Ultraschall Med 2018; 39(06): 636-642
DOI: 10.1055/a-0667-7898
Original Article
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hygienestandards bei der ultraschallgesteuerten Stanzbiopsie an der Mamma

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Jörg Heil
1   Obstetrics and Gynecology, University-Hospital, Heidelberg, Germany
,
Sarah Hug
1   Obstetrics and Gynecology, University-Hospital, Heidelberg, Germany
,
Heike Martiny
2   Technical Hygiene, Charité, Berlin, Germany
,
Michael Golatta
1   Obstetrics and Gynecology, University-Hospital, Heidelberg, Germany
,
Manuel Feisst
3   Institute of Medical Biometry and Informatics, University of Heidelberg, Germany
,
Helmut Madjar
4   Gynäkologie, DKD-HELIOS-Klinik Wiesbaden, Germany
,
Werner Bader
5   Frauenklinik Nordstadtkrankenhaus, Krankenhaus Region Hannover, Germany
,
Markus Hahn
6   Frauenklinik, Universitätsklinik Tübingen, Tübingen, Germany
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Correspondence

Dr. Jörg Heil
Obstetrica and Gynecology, University-Hospital, Heidelberg
INF 440
69120 Heidelberg
Germany   
Telefon: ++ 49/62 21/5 63 85 55   

Publikationsverlauf

11. März 2018

09. Juli 2018

Publikationsdatum:
25. September 2018 (online)

 

Zusammenfassung

Ziel Ziel dieser Arbeit war es, eine Übersicht von über die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin zertifizierten Experten über durchgeführte Hygienemaßnahmen bei der ultraschallgeführten Stanzbiopsie der Mamma zu erhalten, um daraus in Kenntnis der vorliegenden Literatur und mangels evidenzbasierter Leitlinien aktuelle Handlungsempfehlungen für die klinische Routine abzuleiten.

Material und Methode Es wurde eine Umfrage unter allen Mitgliedern der Stufe I–III des Arbeitskreises Mamma-Sonografie der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin durchgeführt. Erfragt wurde die Einschätzung eines Infektionsrisikos bei der Stanzbiopsie der Mamma und welche Hygienemaßnahmen in der Praxis durchgeführt werden, um eine Infektion zu vermeiden.

Ergebnisse Das Risiko für eine Infektion nach einer Stanzbiopsie der Mamma wurde im Median auf 1 Promille geschätzt. Die häufigsten durchgeführten Hygienemaßnahmen waren eine Sprüh-Wisch-Sprüh-Desinfektion (98,1 %) und die Verwendung steriler Handschuhe (54,7 %).

Schlussfolgerungen Aufgrund des sehr geringen Infektionsrisikos empfehlen wir, in der Routine Handschuhe zu nutzen und eine adäquate Hautdesinfektion durchzuführen. Der Kontakt des Schallkopfes oder eines unsterilen Kontaktmediums mit der Biopsie-Nadel wird als äußerst unwahrscheinlich eingeschätzt und sollte vermieden werden.


#

Einleitung

Die Stanzbiopsie ist das am meisten eingesetzte minimalinvasive Verfahren zur Gewebegewinnung im Rahmen der Abklärung unklarer Befunde in der Brust und kann meist ultraschallgesteuert in Lokalanästhesie durchgeführt werden [1] [2] [3] [4] [5]. Spezifische Evidenz zu sinnvollen Hygienemaßnahmen bei der Mamma-Stanzbiopsie liegen nicht vor; ebenso wenig eine evidenzbasierte Leitlinie diesbezüglich.

Diese Arbeit soll klären, welche Hygienemaßnahmen bei der Durchführung der Mamma-Stanzbiopsie in der klinischen Routine aktuell zur Anwendung kommen.

