Transfusionsmedizin 2019; 9(04): 257-259
DOI: 10.1055/a-0852-5196
Recht
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Anmerkungen zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Januar 2019, BVerwG 3 C5.17

Zum erlaubnisfreien Betreiben einer Knochenbank
Bita Bakhschai
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Publication Date:
18 November 2019 (online)

Einleitung

Die Transplantation knöchernen Gewebes, und dabei vor allem von Knochen, erfolgt zur Behandlung von ausgedehnten Defekten des muskuloskeletalen Systems, vor allem bei Prothesenwechseloperationen, sportmedizinischen Eingriffen und Rekonstruktionen nach ausgedehnten Tumorresektionen [1]. Dabei besteht die Hauptgefahr einer Transplantation in der potenziellen Übertragung klinisch relevanter Infektionserreger. Schwerpunkt beim Betreiben einer Gewebebank ist daher die umfassende Qualitätssicherung bei der Spenderauswahl und -testung sowie Gewebeentnahme, die sich an den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis orientiert [2].

Im vorliegenden Fall geht es um eine klinikeigene Knochenbank, in der bei Operationen anfallende Femurköpfe als Spendermaterial zur allogenen Anwendung aufbereitet und gelagert werden. Dabei werden die für die Gewinnung erforderlichen serologischen Laboruntersuchungen auf HIV 1 und 2 sowie auf Hepatitis B und C im klinikeigenen Labor durchgeführt. Zum Ausschluss einer Infektion mit Treponema pallidum (Syphilis) und zur Prüfung auf Sterilität der Gewebezubereitung (also mikrobiologische Untersuchungen) wird ein externes Labor eingeschaltet.

 
  • Quellen und Anmerkungen

  • 1 Vgl. Pruß in: Jerosch/Katthagen/Pruß, Knochentransplantation – Knochenbank und klinische Anwendung von Bankknochen, Deutscher Ärzte-Verlag GmbH 2012, S. 3
  • 2 Pruß, a.a.O
  • 3 §§ 20b und 20c des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202)
  • 4 TPG-Gewebeverordnung vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 512), zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. Juli 2017 (BGBl. I S. 2842)
  • 5 Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Protokoll vom 24. September 2013, Az.: 19 K 594/12; Einer förmlichen gerichtlichen Entscheidung bedurfte es hier nicht, weil die Behörde die Untersagungsverfügung aufgehoben hat
  • 6 Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg, Urteil vom 30. Oktober 2014, Az.: RO 5 K 14.1029
  • 7 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 19. Januar 2017, Az.: 20 BV 15.21
  • 8 § 20b Abs. 1 AMG (Erlaubnis für die Gewinnung von Gewebe und die Laboruntersuchungen) lautet auszugsweise wie folgt: „Eine Einrichtung, die zur Verwendung bei Menschen bestimmte Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes gewinnen (Entnahmeeinrichtung) oder die für die Gewinnung erforderlichen Laboruntersuchungen durchführen will, bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde. Gewinnung im Sinne von Satz 1 ist die direkte oder extrakorporale Entnahme von Gewebe einschließlich aller Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, das Gewebe in einem be- oder verarbeitungsfähigen Zustand zu erhalten, eindeutig zu identifizieren und zu transportieren. […].“
  • 9 § 20c Abs. 1 AMG (Erlaubnis für die Be- oder Verarbeitung, Konservierung, Prüfung, Lagerung oder das Inverkehrbringen von Gewebe oder Gewebezubereitungen) hat nachstehenden Wortlaut: „Eine Einrichtung, die Gewebe oder Gewebezubereitungen, die nicht mit industriellen Verfahren be- oder verarbeitet werden und deren wesentliche Be- oder Verarbeitungsverfahren in der Europäischen Union hinreichend bekannt sind, be- oder verarbeiten, konservieren, prüfen, lagern oder in den Verkehr bringen will, bedarf abweichend von § 13 Abs. 1 einer Erlaubnis der zuständigen Behörde nach den folgenden Vorschriften. […].“
  • 10 Gewebe sind gemäß § 1a Nr. 4 Transplantationsgesetz „alle aus Zellen bestehenden Bestandteile des menschlichen Körpers, die keine Organe nach Nummer 1 sind, einschließlich einzelner menschlicher Zellen.“
  • 11 Gewebezubereitungen sind gemäß § 4 Abs. 30 AMG „Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.“ Hierunter fallen insbesondere Arzneimittel aus Augenhornhaut (Cornea), Bindegewebe (Faszien), Dura mater (äußere straffe Hüllhaut des Zentralnervensystems), embryonale und fötale Gewebe, Gehörknöchelchen, Herzgefäße, Herzklappen, Herzbeutel (Pericardium), Knochenmark, Knochenpräparationen, Lederhaut (Sclera), Operations- und Sektionsreste, Plazenta, Sehnen, Tibia (Schienbein), Tumorgewebe, Weichgewebe, Zellansammlungen z. B. Hautstücke, aber auch einzelne Zellen z. B. Stammzellen (vgl. Kloesel/Cyran/Feiden/Pabel Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand: März 2018, § 21a Anm. 5)
  • 12 So zutreffend Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg, a.a.O
  • 13 Siehe Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg, a.a.O
  • 14 Hiervon ausgenommen sei Gewebe, das innerhalb eines Behandlungsvorgangs einer Person entnommen wird, um auf diese ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit rückübertragen zu werden (vgl. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 3 Buchst. q der Richtlinie 2004/23/EG, umgesetzt in deutsches Recht durch § 4a S. 1 Nr. 3 AMG)
  • 15 Zutreffend weist Rehmann, Arzneimittelgesetz, 4. Aufl. 2014, § 4b AMG Rn. 6, darauf hin, dass das Privileg des § 20d AMG nicht durch eine einschränkende, neuartige Therapien ausschließende Auslegung von § 20c ausgehebelt werden dürfe
  • 16 Siehe Artikel 1 Ziffer 5 des Entwurfs eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) (BT-Drs. 19/8753, S. 10). Zur Begründung heißt es auszugsweise wie folgt (BT-Drs. 19/8753, S. 46): „Von der Fachkompetenz von Personen, die keine Ärzte sind, sind Tätigkeiten mit menschlichen Geweben und Gewebezubereitungen nicht umfasst. Diese Tätigkeiten weisen ein besonderes Risikopotential für die Patienten auf, insbesondere immunologische Risiken und Infektionsrisiken. Dies erfordert eine besondere Sachkunde für die Gewährleistung der Qualität und Sicherheit dieser biologischen Ausgangsstoffe und Arzneimittel. Ein unsachgemäßer Umgang bei der Gewinnung und weiteren Verarbeitung wie auch deren nachgelagerten Anwendung kann zu erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Patienten führen. So kam es in der Vergangenheit zu Hepatitis C-Infektionen im Rahmen von Behandlungen mit biologischen Substanzen menschlichen Ursprungs durch Heilpraktiker.“
  • 17 Vgl. § 1 AMG, der wie folgt lautet: „Es ist der Zweck dieses Gesetzes, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu sorgen.“