach der Fehlerkorrektur ist es notwendig, die Bilddaten zu segmentieren. Auf den
Magnitude-Bildern (Bilder aus der Summe der Vektoren-Differenzen) kann am besten zwischen
statischem Gewebe und fließendem Blut im Gefäßlumen unterschieden werden, sodass anhand
dieser Bilder die Gefäßwände eingezeichnet werden sollten. [Abb. 1] zeigt die Phasenkontrastbilder sowie Magnitude-Bilder, [Abb. 3] verdeutlicht das Vorgehen beim Einzeichnen der Gefäßwand. Für den Fall, dass selbst
die Magnitude-Bilder keinen ausreichenden Kontrast bieten, um zwischen Gefäß und Umgebung
zu unterscheiden, kann über eine Kontrastmittelgabe oder eine zusätzliche MR-Angiografie
nachgedacht werden [7]. Verschiedene Softwarelösungen bieten unterschiedliche Wege zur Gefäßwandbestimmung
an; je nach Hersteller ist vom manuellen Einzeichnen bis zur vollautomatischen Gefäßwanderkennung
alles möglich.
Abb. 2 Die Datensätze der 4D-Flussmessung bieten verschiedene Möglichkeiten der Visualisierung:
Magnitude-Bilder (Zeile 1 und 2, linkes Bild) eignen sich zur Beurteilung der anatomischen
Verhältnisse. Die farbcodierte Geschwindigkeitsdarstellung in einer Ebene auf den
Magnitude-Bildern (Zeile 1, zweites Bild von links) mit Geschwindigkeitslegende ermöglicht
eine schnelle Übersicht über die Verteilung der Flussgeschwindigkeiten in einem Gefäß.
Path-lines (Zeile 1, drittes Bild von links) geben den Weg an, den ein Flüssigkeitspartikel
während eines Herzzyklus zurücklegt; sie eigenen sich gut für die Darstellung von
Flüssen im Verhältnis zu Zeit (Zeile 2). Als Beispiel hierfür zeigt der untere Teil
der Abbildung den von der Aortenklappe ausgehenden Fluss beginnend mit dem systolischen
Strom über die Aortenklappe. Stream-lines (Zeile 1, rechtes Bild) geben die Richtung
des Flusses eines Flüssigkeitspartikels zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder und eignen
sich so dafür, die 3-dimensionalen Verhältnisse zu einem definierten Zeitpunkt abzubilden.
Abb. 3 Die 4D-Flussmessung ermöglich die retrospektive Auswertung der Flüsse an jeder beliebigen
Stelle des Datensatzes. Dazu wird an der gewünschten Stelle im Gefäß eine Ebene eingezeichnet,
die Gefäßkontur in den korrespondierenden 2D-Bildern überprüft und die gewünschten
Analyseparameter ausgewählt.
Visualisierung
Zur Auswertung und Flussvisualisierung sind verschiedene Softwareangebote verfügbar.
Die verbreitetsten sind 4D-Flow (Siemens, Germany Erlangen), cmr 42 (Circle Cardiovascular
Imaging Inc., Calgary Canada), GT-Flow (Gyrotool LLC, Switzerland Winterthur) und
Arterys (Arterys USA San Francisco). Daneben werden an einigen Kliniken und Instituten
selbst entwickelte Softwarelösungen verwendet, da die kommerziell verfügbaren Produkte
ein eingeschränktes Spektrum an Auswertemöglichkeiten bieten. Den Produkten gemeinsam
ist, dass eine Flussvisualisierung mittels Vektorenfeldern, Stromlinien oder Weglinien
stattfindet. Einige bieten auch die Möglichkeit Wall-Shear-Stress-, Flussgeschwindigkeits-
(velocity-maps) oder Druck-Karten (pressure-maps) zu generieren.
