Phlebologie 2019; 48(02): 103-111
DOI: 10.1055/a-0852-0088
Originalartikel
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Berufsgruppen- und altersabhängige Unterschiede in der Arbeitsunfähigkeit durch Varizen der unteren Extremitäten

Article in several languages: deutsch | English
Claudia Brendler
1   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
2   Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, and Berlin Institute of Health
,
Falk Liebers
1   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
,
Jacqueline Müller-Nordhorn
2   Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, and Berlin Institute of Health
3   Bayerisches Krebsregister, Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
,
Ute Latza
1   Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin
2   Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, and Berlin Institute of Health
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse / Correspondence

Claudia Brendler, MPH
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Nöldnerstraße 40/42
10317 Berlin
Phone: + 49 30 51548 4230   

Publication History

08 May 2018

02 August 2018

Publication Date:
10 April 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Hintergrund/Zielsetzung Arbeitsunfähigkeit (AU) durch Venenerkrankungen ist relativ häufig. Sie ist bei Erwerbstätigen abhängig von der beruflichen Tätigkeit. Es soll geklärt werden, ob berufsspezifische Unterschiede im Auftreten von AU-Ereignissen aufgrund der ICD 10-Diagnose „Varizen der unteren Extremitäten“ zudem abhängig vom Lebensalter sind.

Methodik Die Untersuchung basiert auf einer Sekundärdatenanalyse von AU-Daten fast aller gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands des Jahres 2008. Es liegen geschlechtsstratifizierte, aggregierte Daten von 26,2 Mio. gesetzlich pflichtversicherten Erwerbstätigen vor. Berechnet werden AU-Fallzahlen stratifiziert nach Geschlecht und Alter sowie indirekt standardisierte Morbiditätsratios für das Auftreten von AU-Fällen nach Alter und Berufsgruppen stratifiziert.

Ergebnis Beschäftigte in Produktionsberufen mit geringem und mittlerem Qualifikationsniveau sind aufgrund von Varizen besonders häufig arbeitsunfähig. In beiden Geschlechtern treten in allen Altersgruppen mindestens anderthalbmal so viele AU-Fälle wie bei qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufen (Referenzgruppe) auf. In der Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen sind Beschäftigte in gering qualifizierten Verwaltungsberufen ebenfalls anderthalbmal häufiger arbeitsunfähig als in der Referenzgruppe. Variationen der Effekte über das Lebensalter sind nachweisbar.

Diskussion/Zusammenfassung Da in Zukunft mehr ältere Erwerbstätige zu erwarten sind (Verschiebung des Rentenalters, bessere medizinische Versorgung, Erhöhung des Anteils der Erwerbstätigkeit bei Älteren), sollte die Prävention im Betrieb (z. B. im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge) verstärkt werden. Ein besonderer Schwerpunkt sollte in Produktionsberufen sowie grundsätzlich in Berufen mit geringer Qualifikation liegen.


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Hintergrund und Fragestellung

Hintergrund

Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) verursachen einen großen Anteil der Morbidität und Mortalität in industrialisierten Ländern [1]. In Deutschland bedingen sie ca. 40 % der Sterbefälle, ca. 15 % der Krankenhausfälle und die höchsten Kosten im Gesundheitswesen [2], [3]. Volkswirtschaftlich werden dabei häufig nur die Erkrankungen des Herzens und der arteriellen Gefäße betrachtet. Die sozioökonomische Bedeutung der Erkrankungen des Venen- und Lymphsystems ist ebenso beträchtlich. Sie verursachen ca. 5 % der Krankheitskosten der HKE, fast ebenso viel wie Herzinfarkte [4]. Fast ein Drittel ist durch die in der ICD 10 als I83 codierten Varizen der unteren Extremitäten bedingt. Vaskuläre Erkrankungen und insbesondere venöse Erkrankungen sind in ihrer Bedeutung für die Arbeitswelt zu wenig erforscht.

In diesem Beitrag werden basierend auf Arbeitsunfähigkeitsdaten der gesetzlichen Krankenkassen aus dem Jahr 2008 Unterschiede im Auftreten von Arbeitsunfähigkeit bedingt durch Beinvarizen in Abhängigkeit vom Beruf altersunabhängig und stratifiziert für Altersklassen deskriptiv dargestellt.


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Bedeutung

In allgemeinärztlichen Praxen stellen Varizen eine häufige Behandlungsdiagnose (Rang 14) dar [5]. Varizen sind eine chronische Erkrankung, die sowohl zu Arbeitsunfähigkeit (AU) als auch zu Frühverrentungen führen können. Sie verursachen ca. 8 % der AU-Fälle und AU-Tage der HKE [6]. Nicht alle Erkrankten haben klinisch relevante Symptome. Unbehandelt führen Varizen häufig zu Komplikationen wie dem chronischen Ödem, trophischen Hautveränderungen, Ulcus cruris, tiefer Veneninsuffizienz, Entzündungen sowie erhöhtem Thromboserisiko.

Operationen an epifaszialen Venen gehören in Deutschland zu den häufigsten Eingriffen. Es wird geschätzt, dass jährlich mehr als 350 000 Operationen aufgrund von Varizen durchgeführt werden [7]. Im Jahr 2015 gab es insgesamt ca. 93 000 vollstationäre Krankenhausfälle (ca. 34 000 Männer bzw. 59 000 Frauen) aufgrund von Varizen und 140 000 vollstationäre Operationen (ca. 49 000 Männer bzw. 91 000 Frauen). Die Fallzahl nimmt kontinuierlich mit dem Alter zu. Die altersspezifische Fallzahl steigt von 50 Fällen pro 100 000 Einwohner bei 15- bis 44-Jährigen auf 162 Fälle pro 100 000 Einwohner bei 45- bis 64-Jährigen [8].


