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DOI: 10.1055/a-0835-8560
Prävalenz von idiopathischer intrakranieller Hypertension ohne Papillödem in Patienten mit therapierefraktären chronischen Kopfschmerzen
Publication History
Publication Date:
13 March 2019 (online)
- Zusammenfassung
- Kommentar
- Literatur
- Lasmiditan zur Akuttherapie der Migräne
- Hintergrund
- Inhalt
- Kommentar
- Intervalltraining effektiv für die Reduzierung der Migränetage und die Verbesserung der zerebro-vaskulären Gesundheit?
- Zusammenfassung
- Kommentar
- Unterschiedliche Flussraten in der Sauerstoff-Therapie bei Cluster Kopfschmerz
- Zusammenfassung
- Kommentar
- Migräne und Vitamin D
- Hintergrund
- Zusammenfassung
- Kommentar
- Information
Zusammenfassung
Die Diagnosekriterien der idiopathischen intrakraniellen Hypertension (IIH) setzen neben der Erhöhung des Liquordrucks (> 25 cm CSF) den Nachweis eines Papillenödems voraus. In seltenen Fällen kann dieses fehlen, wobei dann zur Diagnosestellung eine uni- oder bilaterale Abducensparese vorliegen muss. In diesem Fall wäre die Diagnose einer IIHWOP (idiopathic intracranial hypertension without papilledema) gesichert. Die Autoren untersuchten in ihrer Studie die Prävalenz von IIHWOP bei Patienten mit therapierefraktären chronischen Kopfschmerzen. Die Untersuchung dieser Frage ist von besonderer Bedeutung, da Kopfschmerzen bei IIH anderen primären Kopfschmerzen (z. B. der chronischen Migräne) sehr ähneln können und daher gelegentlich differenzialdiagnostisch schwer voneinander zu trennen sind sofern keine Liquordruckmessung erfolgt. Dies gilt ganz besonders für die IIHWOP, da die Sehstörungen, die den Kliniker auf die chronische Druckerhöhung hinweisen könnten, komplett fehlen.
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* Favoni V, Pierangeli G, Toni F, Cirillo L, La Morgia C, Abu-Rumeileh S, Messia M, Agati R, Cortelli P, Cevoli S. Idiopathic intracranial hypertension without papilledema (IIHWOP) in chronic refractory headache. Front Neurol 2018; 9: 503.
Laut der vorliegenden Studie beträgt die Prävalenz der idiopathischen intra-kraniellen Hypertension bei Patienten mit therapierefraktären chronischen Kopfschmerzen 2,5 % und sollte daher in dieser Patientengruppe in differenzi-aldiagnostische Überlegungen einbezogen werden.
In ihrer Studie untersuchten Favoni et al. 40 Patienten mit chronischen therapierefraktären Kopfschmerzen von denen 2 Patienten einen Liquoreröffnungsdruck von über 25 cm CSF aufwiesen und, laut der Autoren der Studie, insgesamt 1 Patient (2,5 %) die
Diagnosekriterien für eine IIHWOP erfüllt. Die Autoren schlossen daraus, dass IIHWOP bei chronischen Kopfschmerzen deutlich mehr in differenzialdiagnostische Überlegungen einbezogen werden sollte. Da 9 der 40 Patienten einen Liquoreröffnungsdruck zwischen 20 und 25 cm CSF aufwiesen, diskutieren sie darüber hinaus die Frage zur Validität des derzeitigen Grenzwerts von 25 cm CSF.
Kommentar
Die Studie von Favoni greift ein sehr wichtiges Thema in Bezug auf die Pathophysiologie der IIH und der differenzialdiagnostischen Erwägungen bei therapierefraktären Kopfschmerzen auf. Leider gibt es bislang zu genau dieser Fragestellung sehr wenig belastbare Daten.
Leider weist die genannte Studie schwerwiegende methodische Mängel auf, sodass sowohl die Ergebnisse als auch deren klinische Interpretation sehr kritisch hinterfragt werden müssen. Zuallererst wurden seitens der Autoren die Diagnosekriterien der IIHWOP falsch angewandt. Im Ergebnisteil wird beschrieben, dass 2 Patienten zwar einen erhöhten Liquordruck von > 25 cm CSF aufwiesen und einer davon auch IIH-typische Auffälligkeiten im MRT hatte, dass jedoch keiner der Patienten eine Abducensparese oder andere Hirnnervenlähmungen aufwies. Damit erfüllt im Gegensatz zu den gemachten Angaben keiner der Patienten die Diagnosekriterien [1] eines gesicherten IIHWOP. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Patientenpopulation für das potenzielle Vorliegen eines IIH oder IIHWOP eher untypisch (32 weiblich, 8 männlich, Alter 49.4 ± 10.8 Jahre, BMI 26.7 ± 6.4). Vor diesem Hintergrund ist das Hauptergebnis der Studie nicht verwertbar.