Die Flussgeschwindigkeits-Vektoren innerhalb eines Volumens stehen als Vektorfelder
zur Verfügung. Über eine Farbcodierung wird die Geschwindigkeit jedes einzelnen Vektors
kodiert und kann anhand einer Geschwindigkeitslegende übersetzt werden. Durch Vektorfelder
können die Geschwindigkeit und die Richtung des Flusses dargestellt werden. Stromlinien
sind Kurven, welche die Richtung des Flusses eines Flüssigkeitspartikels zu einem
bestimmten Zeitpunkt wiedergeben. Path-lines geben den Weg an, den ein Flüssigkeitspartikel
während eines Herzzyklus zurücklegt. [Abb. 2] verdeutlicht die unterschiedlichen Visualisierungsmöglichkeiten.
Quantitative Auswertung
Da die 4D-Flussmessung in der Lage ist, größere Bereiche abzudecken und innerhalb
dieser aber die gesamte Flussinformation aufnimmt, können in jedem Bereich, der von
Interesse ist, im Nachhinein die gewünschten Flussparameter ausgewertet werden. Dazu
wird, wie in [Abb. 3] demonstriert, an beliebiger Stelle des abgebildeten Gefäßes eine region of interest
(ROI) eingezeichnet und in Hinblick auf den gewünschten Parameter ausgewertet.
Flussgeschwindigkeit und Flussrate
Flussgeschwindigkeit und Flussrate sind die einfachsten Parameter, welche aber bereits
eine große Aussagekraft haben. Liegt eine lokal erniedrigte Flussrate vor, so ist
davon auszugehen, dass das zu versorgende Gewebe distal davon ischämisch wird [8]. Eine lokale Beschleunigung der Flussgeschwindigkeit spricht für eine Stenose [9].
Wall-Shear-Stress (WSS)
Der WSS ist die auf einen Bereich der Gefäßwand wirkende Scherkraft durch den Blutstrom.
Dieser Parameter gewinnt immer mehr an Bedeutung, da gezeigt werden konnte, dass die
Höhe des WSS mit verschiedenen Gefäßpathologien korreliert, wobei hier vor allem Atherosklerose
und pathologische Gefäßdilatation zu nennen sind [10]. Für die WSS-Berechnung ist es zunächst nötig, die Gefäßwand möglichst genau einzuzeichnen.
Dann kann die Flussgeschwindigkeit direkt unterhalb der Gefäßwand durch Interpolation
der angrenzenden Geschwindigkeitsdaten bestimmt werden und der Flussgradient errechnet
werden. Unter der Annahme, dass die Blutviskosität konstant ist (und bei ungefähr
4 centipoise cP liegt), kann aus dem Flussgradienten der WSS berechnet werden. Der
WSS kann mittels surface-rendering color-maps, in denen durch Farbcodierung Bereiche
mit hohem und niedrigem WSS gekennzeichnet werden, dargestellt werden. Für die Aorta
konnte gezeigt werden, dass Regionen mit hohem WSS mit der Dysregulation der extrazellulären
Matrix und der Degeneration elastischer Fasern der aszendierenden Aorta korrelieren
[11]. Somit kann der WSS nicht nur als Marker für eine erhöhte Belastung und somit besonders
gefährdete Stelle einer Gefäßwand dienen, sondern auch als Verlaufsparameter bei bekannter
Gefäßpathologie [12]
[13]. Es wird ein Zusammenhang zwischen WSS und dem Auftreten von bzw. der Ruptur von
intrakraniellen Aneurysmen vermutet [14]
[15].
Turbulente kinetische Energie (TKE)
Die TKE beschreibt die Energie, die zusätzlich aufgebracht werden muss, um den Blutfluss
über turbulente Bereiche hin konstant zu halten. Eine erhöhte Fluktuation des Flusses
im Bereich von Turbulenzen bedeutet einen größeren Druckverlust in diesem Bereich,
sodass mehr Energie nötig ist, um den Blutfluss aufrecht zu erhalten. Auf der anderen
Seite bedeutet eine zur Baseline erhöhte TKE unter ähnlicher Flussrate einen erniedrigten
Lumen-Durchmesser des Gefäßes [16]. Die Quantifizierung der TKE ist ein Parameter, um die Effizienz des Blutflusses
zu bestimmen. Je höher die TKE, desto größer die Arbeit, die das Herz leisten muss.