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Häufigkeiten

Varizen der unteren Extremitäten sind die häufigste Venenerkrankung. Abhängig von der Definition und dem untersuchten Kollektiv werden sehr unterschiedlich hohe Häufigkeiten berichtet. In bevölkerungsbasierten Studien beträgt die Prävalenz zwischen 14 % und 30 % [9], [10], [11]. 2015 wurden mehr als 94 000 AU-Fälle, 60 000 bei Frauen und über 34 000 bei Männern, angegeben [6].

Daten aus Deutschland zur Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit liegen bisher nur aus der Tübinger Venenstudie von 1979 vor. Rund 5 % der an Varizen Erkrankten leiden unter starken Beeinträchtigungen im Beruf. Von ihnen waren 45 % länger als sechs Wochen arbeitsunfähig und 55 % mussten den Arbeitsplatz wechseln, umschulen oder die Arbeit aufgeben [12]. Die Rentenversicherung berichtet für 2015 von 58 Berentungen pro 100 000 Versicherten aufgrund verminderter Erwerbsfähigkeit bedingt durch Varizen [13].


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Risikofaktoren

Die Ausbildung von Varizen ist ein multifaktorielles Geschehen. Weitgehend anerkannte Risikofaktoren sind Alter, weibliches Geschlecht sowie das Zusammentreffen genetischer Disposition mit mechanischen Faktoren wie langes Stehen, Adipositas oder Schwangerschaften. Weitere allgemeine Einflussfaktoren wie sozialer Status, die Einnahme von oralen Antikontrazeptiva, geringe physische Aktivität, chronische Obstipation, steigende Körpergröße und -gewicht, Arthrose sowie Alkoholkonsum und Rauchen werden teilweise kontrovers diskutiert. Auch Zusammenhänge mit Erkrankungen des arteriellen Gefäßsystems, wie Bluthochdruck und Arteriosklerose werden beschrieben [14], [15], [16], [17], [18], [19], [20], [21], [22], [23], [24], [25].

Medizinhistorisch lange bekannt und in epidemiologischen Studien nachgewiesen ist der Zusammenhang zwischen langem Stehen am Arbeitsplatz (über 4 Stunden) und dem Auftreten von Varizen. Auch wenn nicht alle Autoren damit übereinstimmen, wird der Zusammenhang in vielen aktuellen Untersuchungen bestätigt [10], [11], [17], [22], [26], [27]. Vorwiegend sitzende Tätigkeiten werden als mögliches Risiko [17], ohne Einfluss [22] oder protektiv [19] beschrieben. Als weitere berufliche Risikofaktoren werden beruflicher Status als Arbeiter [11], schweres Heben und Tragen [28], [29], Arbeiten in geschlossenen Räumen [29], sowie berufliche Exposition gegenüber Hitze und Feuchtigkeit [30] in einzelnen Studien berichtet.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) führt regelmäßig in Kooperation mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung durch. In der Befragung 2012 [31] geben Beschäftigte (Männer und Frauen), die häufig stehen, doppelt so oft Beschwerden aufgrund geschwollener Beine an wie Beschäftigte, die nie stehen (13,5 % vs. 6,6 %). Schmerzen in den Beinen bzw. Füßen werden fünfmal häufiger (29,2 % vs. 5,9 %) berichtet (eigene Berechnungen). Insgesamt klagen Frauen häufiger über Beschwerden in den Beinen als Männer.


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Fragestellung

Bedingt durch die demographische Entwicklung und die verlängerte gesetzliche Lebensarbeitszeit bis zum 67. Lebensjahr ist mit einem Anstieg der AU aufgrund von Beinvarizen zu rechnen, da diese im Alter vermehrt auftreten. Aufgrund unterschiedlicher Beanspruchungen in den Berufen ist es wichtig, den Altersgang der AU auch berufsabhängig zu kennen.

In den regelmäßig veröffentlichten Statistiken der Krankenkassen und der Bundesregierung über gesetzlich Versicherte werden AU-Fälle und -Tage für beide Geschlechter aggregiert nach Diagnose-, sowie teilweise auch nach Alters- oder Berufsgruppen berichtet [6]. Bisherige Auswertungen der Arbeitsunfähigkeit durch Varizen an den Beinen berücksichtigen weder den Beruf noch Modifikationen im Altersverlauf für das Auftreten von AU durch Varizen.

In diesem Beitrag wird das Auftreten von AU-Fällen aufgrund von Varizen der unteren Extremitäten (I83) zwischen verschiedenen Berufsgruppen dargestellt. Alters- und berufsgruppenabhängige Muster werden untersucht. Es wird angenommen, dass in den betroffenen Berufsgruppen das standardisierte Morbiditätsratios (SMR) insbesondere in den jüngeren bis mittleren Altersklassen erhöht ist und eine Annäherung an die Referenzgruppe mit dem Alter erfolgt, da Varizen im jüngeren Alter seltener auftreten und im höheren Alter mit einem Healthy-Worker-Effekt zu rechnen ist.

Die Ergebnisse werden für Männer und Frauen getrennt beschrieben.