Darüber hinaus initiieren die Autoren der Studie eine Diskussion zur Validität des aktuellen Liquordruck-Grenzwerts. Der Grenzwert des Liquoreröffnungsdrucks von 25 cm CSF bei Erwachsenen ist weltweit anerkannt, sodass die Diskussion über eine Reduktion des Grenzwerts sich eigentlich erübrigt zumal keiner der beschriebenen Patienten eine Pathologie im Bereich der Sehnerven aufwies. Ein Zusammenhang zwischen den chronischen Kopfschmerzen und einem Druck von 20-25 cm CSF bleibt damit Spekulation zumal eine Druckminderung bei zahlreichen Kopfschmerzarten, trotz eines normalen Ausgangswerts, zu einer vorübergehenden Schmerzlinderung führen kann. Derzeit wird lediglich hinterfragt ob ein Liquoreröffnungsdruck zwischen 25 und 30 cm CSF in wenigen Einzelfällen physiologisch sein könnte sofern die Patienten komplett asymptomatisch sind. Dies hat jedoch mit der von den Autoren aufgeführten Diskussion nichts zu tun. Vor diesem Hintergrund fragt sich der Leser weswegen die Autoren diesen Sachverhalt überhaupt in ihren Artikel aufgenommen haben.
Jan Hoffmann, London
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Literatur
[1] Friedman et al. Neurology 2013; 81: 1159–65.
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Lasmiditan zur Akuttherapie der Migräne
****Kuca B, Silberstein SD, Wietecha L, Berg PH, Dozier G, Lipton RB; COL MIG-301 Study Group. Lasmiditan is an effective acute treatment for migraine: A phase 3 randomized study. Neurology 2018; 91: e2222-e2232.
Der 5-HT-1F-Agonist Lasmiditan ist in der Akuttherapie der Migräne etwa so wirksam wie Triptane.
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Hintergrund
Triptane sind 5-HT-1B/D Agonisten, und manche Triptane haben auch eine (geringere) Affinität für den 5-HT-1F-Rezeptor. Wegen der über den 5-HT-1B-Rezeptor-vermittelten vasokonstriktiven Eigenschaften sind Triptane bei vaskulären Erkrankungen wie KHK, TIA oder Schlaganfall, pAVK, und unkontrolliertem Bluthochdruck kontraindiziert. Da die Aktivierung des 5-HT-1F-Rezeptors nicht zu einer Vasokontriktion führt, sollten die 5-HT-1F-Rezeptor-Agonisten (Ditane”) keine vaskulären Probleme machen. Zudem hofft man, dass aufgrund der anderen Rezeptoraffinität Triptan-Non-responder auf Ditane ansprechen könnten. In der vorliegenden Phase-III-Studie wurde Lasmiditan (Firma CoLucid) zur Akuttherapie der Migräne getestet.
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Inhalt
An 99 US-amerikanischen Zentren wurden 2231 Patienten eingeschlossen, von denen 1856 eine Migräneattacke behandelten. Eingeschlossen wurden Patienten mit episodischer Migräne mit mindestens 3 Attacken/Monat. Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren wurden eingeschlossen und machten 78 % der Studienpopulation aus. Ausgeschlossen wurden allerdings Patienten mit bekannter KHK, klinisch signifikanten kardialen Rhythmusstörungen oder unkontrolliertem Bluthochdruck. Die Behandlung erfolgte 1:1:1 randomisiert mit Lasmiditan 200 mg oder 100 mg oder Placebo innerhalb von 4 Stunden nach Beginn der Attacke, bei mindestens mittelschweren Kopfschmerzen. Kopfschmerzintensität, Migräne-Begleitsymptome und Nebenwirkungen wurden mithilfe eines elektronischen Tagebuchs bis 48 Stunden nach der Attacke aufgezeichnet. Ein anderes Akutmedikament (oder eine weitere Dosis des Studienmedikaments) durfte frühestens 2 Stunden nach der ersten Einnahme angewendet werden.