Es zeigt sich eine Assoziation von erhöhter TKE und kardialer Erkrankung. So konnte
gezeigt werden, dass Patienten mit einer dilatativen Kardiomyopathie eine größere
TKE haben als gesunde Probanden [17].
Vortex-Flüsse
Vortex-Flüsse beschreiben kreisförmige Strömungen in einer Flüssigkeit. Innerhalb
des kardiovaskulären Systems entstehen an vielen Orten Vortex-Flüsse. An manchen Stellen,
wie innerhalb des linken Ventrikels, der Aorta ascendens und der Pulmonalgefäße, sind
diese physiologisch Es konnte jedoch gezeigt werden, dass bei verschiedenen Krankheiten
Vortex-Flüsse an unphysiologischen Stellen entstehen können. Aneurysmen, pulmonale
Hypertension und verschiedene Herzerkrankungen korrelieren mit einerseits dem Auftreten
und andererseits der Intensität von Vortex-Flüssen [18]
[19]. Zudem führen verschiedene Klappenpathologien bzw. der Einsatz von künstlichen Herzklappen
zu unterschiedlichen Vortex-Flüssen [20]. Die Bedeutung und Aussagekraft des Vortex-Flusses ist Gegenstand derzeitiger Forschungen.
Dazu wurden verschiedene Parameter der Vortex-Fluss-Analyse eingeführt; die wichtigsten
sind Vortizität (Wirbelstärke), das λ2-Kriterium (zur Visualisierung der turbulenten Strömung mittels Skalar-Feldern in
Kombination mit Iso-Flächen) und critical-point-Analyse (Umschlagpunkt des Flusses
von laminarer zu turbulenter Strömung).
Druckgradient
Ein Verlust des Drucks im Gefäßsystem bedeutet, dass hier ein Verlust von Energie
stattfindet, die das Herz generiert hat. Je größer der Druckverlust, desto größer
ist die Arbeit, die vom Herzen verrichtet werden muss. In diesem Sinne hat sich der
Parameter als Biomarker zur Bewertung einer Stenose (beispielsweise der Aortenklappe
oder bei einer Aortenisthmusstenose) etabliert [21]
[22]. Als Goldstandard der Druckgradienten-Messung dient die invasive Messung mittels
Druckkatheter, deren Nachteil die Invasivität des Verfahrens mit entsprechenden möglichen
postinterventionellen Komplikationen ist. Die Bestimmung des Druckgradienten mittels
Echokardiografie ist stark anwenderabhängig bei geringer zeitlicher und räumlicher
Auflösung und fehlender Möglichkeit, die Flusseigenschaften zu bewerten. Die derzeit
klinisch am häufigsten eingesetzte 2D-Flussmessung ist schneller durchführbar und
bietet eine höhere zeitliche Auflösung mit besserem zeitlichen Averaging, erfordert
jedoch die exakte Planung der Messebene im Vorhinein und misst den Fluss lediglich
in einer Ebene. Zu den genannten Alternativen bietet die 4D-Flussmessung eine nicht
invasive, genaue Alternative. Der Vorteil im Vergleich zur Druckdrahtmessung ist,
dass nicht nur Gefäßabschnitte, in denen der Druck erhöht ist, identifiziert werden
können, sondern zudem abgebildet wird, an welchem Wandabschnitt der erhöhte Druck
sich bemerkbar macht [23]
[24]. Zu beachten ist, dass bei der 4D-Flussmessung kein absoluter Druck an einer bestimmten
Stelle im Gefäß angegeben werden kann, sondern Druckgradienten und ihre Veränderung
über die Zeit gemessen werden. Einschränkend ist anzumerken, dass nicht genau der
Peak-Fluss gemessen wird (beispielsweise durch Blurring bei Akquisition in freier
Atmung mit oder ohne Navigator).
