Schlüsselwörter
Lipödem - Kostenübernahme - Begutachtung - G-BA
Key words
lipoedema - cost approval - assessment - German Federal Joint Committee
Grundlagen des Lipödems
Erstmalig wurde das Krankheitsbild des Lipödems 1940 durch Allen und Hines
beschrieben [1]. Das Lipödem betrifft hauptsächlich
das weibliche Geschlecht, Männer sind nur in Ausnahmefällen bei hormonellen
Funktionsstörungen betroffen. Charakteristisch ist neben der überwiegenden
Schwellung der unteren Extremitäten, gelegentlich in Kombination mit den Armen,
insbesondere die Berührungs- und Druckschmerzhaftigkeit sowie die Neigung zu
Blutergüssen der betroffenen Regionen.
Beim Lipödem kommt es auf Grund einer bisher nicht hinreichend geklärten Ursache zu
einer chronisch zunehmenden symmetrischen Unterhautfettgewebsvermehrung und auch
Ödembildung [2], [3]. Vermutet werden hormonelle Einflüsse aber auch eine genetische
Disposition, unklar sind noch vereinzelt beschriebene Einflüsse einer möglichen
Schädigung des autonomen Nervensystems. Beobachtet werden Veränderungen der
Mikrozirkulation, also der Durchblutung im Bereich kleinster Gefäße [4].
Es ist anerkannt, dass das Fettvolumen beim Lipödem im Gegensatz zur Adipositas nicht
durch Diät reduziert werden kann [3].
Beim Lipödem stehen folgende Aspekte im Vordergrund:
-
eine Disproportion zwischen Oberkörper und unterer Körperhälfte auf Grund
einer pathologischen Vermehrung des Fettgewebes, vor allem der Beine
-
eine erhöhte Kapillarpermeabilität, hierdurch kommt es zu einer vermehrten
Flüssigkeits- und Eiweißansammlung im Zwischenbindegewebe, wodurch Ödeme
entstehen
-
die Berührungs- und Druckempfindlichkeit des Gewebes wird am ehesten durch
die Ödeme verursacht und nicht durch die absolute Fettmenge [3], [18]
-
durch eine erhöhte Empfindlichkeit der kleinsten Gefäße tritt häufig eine
Neigung zu Blutergüssen auf.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass insbesondere in einem frühen Stadium des Lipödems
bei einer unbeeinträchtigten Funktion des Lymphsystems sogar teilweise ein erhöhter
Abtransport des Flüssigkeitsvolumens möglich ist [3].
Es kommt bei Fortschreiten der Erkrankung vor allem abendlich zu Ödemen im Ober- und
Unterschenkelbereich, da das an sich intakte Lymphgefäßsystem dieses vermehrt
anfallende Volumen nicht mehr komplett abtransportieren kann. Erst wenn über
jahrelange Überschreitungen der Transportkapazität eine Dekompensation erfolgt, kann
es sekundär zu Veränderungen des Lymphsystems kommen. Hier kann es dann zu einer
ergänzenden lymphödematösen Komponente kommen – ein so genanntes sekundäres
Lymphödem – auch Lipo-Lymphödem genannt. Das Lipödem ist aber primär keine
Erkrankung des Lymphsystems. Abzugrenzen ist zudem die lokalisierte Vermehrung von
Fettgewebe, diese geht jedoch nicht mit Schmerzen oder Ödemen einher [3].
Bei der histopathologischen Gewebsuntersuchung beim Lipödem finden sich unspezifische
entzündliche Gewebsreaktionen, wie sie in vergleichbarer Weise auch bei einer
chronisch venösen Insuffizienz vorkommen können [5]. Es fallen vermehrte und teilweise übergroße Fettzellen auf, mit einem
hohen Gehalt an kleinsten Blutgefäßen. Es findet sich auch abgestorbenes Fettgewebe.
Insgesamt ist die Pathologie aber eher unspezifisch.
Typischerweise wird das Lipödem anhand klinischer Kriterien diagnostiziert. Eine
apparative bzw. invasive Diagnostik existiert bis heute nicht.
