Schlüsselwörter
peripartale Kardiomyopathie - PPCM - Schwangerschaft - angeborene Herzfehler
Einleitung
Kardiomyopathien sind nach einem Positionspapier der Europäischen Gesellschaft für
Kardiologie als Myokarderkrankungen definiert, die durch strukturelle oder funktionelle
Einschränkungen des Myokards bei gleichzeitiger Abwesenheit einer koronaren Herzerkrankung,
eines Bluthochdrucks, einer Klappenerkrankung oder angeborenen kardialen Erkrankung,
welche die Dysfunktion erklären könnten, gekennzeichnet sind [1]. Anhand ihrer spezifischen morphologischen und funktionellen Phänotypen werden die
Kardiomyopathien in hypertrophe, dilatative, arrhythmogene und restriktive Formen
unterteilt, die jeweils durch echokardiografische Diagnostik in der klinischen Praxis
gut identifizierbar sind. Jeder Form oder Entität kann eine potenziell bekannte, häufig
monogenetische Veränderung als familiäre Form zugrunde liegen; sie kann aber auch
andere, nicht familiäre, nicht genetische Ursachen haben.
Die dilatative Kardiomyopathie ist dabei durch eine Dilatation des linken Ventrikels
mit gleichzeitiger Funktionseinschränkung gekennzeichnet, wobei in ca. 25% aller Patienten
eine familiäre Form, meist bedingt durch autosomal-dominante Mutationen in Genen der
Proteine des Zytoskeletts, des Sarkomers, der Kernmembran oder der Glanzstreifen,
nachgewiesen werden kann. Nicht familiäre Formen können durch Mangelernährung, infektiöse,
autoimmune oder toxische Ursachen (Alkohol und Chemotherapeutika) hervorgerufen sein.
Im Jahr 2008 wurde von Elliot et al. die Schwangerschafts- oder peripartale Kardiomyopathie
(PPCM) als eigenständige idiopathische, nicht familiäre und nicht genetische Kardiomyopathie
klassifiziert. Sie ist damit eine Kardiomyopathie, die durch eine linksventrikuläre
systolische Dysfunktion (< 45%) charakterisiert ist, die am Ende der Schwangerschaft
oder in den der Geburt folgenden Monaten auftritt [2], [3]. Eine linksventrikuläre Dilatation kann, muss aber nicht gleichzeitig nachweisbar
sein, wohingegen andere Ursachen einer kardialen Dysfunktion ausgeschlossen sein müssen
und ein zeitlicher Zusammenhang zu einer Schwangerschaft bestehen muss. Damit ist
die Diagnose einer Schwangerschaftskardiomyopathie eine Ausschlussdiagnose.
Durch die Fortschritte in der Behandlung angeborener Herzfehler erreicht eine große
Anzahl an Frauen auch mit komplexen angeborenen Herzfehlern das gebärfähige Alter.
Mittlerweile stellen kongenitale Vitia mit mehr als 60 – 80% den größten Anteil an
Schwangeren mit strukturellen Herzerkrankungen [4]. Kongenitale Vitia repräsentieren eine inhomogene Gruppe mit einfachen Defekten
mit geringem schwangerschaftassoziiertem Risiko und komplexen Läsionen mit bedeutsamer
Komplikationsrate [4], [5], [6], [7], [8], [9], [10], [11]. Zu den fetalen Komplikationen gehören neben einer erhöhten Abortrate, Früh- und
Mangelgeburtlichkeit ein erhöhtes Risiko kardialer Fehlbildungen. In Abhängigkeit
von der zugrunde liegenden Erkrankung liegt das kardiale Fehlbildungsrisiko zwischen
2,5 bis 50%.
Das mütterliche Risiko umfasst hauptsächlich Rhythmusstörungen, eine progrediente
Herzinsuffizienz, thrombembolische Komplikationen und bei Aortopathien das Risiko
von Gefäßdissektionen. Kohortenstudien berichten über ein geringes Mortalitätsrisiko
von < 1% [9]. Allerdings wurde in diesen Studien nur ein kleiner Prozentsatz von Patientinnen
mit Hochrisikokonstellationen eingeschlossen, sodass insbesondere bei diesen Patientinnen
die Risiken einer Schwangerschaft und Entbindung unterschätzt werden können.