Grundvoraussetzung für eine hygienisch einwandfreie Durchführung der Stanzbiopsie ist die adäquate Reinigung und Desinfektion des Ultraschallkopfes nach Maßgabe des Herstellers. Sofern dieser auf intakter Haut verwendet wird, wird er von der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als unkritisches Medizinprodukt eingeschätzt [6]. Unkritische Medizinprodukte müssen nach Herstellervorgaben gereinigt und desinfiziert werden [6]. Bei ultraschallgeführten transkutanen Biopsien, die ein Schall-Leitungsmedium an der Biopsie-Stelle erfordern, sollte außerdem ein alkoholisches Desinfektionsmittel oder steriles Ultraschallgel verwendet werden [7], da Erreger über nicht steriles Ultraschallgel übertragen werden können [8] [9]. Die KRINKO hat im Bundesgesundheitsblatt weitere Empfehlungen zu Hygienemaßnahmen bei Punktionen und Injektionen herausgegeben [7]. Die durchgeführten Interventionen werden in 4 Risikogruppen eingeordnet (vergleiche [Tab. 1]). Die Mamma-Stanzbiopsie wird darin jedoch als Verfahren nicht explizit aufgeführt.

Tab. 1

Risikogruppen bei Injektionen und Punktionen gemäß KRINKO, modifiziert nach [7].

Risikogruppe

Kriterien

1

einfacher Punktionsablauf

und

geringes Risiko einer punktionsassoziierten Infektion

2

einfacher Punktionsablauf

und

geringe Infektionsgefahr, aber in der Literatur dokumentierte schwerwiegende Infektionsfolgen beim (seltenen) Eintritt einer Infektion

und

keine Notwendigkeit der zwischenzeitlichen Ablage von sterilem Punktionszubehör

3

Punktion von Organen oder Hohlräumen

oder
komplexer Punktionsablauf mit Notwendigkeit der zwischenzeitlichen Ablage von sterilem Punktionszubehör, mit oder ohne Assistenzperson

4

komplexe Punktion mit Notwendigkeit der zwischenzeitlichen Ablage von sterilem Punktionszubehör und steriler Anreichung durch eine Assistenzperson

und/oder
Einbringung von Kathetern beziehungsweise Fremdmaterial in Körperhöhlen oder tiefe Gewebsräume (z. B. Ventrikelkatheter, Periduralkatheter)

In diese Risikogruppen teilt die KRINKO verschiedene Injektionen und Punktionen ein: Eine venöse Blutentnahme beispielsweise in Gruppe 1, eine diagnostische Pleura- oder Aszites-Punktion in Gruppe 2, Organpunktionen (zum Beispiel der Leber) in Gruppe 3 und die Anlage einer Bülau-Drainage in Gruppe 4. Abhängig von der Risikogruppe werden Empfehlungen ausgesprochen, welche Hygienemaßnahmen durchgeführt werden sollten.

Für Maßnahmen der Gruppe 1 sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich, für Maßnahmen der Gruppe 2 werden sterile Tupfer oder eine adäquate Sprühdesinfektion und teilweise sterile Handschuhe, eine sterile Abdeckung oder ein Mund-Nasen-Schutz empfohlen, allerdings nicht für alle Maßnahmen in dieser Gruppe. Die KRINKO weist außerdem darauf hin, dass bei ultraschallgesteuerten Interventionen, bei denen es zum Kontakt des Schallkopfes mit der Punktionsstelle oder der Biopsie-Nadel kommen kann, ein steriler Überzug für den Schallkopf verwendet werden muss [7].

Die European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB) unterscheidet in ihrer Leitlinie kleine Interventionen von großen Interventionen. Die Leitlinie konzentriert sich auf abdominelle Eingriffe und geht ebenfalls nicht im Speziellen auf die Mamma-Stanzbiopsie ein. Für sogenannte kleine Interventionen seien eine normale Hände- und Hautdesinfektion sowie das Tragen eines Kittels und steriler Handschuhe ausreichend. Für große Interventionen oder kleine Interventionen mit erhöhtem Infektionsrisiko sollten auch Maske und Haube verwendet werden. Es wird außerdem eine Hautdesinfektion analog einer Operation empfohlen. Für alle Interventionen sollten sterile Schallkopfüberzüge und steriles Ultraschallgel verwendet werden. Es wird Einweg-Biopsie-Material empfohlen [10].