Typische klinische Zeichen sind:
-
Zeitpunkt des Auftretens in der Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder
auch erst nach den Wechseljahren
-
symmetrische Verteilung der Fettpolster.
-
Ödeme
-
Schmerzhaftigkeit bei Berührung
-
Neigung zu Blutergüssen im Bereich der Fettpolster.
Gutachterliche Problematik
Gutachterliche Problematik
Im Juli 2017 hatte der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) festgestellt, dass benötigte
Erkenntnisse über Vor- und Nachteile einer Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems
im Vergleich zu nichtoperativen Therapieansätzen nicht im ausreichenden Maße
vorhanden seien. Zur Methode der Liposuction bestehe bisher keine ausreichende
Evidenz über deren Nutzen, sie habe aber genügend Potenzial, um als ernsthafte
Behandlungsalternative wahrgenommen zu werden. Im Zuge dessen wurde vom G-BA am 18.
Januar 2018 „…als erste internationale Einrichtung eine multizentrische,
randomisierte und kontrollierte Studie zur Liposuktion bei Lipödemen auf den Weg“
gebracht. [7]. Diese Studie sei nötig, um eine
abschließende Entscheidung darüber treffen zu können, ob die Liposuktion künftig als
operative Therapieoption zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen erbracht
werden könne. Das Studiendesign sieht vor, dass nach dem Zufallsprinzip die
Studienteilnehmer in 2 Gruppen aufgeteilt werden. Eine Studiengruppe wird mit
Liposuktionsbehandlungen der Beine behandelt, während die Kontrollgruppe 12 Monate
lang ausschließlich konservativ behandelt wird. Im Anschluss wird auch den
Teilnehmern der Kontrollgruppe die Liposuktion angeboten. Die Nachbeobachtungszeit
aller Teilnehmer beträgt 24 Monate. Zudem sieht der G-BA vor, dass es mehrere
Studienzentren geben soll. Schlussendlich soll diese Studie den G-BA im Rahmen eines
strukturierten Bewertungsverfahrens dabei unterstützen festzustellen, inwieweit für
die Liposuktion eine ausreichende zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung von
Versicherten der GKV gegeben ist. Es soll festgelegt werden, für welche Indikation
und unter welchen qualitätssichernden Anforderungen diese Behandlungsmethode
ambulant oder stationär zu Lasten der GKV angewendet werden kann.
Es ist davon auszugehen, dass die ersten Patienten Mitte 2020 unter
Studienbedingungen behandelt werden können. Bis dahin ist und bleibt die operative
Therapie des Lipödems mittels Liposuktion immer noch eine Einzelfallentscheidung der
Versicherungen, die durch die Patientinnen in Zusammenarbeit mit den zuständigen
Ärzten bei der GKV im Rahmen eines Kostenübernahmeverfahrens beantragt werden
muss.
Bisher haben die Sozialgerichte im Falle eines Rechtsstreites zwischen Betroffenen
und den Krankenversicherungen ihre Entscheidungen darauf abgestellt, dass
Behandlungsmethoden erst zu Lasten der GKV erbracht werden dürfen, wenn der G-BA in
seinen Richtlinien entsprechende Empfehlungen zur Anerkennung des diagnostischen und
therapeutischen Nutzen einer neuen Methode abgegeben hat [8]. Des Weiteren wird immer wieder ausgeführt, dass wissenschaftlich
einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die
Wirksamkeit der Methode fehlen würden [9].
Entsprechend negativ verliefen auch die Widerspruchsverfahren seitens des MDK, die
sich bei laufenden Kostenübernahmeanträgen in der Regel auf die vorangegangenen
Gerichtsurteile stützten.
Ob eine medizinische Behandlungsmethode als GKV-Leistung angeboten werden kann, ist
in Deutschland für den ambulanten und stationären Bereich unterschiedlich geregelt.