Peripartale Kardiomyopathie (PPCM)
Peripartale Kardiomyopathie (PPCM)
Schwangerschaftsassoziierte Erkrankungen des kardiovaskulären Systems betreffen bis
zu 10% aller Schwangerschaften mit zunehmender Inzidenz. Die zunehmende Adipositas
in der Bevölkerung, höheres Alter der Mütter und vermehrt Mehrlingsschwangerschaften
scheinen diesen Trend zu begünstigen. Kardiomyopathien in der Schwangerschaft und
in der peripartalen Phase gehören, neben Blutungskomplikationen, auch heute noch zu
den häufigsten Ursachen der peripartalen Morbidität und Mortalität. Die peripartale
Kardiomyopathie (PPCM), eine Herzschwäche, die kurz vor oder nach einer Geburt sowohl
akut als auch schleichend auftreten kann, stellt dabei ein hohes Risiko für eine nachhaltig
gesundheitliche Schädigung der jungen Mutter bis hin zum Tod dar [2], [12], [13].
Inzidenz
Die Häufigkeit der PPCM wird weltweit auf ca. 1 : 1000 Schwangerschaften geschätzt.
In Deutschland gibt es keine verlässlichen Zahlen, aber Schätzungen gehen von einer
Prävalenz von 1 : 1500 – 2000 Geburten aus [12]. Die PPCM wird über eine Ausschlussdiagnose definiert; im Positionspapier der European
Society of Cardiology aus diesem Jahr, nachzuschlagen unter www.escardio.org
[2], lautet die Definition: „Eine PPCM ist eine idiopathische Kardiomyopathie, die im
letzten Monat der Schwangerschaft oder den Folgemonaten nach Entbindung oder Abbruch
der Schwangerschaft bei zuvor herzgesunden Frauen auftritt“. Als einziges Diagnosekriterium
gilt dabei eine echokardiografische oder über MRT bestimmte linksventrikuläre Auswurfsfraktion
(LVEF), die unter ≤ 45% liegen sollte [2]. Angeborene oder zuvor diagnostizierte Herzerkrankungen, wie chemotherapieinduzierte
Myokarditis, genetisch bedingte Kardiomyopathien oder bekannte dilatative Kardiomyopathien,
schließen eine PPCM aus.
Risikofaktoren
Bis heute ist die Ethiologie der PPCM weitgehend unbekannt. Es wurden in den letzten
Jahren aber eine Reihe von Risikofaktoren identifiziert. Darunter sind z. B. schwangerschaftsassoziierte,
hypertensive Erkrankungen (Präeklampsie, HELLP-Syndrom), die bei fast 50% der PPCM-Patientinnen
in Deutschland festgestellt wurden. Aber auch Mehrlingsschwangerschaften, Multiparität
und Schwangerschaften im höheren Lebensalter, Tokolyse und afrikanische und afroamerikanische
Herkunft scheinen mit einem erhöhten PPCM-Risiko einherzugehen [12], [13], [14].