In der Primärliteratur gibt es wenige Daten zu infektiösen Komplikationen nach Mamma-Stanzbiopsien. Eine große retrospektive Analyse untersuchte fast 13 000 Fälle auf postinterventionelle Infektionen nach einer Mamma-Stanzbiopsie, die ohne Schallkopfüberzug durchgeführt wurden. Das Biopsie-Gebiet wurde steril abgedeckt, es wurde außerdem steriles Gel benutzt. Infektionen waren in 0,11 % der Fälle dokumentiert worden. Alle Infektionen waren oberflächlich und konnten mit einer oralen Antibiose behandelt werden. Es wurde keine Sepsis dokumentiert, ebenso keine invasiven Folgeeingriffe oder stationäre Aufnahmen infolge einer infektiösen Komplikation nach einer Mamma-Stanzbiopsie [11]. Eine ältere retrospektive Analyse berichtete bei 1836 Biopsien nur von 1 oberflächlichen Infektion (entsprechend 0,05 %) [1]. Ein 2010 erstelltes Review, das die Effektivität von Stanzbiopsien mit der von offenen Biopsien vergleicht, gibt nach Stanzbiopsien der Mamma in 0,15 % behandlungsbedürftige Infektionen an, wobei Infektionen nicht prospektiv erfasst wurden [12]. Aufgrund dieser Datenlage ist das Infektionsrisiko bei der Stanzbiopsie der Brust als gering einzustufen.

Da weder in den Empfehlungen der KRINKO noch in den Leitlinien der EFSUMB konkret auf die Mamma-Stanzbiopsie eingegangen wird, war es das Ziel dieser Arbeit, die klinische Routine einer großen, repräsentativen Kohorte an sonografisch stanzbiopsierenden Ärzten abzufragen, um daraus in Kenntnis der oben skizzierten Literatur praktische Handlungsempfehlungen für die Durchführung der Mamma-Stanzbiopsie vorzuschlagen.


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Methoden

Um eine Einschätzung (Level-of-Evidence 5) zu erhalten, wurde von Mai bis Juli 2017 eine Onlineumfrage unter allen Mitgliedern des Arbeitskreises Mamma-Sonografie innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) durchgeführt. Alle Mitglieder der DEGUM-Stufen I bis III (ansteigende Qualifikationsniveaus) wurden dazu per Email eingeladen und erhielten eine einmalige Erinnerung. Die Teilnahme war anonym über einen Link möglich und dauerte etwa 3 Minuten.

Folgende Fragen wurden den Teilnehmenden gestellt:

  1. Welcher Zertifizierungsstatus trifft auf Sie zu?

  2. Wie viele Stanzbiopsien haben Sie persönlich in den vergangenen 5 Jahren insgesamt in etwa durchgeführt?

  3. Die KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert-Koch-Institutes) ordnet Interventionen folgenden Risikogruppen zu – welcher Risikogruppe würden Sie die sonografisch geführte Stanzbiopsie zuordnen? Anmerkung: Vergleiche [Tab. 1], die Definitionen der Risikogruppen wurde den Teilnehmenden bei dieser Frage vorangestellt.

  4. Wie wahrscheinlich kommt es Ihrer Erfahrung nach bei einem geübten Biopseur (> 50 Biopsien durchgeführt) zu einem Kontakt des Schallkopfes zum Trokar beziehungsweise der Biopsie-Nadel bei einer sonografisch geführten Stanzbiopsie?

  5. Wie hoch ist Ihrer Erfahrung nach die Rate therapiebedürftiger Infektionen pro 1000 sonografisch geführten Stanzbiopsien?