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Methodik

Datengrundlage

Die hier vorgestellte Analyse war Bestandteil eines Forschungsprojekts der BAuA (F2255) mit Sekundärdaten [32]. Für dieses Projekt wurden aggregierte Daten von fast allen Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Arbeitsunfähigkeit in Deutschland für das Kalenderjahr 2008 zusammengestellt. Es lagen Angaben zu insgesamt 26,2 Mio. erwerbstätig Versicherten aus AOK, BKK, IKK, BARMER, TK, DAK, GEK und Knappschaft vor. Die Datenübermittlung erfolgte gruppiert in fünf Altersklassen von 15 bis 64 Jahren.

Die Zahl der AU-Fälle und -Tage zu den 22 häufigsten HKE (Kapitel IX, ICD-10) [33] inklusive der Diagnose I83 Varizen der unteren Extremitäten wurden getrennt für beide Geschlechter zur Verfügung gestellt.

Der Datensatz bildet mit insgesamt 13,7 Mio. Männern und 12,5 Mio. Frauen die erwerbstätigen GKV-Pflichtversicherten des Jahres 2008 fast vollständig ab. Am stärksten besetzt ist die Altersklasse der 35- bis 44-Jährigen (3,6 Mio. Männer und 3,2 Mio. Frauen), am niedrigsten die Altersklasse der Erwerbstätigen zwischen 55 und 64 Jahren (1,6 Mio. Männer, 1,5 Mio. Frauen) ([ Tab. 1 ]).

Tab. 1

Anzahl der Fälle von Arbeitsunfähigkeit durch „Varizen der unteren Extremitäten“, stratifiziert nach Geschlecht und Alter (10 Jahresklassen), Deutschland 2008.

Männer

Frauen

Alter (Jahre)

Anzahl Versicherte

AU-Fälle

Fälle/1000 Versicherte

AU-Tage

Tage/Fall

Anzahl Versicherte

AU-Fälle

Fälle/1000 Versicherte

AU- Tage

Tage/Fall

15 bis 24

2 155 260

725

0,34

8756

12,1

1 777 943

1091

0,61

12 000

11,0

25 bis 34

3 149 471

3040

0,97

46 245

15,2

2 695 645

5 025

1,86

64 908

12,9

35 bis 44

3 575 320

7992

2,24

137 167

17,2

3 195 389

14 674

4,59

219 886

15,0

45 bis 54

3 214 339

11 732

3,65

214 517

18,3

3 237 518

20 873

6,45

346 474

16,6

55 bis 64

1 635 679

8798

5,38

180 811

20,6

1 539 247

13 279

8,63

253 799

19,1

insgesamt

13 730 069

32 287

2,35

587 496

18,2

12 445 742

54 942

4,41

897 067

16,3


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Datenauswertung

Angaben zum Beruf waren entsprechend der Klassifikation der Berufe [34] für die dreistellige Berufsordnung kodiert. Die Berufsgruppen wurden entsprechend der Klassifikation von Blossfeld [35] gebildet. Diese fasst die 336 Berufe sekundär in 12 Berufsgruppen entsprechend Qualifikation und Tätigkeitsanforderungen zusammen. Eine Auflistung mit Angabe zur Gruppengröße für Männer und Frauen findet sich in [ Tab. 2 ] und [ Tab. 3 ]. Zur genauen Beschreibung siehe Liebers et al. 2016 [32].

Tab. 2

Standardisiertes Morbiditätsratio mit 99,99 % Konfidenzintervall (KI) der alters- und berufsgruppenspezifischen Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Diagnose „Varizen der unteren Extremitäten“ von pflichtversicherten Erwerbstätigen in Deutschland 2008, Männer. Standardisiert für die gesetzlichen Krankenkassen.

Versicherte

Standardisiertes Morbiditätsratio [99,99 % KI]

Berufsgruppe nach Blossfeld 1985*

15–24 Jahre

25–34 Jahre

35–44 Jahre

45–54 Jahre

55–64 Jahre

gesamt

*Bezeichnung der Berufsgruppen von Blossfeld leicht modifiziert: Ersetzungen: „einfach“ durch „gering qualifiziert“, „Dienste“ durch „Dienstleistungsberufe“, „kaufmännische und Verwaltungsberufe“ durch „Verwaltungsberufe“

qualifizierte manuelle Berufe

3 538 972

1,21
[0,96–1,49]

1,94
[1,71–2,20]

1,74
[1,61–1,88]

1,60
[1,50–1,71]

1,50
[1,39–1,61]

1,61
[1,55–1,68]

gering qualifizierte manuelle Berufe

2 951 981

1,19
[0,84–1,61]

1,97
[1,72–2,25]

1,77
[1,63–1,92]

1,52
[1,42–1,62]

1,55
[1,43–1,68]

1,61
[1,55–1,68]

gering qualifizierte Verwaltungsberufe

542 660

1,08
[0,48–2,04]

1,20
[0,82–1,70]

1,47
[1,18–1,82]

1,20
[0,97–1,47]

1,11
[0,86–1,41]

1,24
[1,10–1,40]

gering qualifizierte Dienstleistungsberufe

2 333 934

1,29
[0,80–1,96]

1,70
[1,43–2,01]

1,18
[1,06–1,31]

1,15
[1,06–1,25]

1,11
[1,01–1,21]

1,18
[1,12–1,24]

qualifizierte Dienstleistungsberufe

318 130

0,58
[0,08–1,97]