Diagnosestellung
Für eine gute Heilungschance ist eine frühe Diagnosestellung existenziell. Erschwerend
für die Diagnosestellung einer PPCM ist die Tatsache, dass Symptome häufig nicht eindeutig
sind und zum Teil schwer von normalen Schwangerschaftsbeschwerden, z. B. Ödemen, Kurzatmigkeit
und Antriebslosigkeit, zu unterscheiden sind [2], [15]. Auch das EKG ist oftmals unauffällig. Unspezifische thorakale Beschwerden, Palpitationen,
Nykturie und Übelkeit oder im Rahmen eines kardiogenen Schocks Lungenödeme mit Ortho-
und Tachypnoe sowie Unruhe und Agitation sind ebenfalls möglich. Verzögerte Diagnose
und damit Therapiebeginn tragen aber wesentlich zu langfristiger Morbidität und Mortalität
bei. Dazu kommt, dass Spontanheilungen bei leichteren Verläufen häufig sind, das Risiko
aber, bei einer weiteren Schwangerschaft ein Rezidiv mit einem schweren Krankheitsverlauf
zu erleiden, deutlich zunimmt [12], [16], [17]. Im Rahmen der Diagnosestellung ist es wichtig, auch Biomarker der Herzschädigung/des
Herzversagens zu bestimmen. Neben der empfohlenen transthorakalen Echokardiografie
hat sich hier die laborchemische Bestimmung der natriuretischen Peptide (BNP oder
NT-proBNP) bereits bei Verdacht auf eine (schwangerschaftsassoziierte) Herzinsuffizienz
als richtungsweisend erwiesen und sollte im Verdachtsfall frühzeitig vorgenommen werden
[18]. Eine Troponin-T- (oder Troponin-I-)Messung neben der Bestimmung von Entzündungsparametern
(CRP, PCT, Leukozytenzahl) hilft, die Unterscheidung bspw. zu Herzmuskelentzündungen
herzustellen. Für eine Differenzialdiagnose sollte neben der echokardiografischen
Verlaufsdiagnostik eine Kardio-Magnetresonanztomografie-(MRT-)Bildgebung durchgeführt
werden. Ein 12-Kanal-Elektrokardiogramm ist ebenfalls empfohlen, um mögliche Veränderungen
und ein erhöhtes Risiko für ventrikuläre Herzrhythmusstörungen frühzeitig festzustellen.
Pathogenese
Die Pathogenese der PPCM ist nicht komplett verstanden. Diskutiert wurde unter anderem,
dass es sich um eine Gefäßerkrankung, getriggert durch das hormonelle Milieu und oxidativen
Stress in der späten Schwangerschaft bzw. der frühen Phase nach Entbindung handeln
könnte. Unklar ist allerdings weiterhin, warum nur ein kleiner Teil der Schwangeren
überhaupt Symptome der PPCM entwickelt. In Anlehnung an die Ätiologie der dilatativen
Kardiomyopathie wurden auch inflammatorische oder genetische Faktoren in der Pathogenese
der PPCM postuliert, Biopsieuntersuchungen aus dem Herzmuskel ergaben allerdings nur
wenig richtungsweisenden Befunde. Einzig eine genetische Untersuchung in einer Studienpopulation
von 172 Patientinnen mit PPCM zu Mutationen in Proteinen, die mit dilatativer Kardiomyopathie
assoziiert sind, lässt eine genetische Prädisposition in 15% der Patientinnen vermuten,
die mehrheitlich Veränderungen in einem Strukturprotein namens Titin betreffen [15]. Es ist aber mit Sicherheit davon auszugehen, dass weitere exogene und/oder genetische
Faktoren an der Entstehung der PPCM beteiligt sind, da Patienten mit PPCM und Veränderungen
im Titin-Gen zu einem früheren Zeitpunkt erkranken, als Patientinnen mit dilatativer
Kardiomyopathie, und sehr viel häufiger im Verlauf wieder eine normale linksventrikuläre
Funktion aufweisen. Grundsätzlich jedoch erholt sich die linksventrikuläre Funktion
bei Patienten mit PPCM in den meisten Fällen, wobei eine Mortalität von 5 – 10% beschrieben
ist [16]. Infektionskrankheiten, Virusmyokarditiden, Autoimmunphänomene oder ein großer Blutverlust
bei der Geburt werden als möglich weitere Ursachen diskutiert [12], [13], [14].
