Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2020; 15(02): 127-140
DOI: 10.1055/a-0816-1543
Schultergürtel und obere Extremität
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Proximale Humerusfrakturen

Ursula Müller
,
Paul Alfred Grützner
,
Stefan Studier-Fischer
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Publication Date:
19 March 2020 (online)

Da ein evidenzbasiertes Therapiekonzept für proximale Humerusfrakturen nach wie vor nicht existiert, muss die Entscheidung, ob ein operatives oder konservatives Vorgehen sinnvoll ist bzw. welches osteosynthetische bzw. endoprothetische Verfahren gewählt wird, im Konsens und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Patienten, seiner Komorbiditäten und Frakturmorphologie sowie der Erfahrung des behandelnden Chirurgen getroffen werden.

Kernaussagen
  • Die Entscheidung, ob bei der proximalen Humerusfraktur ein operatives oder konservatives Vorgehen sinnvoll ist bzw. welches osteosynthetische bzw. endoprothetische Verfahren gewählt wird, muss im Konsens und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Patienten, seiner Komorbiditäten und Frakturmorphologie sowie der Erfahrung des behandelnden Chirurgen getroffen werden.

  • Insbesondere beim älteren Patienten sind trotz der guten radiologisch-anatomischen Ergebnisse die funktionellen Ergebnisse und die hohe Komplikationsrate weiterhin problematisch.

  • 2001 untersuchten Tingart et al. die Frage, ob ein evidenzbasiertes Therapiekonzept bezüglich der proximalen Humerusfraktur existiert, und stellten 33 Studien vor. Zusammenfassend fand sich ein evidenzbasiertes Therapiekonzept zu diesem Zeitpunkt nicht [18]. Weitere 10 Jahre später bestätigten Krettek et al. unter Berücksichtigung der neuen Studien die weiterhin schlechte Datenlage und konnten kein evidenzbasiertes Therapiekonzept erstellen [19], [20].

  • Bei hohen Komplikations- und Revisionsraten ist ein signifikanter Vorteil des operativen Verfahrens bei älteren Patienten nicht nachweisbar [4].

  • Klare Indikationen zum konservativen Vorgehen sind die undislozierten Frakturen.

  • Klare Operationsindikationen sind:

    • Luxationsfrakturen,

    • Head-Split-Frakturen,

    • offener Weichteilschaden,

    • pathologische Frakturen und

    • nicht geschlossen reponierbare Frakturen von > 50% Schaftbreite.

  • Die folgenden Operationsverfahren sind möglich:

    • geschlossene Reposition mit perkutaner Kirschner-Draht-Osteosynthese,

    • perkutane Schraubenfixation,

    • Minimalosteosynthese, z. B. mittels T-Platte,

    • intramedulläre Verfahren,

    • Cerclagen,

    • offene Reposition und Fixierung mittels winkelstabilen, ggf. polyaxialen Implantaten,

    • endoprothetische Versorgung:

      • Hemiarthroplastik,

      • inverse Schulterprothese.