1,25
[0,74–1,96]

1,12
[0,81–1,51]

1,17
[0,90–1,49]

1,19
[0,87–1,59]

1,16
[0,99–1,34]

Agrarberufe

309 992

1,12
[0,40–2,41]

1,47
[0,83–2,38]

1,34
[0,98–1,77]

1,06
[0,81–1,35]

1,03
[0,75–1,38]

1,15
[0,98–1,33]

Techniker

667 643

0,35
[0,03–1,27]

1,08
[0,70–1,57]

1,39
[1,14–1,68]

1,05
[0,88–1,25]

0,97
[0,79–1,17]

1,09
[0,99–1,21]

Semiprofessionen

404 730

1,11
[0,34–2,60]

1,40
[0,89–2,10]

1,24
[0,94–1,60]

0,93
[0,72–1,17]

1,07
[0,81–1,38]

1,08
[0,94–1,24]

Manager

221 965

1,27
[0,05–5,83]

0,76
[0,34–1,42]

0,56
[0,31–0,92]

0,90
[0,62–1,27]

0,93
[0,65–1,29]

0,82
[0,66–1,01]

Ingenieure

331 193

0,79
[0,01–4,35]

0,60
[0,32–1,01]

0,70
[0,46–1,01]

0,83
[0,57–1,15]

0,82
[0,56–1,15]

0,76
[0,62–0,91]

Professionen

133 762

0,00
[0,00–0,00]

0,29
[0,07–0,76]

0,50
[0,20–1,00]

0,65
[0,30–1,22]

1,05
[0,53–1,84]

0,61
[0,41–0,86]

nicht zuordenbar

345 331

0,74
[0,37–1,29]

1,03
[0,53–1,80]

0,81
[0,46–1,31]

0,74
[0,47–1,09]

0,42
[0,21–0,74]

0,70
[0,55–0,88]

qualifizierte Verwaltungsberufe

1 636 398

1
(Referenz)

1
(Referenz)

1
(Referenz)

1
(Referenz)

1
(Referenz)

1
(Referenz)

AU-Fälle/10 000 in Referenz (roh)

3

6

14

26

37

15

Tab. 3

Standardisiertes Morbiditätsratio mit 99,99 % Konfidenzintervall (KI) der alters- und berufsgruppenspezifischen Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Diagnose „Varizen der unteren Extremitäten“ von pflichtversicherten Erwerbstätigen in Deutschland 2008, Frauen. Standardisiert für die gesetzlichen Krankenkassen.

Versicherte

Standardisiertes Morbiditätsratio [99,99 % KI]

Berufsgruppe nach Blossfeld 1985*

15–24 Jahre

25–34 Jahre

35–44 Jahre

45–54 Jahre

55–64 Jahre

gesamt

*Bezeichnung der Berufsgruppen von Blossfeld leicht modifiziert: Ersetzungen: „einfach“ durch „gering qualifiziert“, „Dienste“ durch „Dienstleistungsberufe“, „kaufmännische und Verwaltungsberufe“ durch „Verwaltungsberufe“

qualifizierte manuelle Berufe

482 647

1,29
[0,77–2,01]

2,16
[1,70–2,70]

1,72
[1,49–1,96]

1,68
[1,50–1,87]

1,74
[1,53–1,97]

1,73
[1,61–1,84]

gering qualifizierte manuelle Berufe

842 681

1,04
[0,59–1,66]

1,91
[1,56–2,31]

1,52
[1,37–1,68]

1,44
[1,33–1,56]

1,54
[1,40–1,70]

1,51
[1,43–1,58]

gering qualifizierte Verwaltungsberufe

1 719 310

1,25
[0,92–1,66]

1,62
[1,40–1,85]

1,47
[1,36–1,58]

1,31
[1,22–1,40]

1,38
[1,27–1,50]

1,39
[1,34–1,45]

gering qualifizierte Dienstleistungsberufe

1 448 912

1,21
[0,83–1,69]

1,60
[1,35–1,87]

1,34
[1,23–1,46]

1,30
[1,22–1,39]

1,39
[1,29–1,50]

1,35
[1,30–1,41]

qualifizierte Dienstleistungsberufe

1 282 075

1,30
[0,99–1,67]

1,27
[1,08–1,48]

1,23
[1,10–1,37]

1,20
[1,09–1,32]

1,25
[1,10–1,42]

1,23
[1,16–1,30]

Agrarberufe

130 253

0,60
[0,12–1,71]

1,34
[0,76–2,18]

1,19
[0,86–1,59]

1,19
[0,89–1,55]

1,24
[0,84–1,77]

1,19
[1,0–1,40]]

Techniker

358 308

0,84
[0,29–1,84]

1,48
[1,08–1,96]

1,13
[0,93–1,36]

1,08
[0,91–1,28]

1,16
[0,92–1,45]

1,15
[1,03–1,27]

Semiprofessionen

1 851 860

0,99
[0,69–1,37]

1,34
[1,16–1,53]

1,27
[1,17–1,38]

1,20
[1,12–1,28]

1,24
[1,13–1,36]

1,23
[1,18–1,29]

Manager

245 286

0,61
[0,10–1,94]

0,68
[0,43–1,03]

0,70
[0,51–0,93]

0,83
[0,63–1,06]

1,00
[0,72–1,35]

0,80
[0,68–0,93]

Ingenieure

107 437

0,45
[0,00–5,59]