Experimentelle Arbeiten zeigten, dass ein erhöhter peripartaler oxidativer Stress
zu einer Spaltung des Stillhormons Prolaktin in ein N-terminales 16-kDa-Prolaktin-Fragment
(auch Vasoinhibin genannt) führt, welches dann primär das Gefäßsystem endogen schädigt
und zwar durch vasotoxische, proinflammatorische und proapoptotische Effekte [19]. Als Therapie wurde in einem Mausmodell für PPCM die Wirksamkeit von Bromocriptin,
einem Blocker der Prolaktinausschüttung, erfolgreich getestet [19]. Da Bromocriptin seit Langem in der Klinik als Medikament zum Abstillen eingesetzt
wurde, folgten mehrere Heilversuche und eine Pilotstudie mit südafrikanischen Patientinnen,
die alle sehr vielversprechende Ergebnisse zeigten [3]. Eine von uns initiierte randomisierte multizentrische Studie zur Dosisfindung wurde
dann vom BMBF gefördert und letztes Jahr publiziert [20]. Hier hat sich gezeigt, dass neben der Herzinsuffizienztherapie (Betablocker, ACE-Inhibitoren)
als Basistherapie eine Woche Bromocriptin in einer Dosierung von mindestens 2,5 mg
p. o. und einer Thromboseprophylaxe ausreichend war, um einen Großteil der Patientinnen
zu heilen, respektive die hohe Morbidität und Mortalität drastisch zu reduzieren.
Dieses Behandlungskonzept wurde als sog. BOARD-Behandlungsschema (Bromocriptine, Oral heart failure therapies, Anticoagulation, vasoRelaxing agents, and Diuretics) in die aktuellen Leitlinien übernommen [21]. Wichtig ist, dass dieses Behandlungskonzept nur nach Entbindung angewendet werden
kann. Bei Patientinnen, die im letzten Monat der Schwangerschaft symptomatisch werden,
sollte möglichst schnell die Entbindung erfolgen, wobei ein interdisziplinäres Team
aus Geburtsmedizinern, Anästhesisten, Kardiologen, Herzchirurgen und Neonatologen
vor Ort sein sollte. Nach der Entbindung sollte in Abhängigkeit der hämodynamischen
Stabilität der Patientin mit dem BOARD-Regime begonnen werden.
Therapie
Bei früher Diagnosestellung und leitliniengerechter Therapie erholen sich über 60%
der Patientinnen innerhalb der ersten 12 Monate komplett und weitere 47% teilweise
(d. h. Verbesserung der linksventrikulären Pumpfunktion [Linksherzpumpfunktion, left
ventricular ejection fraction, LV-EF] um mindestens 10% und mindestens eine Herzinsuffizienzklasse
[New York Heart Association, NYHA-Klasse]) und nur ca. 3% bleiben im Herzversagen
[20]. Auch wenn diese Patientinnen sich klinisch und auch echokardiografisch erholen,
bleibt leider ein langfristig erhöhtes Risiko für einen sog. plötzlichen Herztod bestehen,
sodass auch bei komplett erholter Herzfunktion bei Hochrisikopatientinnen sog. Defibrillatorwesten
oder eventuell auch implantierbare Defibrillatoraggregate sog., ICD, erwogen werden
müssen [22].
Von vitaler Bedeutung während der Intensivbehandlung ist, dass die häufig angewendeten
Stresshormone (Adrenalin, Dobutamin) für die Intensivtherapie nicht eingesetzt werden,
da diese den Patientinnen schaden und sogar eine irreversible terminale Herzschädigung
verursachen können [23].
