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DOI: 10.1055/a-0806-1457
Die DGP auf dem Weg zur wissenschaftlichen Fachgesellschaft
Publication History
Publication Date:
22 February 2019 (online)
Eine medizinische Fachgesellschaft ist nach WIKIPEDIA der Zusammenschluss von wissenschaftlich orientierten Medizinern. Auf die DGP trifft diese Definition nur bedingt zu, da in ihr nicht nur „Mediziner“, sondern auch Wissenschaftler aus anderen humanwissenschaftlichen Bereichen wie der Psychologie, Soziologie, Ethik, Theologie und aus der Pflegewissenschaft vereinigt sind. Gemeinsam verfolgen diese als Forschungsziel die Verbesserung der Lebenssituation palliativmedizinischer Patienten und dieses im Rahmen eines interdisziplinären Konzepts.
Mit der rasanten Entwicklung der Palliativmedizin, dokumentiert am Mitgliederanstieg vom zweistelligen Bereich zum Zeitpunkt der Gründung der DGP bis gegenwärtig 6000 Mitgliedern, konnte die wissenschaftliche Entwicklung allerdings in den ersten Jahren nach der Gründung der DGP nicht Schritt halten. Andere Aufgaben wie die Etablierung der Palliativmedizin in der Breite, die Bemühungen um die Akzeptanz durch die traditionellen Strukturen des Medizinbetriebs wie Ärztekammern, Krankenkassen, Medizinische Fakultäten und der Gesundheitspolitik standen im Vordergrund. Die klassischen Merkmale wissenschaftlicher Fachgesellschaften, die Herausgabe einer wissenschaftlichen Zeitschrift, die Durchführung nationaler Kongresse, die Antragsstellung von Palliativmedizinern für Forschungsprojekte und deren Förderung fehlten ganz oder existierten nur in bescheidenem Umfang. Auch gelang es viele Jahre nicht, die Palliativmedizin in die akademische Ausbildung von Medizinstudierenden zu etablieren. Als Präsident hat sich Eberhard Klaschik besonders um die Implementierung der DGP in den Verbund der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften und die Aufnahme der Palliativmedizin in das Medizinstudium verdient gemacht.
25 Jahre nach der Gründung können wir heute mit großer Freude feststellen, dass sich die langjährigen Bemühungen um die Entwicklung der Palliativmedizin als medizinisches Fach und auch als wissenschaftliche Disziplin, Gegenstand dieses Editorials, gelohnt haben. Einige Beispiele dafür sollen hier aufgeführt werden.
Die Zeitschrift für Palliativmedizin. Im Editorial der Januarausgabe 2019 schreiben die Herausgeber „Und gäbe es nicht die Zeitschrift für Palliativmedizin, die im Wesentlichen zur Veröffentlichung von Forschungsergebnissen dient, könnte sich die Palliativmedizin schwerlich weiterentwickeln“. Die erste Ausgabe der Zeitschrift konnte aus finanziellen Gründen erst sechs Jahre nach Gründung der DGP auf deren 3. Kongress in Göttingen präsentiert werden, ermöglicht durch die unvermeidliche und gleichermaßen dankenswerte Unterstützung der Pharmaindustrie. Von einer vierteljährlichen Publikation im Jahr 2000 ausgehend, erscheint heute alle zwei Monate ein neues Exemplar. Zudem ist unsere Zeitschrift heute finanziell unabhängig, der Bezug ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Die Implementierung der Palliativmedizin an den Universitäten. In den 90er-Jahren war es zunächst äußerst schwierig, die Palliativmedizin als eigenständiges Fach in die Universitätsmedizin einzuführen. Die erste Professur für Palliativmedizin, noch ohne gleichzeitige klinische Abteilung in einer Universität, hatte Eberhard Klaschik inne, der als Chefarzt die Anästhesieabteilung am Malteser Krankenhaus Bonn leitete. Nicht zuletzt mit Unterstützung durch die Deutsche Krebshilfe und hier persönlich aktiv durch den Geschäftsführer Nettekoven sind zum heutigen Zeitpunkt 10 Professuren, überwiegend als eigenständige Lehrstühle mit eigenen klinischen Abteilungen, entstanden. Angesichts der 36 deutschen staatlichen medizinischen Fakultäten besteht allerdings ein erheblicher Bedarf an weiteren Professuren und Lehrstühlen für Palliativmedizin. Akademien für Palliativmedizin ergänzen die diversen einschlägigen Aktivitäten. Im Bereich der akademischen Lehre hat die Palliativmedizin durch Einführung eines eigenen Curriculums in die Approbationsordnung große Fortschritte gemacht. Ohne einen palliativmedizinischen Leistungsnachweis erfolgt heute keine Zulassung für das Praktische Jahr am Ende des Medizinstudiums.
Forschungsgegenstände in der Palliativmedizin. Die Nationale Akademie der Wissenschaften (Leopoldina) hat für die palliativmedizinische Forschung folgende Themenkataloge vorgeschlagen: klinische Forschung, u. a. bei nicht tumorbedingten Erkrankungen, zur Applikationsform von Medikamenten sowie zu symptomorientierten Fragestellungen; psychosoziale, ethische und rechtswissenschaftliche Forschungsgegenstände. Und schließlich die für unser Fach besonders wichtige Versorgungsforschung.
Wissenschaftliche Preise. Zur Würdigung besonderer Forschungsergebnisse und als Ansporn für die weitere Forschungstätigkeit ist die Verleihung von wissenschaftlichen Preisen unerlässlich. Und so hat auch die DGP frühzeitig einen wissenschaftlichen Preis ausgeschrieben. Die eingereichten Arbeiten wurden durch ein Preisrichtergremium begutachtet, das sich aus Gründen der Kostenersparnis in einer Telefonkonferenz unter Vorgabe eines Punktesystems auf die Preisträger einigte. Erfreulicherweise konnte die damalige alleinige Finanzierung des DGP-Preises durch die Pharmaindustrie durch die Eigenfinanzierung eines der beiden Preise abgelöst werden, ein weiterer Schritt zur Unabhängigkeit der Fachgesellschaft von externen materiellen Einflüssen.
Wissenschaftliche Kongresse und Fortbildungsveranstaltungen. Seit 1996 werden in zweijährigem Turnus Kongresse der DGP durchgeführt, die sich im wissenschaftlichen Niveau ständig weiterentwickelt haben. Ergänzend werden im gesamten Bundesgebiet thematisch national und regional ausgerichtete Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen durchgeführt, die das lebendige Miteinander in der DGP widerspiegeln. Zusätzlich zu den zweijährigen Kongressen veranstaltet die DGP im Nichtkongressjahr Palliativtage und Mitgliedertage – in diesem Jahr als besondere Veranstaltung zu ihrem 25. Geburtstag und als Vorlauf zum Kongress der EAPC im Mai in Berlin. Ein denkwürdiges Ereignis.
Insgesamt bieten die DGP und die gesamte Palliativmedizin ein erfreuliches Bild. Daran waren und sind zahlreiche Mitglieder unserer Fachgesellschaft aktiv und unermüdlich beteiligt. Dafür gilt allen ein herzlicher Dank. Manche unerledigte Aufgaben bleiben. Es gibt noch vieles zu tun!
Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. Dietrich Kettler
(Vorstandsmitglied der DGP 1998 – 2002 und Vizepräsident 2002 – 2006)