0,94
[0,54–1,52]

0,61
[0,37–0,94]

0,84
[0,52–1,27]

0,78
[0,34–1,50]

0,77
[0,59–0,97]

Professionen

223 620

0,57
[0,00–4,16]

0,60
[0,38–0,91]

0,74
[0,54–0,98]

0,81
[0,59–1,07]

0,88
[0,57–1,29]

0,75
[0,63–0,89]

nicht zuordenbar

249 508

0,71
[0,38–1,20]

0,70
[0,38–1,18]

0,53
[0,32–0,81]

0,61
[0,40–0,89]

0,60
[0,32–1,03]

0,62
[0,49–0,76]

qualifizierte Verwaltungsberufe

3 509 418

1
(Referenz)

1
(Referenz)

1
(Referenz)

1
(Referenz)

1
(Referenz)

1
(Referenz)

AU-Fälle/10 000 in Referenzgruppe (roh)

5

14

37

52

63

34

In diesem Beitrag werden nur die Ergebnisse für AU-Fälle vorgestellt. Für die Aussagen zu relativen Häufigkeiten wurden die Anzahl der AU-Fälle je Diagnose auf die Anzahl der Versicherten pro Altersklasse und Beruf (bzw. Berufsgruppe) bezogen. Als Effektschätzer wurden SMR als Verhältnis der beobachteten zur erwarteten Anzahl berechnet. Das SMR wird als relatives Risiko interpretiert.

  • Das generelle berufsgruppenspezifische SMR ist indirekt standardisiert. Berücksichtigt wurden Alter und Kassenzugehörigkeit als Einflussfaktoren. Alle Berechnungen erfolgten geschlechtsstratifiziert. Referenzgruppe für die Auswertung waren die Bürofachkräfte bzw. die qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufe. Die Auswahl erfolgte aufgrund der hohen Anzahl an Beschäftigten in beiden Geschlechtern und der teilweise geringen physischen Belastung.

  • Für die Berechnung der berufsgruppenspezifischen SMR im Altersverlauf erfolgte die Berechnung jeweils für Probanden einer Berufsgruppe innerhalb einer der fünf Altersklassen im Vergleich zu altersgleichen Probanden der Referenzberufsgruppe. Die indirekte Standardisierung berücksichtigt in diesem Fall nur die Kassenzugehörigkeit.

Für die SMR wurden exakte Konfidenzintervalle (KI) berechnet. Aufgrund des multiplen Testens wurden erweiterte 99,99 % KI verwendet. Als signifikant werden Effektschätzer bewertet, deren KI des SMR die 1 nicht einschließt.

Bei der Berechnung konnten nur Angaben zu Geschlecht, Altersklasse und Krankenkasse als Kovariablen berücksichtigt werden. Weitere Angaben wie z. B. zu sozioökonomischem Status, Einkommen, Bildung, Konstitution oder Disposition lagen nicht vor.

Für die Verwaltung und Auswertung, wurde die relationale Datenbank Microsoft Access 2003 verwendet.


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Ergebnisse

Altersspezifische AU-Ereignissen

Im Jahr 2008 wurden 87 229 Fälle von AU aufgrund von Varizen an den Beinen bei Beschäftigten im Alter von 15 bis 64 Jahren beobachtet. Bei den Männern führten 32 287 AU-Fälle (2,1/1000 Beschäftigte) zu 587 496 AU-Tagen (42,8/1000 Beschäftigte). Bei den Frauen führten die 54 942 AU-Fälle (4,1/1000 Beschäftigte) zu 897 067 AU-Tagen (72,1/1000 Beschäftigte). Die durchschnittliche Dauer einer AU betrug bei Männern 18,2 und bei Frauen 16,3 Tage. Sowohl Männer und als auch Frauen zeigten einen altersabhängigen Anstieg der AU. Ebenso nahm in beiden Geschlechtern die absolute Anzahl der AU-Fälle mit dem Alter zu ([ Tab. 1 ]). Genauere Ausführungen finden sich bei Liebers 2016 [32].


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Berufsgruppenspezifische Arbeitsunfähigkeit

Bei Beschäftigten in qualifizierten manuellen Berufen (♂ SMR 1,61; KI: [1,55–1,68] und ♀ SMR 1,73 [1,61–1,84]), in gering qualifizierten manuellen Berufen (♂ SMR 1,61 [1,55–1,68] und ♀ SMR 1,51 [1,43–1,58]), in gering qualifizierten Verwaltungsberufen (♂ SMR 1,24 [1,10–1,40] und ♀ SMR 1,39 [1,34–1,45]) sowie in gering qualifizierten Dienstleistungsberufen (♂ SMR 1,18 [1,12–1,24] und ♀ SMR 1,35 [1,30–1,41]) traten mehr AU-Fälle aufgrund von Varizen als in der Referenzgruppe auf. Anders als bei den Männern traten bei Frauen auch in den Berufsgruppen der Semiprofessionen [ 1 ] (SMR 1,23 [1,18–1,29]), der qualifizierten Dienstleistungsberufe (SMR 1,23 [1,16–1,30]), der Agrarberufe (SMR 1,19 [1,00–1,40]) sowie der Techniker (SMR 1,15 [1,03–1,27]) mehr AU-Fälle als in der Referenzgruppe auf ([ Tab. 2 ] und [ Tab. 3 ]). Die folgenden altersabhängigen Untersuchungen wurden für die hier genannten Berufsgruppen durchgeführt.