Weitere Schwangerschaften
Weitere Schwangerschaften sind mit einem hohen Risiko für ein Rezidiv verbunden und
die Patientinnen sollten dahingehend beraten werden [16]. Eine Folgeschwangerschaft ist jedoch nicht unmöglich, Patientinnen müssen aber
engmaschig betreut werden und die Entbindung sollte in einem erfahrenen Zentrum mit
interdisziplinärer Zusammenarbeit von Kardiologie, Anästhesie, Neonatologie und Gynäkologie/Geburtshilfe
erfolgen [17]. Die Empfehlungen für die Medikation für weitere geplante Schwangerschaften richtet
sich nach den Leitlinien [24]. Wichtig ist, dass ACE-Hemmer während der ersten 3 Monate aufgrund ihrer teratogenen
Wirkung kontraindiziert sind, im weiteren Verlauf der Schwangerschaft zwar keine First-Line-Therapie
darstellen, aber eingesetzt werden können. Die sog. AT-Antagonisten (Angiotensin-II-Typ-1-Rezeptor-Antagonisten),
Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten oder Ivabradin sind während der Schwangerschaft
und Stillzeit kontraindiziert. Daher ist vor Eintreten einer erneuten Schwangerschaft
das Ausschleichen und letztlich Absetzen dieser Medikation erforderlich. Betablocker
(in der Schwangerschaft ist in Deutschland lediglich Metoprolol zugelassen) dürfen
und sollten auch während der Schwangerschaft fortgeführt werden. Diuretika sind restriktiv
und nur bei eindeutiger Indikation (deutliche Flüssigkeitsretention, pulmonale Stauung)
einzusetzen, eine pro-diabetogene Wirkung ist für sog. Thiaziddiuretika beschrieben.
Aufgrund eines Einflusses auf die Plazentadurchblutung und mögliche Entwicklung eines
Oligohydramnions ist die Dosierung anzupassen. Bei einer ungeplanten Schwangerschaft
sollten die kontraindizierten Medikamente sofort abgesetzt werden, da sie den Embryo
schädigen können. Eine kardiologische Vorstellung mit echokardiografischen Kontrollen,
klinischer Untersuchung und Bestimmung der natriuretischen Peptide ist erstmalig bei
der Feststellung der Schwangerschaft empfohlen, ab der 20. Schwangerschaftswoche im
4-wöchigem Intervall, sowie folgend ab der 30. Schwangerschaftswoche in 2-wöchigen
Intervallen. In diesem Rahmen ist zudem eine engmaschige gynäkologische und geburtshilfliche
Vorstellung zur frühzeitigen Detektion von potenziellen Schwangerschaftskomplikationen
empfehlenswert. Ein enges Monitoring (Echo, eventuell sogar wöchentlich) in den letzten
2 Schwangerschaftsmonaten ist notwendig, um bei einer klinischen Verschlechterung
die Entbindung einzuleiten. Die Entbindung sollte in einem erfahrenen Zentrum in interdisziplinärer
Zusammenarbeit zwischen Kardiologie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Anästhesie und Neonatologie
durchgeführt werden. Abhängig von der Klinik, der LV-EF (Linksherzpumpfunktion, left
ventricular ejection fraction) sowie den Begleiterkrankungen ist in diesem Rahmen
auch die Geburtsmodalität zu diskutieren (vaginale Entbindung versus Sectio). Bei
stabilen Patientinnen ist eine vaginale Entbindung möglich, bei befürchteten kardiologischen
Komplikationen sollte ein elektiver Kaiserschnitt mit der Patientin diskutiert werden.
Nach der Entbindung ist ein medikamentöses Abstillen mittels Bromocriptin empfohlen
sowie eine Wiederaufnahme der oralen Herzinsuffizienzmedikation, unabhängig von den
klinischen Beschwerden und der LVEF. Eine ambulante kardiologische Untersuchung nach
Entbindung ist engmaschig zu empfehlen [25].
Langzeitmanagement
Für das Langzeitmanagement von PPCM-Patientinnen ist es wichtig, dass eine jährliche
Kontrolle erfolgt, bei der auch die Medikamente überprüft und bei Bedarf angepasst
werden. Es sollte auf jeden Fall auch eine Beratung zur Familienplanung und Verhütung
erfolgen. Für die Verhütung sollten hormonfreie Methoden vorgeschlagen werden (Kupferspirale,
Kondome), wobei auch die levonorgestrelhaltige Hormonspirale oder ein desogestrelhaltiges,
orales Monopräparat bei Frauen mit Herzinsuffizienz möglich sein können. Im Gegensatz
dazu sollte explizit von östrogenhaltigen Präparaten abgeraten werden, da es potenziell
negative Interaktionen mit der Herzinsuffizienztherapie geben kann und eine erhöhte
Thrombosegefahr besteht.