  6. Nutzen Sie sterile Handschuhe zur sonografisch geführten Stanzbiopsie?

  7. Nutzen Sie einen Mundschutz zur sonografisch geführten Stanzbiopsie?

  8. Desinfizieren Sie die Haut adäquat (Sprüh-Wisch-Sprühdesinfektion) vor der sonografisch geführten Stanzbiopsie?

  9. Decken Sie die Patientin im Bereich der Brust zur sonografisch geführten Stanzbiopsie steril mit Tüchern ab?

  10. Nutzen Sie einen steril eingepackten Schallkopf zur sonografisch geführten Stanzbiopsie?

  11. Benutzen Sie in der Mehrheit der Biopsien Einmalsysteme oder wiederverwendbare Systeme?

  12. Wenn Sie Mehrfachsysteme nutzen: Welche hygienische Aufbereitung des Geräts führen Sie regelhaft durch?

Statistische Auswertung

Diskrete Antworten und Merkmale wurden in absoluten und relativen Häufigkeiten angegeben, für numerische Antworten wurden Median und Quartile berechnet.

Es wurde außerdem ausgewertet, wie viele der genannten Hygienemaßnahmen (sterile Handschuhe, Mundschutz, Hautdesinfektion, steriles Tuch, steril eingepackter Schallkopf) von den Untersuchern durchgeführt werden. Dazu wurde ein „Hygiene-Score“ von 0 – 5 berechnet, der wie folgt gebildet wurde: Für jede Antwort mit ja aus den Fragen 6 – 10 erhielt der Teilnehmende 1 Punkt. Somit wurden mindestens 0 und höchsten 5 Punkte vergeben. Ein höherer Score entspricht damit einer höheren Anzahl an genutzten Hygienemaßnahmen.

Gruppenvergleiche zwischen den DEGUM-Stufen wurden für die Fragen 2 – 5 und den Hygiene-Score berechnet. Zusätzlich wurde der Hygiene-Score noch in Abhängigkeit der Risikoeinschätzung (Frage 3) auf Unterschiede untersucht.

Für die Gruppenvergleiche wurden zwischen diskreten Antworten Chi-Quadrat-Tests gerechnet, für Unterschiede zwischen numerischen Variablen wurden aufgrund von Verletzungen von Verteilungsannahmen nichtparametrische Kruskal-Wallis-Tests durchgeführt.

P-Werte kleiner als 0,05 wurden in einem deskriptiven Sinn als signifikant bezeichnet.


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Erarbeiten der Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen

Nach der Literaturrecherche und der Auswertung der Umfrage wurden die Ergebnisse im Rahmen einer Telefonkonferenz unter allen Mitgliedern der Stufe III des Arbeitskreises Mamma-Sonografie der DEGUM diskutiert und soweit möglich die unten aufgeführten Empfehlungen zur Anwendung von Hygienestandards bei der ultraschallgesteuerten Stanzbiopsie an der Mamma konsentiert.


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#

Ergebnisse

Die Teilnahmequote lag bei 41,6 % (277/666). Es wurden 33 Mitglieder der Stufe III inklusive der Stufe-II-Kursleiter eingeladen (Teilnahmerate 78,8 %), 178 Mitglieder der Stufe II (Teilnahmerate 60,1 %) sowie 455 Mitglieder der Stufe I (Teilnahmerate 29,5 %).

10 der Teilnehmenden führten die Umfrage nicht bis zum Ende durch und wurden daher aus der Auswertung gestrichen.

Die Ergebnisse der Umfrage werden in [Tab. 2] dargestellt.

Tab. 2

Umfrageergebnisse.