Für beide Geschlechter konnte bestätigt werden, dass einzelne Berufe aus den Berufsgruppen der manuellen Berufe und der gering qualifizierten Dienstleistungs- und Verwaltungsberufe ein erhöhtes Risiko aufweisen. Mit 2- bzw. 3-mal mehr AU-Fällen pro 1000 Versicherte als bei Bürofachkräften waren sowohl Männer als auch Frauen in folgenden Einzelberufen besonders betroffen: Konditoren (SMR ♂ 3,08 bzw. ♀ 2,74), Backwarenhersteller (SMR ♂ 2,77; ♀ 2,21) sowie Kunststoffverarbeiter (SMR ♂ 1,94; ♀ 1,95). Ergebnisse nicht dargestellt, ausführlich siehe Liebers et al. 2016 [32].


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Alters- und berufsgruppenspezifische Arbeitsunfähigkeit

Die Häufigkeit des Auftretens von AU-Fällen aufgrund der Diagnose I83 stieg in allen Berufsgruppen mit den Altersklassen an.

In beiden Geschlechtern wurden bei Betrachtung der einzelnen Altersklassen bei den 15- bis 24-Jährigen in allen Berufsgruppen sehr wenige AU-Fälle beobachtet. Keine Berufsgruppe wies signifikant mehr AU-Fälle als die Referenzgruppe auf.

In den drei Altersklassen von 25 bis 54 Jahren zeigten sich bei den Männern durchgängig signifikant vermehrt AU-Fälle in qualifizierten sowie gering qualifizierten manuellen Berufen und in gering qualifizierten Dienstleistungsberufen, entsprechend den Ergebnissen der altersunabhängigen Untersuchung. Auffällig waren die hohen Werte in der Altersklasse der 25- bis 34-Jährigen in diesen Berufsgruppen im Vergleich zur Referenzgruppe. In der höchsten Altersklasse (55 bis 64 Jahre) traten bei manuellen Berufen weiterhin wesentlich mehr AU-Fälle als in der Referenzgruppe auf. In den anderen Berufsgruppen glich sich das Risiko dem der qualifizierten Verwaltungsberufe (Referenz) an. Bei den gering qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufen bestanden nur in der mittleren Altersklasse (35 bis 44 Jahre) signifikant mehr AU-Fälle als in der Referenzgruppe (siehe [ Abb. 1 ]).

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Abb. 1 Standardmorbiditätsratio (SMR) für das Auftreten von Arbeitsunfähigkeitsfällen (AU-Fälle) im Altersverlauf aufgrund von Varizen der unteren Extremitäten bei Männern für Berufsgruppen mit altersunabhängig erhöhter AU-Fallzahl im Vergleich zu gleichaltrigen Beschäftigten in qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufen (Referenz).

Bei den Frauen zeigten die Altersklassen ab 25 Jahren signifikant mehr AU für qualifizierte sowie gering qualifizierte manuelle Berufe, qualifizierte sowie gering qualifizierte Dienstleistungsberufe, Semiprofessionen, gering qualifizierte Verwaltungsberufe und Techniker als die Referenzgruppe analog den altersunabhängigen Ergebnissen (siehe [ Abb. 2 ]).

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Abb. 2 Standardmorbiditätsratio (SMR) für das Auftreten von Arbeitsunfähigkeitsfällen (AU-Fälle) im Altersverlauf aufgrund von Varizen der unteren Extremitäten bei Frauen für Berufsgruppen mit altersunabhängig erhöhter AU-Fallzahl im Vergleich zu gleichaltrigen Beschäftigten in qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufen (Referenz).

Die meisten AU-Fälle in der höchsten Altersklasse traten wie bei den Männern in den manuellen Berufen und zusätzlich in den gering qualifizierten Dienstleistungs- sowie Verwaltungsberufen auf. Auffällig waren (wie bei den Männern auch) relativ viele AU-Fälle in der Altersklasse der 25- bis 34-Jährigen in den manuellen Berufen, den gering qualifizierten Dienstleistungsberufen und zusätzlich in den gering qualifizierten Verwaltungsberufen im Vergleich zur Berufsgruppe der qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufe. Auch bei Beschäftigten in Semiprofessionen, qualifizierten Dienstleistungsberufen sowie als Techniker traten in dieser Altersgruppe mehr AU-Fälle als in der Referenzgruppe auf. Das Risiko für AU-Fälle durch Varizen blieb trotz relativen Rückgangs auch mit steigendem Alter gegenüber der Referenz erhöht. In den Agrarberufen bestand in keiner Altersklasse ein signifikant unterschiedliches Ergebnis zu der Referenzgruppe (nicht abgebildet).

Eine differenziertere Auswertung der fünf Altersklassen bezogen auf Einzelberufe war aufgrund der geringen Zellenbesetzung nicht möglich.


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Diskussion

Ergebniszusammenfassung

Die berufsbezogene Auswertung von AU-Daten informiert vorrangig über das Ausmaß der sozialen Betroffenheit der Beschäftigten in verschiedenen Berufen und Berufsgruppe. Viele Berufe sind trotz Varizen gut ausführbar, während in anderen Berufen, abhängig von der Arbeitsaufgabe, eine Arbeitsausübung nur bedingt möglich ist. Können Beschäftigte ihre Tätigkeit aufgrund der Beschwerden nicht mehr oder nur unter weiterer Verschlechterung ausüben, kommt es zu AU. Varizen können, wie andere HKE auch, zu langer AU und sogar zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit führen [12].