Kongenitale Vitia in der Schwangerschaft
Kongenitale Vitia in der Schwangerschaft
Schwangerschaftsbetreuung
Patientinnen mit angeborenen Herzfehlern benötigen vor einer Schwangerschaft eine
individuelle Beratung über mütterliche und kindliche Risiken. Dies ermöglicht die
Therapie behandlungsbedürftiger kardialer Läsionen vor einer Schwangerschaft. Das
Bestehen einer Hochrisikokonstellation sollte der Patientin bekannt sein, damit sie
sich gegebenenfalls gegen eine Schwangerschaft entscheiden kann. Andererseits müssen
ihr die medizinischen Konsequenzen inklusive der engmaschigen notwendigen Kontrollen
während einer Schwangerschaft bewusst sein.
Bei unkomplizierten angeborenen Herzfehlern ist oftmals eine einmalige kardiologische
Vorstellung zur Erfassung des kardialen Status ausreichend, bei allen anderen Patientinnen
erfolgt eine klinische Visite pro Trimenon. Bei Hochrisikokonstellationen sind in
Abhängigkeit vom Risikoprofil und dem klinischen Bild bei zunehmender hämodynamischer
Belastung ab der 18. – 20. Schwangerschaftswoche Visiten im Abstand von 1 – 4 Wochen
erforderlich. Eine Organscreeningsonografie des Kindes sollte bei allen Schwangeren
in der 20. – 24. Woche vorgehalten werden.
Schwangerschaften mit bedeutsamen kardialen Risiken und insbesondere bei Hochrisikokonstellation
benötigen eine Anbindung an ein Haus der Maximalversorgung mit Expertise in der Behandlung
von angeborenen Herzfehlern. Erforderlich ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit,
die von Anfang an eine gemeinsame kardiologische und gynäkologische Betreuung beinhaltet.
Die individuelle Risikoeinschätzung basiert auf dem zugrunde liegenden Vitium, den
kardialen Läsionen und der klinischen Symptomatik [9], [11], [24], [25]. Bei der Einschätzung der Gesamtsituation kann der Biomarker NT-proBNP zusätzliche
wertvolle Informationen liefern, da ein NT-pro BNP < 128 pg/ml in der 20. Schwangerschaftswoche
als unabhängiger Prädiktor kardialer Komplikationen detektiert wurde.
Prävention von Komplikationen
Patientinnen mit angeborenen Herzfehlern weisen in bis zu 60% der Fälle ein postthrombotisches
Syndrom auf, was den Einsatz von Kompressionsstrümpfen erfordert [26], [27], [28]. Auch sollte eine Eisenmangelanämie frühzeitig behandelt werden (Hb < 11,5 g/dl).
Kardiale Läsionen wie eine schwere Aorten- oder Mitralstenose, native Aortenisthmusstenose
und signifikante Aneurysmata der Aorta bei Aortopathien sollten vor einer Schwangerschaft
interventionell oder operativ behandelt werden.
Eine Behandlung einer arteriellen Hypertonie ist essenziell, um das Risiko aortaler
Komplikationen zu verringern; angestrebt werden sollte ein mittlerer RR von weniger
als 120 – 130 mmHg im Mittel, Blutdruckspitzen sollten vermieden werden. Eine Betablockertherapie
wird beim Marfan-Syndrom als Basistherapie erachtet.
Kardiale Komplikationen
Die am häufigsten auftretenden Komplikationen umfassen Rhythmusstörungen, eine progrediente
Herzinsuffizienzsymptomatik und thrombembolische Komplikationen.