In der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung stehen neue Methoden unter einem
Erlaubnisvorbehalt, im stationären Sektor seit der Gesetzesänderung im Juli 2015
unter einem Verbotsvorbehalt. Das bedeutet konkret, dass im ambulanten Sektor neue
Behandlungsmethoden erst angewandt werden dürfen, wenn der G-BA deren diagnostischen
und therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit
positiv bewertet hat („Erlaubnisvorbehalt“ § 135 Abs. 1 SGB V). Mit der
Gesetzesänderung des § 137 c SGB V mit Wirkung zum 23. Juli 2015 sollten nunmehr
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der G-BA bisher keine Entscheidung
nach § 137 c Abs. 1 SBG V getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung
angewandt werden dürfen, wenn sie das Potential einer erforderlichen
Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen
Kunst erfolgt. Dies gilt jedoch ausschließlich für den stationären Sektor
(„Verbotsvorbehalt“) [10].
Allerdings erschweren die o. g. unterschiedlichen Regelungen im ambulanten und
stationären Sektor die Abrechnungsfrage. Im stationären Rahmen wären also
Liposuktionen bei Lipödemen erlaubt („Verbotsvorbehalt“). Dem steht allerdings die
Argumentation entgegen, ob überhaupt die medizinische Notwendigkeit zur stationären
Durchführung derartiger Liposuktionen besteht. Sollte hierfür keine medizinische
Notwendigkeit bestehen, so müssten diese Leistungen im ambulanten Rahmen abgerechnet
werden. Hier gilt dann wiederrum der Erlaubnisvorbehalt, wonach neue
Behandlungsmethoden erst nach einer positiven Bewertung des G-BA durchgeführt und zu
Lasten der GKV abgerechnet werden dürfen. Mit seinem Urteil vom 24.04.2018 hat das
Bundesozialgericht die Erstattungsfähigkeit von Kosten für Liposuktionen bei
Lipödemen erneut abgelehnt, „da diese Leistungen nicht den Anforderungen des
Qualitätsgebotes entsprechen und somit nicht zu Lasten der gesetzlichen
Krankenversicherung abgerechnet werden dürfen … Auch Wortlaut und Regelungssystem
des § 137 c Abs. 3 SGB V ändern nichts an diesen Anforderungen“ [11], [12].
Das stützt die generelle Argumentation der Versicherungen, dass das Potential der
Liposuktion zur Therapie des Lipödems hinsichtlich ihrer Qualität und
Wirtschaftlichkeit nicht ausreichend belegt sei und somit nicht als echte
Behandlungsalternative gelte. Seit diesem jüngsten Urteil des BSG handelt es sich
bei der Liposuktionstherapie des Lipödems grundsätzlich um eine
Einzelfallentscheidung, die im Rahmen einer Kostenübernahme beantragt werden muss.
Gerichtsurteile sind für die Genehmigung von Kostenübernahmen seitens der GKV nicht
zwingend bindend.
Hinweise zur Begutachtung
Hinweise zur Begutachtung
Zunächst empfiehlt es sich, den Vorgaben der S1-Leitlinie „Lipödem“ der
Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
zu folgen. Mit der Aktualisierung im Oktober 2015 wurde die Liposuktion als
alternatives Therapieverfahren in die S1-Leitlinie mit aufgenommen [13]. Allerdings steht die konservative Therapie
bestehend aus einer kombinierten physikalischen Entstauungstherapie immer noch im
Vordergrund, da diese im günstigen Fall eine Befund- und Beschwerdeverbesserung
ermöglicht. In der S1-Leitlinie wird die Anwendung der Liposuktion zur weiteren
Eskalation des Therapieschemas bei Versagen des konservativen Therapieansatzes und
fortschreitender Progredienz der Erkrankung empfohlen.
Die Autoren empfehlen darüber hinaus eine strenge Indikationsstellung einer
Liposuktion bei einem Körpergewicht > 120 Kg und einem BMI von > 32 kg/m². Im
Falle eines parallelen Vorliegens einer morbiden Adipositas sollte zunächst die
Adipositas behandelt werden.
Wie viel Fett pro Sitzung und Extremität in wie vielen Sitzungen abgesaugt werden
sollte, obliegt ebenso der Planung des behandelnden Plastischen Chirurgen wie auch
die Entscheidung, ob die Eingriffe ambulant oder stationär durchzuführen sind.