Frage

Antwort

Anzahl/

Median

Prozent (%) / Quartile (Q1; Q3)

Frage 1: Zertifizierungsstatus Teilnehmender

 

DEGUM I

134

50,19 %

 

DEGUM II

107

40,07 %

 

DEGUM IIK und DEGUM III

 26

 9,74 %

Frage 2: Anzahl Stanzbiopsien/5 Jahre

 

300

150; 600

Frage 3: Risikogruppe nach KRINKO

 

Gruppe 1

198

74,16 %

 

Gruppe 2

 58

21,72 %

 

Gruppe 3

 11

 4,12 %

Frage 4: Kontakt Schallkopf/Biopsie-Nadel

 

 

2 %

0 %; 5 %

Frage 5: Rate an Infektionen/1000 Biopsien

 

 

  1

0; 2

Frage 6: sterile Handschuhe

 

ja

146

54,68 %

 

nein

121

45,32 %

Frage 7: Mundschutz

 

ja

  5

 1,87 %

 

nein

262

98,13 %

Frage 8: Sprüh-Wisch-Sprüh-Desinfektion

 

ja

262

98,13 %

 

nein

  5

 1,87 %

Frage 9: sterile Tücher

 

ja

 37

13,86 %

 

nein

230

86,14 %

Frage 10: steril eingepackter Schallkopf

 

ja

 30

11,24 %

 

nein

237

88,76 %

Frage 11: Mehrfachsysteme

 

ja

146

54,68 %

 

nein

121

45,32 %

Frage 12: Aufbereitung (Frage von 146 Befragten beantwortet; vgl. Frage 11: Mehrfachsysteme = ja:146)

 

Desinfektion

102

70 %

 

Sterilisation

 54

37 %

 

Abwaschen

 41

28 %

134 der Teilnehmenden (entsprechend 50,19 %) waren Mitglieder der DEGUM-Stufe I, 107 (entsprechend 40,1 %) der DEGUM-Stufe II, 8 (entsprechend 3 %) der DEGUM-Stufe II Kursleiter und 18 (entsprechend 6,7 %) der DEGUM-Stufe III. Im Median hatten die Teilnehmenden in den letzten 5 Jahren 300 Stanzbiopsien durchgeführt.

74,2 % aller Teilnehmenden ordneten eine Mamma-Stanzbiopsie der Risikogruppe 1 gemäß KRINKO zu.

Die Wahrscheinlichkeit des Kontakts des Schallkopfes mit der Biopsie-Nadel beziehungsweise dem Trokar bei einem geübten Biopseur (> 50 Biopsien durchgeführt) wurde im Median mit 2 % angegeben. Die Rate therapiebedürftiger Infektionen nach einer Stanzbiopsie wurde auf 1 Promille geschätzt.

Die Teilnehmenden führen folgende Hygienemaßnahmen bei einer Stanzbiopsie durch:

54,7 % der Teilnehmenden nutzen sterile Handschuhe für die Biopsie, 1,9 % einen Mundschutz. Eine Sprüh-Wisch-Sprüh-Desinfektion wird von 98,1 % durchgeführt. 13,9 % decken die Brust mit einem sterilen Tuch ab und 11,2 % nutzen einen sterilen Schallkopfüberzug. 54,7 % (entspricht 146) nutzen für die Biopsie wiederverwendbare Biopsie-Systeme. Details sind [Tab. 2] zu entnehmen.

Der berechnete Hygiene-Score wird in [Tab. 3] dargestellt.

Tab. 3

Hygiene-Score: Anzahl der mit „ja“ beantworteten Fragen von Frage 6 – 10.

Hygiene-Score:

Anzahl

Prozent (%)

0

  3

 1 %

1

113

42 %

2

100

37 %

3

 38

14 %

4

 12

 4 %

5

  1

 0 %

Lediglich 1 % der Teilnehmenden nutzt keine der genannten Hygienemaßnahmen. Die meisten Biopseure führen 1 oder 2 Hygienemaßnahmen durch, wenige 3 oder 4 der genannten Maßnahmen.