2 Stunden nach Einnahme von Lasmiditan 200 mg oder 100 mg waren signifikant mehr Patienten schmerzfrei als nach Placebo (32,2 % und 28,2 % vs. 15,3 %, beide p < 0,001, primärer Endpunkt). Der erste signifikante Unterschied zeigt sich für die höhere Dosis nach 1 Stunde. Die Kopfschmerzbesserung nach 2 Stunden, definiert als Reduktion auf leichten oder keinen Kopfschmerz, war unter Lasmiditan 200 mg und 100 mg ebenfalls Placebo signifikant überlegen (59,5 % und 59,4 % vs. 42,2 %, p < 0,001), ebenso für das störendste Begleitsymptom. Hier war der Wirkeintritt nach 30 min. Die anhaltende Schmerzfreiheit nach 24 Stunden war 18,6 % für 200 mg, 14,8 % für 100 mg, beides signifikant höher als Placebo (7,6 %). Es traten keine schweren Nebenwirkungen auf. Am häufigsten kam es zu Benommenheit (16,3 % und 12,5 % gegenüber 3,4 % bei Placebo) sowie zu Parästhesien, Übelkeit und Schläfrigkeit. Kardiovaskuläre Ereignisse mit möglichem Bezug zu Lasmiditan waren selten (< 0,5 %) und umfassten Palpitationen und Bradykardien.
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Kommentar
Die Wirkstärke ist mit ~30 % schmerzfrei und ~60 % Besserung nach 2 Stunden der von oralen Triptanen ähnlich. Die Rate an Wiederkehrkopfschmerz nach 24 Stunden erscheint mit rechnerisch 42-48 % (der initial schmerzfrei gewordenen Patienten) relativ hoch. Lasmiditan ist liquorgängig, dies erklärt die häufigen ZNS-Nebenwirkungen wie Benommenheit und Parästhesien. Über die Sicherheit bei Patienten mit vaskulären Kontraindikationen gegen Triptane kann leider keine Aussage gemacht werden, da diese Patienten von der Studie ausgeschlossen wurden. Auch wird zumindest in diesem Artikel nicht analysiert, ob Triptan-Versager auf Lasmiditan respondiert haben. Über den Zusatznutzen gegenüber Triptanen kann also auf Basis dieser Studie noch keine Aussage gemacht werden, es bleibt aber zu hoffen, dass dieser in zusätzlichen Studien/Auswertungen gezeigt werden kann.
Bezüglich der Interessenskonflikte ist noch zu erwähnen, dass 3 der 6 Autoren bei Co-Lucid beschäftigt sind oder waren, und einer bei der CRO, die die Studie gemanagt und ausgewertet hat.
Ruth Ruscheweyh, München
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Intervalltraining effektiv für die Reduzierung der Migränetage und die Verbesserung der zerebro-vaskulären Gesundheit?
** Hanssen H, Minghetti A, Magon S, Rossmeissl A, Rasenack M, Papadopoulou A, Klenk C, Faude O, Zahner L, Sprenger T and Donath L. Effects of different endurance exercise modalities on migraine days and cerebrovascular health in episodic migraineurs: A randomized controlled trial. Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports 2018, 28: 1103–1112.
Intermittierende Trainingsprogramme mit höherer Intensität sollten als eine ergänzende Behandlungsoption bei Patienten mit episodischer Migräne in Erwägung gezogen werden.
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Zusammenfassung
Das aerobe Ausdauertraining ist eine vielversprechende ergänzende Behandlungsoption bei Patienten mit Migräne. Einzelne Studien zeigen, dass sowohl Migränetage reduziert werden können, als auch die mikrovaskuläre Funktion der Netzhaut als Gradmesser der zerebrovaskulären Gesundheit verbessert werden kann. Unterschieden werden leichte, moderate und hoch-intensive Ausdauereinheiten. Letzteres wird im Vergleich zum moderaten kontinuierlichen Training (ca. 70 % der maximalen Herzfrequenz ohne Pausen), in kurzen, intensiven aufeinanderfolgenden Intervallen mit der Zielintensität von 90 % bis 95 % der maximalen Herzfrequenz mit anschließenden kurzen Trainingspausen durchgeführt. Die Frage, ob Ausdauertraining effektiv ist und welche Trainingsmodalität am effizientesten ist, um Migränetage und Herz-Kreislauf-Risiken zu reduzieren, versucht diese Studie zu beantworten.