In den letzten 15 Jahren hat sich die Liposuktion in „Wet-Technik“ mehr und mehr
national wie auch international durchsetzen können, da sich hier die geringsten
Nebenwirkungen mit kürzester Erholungszeit für die Patienten ergaben. In der
gängigen Literatur werden Komplikationsraten bei der Liposuktion von 0,1 bis 9,3 %
angegeben [14].
Bei der Planung ambulant – stationär stehen zwei Aspekte im Vordergrund: Reaktionen
auf Bestandteile der Tumeszenzlösung (z. B. örtliche Betäubungsmittel) und die
Flüssigkeitsüberladung mit Tumeszenzlösung bei Megaliposuktionen.
Insgesamt ist die Liposuktion ein sicheres, effektives und komplikationsarmes
Verfahren mit guten Ergebnissen. Empfohlen wird jedoch bei Absaugvolumina vom > 2
Litern postoperativ eine Überwachung über 24 Stunden, um im Falle von Komplikationen
wie Thrombosen oder Kreislaufveränderungen schnell und präzise handeln zu können
[13], [14].
Darüber hinaus sollten Liposuktionen größerer Mengen nur mit Assistenz eines
Anästhesisten durchgeführt werden; eine konsequente postoperative Notfallversorgung
sollte vorhanden sein. Fettabsaugungen mit einer reinen Infiltrationsmenge von mehr
als 4000 ml pro Sitzung (Megaliposuktion) sollten daher in Operationszentren mit
angeschlossener intensivmedizinischer Betreuungsmöglichkeit durchgeführt werden.
Diese Empfehlungen beruhen darauf, dass die Gesamtdosierung des verwendeten
Lokalanästhetikums in der Tumeszenzlösung nicht überschritten werden sollte. Zudem
spielt die Flüssigkeitsüberladung mit Tumeszenzlösung bei Megaliposuktionen
ebenfalls eine Rolle [15]. Als Faustregel kann
gelten, dass eine maximale Absaugmenge von 10 %, besser 6–8 %, des Körpergewichtes
in Kilogramm pro Sitzung nicht überschritten werden sollte [16].
Wir empfehlen zur Erreichung einer Kostenübernahme folgendes Vorgehen:
-
Diagnosestellung der Lipödemerkrankung durch einen Gefäßspezialisten
(Angiologen, Gefäßchirurgen, Phlebologen), Ausschluss anderer Erkrankungen
als mögliche Ursachen für die geklagten Beschwerden.
-
Nachweis über die Durchführung einer komplex konservativen Therapie mittels
Tragen von Kompressionswäsche und der Anwendung von manueller Lymphdrainage,
ggf. auch unter zur Hilfenahme einer apparativen intermittierenden
Kompressionstherapie. In der Regel sollte die konservative Therapie
mindestens 6 Monate, besser noch 12 Monate und länger, kontinuierlich
durchgeführt worden sein, ohne dass sich eine deutliche Verbesserung der
Beschwerdesymptomatik eingestellt hat.
-
Bei erheblichem Übergewicht sollte das Körpergewicht reduziert werden. Hier
kann es hilfreich sein, vor der Gewichtsreduktion die Umfangsmaße der
betroffenen Extremitäten zu dokumentieren (s. u.), um bei einer
Gewichtsreduktion ggf. nachweisen zu können, dass sich trotz
Gewichtsreduktion keine Volumenminderung der Extremitätenumfänge eingestellt
hat.
-
Erfassung der Klagen und Befunde. Inhalt eines Kostenübernahmeantrags sollten
auch die alltäglichen Beschwerden der Patientinnen verursacht durch das
Lipödem sein. Wir empfehlen, kurz die jeweilige Krankengeschichte zu
erläutern.
-
Ausführliche klinische Untersuchung der Patientinnen mit entsprechender
standardisierter Fotodokumentation. Hierzu gehört die Begutachtung aller
vier Extremitäten. Häufig werden erste Anzeichen eines Lipödems
beispielsweise an den Armen bei einer klinischen Untersuchung festgestellt.