Pulse-Wave-Velocity
Die Pulswellengeschwindigkeit (pulse-wave-velocity) gilt als aussagekräftigster Parameter,
um die Elastizität der Gefäßwand zu beschreiben. Zudem kann das Fortschreiten einer
Atherosklerose dokumentiert werden. Zur Bestimmung der Pulswellengeschwindigkeit muss
das field of view über die gesamte Aorta gelegt werden. Dadurch kann die Geschwindigkeit
gemessen werden, mit der sich die Pulswelle fortbewegt [25]. Die Messung der pulse-wave-velocity in der Aorta sollte mit einer zeitlichen Auflösung
von 40 ms erfolgen.
Anwendungen der 4D-Flussmessung
Anwendungen der 4D-Flussmessung
Es gibt eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, deren ausführliche Beschreibung
den Rahmen dieser Übersichtsarbeit sprengen würde, sodass an manchen Stellen auf die
jeweils weiterführende Literatur verwiesen wird.
Aorta, Pulmonalgefäße und Herzklappen
Die 4D-Flussmessung bietet den Vorteil, dass nicht invasiv in nur einer Untersuchung
eine anatomische Darstellung und gleichzeitig eine funktionelle Charakterisierung
der gesamten Aorta erfolgen können. So können verschiedenste Pathologien identifiziert
werden. Dazu gehören Aorten- oder Pulmonalklappenstenosen, Aortenaneurysmata, Aortendissektionen,
kongenitale Herzerkrankungen, pulmonale Hypertonie und Stenosen der Pulmonalgefäße.
In [Tab. 3] sind einige Beispiele und Erkrankungen aufgeführt, deren pathologische Veränderungen
mittels 4D-Flussmessung weiter abgeklärt werden können, um für die jeweilige Diagnose
und Therapie relevante Parameter zu bestimmen.
Tab. 3
Klinische Anwendungen der 4D-Fluss-MRT.
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Aortenklappenstenose, Pulmonalklappenstenose
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maximale Flussgeschwindigkeit
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Hsian A et al J Mag Res Im 2015; 41: 376 – 385
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angeborene Herzerkrankungen
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maximale Flussgeschwindigkeit, Geschwindigkeit, Veränderungen über die Zeit bzw. postoperativ
vs. praeoperativ
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Riesenkampff E et al JACC Cardiovasc Ima 2014; 7: 920 – 926
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Aortenaneurysma
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Flusscharakteristika, maximale Flussgeschwindigkeit, Wall- Shear-Stress
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Mahadevia R et al Circulation 2014; 129: 673 – 682
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Aortendissektion
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Ausmaß, Lokalisation der Fenestrierung, wahres und falsches Lumen, Fluss in den abgehenden
arteriellen Gefäßen
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Francois CJ et al J Thora Cardiovasc Surg 2013; 145: 1359 – 1366
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pulmonale Hypertonie
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anatomische Korrelation, veränderte Flusseigenschaften, Druckberechnung
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Banc O et al Mag Res Im 2015; 33: 1224 – 1235
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Stenose von Pulmonalgefäßen
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Peak-velocity, Strömungsverhältnisse (vor allem post-stenotisch)
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Chen SS et al Int J Cardiol 2013; 168: 3698 – 3703
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Die Hoffnung liegt darin, dass die 4D-Flussmessung bei der Aufdeckung bisher nicht
bekannter Pathomechanismen helfen kann. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Entdeckung,