In einer randomisierten kontrollierten Studie wurden die Migränetage durch ein Kopfschmerztagebuch bei 45 Migränepatienten aufgezeichnet, von denen 36 die Studie abschlossen (Drop-out-quote 20 %). Die Teilnehmer wurden entweder dem hochintensiven Intervall-Training (HIT), dem moderaten kontinuierlichen Training (MKT) oder einer Kontrollgruppe ohne Intervention (KON) anhand von Stratifizierungsmerkmalen randomisiert zugeordnet. Die Interventionsgruppen trainierten zweimal pro Woche über einen Zeitraum von 12 Wochen. Als sekundäre Ergebnisparameter wurde die statische retinale Gefäßanalyse gewählt.
Über alle Gruppen hinweg wurde insgesamt eine moderate Reduzierung der Migränetage beobachtet (n2 P = 0,12). HIT zeigte, im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen zu 89 % wahrscheinlich positive Effekte mit einer hohen standardisierten Mittelwertdifferenz (HIT: SMD = 1,05; MKT: SMD = 0,50; KON: SMD = 0,59). Weiterhin konnten große Interventionseffekte auf die retinale Gefäßanalyse gezeigt werden (n2 P = 0,27) bei denen HIT gegenüber KON leicht bevorteilt war. Die Autoren schlussfolgern, dass HIT im Vergleich zu MKT effektiver bei der Reduzierung der Migränetage und der Verbesserung der zerebrovaskulären Gesundheit zu sein scheint. So sollten intermittierende Trainingsprogramme mit höherer Intensität möglicherweise als zusätzliche Behandlungsoption bei Patienten mit Migräne in Betracht gezogen werden.
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Kommentar
Die Autoren der Studie schlussfolgern deutlich: Das hochintensive Intervall-Training (HIT) ist einem moderaten Ausdauertraining und keiner Behandlung überlegen. Aber ein genauerer Blick in die Datenauswertung und die statistischen Kennwerte verrät: Dies ist nur die halbe Wahrheit.
Es wurde eine univariate Varianzanalyse mit Messwiederholung [Gruppe*Zeitpunkt] einschließlich verschiedener Kovariaten zu jedem Ergebnisparameter durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass außer für den Laktatspiegel keine signifikanten Veränderungen vorliegen (p > 0,05). In anderen Worten: statistisch gesehen gibt es keinen Unterschied zwischen den Trainingsarten (HIT, MKT, inkl. Kontrollgruppe) und den Messzeitpunkten (prä, post) bezogen auf die Migränefrequenz, der retinalen Gefäßanalyse und der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max). Bezüglich des Laktatspiegels besteht ein schwach signifikanter Effekt (p = 0,03). Allerdings präsentieren die Autoren keine Post-hoc-Analyse. So ist nicht zu erkennen, ob und in welcher Gruppe dieser Unterschied zu finden ist, bzw. ob die Interventionen überhaupt erfolgreich gewesen sind. Allerdings präsentieren die Autoren ausführlich moderate bis starke Effektgrößen, die die klinische Relevanz wiederspiegeln. Diese sind ein wichtiges und häufig unterschätztes analytisches Mittel. So sollten allerdings Schlussfolgerungen, wie in der Zusammenfassung dieser Studie, dem Ergebnisteil, als auch dem Fazit sowohl auf der klinischen Relevanz als auch auf der statistischen Signifikanz basieren.
Die Autoren erkennen selbst einige Limitationen. Trotz Fallzahlberechnung ist die Rede von einer zu geringen Stichgruppengröße. Es kann vermutet werden, dass dies der Grund für zahlreiche Baseline-Unterschiede (z. B. MIDAS und Kopfschmerzhäufigkeit) ist. Diese wurden ordnungsgemäß als Kovarianz bei der Analyse berücksichtigt, nicht aber in Zusammenhang mit der klinischen Relevanz gebracht. Weitere kopfschmerz-relevante Parameter wie
Medikamenteneinnahme, Schmerzintensität etc. fehlen. Hinterfragt werden sollte, warum auch die Kontrollgruppe eine moderat klinisch-relevante Verbesserung der Kopfschmerztage angegeben hat. Ursächlich hierfür - diskutieren die Autorenseien allgemeine Empfehlungen für einen aktiven Lebensstil. Ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Diese Studie adressiert ein äußerst wichtiges Thema, denn die erfolgreichsten nicht medikamentösen Maßnahmen sind aerobes Ausdauertraining und Entspannungsverfahren [1]. Da Menschen mit Migräne ein erhöhtes Risiko für zerebrovasku-läre Erkrankungen haben [2], scheint es für sie umso wichtiger, das Herzkreislaufsystem zu trainieren. Wichtig ist allerdings, was die Menschen langfristig am Trainieren halt (Adhärenz). Häufig spielt dabei die Präferenz, also die selbstüberlassene Wahl der Trainingsart einen ausschlaggebenden Faktor.