Der klinische Untersuchungsbefund sollte ausführlich beschrieben und
dokumentiert werden. Diese beinhaltet
-
die Beschreibung des Fettverteilungsmusters,
-
die Palpation des subkutanen Gewebes,
-
Ödemneigungen,
-
das Vorliegen einer lymphödematösen Komponente,
-
das Vorliegen von für das Lipödem typische Einschnürungen oder auch
Wammenbildungen und Hämatomneigungen.
-
Dokumentation der Extremitätenumfänge, des Schmerzmusters und dessen
Lokalisation auf mehreren Etagen.
-
Beschreibung topischer Hautveränderungen verursacht durch stetiges Reiben
beim Laufen, Schweißneigungen in den Hautumschlagsfalten oder
Einklemmungserscheinungen (häufig verursacht durch die Kompressionswäsche).
Die Dokumentation von orthopädischen Fehlstellungen wie die Valgusstellung
der Beine ist gleichermaßen sinnvoll.
-
Ergebnis mit Stadieneinteilung des Lipödems und auch Lokalisationsform. Wir
empfehlen die Einteilung mod. nach Herpertz 2014:
-
Oberschenkeltyp
-
Ganzbeintyp
-
Unterschenkeltyp
-
Ober- oder Ganzarmtyp
-
Stadium 1: gleichmäßig verdickte homogene feinkörnige
Subkutis
-
Stadium 2: wellenartige Hautoberfläche und einer knotenartig
verdickten Subkutis.
-
Stadium 3: stark verhärtete und derbe Fettstruktur mit
überhängenden Fettgewebsvermehrungen (Wammenbildung). Manche
Autoren benennen noch ein Stadium 4, hierbei handelt es sich
um eine zusätzliche lymphödematöse Komponente [17], [18] ([
Abb. 1
]).
-
Planung der Menge an abzusaugendem Fett pro Extremität pro Sitzung sowie
Anzahl der geplanten Sitzungen.
-
Hinweis auf eine ggf. notwendige sekundäre Straffung der betroffenen
Extremität.
-
Notwendigkeit einer Durchführung im stationären oder ambulanten Rahmen:
insbesondere in Hinblick auf die genannten Risiken bei der Durchführung von
Megaliposuktionen wie auch im Hinblick auf den „Verbotsvorbehalt“ empfehlen
wir die stationäre Behandlung von Lipödemerkrankten.
Abb. 1 Stadieneinteilung Lipödem. a Stadium 1, b Stadium
2, c Stadium 3.
Nach unserer Erfahrung hilft es, in den Kostenübernahmen unter der geplanten Therapie
Begriffe wie „Lymphologisches Liposculpting“, „lymphbahnengerechte Liposuktion“ oder
„Entlastungsoperationen“ zu verwenden, weil Krankenkassen mit dem Begriff
Liposuktion vom wesentlichen Inhalt abgelenkt werden und häufig ästhetisch
orientierte Motive vermuten.
Diese Parameter können keinen positiven Ausgang des Kostenübernahmeantrages
garantieren, allerdings bietet dieser Leitfaden eine lückenlose klinische
Dokumentation im Falle eines folgenden Rechtsstreites der Patientin mit ihrer
Versicherung. Darüber hinaus soll dieser von uns beschriebene Leitfaden als
Hilfestellung für Plastische Chirurgen dienen, um sogenannte „Trittbrettfahrerinnen“
von der Behandlung auszuschließen. Denn wenn diese Parameter nicht vorliegen bzw.
nicht erfüllt sind, wird ein entsprechender Kostenübernahmeantrag aller
Wahrscheinlichkeit nach nicht erfolgsversprechend verlaufen. Aufgrund der aktuellen
Rechtslage raten wir davon ab, Liposuktionstherapien bei Lipödemen ohne die
vorangegangene Kostenzusage der GKV durchzuführen und den Patientinnen erst im
Anschluss eine Kostenerstattung bei der Krankenkasse zu empfehlen. Der Anspruch auf
Kostenerstattung nach stattgehabter Liposuktionstherapie besteht ebenso wenig laut
dem Urteil vom BSG vom 24.04.2018 [11]. Die
ethisch-moralische Verantwortung den Patientinnen gegenüber sollte über etwaigen
wirtschaftlichen Erwägungen stehen.