Untersucher der DEGUM-Stufe I schreiben der Stanzbiopsie ein höheres Risiko zu als Untersucher der Stufe II und III, wobei Untersucher der Stufe II das geringste Risiko in einer Stanzbiopsie sehen (p = 0,351). Untersucher der DEGUM-Stufe I nutzen außerdem durchschnittlich signifikant mehr Hygienemaßnahmen (p = 0,014) (vergleiche [Abb. 1], [2]).

Zoom Image
Abb. 1 Zuordnung zu den Risikogruppen aufgeschlüsselt nach DEGUM-Stufen.

Fig. 1 Assignment to risk groups broken down by DEGUM level.
Zoom Image
Abb. 2 Hygiene-Score aufgeschlüsselt nach DEGUM-Stufen.

Fig. 2 Hygiene score broken down by DEGUM level.

Die Teilnehmenden höherer DEGUM-Stufen haben durchschnittlich signifikant mehr Stanzbiopsien durchgeführt (p-Wert< 0,001) und sie schätzen tendenziell die Kontaktwahrscheinlichkeit des Schallkopfes mit der Biopsie-Nadel geringer ein (p = 0,1782), ebenso die Gefahr behandlungsbedürftiger Infektionen (p = 0,003).

Teilnehmende, die die Stanzbiopsie der Risikogruppe 1 gemäß KRINKO zugeordnet hatten, nutzen insgesamt signifikant weniger Hygienemaßnahmen (Hygiene-Score: Median = 1,5; Q1 = 1; Q3 = 2) als diejenigen, die eine Zuordnung zu den Risikogruppen 2 (M = 2; Q1 = 1; Q3 = 3) oder 3 (M = 2; Q1 = 2; Q3 = 3) vorgenommen hatten (p < 0,001).


#

Diskussion

Mit dem Mehrstufenkonzept der DEGUM ist vor vielen Jahren ein qualitätsgesicherter Durchführungsstandard in der Sonografie geschaffen worden, der sich optimal für eine Erhebung eines Erfahrungswertes für den Hygienestandard bei Stanzbiopsien der Mamma eignet. Insgesamt hatten sich fast 42 % aller zertifizierten Mitglieder des Arbeitskreises Mamma-Sonografie, darunter über 60 % respektive 79 % der DEGUM-Stufen II und III inklusive II-Kursleitern an der Befragung beteiligt. Gerade die hohe Teilnahmerate letzterer, hoch qualifizierter Mitgliederstufen unterstreicht die Bedeutung des Themas und untermauert die Aussagekraft der Befragung.

Es erscheint plausibel, dass erfahrene Untersucher das Risiko der Stanzbiopsie eher geringer einschätzen. Sie haben signifikant mehr Stanzbiopsien durchgeführt und schätzen das Risiko eines Kontakts des Schallkopfes mit der Biopsie-Nadel tendenziell geringer ein, ebenso die Gefahr behandlungsbedürftiger Infektionen. Dies erklärt auch den niedrigeren Hygiene-Score in diesen Gruppen.

Der Großteil der Teilnehmenden ordnet die Stanzbiopsie der Mamma in die Risikogruppe 1 ein, analog zum Beispiel einer Blutentnahme. Dies spiegelt sich in den durchgeführten Hygienemaßnahmen wider. Die meisten führen eine Sprüh-Wisch-Sprüh-Desinfektion durch. Eine knappe Mehrheit verwendet auch sterile Handschuhe für die Biopsie. Beides sind schnell und vergleichsweise einfach durchführbare Maßnahmen. Dies ist vermutlich auch die Erklärung dafür, dass häufig sterile Handschuhe verwendet werden, obwohl eine deutliche Mehrheit der Teilnehmenden die Stanzbiopsie der Risikogruppe 1 zuordnet.