Tibor Szikszay, Lübeck
Literatur
[1] Probyn, K et al. Non-pharmacological self-management for people living with migraine or tension-type headache: a systematic review including analysis of intervention components. BMJ open 2017; 7: e016670.
[2] Mahmoud AN et al. Migraine and the risk of cardiovascular and cerebrovascular events: a meta-analysis of 16 cohort studies including 1 152 407 subjects. BMJ open 2018; 8: e020498.
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Unterschiedliche Flussraten in der Sauerstoff-Therapie bei Cluster Kopfschmerz
**** Dirkx THT, Haane DYP, Koehler PJ. Oxygen treatment for cluster headache attacks at different flow rates: a double-blind, randomized, crossover study. J Head Pain 2018; 19: 94.
Kein direkter Unterschied der Effektivität zwischen 7 L/min und 12 L/min zur Attackentherapie beim Cluster Kopfschmerz.
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Zusammenfassung
Viele Patienten mit Cluster Kopfschmerz profitieren von Sauerstoffinhalation zur Therapie der akuten Clusterattacke mit einer Sauerstoff-Hochkonzentrationsmaske (Non-Rebreather-Maske; z. B. Salter Labs E-8140) bei 100 % Sauerstoff. Vorangegangene Studien konnten eine gute Wirksamkeit sowohl von 7 L/min und 12 L/ min nachweisen, sodass die hier vorgestellte doppelblinde, randomisierte Studie herausfinden wollte, welche von beiden Konzentrationen besser in der Lage ist, die Attacke innerhalb von 15 Minuten zu beenden. 98 Patienten aus 28 niederländischen Zentren wurden in die Studie eingeschlossen, von denen schließlich aber nur 56 Patienten auch wirklich beide Flussraten verwendeten, aber insgesamt 604 Clusterattacken dokumentierten. Hiervon erfüllten nur 5 Patienten mit 27 Attacken die vordefinierten Kriterien für die Analyse des primary outcome - 2 behandelte Attacken an den ersten beiden Tagen der Studie. Hierbei zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden getesteten Flussraten (p = 0,180). Für die individuelle Attacke betrug die Odds Ratio um nach 15 Minuten schmerzfrei zu sein 3,75 (95 % CI 0,58-24,28) für 12 L/min gegenüber 7 L/min, ohne statistische Signifikanz bei kleiner Attackenzahl. In den weiterführenden Analysen (unter Einbeziehung von nach den ersten 2 Tagen behandelten Attacken) erschien aber sogar die niedrigere Flussrate von 7 L/min mehr Patienten schmerzfrei zu machen als die höhere Flussrate (29.2 vs. 36.2 %). Die Patienten selber bevorzugten allerdings die 12 L/min.
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Kommentar
Die Sauerstoff Flussrate scheint also keinen großen Unterschied auf die Effektivität der Attackentherapie zu haben, vorausgesetzt man verwendet die Hochkonzentrationsmaske. Wahrscheinlich ist nicht die hohe Flussrate per se der entscheidende Faktor, sondern die richtige Maske, sodass möglichst viel Sauerstoff auch dort ankommt wo er benötigt wird. Durch die Verwendung der richtigen Maske reichen dann offensichtlich auch die 7 L/min, obwohl die Präferenz der meisten Patienten von 12 L/min sicher ein gutes Indiz für den höheren Wirkungsgrad der erhöhten Flussraten ist. Insgesamt ist dies sicher eine sehr aufwändige und solide durchgeführte Studie, deren Aussagekraft lediglich durch die exorbitant hohe Ausschlussrate der Patienten und letztlich deshalb nur sehr begrenzt auswertbaren Anzahl von Attacken eingeschränkt wird.
Mark Obermann, Seesen
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Migräne und Vitamin D
*** Togha M, Jahromi SR, Ghorbani Z, Martami F, Seifishahpar M et al. Serum vitamin D status in a group of migraine patients compared with healthy controls: a case-control study. Headache 2018; doi 10.111/head.13423.
Ein höherer Vitamin-D-Spiegel scheint mit einem niedrigeren Risiko für Migräne assoziiert zu sein.