dass Plaques in der deszendierenden Aorta die Ursache für einen Schlaganfall sein
können. So konnte mittels 4D-Flussmessung gezeigt werden, dass bei Patienten mit Atherosklerose
während der Diastole ein reverser Fluss innerhalb der thorakalen Aorta zustande kommen
kann. Auf diese Weise werden aortale Plaques, insbesondere wenn sie eine Dicke von
> 4 mm besitzen, zu einer bisher nicht beachteten Embolie-Quelle bei Schlaganfällen
[26]
[27]. Auch der WSS ist in das Interesse verschiedener Forschungsgruppen gelangt. Er ist
ein Stimulus für die arterielle Mechanotransduktion. Durch die veränderte mechanische
Belastung bei erhöhtem WSS kommt es zu einer Modifikation der Endothelfunktion [28]. Dadurch wird ein vaskuläres Remodelling induziert [29]. Wenn eine unphysiologisch hohe Belastung der Gefäßwand vorliegt, kann dies zu Entzündungsreaktionen
bis hin zur Entstehung atherosklerotischer Plaques führen [30]
[31]. Auf der anderen Seite kann bereits ein verändertes Flussmuster eine ausgeprägte
Wirkung auf das Gefäßsystem haben: So kann durch eine fokal veränderte Belastung der
Gefäßwand die Entstehung eines Aneurysmas begünstigt werden [32]
[33]. Auch ein Zusammenhang zwischen der pulmonalen Hypertonie und einer Veränderung
der Flusscharakteristik sowie des WSS konnte gezeigt werden [34]. Eine Korrelation zwischen der Dauer einer Vortex-Persistenz unterhalb der rechten
A. pulmonalis mit dem Grad eines pulmonalen Überdrucks wird angenommen [34].
Angeborene Herzfehler
Angeborene Herzfehler haben für das Individuum sehr unterschiedliche Konsequenzen.
Bei manchen Patienten bleiben sie zeitlebens symptomlos, während andere bereits kurz
nach der Geburt eine ausgeprägte Zyanose entwickeln. Die 4D-Flussmessung kann helfen,
diese Patienten zu identifizieren. Einerseits stellt sie die pathophysiologischen
Verhältnisse dar. Zudem können die physiologischen Konsequenzen angeborener Herzfehler
erfasst werden, die sich in abnormalen Flüssen und abnormaler Funktion der Ventrikel
und Herzklappen äußern [35]. Die Patienten benötigen oft lebenslange Kontrollen, sodass die MRT aus strahlenhygienischer
Sicht vorteilhaft ist. Die lange Akquisitionszeit muss zwar als einschränkender Faktor
berücksichtigt werden, aber auch die Alternativen weisen gewichtige Nachteile auf:
Die Katheter-Angiografie ist invasiv, die CT liefert ausschließlich anatomische Informationen
bei relevanter Strahlenbelastung, während die Echokardiografie nur Flussinformationen
ergibt und stark benutzerabhängig ist.
Vorhofflimmern
Die häufigste und gefürchtetste Komplikation des Vorhofflimmerns ist ein Schlaganfall.
Die derzeit angewendeten Scores zur Vorhersage des Schlaganfallrisikos haben eine
eingeschränkte Aussagekraft und beruhen auf klinischen Parametern (Alter, Geschlecht,
Diabetes, Raucher usw.) – das individuelle Risiko des Patienten zur Thrombusformation
kann damit nicht erfasst werden. Patienten mit Vorhofflimmern weisen einen verlangsamten
Fluss im linken Vorhof bzw. dem linken Herzohr auf, welches die häufigsten Lokalisationen
der Thrombusbildung sind [36]
[37]. Diese prädisponierenden Strömungsverhältnisse können mit der 4D-Flussmessung analysiert
werden [38]. Einschränkend ist zu bemerken, dass bei der 4D-Flussmessung ein einzelner Herzzyklus
dargestellt wird; Unterschiede zwischen 2 Herzschlägen, beispielsweise bei Arrhythmien,
werden mit dieser Methode nicht erfasst, sondern können Artefakte in der Bildakquisition
hervorrufen. Die klinisch als Referenzmethode eingesetzte transösophageale Echokardiografie
erfordert eine Sedierung und eine anschließende Überwachung.
Koronararterien
Die Darstellung der Koronararterien und ihrer Flüsse mittels MRT ist eine große Herausforderung.