Auch wenn in Summe von einem Viertel die Stanzbiopsie der Mamma in die Risikogruppe 2 oder 3 eingeordnet wird, wird die Gefahr einer behandlungsbedürftigen Infektion als klinisch relevante Komplikation mit im Median 1 Promille als sehr gering eingeschätzt. Diese Einschätzung stimmt mit den vorliegenden empirischen Daten im Wesentlichen überein [1] [11] [12]. Da es sich hierbei allerdings um retrospektive Daten handelt, sind die durchgeführten Hygienemaßnahmen häufig nicht nachzuvollziehen. Es muss außerdem kritisch hinterfragt werden, ob alle aufgetretenen Infektionen in der Dokumentation erfasst und dem Biopseur bekannt waren. Es scheint aber wahrscheinlich, dass sich Patientinnen mit behandlungsbedürftigen oder schweren Infektionen regelhaft an den Biopseur wenden würden, auch wenn es zu dieser Hypothese keine belastbare Evidenz gibt. In der Analyse von Reisenauer et al. wurde über 9 Jahre 48 Stunden nach der Biopsie ein Telefoninterview durchgeführt, um mögliche Symptome zu erfragen. Aufgrund der sehr niedrigen Komplikationsrate wurden diese Interviews eingestellt [11].

Inwiefern eine behandlungsbedürftige Infektion sich tatsächlich durch die genannten Hygienemaßnahmen vermeiden lässt, bleibt ebenfalls spekulativ, da über die Punktionsstelle auch postinterventionell Infektionserreger eindringen könnten.

Die Stanzbiopsie der Mamma wird in den Risikogruppen gemäß KRINKO nicht genannt; daher können erforderliche Hygienemaßnahmen aus den Empfehlungen der KRINKO nicht unmittelbar abgeleitet werden. Die Mehrzahl der Teilnehmenden ordnet die Mamma-Stanzbiopsie der Risikogruppe 1 zu, was insofern plausibel erscheint, da eine Biopsie der Mamma als Hautanhangsgebilde, sofern sie korrekt durchgeführt wird, ein oberflächlicher Eingriff ohne Eröffnung von Körperhöhlen (wie zum Beispiel bei der Pleura-Punktion oder Aszites-Punktion) ist. Dies ist ein entscheidendes Einteilungskriterium der Risikoklassifizierung der KRINKO [7].

Allerdings sind in der Literatur auch schwere Komplikationen nach Stanzbiopsien der Mamma dokumentiert. So berichten Roque et al. von einer nekrotisierenden Infektion nach stanzbioptischer Sicherung eines Mammakarzinoms bei einer 80-jährigen Patientin. Über den Ablauf und durchgeführte Hygienemaßnahmen während der Biopsie sowie den Erreger werden keine Angaben gemacht [13]. Kasprowicz et al. beschreiben den Fall einer 48-jährigen Patientin, bei der nach stanzbioptischer Sicherung eines Phylloidestumors eine über Monate chronische Mastitis ohne Erregernachweis auftrat, sodass die Patientin sich schließlich zur beidseitigen Mastektomie entschied [14]. Flandrin et al. berichten von einer nekrotisierenden Fasziitis nach einer Biopsie an der Mamma [15]. Da der Aspekt „in der Literatur dokumentierte, schwerwiegende Infektionsfolgen beim (seltenen) Eintritt einer Infektion“ ein Definitionsaspekt der Risikogruppe 2 ist, könnte man die Stanzbiopsie damit maximal in die Risikogruppe 2 einstufen; wir halten dies aufgrund des extrem seltenen Eintritts einer Infektion und des noch viel selteneren Eintritts schwerwiegender Infektionsfolgen für inadäquat.