Die Analyse zum berufs- und altersabhängigen Auftreten von AU aufgrund von Beinvarizen wurde mit aggregierten Sekundärdaten durchgeführt. Da ca. 90 % der gesetzlich pflichtversicherten Erwerbstätigen erfasst wurden, sind die Daten als repräsentativ anzusehen. Die ausgewählte Diagnose zeigte erwartungsgemäß einen starken absoluten und relativen Anstieg von AU-Fällen mit dem Alter. Dies entspricht den bereits vorliegenden Ergebnissen zu anderen HKE [36]). Obwohl bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen nur geringe Unterschiede in der Häufigkeit von Varizen zwischen den Geschlechtern bekannt sind [37]), traten bei Frauen bereits ab der jüngsten Altersklasse mehr AU-Fälle als bei Männern auf. Die Berufsgruppen qualifizierte und gering qualifizierte manuelle Berufe, gering qualifizierte Dienstleistungsberufe sowie gering qualifizierte kaufmännische und Verwaltungsberufe zeigten für beide Geschlechter altersunabhängig erhöhte Risiken gegenüber der Referenz für das Auftreten von AU-Fällen. Bei den Frauen besteht diese Erhöhung auch bei Semiprofessionen, qualifizierten Dienstleistungsberufen, Agrarberufen und bei Technikern.

Varizen sind eine chronische, sich progredient entwickelnde Erkrankungen, die und deren Folgen bei Jüngeren seltener auftreten. Durch die kurze Zeit im Beruf kann von einer geringen berufsbedingten Risikoerhöhung der Erkrankung und der AU ausgegangen werden. Die relative Häufigkeit von Varizen steigt mit dem Alter an. Die Summierung der Belastungen über die Arbeitsjahre kann zu einer weiteren Erhöhung der relativen Häufigkeit von AU-Fällen bei Erwerbstätigen beitragen. Die Stratifizierung der Auswertung nach Altersklassen bietet eine differenzierte Darstellung der Betroffenheit durch AU.

In der jüngsten Altersklasse bestanden für fast alle Berufsgruppen unpräzise Schätzwerte aufgrund von geringen Fallzahlen. In fast allen Berufsgruppen war ein deutlicher Anstieg der AU-Fälle verglichen mit der Gruppe der qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufe von der Altersklasse der 15- bis 24-Jährigen zu den 25- bis 34-Jährigen zu beobachten.

Dies wurde bei Männern bereits in Untersuchungen zu anderen Erkrankungen (Myokardinfarkt, Rückenschmerzen und Gonarthrose) gesehen. In den genannten Diagnosen konnte bei den Frauen kein derartiger Anstieg gefunden werden. Bei der arteriellen Hypertonie gilt dies für beide Geschlechter [36], [38].

Das Risiko aufgrund von Varizen arbeitsunfähig zu werden war ab dem Alter von 35 Jahren relativ konstant. Bestehende Unterschiede zwischen den Berufsgruppen blieben bestehen. Beschäftigte in manuellen Berufen wiesen aber auch in der höchsten Altersklasse die höchste AU auf.


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Fehlerdiskussion

Die Ergebnisse der altersbezogenen Auswertung beruhen auf Querschnittsdaten und stellen keine Verlaufsbeobachtung einer Kohorte dar [39]). Eine kausale Interpretation zwischen beruflicher Exposition und Erkrankung ist nicht möglich. Außer Alter, Geschlecht und Kassenzugehörigkeit konnten keine weiteren Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Als wichtige Störgrößen sind sozio-ökonomischer Status und Lebensstilfaktoren anzusehen.

Der Auswertung lagen aggregierte, keine personenbezogenen AU-Daten zugrunde. Aus der Anzahl von AU-Fällen kann nicht auf die Zahl der betroffenen Versicherten geschlossen werden, da mehrere AU-Fälle pro Versichertem pro Jahr auftreten können. Zur weitergehenden Interpretation der Studienergebnisse wird auf die Fehlerdiskussion in der vorliegenden Literatur [32] bzgl. des Berufs als Surrogat für arbeitsbezogene und außerberufliche Risiken und die Möglichkeiten der Fehlklassifikation bei der Berufskodierung verwiesen.

Der starke Risikoanstieg bei den 25- bis 34-Jährigen beruht u. a. auf relativ wenigen AU-Fällen in der Vergleichsgruppe in dieser Altersklasse. Es besteht die Möglichkeit, dass das Auftreten von Varizen in diesem Alter gleichmäßig zwischen den Berufsgruppen verteilt ist, jedoch nur in beanspruchten Berufsgruppen Erwerbstätige infolge dieser Diagnose arbeitsunfähig werden. Ebenso ist es möglich, dass in den betroffenen Berufsgruppen die Varizen früher auftreten und deshalb in dieser Altersgruppe bereits zu AU führt. In den höheren Altersklassen kann man davon ausgehen, dass z. B. durch langjährige stehende Tätigkeiten mehr Varizen und Komplikationen verursacht werden [27].

Healthy-Worker-Effekte sind ebenfalls zu bedenken. Beschäftigte, die schon in ihrer Jugend an Varizen leiden, werden seltener Berufe mit zusätzlichen Risikofaktoren – insbesondere Stehen – aufnehmen oder in diesen verbleiben.