Trotz ihrer geringen Größe und dem teilweise stark geschlungenen Verlauf sowie ausgeprägter
Bewegung durch Atmung und Herzschlag ist es einigen Arbeitsgruppen gelungen, Koronararterien
im MRT methodisch erfolgreich darzustellen [39]
[40]. Dass sich diese experimentellen Erfolge in näherer Zukunft in der klinischen Routine
anwenden lassen, ist aber zu bezweifeln.
Karotiden
Um die Relevanz atherosklerotischer Veränderungen der Karotiden bezüglich des Schlaganfallsrisikos
zu beurteilen, kann mittels 4D-Flussmessung die Anatomie mit den resultierenden Flusseigenschaften
korreliert werden. So können komplexe Helix-Flüsse dargestellt werden, sowie absolute
Geschwindigkeiten und der lokale Wall-Shear-Stress berechnet werden, bei denen jeweils
ein Zusammenhang mit der Atherogenese angenommen wird [41].
Intrakranielle Gefäße
Mittels 4D-Flussmessung ist es möglich, intrakranielle Gefäße darzustellen und sowohl
die arteriellen Gefäße im Hinblick auf Aneurysmata, Artherosklerose und ateriovenöse
Malformationen zu untersuchen, als auch die Venen darzustellen. Derzeit gängigstes
Verfahren ist die 3D-TOF (Time Of Flight) -MR-Angiografie. Vorteil ist die fehlende
Notwendigkeit für Kontrastmittel, Nachteile sind die hohe Anfälligkeit für Bewegungsartefakte
und Überschätzung des Stenose-Grads aufgrund turbulenter Flüsse. Die kontrastverstärkte
MR-Angiografie zeigt diese Schwächen nicht, ist dafür aber auf die Kontrastmittelgabe
angewiesen. Die alternative transkranielle Doppleruntersuchung ist durch ihre deutliche
Benutzerabhängigkeit und räumlich begrenzte Einsetzbarkeit eingeschränkt. Die 4D-Flussmessung
kann ohne Kontrastmittelgabe benutzerunabhängig nicht nur die Flüsse in intrakraniellen
Gefäßen abbilden, sondern weitere funktionelle Parameter liefern. Veränderungen des
WSS an der Wand von Aneurysmen können eine Größenzunahme sowie Ruptur bedingen [14]
[42]. Mittels 4D-Flussmessung gewonnenen Informationen über den intraaneurysmalen Fluss
und den bestehenden WSS können zur prä-interventionellen Klassifikation genutzt werden
[43]
[44]. Die besondere Schwierigkeit der 4D-Flussmessung intrakranieller Gefäße liegt in
der notwendigerweise sehr hohen räumlichen Auflösung und deutlichen Schwankungen der
Flussgeschwindigkeit [45].
Lebergefäße
Bei der Entwicklung einer Leberzirrhose kommt es zu dramatischen, in einem mehrstufigen
Prozess verlaufenden Veränderungen der Blutflüsse im arteriellen, venösen und portalen
System sowie den Umgehungskreisläufen. Die 4D-Flussmessung bietet die Möglichkeit,
die Flüsse in all diesen Gefäßen mit nur einer Messung abzubilden [46].
Nierengefäße
Die Relevanz einer Nierenarterienstenose kann durch die alleinige Messung ihres Diameters
nicht beurteilt werden. Mittels 4D-Flussmessung ermöglicht sie die Bewertung der Nierenarterien
mit einer Genauigkeit, die gut mit der invasiven Messung mittels Druckdrähten korreliert
[46]. Auch für die Untersuchung von Patienten vor und nach Nierentransplantationen ist
die 4D-Flussmessung ein geeignetes Verfahren.