Tachykarde supraventrikuläre Rhythmusstörungen erfordern eine baldige Terminierung,
da bei anhaltenden Tachykardien eine progrediente Herzinsuffizienzsymptomatik mit
Ventrikelfunktionsverschlechterung möglich ist. In Abhängigkeit vom bestehenden Befund
sind im weiteren Verlauf eine Betablockertherapie als Prophylaxe und eine intermittierende
oder dauerhafte Antikoagulation erforderlich [24]. Wenn keine Spontankonversion in den Sinusrhythmus oder aber eine hämodynamische
Instabilität besteht, ist eine Kardioversion indiziert. Zum Ausschluss einer intrakardialen
Thrombusbildung ist bei länger andauernder supraventrikulärer Tachykardie eine Ösophagusechokardiografie
erforderlich. Dies erfordert eine ausreichende Phase der Nahrungskarenz aufgrund der
verzögerten Magenentleerung während der Schwangerschaft.
Digitalisglykoside und Adenosin können während der Schwangerschaft ohne Bedenken eingesetzt
werden. Für spezifische Antiarrhythmika (Chinidin, Procainid, Flecainid, Sotalol)
ist die Datenlage schwach, signifikante teratogene Risiken sind nicht bekannt. Der
Einsatz von Amiodaron erfordert die Kontrolle der Schilddrüsenfunktion [11].
Bei auftretender Herzinsuffizienzsymptomatik ist als Initialtherapie eine Betablockertherapie
zu empfehlen. Eine Eskalation der Therapie mit Diuretika (Hydrochlorothiazid, Furosemid,
Spironolacton) ist bei auftretenden kardialen Ödemen/Lungenstauung erforderlich. Auch
wenn fetale Nebenwirkungen (Bradykardien, reduziertes Fetenwachstum, Bradykardien)
möglich sind, sollte bei entsprechender Indikation den Schwangeren diese Medikation
nicht vorenthalten, sondern der fetale Status kontrolliert werden, denn eine Verbesserung
der Herzinsuffizienzsymptomatik mit Optimierung der mütterlichen Hämodynamik verbessert
die Entwicklung und die Überlebenswahrscheinlichkeit des Feten. Bei progredienter
Herzinsuffizienz ist eine interdisziplinäre Festlegung des weiteren Vorgehens notwendig
[15].
Eine Klappenthrombose bei mechanischem Klappenersatz stellt eine lebensbedrohliche
Komplikation dar. Derzeit gibt es kein allgemein anerkanntes Therapiekonzept der Antikoagulation
während einer Schwangerschaft [6]. Zum Einsatz gelangen Vitamin-K-Antagonisten (unter Berücksichtigung einer Höchstdosis)
und fraktionierte Heparine, wobei engmaschige Kontrollen des Anti-Xa-Spiegels unerlässlich
sind (angestrebtes Ziel 0,6 – 1,2 IE/ml in Abhängigkeit vom Klappentyp/Risikokonstellation)
[6], [24]. Die Antikoagulation ist in diesem Fall ein Balanceakt zwischen Vermeidung einer
Thrombose, Blutungskomplikationen und fetalen Fehlbildungsrisiken. Das Risiko von
Klappenthrombosen ist höher unter Heparintherapie, das fetale Fehlbildungsrisiko geringer.
Bei auftretender Klappenthrombose ist eine stationäre Aufnahme unabdingbar. Initial
kann eine i. v. Heparintherapie (Ziel-PTT 60 – 80 s) versucht werden. Bei ausbleibendem
Erfolg oder hämodynamischer Instabilität sind eine Lysetherapie oder aber auch ein
chirurgische Klappenersatz erforderlich.
Aortendissektionen treten peripartal bei Aortopathien bspw. beim Marfan-Syndrom auf.
Bikuspide Aortenklappen (erhöhtes Risiko: Aortendiameter > 50 mm) und das Marfan-Syndrom
(erhöhtes Risiko Aortendiameter > 45 mm) repräsentieren die häufigsten kongenitalen
Erkrankungen, die mit dieser Komplikation einhergehen. Zu beachten ist, dass das Dissektionsrisiko
nicht nur auf die Phase der Geburt beschränkt ist, sondern auch noch postpartal 1
Woche deutlich erhöht ist.
Eine fixierte schwere pulmonale Hypertonie beim Eisenmenger-Syndrom ist nach wie vor
mit einer hohen mütterlichen Morbidität und Mortalität vergesellschaftet. Als spezifische
Therapie ist eine Medikation mit Phosphodiesterase-5-Hemmern/Prostazyklinen zugelassen.