Aus den vorliegenden Daten kann nicht auf die Ursache (ambulante oder stationäre bzw. operative oder konservative Therapie) der AU geschlossen werden. Bei über 75 000 stationären Operationen in der Altersgruppe der 15 bis 64-Jährigen [8] und wahrscheinlich ebenso vieler ambulanter Operationen [7], kann davon ausgegangen werden, dass viele AU-Fälle aufgrund operativer Eingriffe erfolgen.


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Schlussfolgerung

Die Ergebnisse der Auswertung zeigen, dass die Diagnose Varizen der unteren Extremitäten u. a. aufgrund der Häufigkeit der AU auch in der Erwerbsbevölkerung einen bedeutenden gesundheitlichen sowie wirtschaftlichen Faktor darstellt. Obwohl Varizen keine schwerwiegende Erkrankung sind, besitzen sie eine hohe Public Health Relevanz. Ein Großteil der Bevölkerung erkrankt im Laufe des Lebens an Varizen, welche Beschwerden sowie wirtschaftliche Schäden bedingen können. Diese Auswertung erweitert das Wissen um aktuelle alters- und berufsgruppenabhängige Häufigkeiten einer Einzeldiagnose, die in dieser Art noch nicht berichtet wurden. Der Handlungsbedarf für Prävention (primär und sekundär) und Arbeitsgestaltung sowie der Forschungsbedarf wird damit unterstrichen.

Es ist davon auszugehen, dass bei den heute Jüngeren der bekannte Anstieg der AU aufgrund von HKE mit dem Alter bedingt durch die höhere Prävalenz der Risikofaktoren (Adipositas, Bewegungsarmut) eher stärker ausfällt [40]. Varizen als direkte bzw. indirekte (z. B. Komplikationen wie Ulcus cruris) Ursache von AU steigen mit dem Alter stark an. Da in Zukunft wesentlich mehr ältere Erwerbstätige zu erwarten sind [41], soll versucht werden mit geeigneten primär und auch sekundär präventiven Maßnahmen einen Anstieg der AU-Fälle durch Varizen in der Erwerbsbevölkerung zu verhindern. Offen bleibt, in welchem Umfang betriebliche Maßnahmen mit anderen Zielsetzungen, wie z. B. die Reduktion der körperlichen Unterforderung am Arbeitsplatz durch Einführung und Nutzung von Steharbeitsplätzen, im Zusammenhang mit der Entstehung von Varizen der unteren Extremitäten, zu bewerten sind.

Varizen sind in manuellen Berufen der Produktion und in Dienstleistungsberufen, in denen auch Arbeiten im Stehen charakteristisch ist, überdurchschnittlich häufig ein Grund für AU. Berufsspezifische Präventionsansätze, z. B. durch die Verminderung von langdauerndem Stehen oder Früherkennung im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge, sollten hier teilweise schon früh etabliert werden. Diese Maßnahmen sollen nicht nur auf Verhaltensprävention, sondern auch auf die Verhältnisprävention zielen.

Ethikkommission, Einverständniserklärung

Die Konsultation einer Ethikkommission ist bei Analysen, die ausschließlich auf Sekundärdaten basieren, nicht erforderlich. (Laut: Gute Praxis Sekundärdatenanalyse (GPS), Leitlinien und Empfehlungen, 3. Fassung 2012, geringfügig modifiziert 2014)

Es wurden ausschließlich aggregierte Daten übermittelt und ausgewertet. Rückschlüsse/Bezüge zu einzelnen Personen sind nicht möglich. Daher sind keine Einverständniserklärungen erforderlich.


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1 Semiprofessionen: Dienstleistungsberufe, die sich durch eine Verwissenschaftlichung der Berufspositionen auszeichnen, z. B. Krankenschwestern, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Real- und Volksschullehrer im Gegensatz zu Professionen: Freie Berufe und hochqualifizierte Dienstleistungsberufe, z. B. Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Richter, Gymnasiallehrer, Sozial- und Geisteswissenschaftler



Korrespondenzadresse / Correspondence

Claudia Brendler, MPH
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Nöldnerstraße 40/42
10317 Berlin
Phone: + 49 30 51548 4230   


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Abb. 1 Standardmorbiditätsratio (SMR) für das Auftreten von Arbeitsunfähigkeitsfällen (AU-Fälle) im Altersverlauf aufgrund von Varizen der unteren Extremitäten bei Männern für Berufsgruppen mit altersunabhängig erhöhter AU-Fallzahl im Vergleich zu gleichaltrigen Beschäftigten in qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufen (Referenz).
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Abb. 2 Standardmorbiditätsratio (SMR) für das Auftreten von Arbeitsunfähigkeitsfällen (AU-Fälle) im Altersverlauf aufgrund von Varizen der unteren Extremitäten bei Frauen für Berufsgruppen mit altersunabhängig erhöhter AU-Fallzahl im Vergleich zu gleichaltrigen Beschäftigten in qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufen (Referenz).
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Fig. 1 Standard morbidity ratio (SMR) among men of various age groups for the occurrence of sick leave events due to varicose veins of the lower extremities for occupational groups with an age-independent increased number of sick leave events compared to aged-matched ­employees in skilled sales and administrative occupations (reference)
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Fig. 2 Standard morbidity ratio (SMR) among women of various age groups for the occurrence of sick leave events due to varicose veins of the lower extremities for occupational groups with an age-independent increased number of sick leave events compared to aged-matched employees in skilled sales and administrative occupations (reference)