Intraabdominelle Gefäße
Die 4D-Flussmessung kann bei der Diagnose der Ursachen einer (chronischen) mesenterialen
Ischämie helfen, da einerseits anatomische Flusshindernisse detektiert werden, andererseits
deren Relevanz analysiert werden kann. Erfolgt die 4D-Flussmessung vor und nach einer
Mahlzeit, können die sich ändernden Flussverhältnisse unmittelbar verglichen und mögliche
Pathologien identifiziert werden [46].
Diskussion
Die 4D-Flussmessung zeigt im Vergleich zu bereits etablierten Methoden der Darstellung
des kardiovaskulären Systems einige Vorteile. Die Methode erlaubt in einer einzigen
Messung die anatomische und funktionelle Darstellung kardiovaskulärer Strukturen.
Dies ermöglicht nicht nur eine Beurteilung der Gefäßmorphologie. Anhand von Amplitudenbildern
kann die Flussgeschwindigkeit und -richtung visuell und zeitaufgelöst wiedergegeben
werden. Die qualitative und quantitative Analyse ist dabei für jedes Volumen-Element
retrospektiv möglich. Dabei ist das Verfahren nicht invasiv und ist nicht mit der
Anwendung ionisierender Strahlung verbunden. In gewisser Weise problematisch ist es,
dass die Technik eingehende Kenntnisse in der Untersuchungstechnik des Anwenders voraussetzt,
um qualitativ hochwertige Bilder zu erzeugen. Entsprechende Kenntnisse sind zudem
für die Nachverarbeitung mit dedizierter Software notwendig. Ein weiterer Nachteil
ist, dass die 4D-Flussmessung bisher auf die Darstellung größere Gefäße beschränkt
ist. Die anatomische Gefäßdarstellung ist dabei hinsichtlich der räumlichen Auflösung
einer CT-Angiografie oder einer kontrastverstärkten MR-Angiografie unterlegen. Eine
vergleichbare hohe räumliche Auflösung würde in der 4D-Flussmessung die Signalausbeute
pro Voxel zu stark reduzieren, um entsprechend verwertbare Datensätze zu erhalten.
Je nach Fragestellung kann in Erwägung gezogen werden, die 4D-Flussmessung ohne Applikation
zusätzlicher Strahlenbelastung mit einer hochauflösenden kontrastverstärkten MR-Angiografie
zu kombinieren. Natürlich sind die üblichen Kontraindikationen für eine MRT-Untersuchung
zu beachten.
Der schnelle technische Fortschritt in der Entwicklung neuer MR-Technologien der letzten
Jahre hat es ermöglicht die Scan-Zeiten so zu reduzieren, dass die Technik klinisch
nutzbar geworden ist und in einigen Fragestellungen bereits Einzug in den klinischen
Alltag gehalten hat. Vor allem zur Visualisierung der anatomischen Verhältnisse und
Flusseigenschaften im Rahmen angeborener Herzerkrankungen ist die 4D-Flussmessung
mittlerweile gut etabliert. Bei der Untersuchung der Aorta hat die Technik eine klinische
Indikation für die Abklärung der Flussverhältnisse der Aortendissektion für die verschiedenen
Lumina und die großen abgehenden Äste, während die Bestimmung komplexer Parameter,
wie z. B. Wall-Shear-Stress, für wissenschaftliche Ansätze zur Abschätzung der Prognose
verwendet wird. Im Artikel werden einige weitere mögliche klinische Anwendungen beschrieben.
In den zeitaufgelösten 3D-Datensätzen der 4D-Flussmessung ist eine Fülle an Information
enthalten, die es erlaubt, eine Vielzahl von Parametern zur Analyse der Flussgeschwindigkeit,
des Flussvolumens, der Flusseigenschaften und sogar relativer Druckverhältnisse zu
bestimmen. Da die vollständige Berechnung und Analyse aller Parameter sehr aufwendig
und nicht für jede klinische und wissenschaftliche Fragestellung notwendig ist, bewährt
es sich, zielgerichtet genau die Parameter zu bestimmen, die zur Beantwortung der
klinischen oder der wissenschaftlichen Fragestellung am hilfreichsten sind. Zum Teil
muss die Wertigkeit verschiedener komplexer Parameter noch in größeren Studien auf
ihre klinische Nutzbarkeit überprüft werden. Daraus ergeben sich Herausforderungen
für den klinischen und den wissenschaftlichen Anwender: Da es keine standardisierten
Methoden zur Auswertung gibt, ist eine gründliche Auseinandersetzung mit der angebotenen
Software bzw. deren Modifikation nötig.