Das Management dieser Patienten erfordert von Beginn an eine enge disziplinäre Zusammenarbeit.
Die hämodynamische Belastung wird bereits im II. Trimenon schlecht toleriert, was
zur plazentaren Minderdurchblutung führt. Darüber hinaus ist eine Sättigung von weniger
als 90% mit einer hohen frühen Abortrate vergesellschaftet.
Beim Auftreten einer kardialen Verschlechterung sollte frühzeitig eine Lungenreifung
eingeleitet und eine Sectio geplant werden.
Entbindung
Bei den meisten Schwangerschaften ist eine transvaginale Entbindung in Periduralanästhesie
und ggf. verkürzter Austreibungsphase möglich. Aus kardiologischer Sicht sollte eine
primäre Planung einer Sectio auf Hochrisikokonstellationen beschränkt werden. Dies
betrifft Patientinnen, die nicht in der Lage sind, die bis zu 60%ige Steigerung des
Herz-Zeit-Volumens im Rahmen der Wehentätigkeit zu bewältigen oder aber auch Aortenaneurysmata
mit hohem Dissektionsrisiko. Bei hämodynamischer Instabilität oder schwer eingeschränkter
Ventrikelfunktion ist der Einsatz einer ECLS-Therapie frühzeitig zu erwägen.
Zusammenfassung
PPCM ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die bei zuvor herzgesunden Frauen auftritt.
Da die Symptome nicht eindeutig von anderen schwangerschaftsbedingten Affektionen
oder auch Infektionskrankheiten zu unterscheiden sind, sollte bei Verdachtsfällen
immer eine kardiologische Abklärung mit einer Echokardiografie durchgeführt werden.
Als diagnostischer Marker eignet sich das NT-proBNP, während die klassischen Herzenzyme
keine richtungsweisende Diagnose für eine PPCM erlauben [12], [24]. Danach sollte möglichst schnell mit einer leitliniengerechten Herzinsuffizienztherapie
begonnen werden [21]. Intensivpflichtige Patientinnen oder rapid-progrediente Krankheitsverläufe mit
kardiogenem Schock sollten frühzeitig an erfahrene Zentren verlegt werden, die Herzunterstützungssysteme
(extracorporal life support ECLS) anbieten können. Hierzu können bspw. zentrale Bettenvergabeprogramme
wie das in Hessen eingesetzte IVENA verwendet werden. Am Uniklinikum in Marburg werden
diese Patientinnen interdisziplinär-intensivmedizinisch in der ECLS-Unit der kardiologischen
Intensivstation versorgt. Da die PPCM zwar eine recht gute Erholungsrate hat, aber
auch mit nachhaltig erhöhten Risiken für Rezidive, insbesondere bei Folgeschwangerschaften,
und einem erhöhten Risiko für plötzlichen Herztod verbunden ist, sollte nach einer
PPCM eine engmaschige kardiologische Kontrolle und ggf. eine Defibrillatorimplantation
erfolgen.
Bei den meisten Patientinnen mit angeborenen Herzfehlern sind Schwangerschaften komplikationslos
möglich. Erforderlich ist eine individuelle Risikoabschätzung und entsprechende engmaschige
Betreuung in der Schwangerschaft.
Hochrisikoschwangerschaften erfordern eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen
Gynäkologen und Kardiologen. Die Patientinnen sollten bereits in der Frühschwangerschaft
in einem Expertenzentrum vorstellig werden. Durch engmaschige kardiologische Kontrollen
zur Erfassung einer zunehmenden kardialen Problematik können Schwangerschaften durch
Optimierung der kardial erforderlichen Therapien länger aufrechterhalten werden oder
aber es kann eine Entbindung vor einer kardialen Dekompensation geplant werden. Bei
hohem Mortalitätsrisiko ist eine Entbindung in ECLS-Bereitschaft/Anlage zur Verbesserung
der Prognose möglich.