Es erscheint in der Zusammenschau aus vorliegender Evidenz, Leitlinien und der Expertenbefragung sinnvoll, eine adäquate Hautdesinfektion durchzuführen, um das insgesamt niedrige Infektionsrisiko so weit wie möglich weiter zu minimieren. Davon ausgehend, dass Infektionen nach Mamma-Stanzbiopsien nur im niedrigen Promillebereich vorkommen, stellt sich die Frage, welche weiteren Maßnahmen darüber hinaus regelhaft gerechtfertigt sind, um eine Infektion zu vermeiden. Ein steriler Schallkopfüberzug reduziert beispielsweise die Infektionswahrscheinlichkeit nur fraglich. So geben Reisenauer et al. auch nach Biopsien ohne Schallkopfüberzug eine Infektionswahrscheinlichkeit von nur 0,11 % an [11]. Die Wahrscheinlichkeit des Kontakts des Schallkopfes mit der Biopsie-Nadel wird von den Teilnehmenden dieser Befragung im Median auf nur 2 % geschätzt. Der Einsatz eines Schallkopfüberzugs verkompliziert den Ablauf der Biopsie und verbraucht darüber hinaus unnötig personelle und materielle Ressourcen. Laut KRINKO wäre dies zudem nur dann erforderlich, wenn der Schallkopf die Punktionsstel­le berührt oder mit der Punktionsnadel in Kontakt kommen kann [7].

Eine Infektion der Mamma ist außerdem darüber hinaus, abgesehen von in der Literatur dokumentierten Einzelfällen, in der Regel mit einer oralen Antibiose unkompliziert zu behandeln.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass jede Institution, wie von der KRINKO gefordert und im § 36 des Infektionsschutzgesetztes festgehalten, einen Hygieneplan für die Durchführung von Interventionen erstellen muss [16]. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass der Einsatz von wiederverwendbaren Systemen bei der Biopsie nur dann zulässig ist, wenn diese entsprechend den Herstellerangaben mit einem validierten Verfahren aufbereitet werden [6]. Hinsichtlich der Aufbereitung des Ultraschallkopfes sind die „DEGUM-Empfehlungen zur Hygiene in der Sonografie und Endosonografie“ zu beachten [17].

Auf Basis der vorliegenden Datenanalyse einer Umfrage von Experten der Stufe I–III des Arbeitskreises Mamma-Sonografie der DEGUM sowie in Kenntnis der empirischen Evidenz haben die DEGUM-Mitglieder der Stufe 3 für die sonografisch gesteuerte Mamma-Stanzbiopsie unter Beachtung der allgemeinen KRINKO-Empfehlungen folgende Schlussfolgerungen konsentiert:

  • Adäquate Hautdesinfektion entweder als Sprühdesinfektion oder als Sprüh-Wisch-Sprüh-Desinfektion unter Verwendung eines sterilen Tupfers.

  • Hygienische Händedesinfektion sowie Nutzung von Handschuhen.

  • Adäquate Reinigung und Desinfektion des Ultraschallkopfes.

  • Nutzen eines sterilen Kontaktmediums.

  • Ein steriler Schallkopfüberzug ist regelhaft nicht erforderlich, da ein Kontakt des Schallkopfes mit der Punktionsstelle oder der Biopsie-Nadel und eine hierdurch begründete Infektion extrem unwahrscheinlich ist.

Diese Empfehlung wurde unter allen Mitgliedern der Stufe III des Arbeitskreises Mamma-Sonografie der DEGUM diskutiert und konsentiert. Bezüglich der Wahl der Handschuhe konnte aufgrund der uneindeutigen Umfrageergebnisse und fehlenden Datenlage kein Konsens erreicht werden, sodass hierzu keine differenzierte Empfehlung ausgesprochen werden kann und dieser Punkt offenbleiben muss.


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Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Fig. 1 Assignment to risk groups broken down by DEGUM level.
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Fig. 2 Hygiene score broken down by DEGUM level.
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Abb. 1 Zuordnung zu den Risikogruppen aufgeschlüsselt nach DEGUM-Stufen.

Fig. 1 Assignment to risk groups broken down by DEGUM level.
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Abb. 2 Hygiene-Score aufgeschlüsselt nach DEGUM-Stufen.

Fig. 2 Hygiene score broken down by DEGUM level.