Die MRT-gestützte 4D-Flussmessung hat das Potential, einen Beitrag zur Aufklärung
der zugrunde liegenden Pathomechanismen kardiovaskulärer Erkrankungen zu liefern,
bevor diese zu einer klinischen Relevanz führen. Dazu sind weitere klinische Studien
an gesunden Probanden wie auch Patientenkollektiven notwendig. 2 sehr relevante Fragestellungen
wären z. B. die Vorhersage der Entwicklung risikobehafteter Plaques an der Carotisgabel,
bevor es zum Schlaganfall kommt, oder die Vorhersage der Progression eines Aortenaneurysmas,
bevor es zu einer Ruptur kommt.
Derzeit ist die Verfügbarkeit der Technik noch eingeschränkt. Während für viele MR-Scanner
Pulssequenzen als Produkt erworben werden können, welche die Durchführung einer 4D-Flussmessung
erlauben, sind entsprechend potente Beschleunigungstechniken wie compressed Sensing
oder eine effiziente Undersampling-Methode in der Datenakquisition des k-Raums nur
an einem kleinen Teil der neuesten MRT-Geräte verfügbar. In naher Zukunft dürfte auch
eine deutliche Weiterentwicklung der Post-processing-Software zu erwarten sein, die
derzeit nur von einzelnen stark spezialisierten Firmen angeboten oder in verschiedenen
Forschungsinstituten selbst entwickelt wird. Häufig ist das Post-processing noch sehr
aufwendig und klinisch nur zu einem bestimmten Teil für komplexe Parameter einsetzbar.
Einfache Parameter wie Flussgeschwindigkeit und Flussvolumina können dagegen sehr
rasch bestimmt werden. Die MRT-Hersteller selbst bieten derzeit noch keine klinisch
breit einsetzbare Software für die 4D-Flussmessung an. Wünschenswert wäre eine Weiterentwicklung
des Post-processings in der Form, dass die Anwendung im Rahmen einheitlicher Workflows
erfolgen kann. Auch die Etablierung von standardisierten Analysemethoden mit Grenzwerten
für verschiedenen Parameter, die eine Unterscheidung zwischen pathologisch und gesund
erlauben, ist notwendig um reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse zu erhalten.
Zusammenfassend hat die 4D-Flussmessung in den letzten Jahren durch den technischen
Fortschritt das Potential entwickelt, bei einzelnen Fragestellungen im klinischen
Alltag angewendet zu werden. Es gibt allerdings noch sehr interessante Entwicklungsmöglichkeiten
mit dem Ziel, die räumliche Auflösung zu verbessern, die Signalausbeute zu erhöhen
und die Mess-Zeit zu verkürzen. Während derzeit noch zahlreiche Anwendungen und die
Bestimmung verschiedener, zum Teil komplexer Parameter sich auf wissenschaftliche
Fragestellungen beschränken, werden sich nach Durchführung von klinischen Studien
mit größeren Patientenkollektiven weitere klinische Indikationen ergeben und es ist
zu erwarten, dass die MRT-gestützte 4D-Flussmessung künftig zunehmend klinische Anwendung
findet. Weitere Forschung ist nötig, um neu etablierte Parameter zu evaluieren. Die
Hoffnung liegt darin, dass die 4D-Flussmessung ein Verständnis der zugrunde liegenden
Pathomechanismen kardiovaskulärer Erkrankungen ermöglicht, die konsekutive Pathologien
bereits vor ihrer klinischen Manifestation erkennen lassen, sowie eine prognostische
Einschätzung liefert.