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Hintergrund
Neben der bekannten Rolle als Regulator der Kalziumhomöostase und des Knochenstoffwechsels modifiziert Vitamin D auch antiinflammatorische und autoimmune Prozesse. Es gibt eine Reihe von Studien, die den Einfluss des Vitamin D bei Multipler Sklerose, bei Morbus Parkinson und bei Morbus Alzheimer belegen. Die wenigen Untersuchungen zur Rolle des Vitamin D bei Migräne kamen nicht zu einem schlüssigen Ergebnis [1,2,3].
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Zusammenfassung
In der vorliegenden Fall-Kontrollstudie wurde der Serumspiegel des 25-Hydroxy-vitamin D [25(OH)D] von 70 Migränepatienten (36 mit episodischer, 34 mit chronischer Migräne, Alter: 18-60 Jahre) eines tertiären Kopfschmerzzentrums in Teheran gemessen. Die Serumspiegel wurden mit denen von 70, dem Alter und Geschlecht angepassten, gesunden Probanden verglichen. Darüber hinaus wurde untersucht, ob ein Unterschied im Serumspiegel bei episodischer bzw. chronischer Migräne besteht. Bei Patienten mit Migräne fand sich ein signifikant niedrigerer mittlerer Vitamin D Serumspiegel im Vergleich zu den gesunden Probanden (30 ng/ml vs. 43 ng/ml). Auch hatten signifikant mehr Migränepatienten einen Vitamin-D-Mangel (definiert als < 20 ng/ml) bzw. eine Vitamin-D-Insuffizienz (definiert als 21-29 ng/ml) als die gesunden Probanden (53,7 % vs. 26,1 %). Dieser signifikante Unterschied bestand sowohl bei den Patienten mit episodischer als auch bei denen mit chronischer Migräne. Hingegen fanden sich keine signifikanten Unterschiede innerhalb der Patientengruppe zwischen chronischer und episodischer Migräne.
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Kommentar
Eine Fallzahl von 70 Patienten ist bei einer so häufigen Krankheit wie der Migräne für eine Fall-Kontroll-Studie sehr gering, sodass auch diese Studie nur einen gewissen Trend anzeigt, jedoch der Antwort, ob der Vitamin-D-Spiegel bei der Migräne eine wichtige Rolle spielt, kaum näher kommt. Die Studie untersuchte lediglich, ob ein Unterschied im Serumspiegel von Vitamin D bei Migränepatienten im Vergleich zu gesunden Probanden besteht. In den Schlussfolgerungen wird davon gesprochen, dass jede Erhöhung des Vitamin-D-Spiegels um 5 ng/ml zu einer 19 % Risikoreduktion, eine Migräne zu entwickeln, führt. Da es sich um keine prospektive Studie, sondern eine Fall-Kontrollstudie handelt, kann über das Risiko, eine Migräne zu entwickeln, keine Angabe gemacht werden. Insgesamt handelt es sich um eine sauber durchgeführte, kleine Studie, die letztendlich aber keine entscheidenden Erkenntnisse zur Rolle des Vitamin D bei Migräne liefert.
Gabriele Sixt, Bozen
Literatur
[1] Celikbilek et al. Serum levels of vitamin D, vitamin D-binding protein and vitamin D receptor in migraine patients from central Anatolia region. In J Clin Pract 2014; 68:1272–1277.
[2] Cho SJ et al. Vitamin D deficiency in migraine. Neurology (AAN Abstracts) 2018; 90: 15 Supplement.
[3] Zandifar A et al. Vitamin D status in migraine patients: a case-control study. Biomed Res Int 2014; 2014: 514782.
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Information
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Exzellente Arbeit, die bahnbrechende Neuerungen beinhaltet oder eine ausgezeichnete Übersicht bietet |
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Gute experimentelle oder klinische Studie |
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Gute Studie mit allerdings etwas geringerem Innovationscharakter |
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Studie von geringerem klinischen oder experimentellen Interesse und leichteren methodischen Mängeln |
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Studie oder Übersicht mit deutlichen methodischen oder inhaltlichen Mängeln |
Die Kopfschmerz-News werden betreut von: Priv.-Doz. Dr. Ruth Ruscheweyh, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Klinikum der Universität München, Marchioninistr. 15, 81377 München, Tel. 089/440073907, ruth. ruscheweyh@med.uni-muenchen.de
Die Besprechungen und Bewertungen der Artikel stellen die Einschätzung des jeweiligen Autors dar, nicht eine offizielle Bewertung durch die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.
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