Laryngorhinootologie 2019; 98(08): 588-589
DOI: 10.1055/a-0861-5285
Facharztfragen
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Fragen für die Facharztprüfung


Subject Editor: Dr. med. Gerlind Schneider, Jena
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Publication Date:
06 August 2019 (online)

Nasennebenhöhle und Rhinobasis

Frage: Sprechen Sie über die Granulomatose mit Polyangiitis.

Antwort: Die granulomatöse Polyangiitis (früher M. Wegener) ist eine Systemerkrankung des Gefäßsystems. Sie ist gekennzeichnet durch eine nekrotisierende Entzündung der Gefäße, welche mit einer Granulombildung in den oberen (Nase, Nasennebenhöhlen, Mittelohr, Oropharynx) und den unteren Atemwegen (Lunge) einhergeht. In 80 % der Fälle kommt es zu einer Nierenbeteiligung. Ätiologisch kommt es zu einer generalisierten Vaskulitis durch Autoantikörper gegen Proteinase 3 und Myeloperoxidase ohne Nachweis von zirkulierenden Immunkomplexen. Die Inzidenz beträgt 5–10/1 Million, der typische Altersgipfel liegt im 60.–70. Lebensjahr. Sehr selten wird ein Auftreten bei Kindern und jungen Erwachsenen beobachtet. Frauen und Männer sind gleich betroffen. Prädisponierend können Infektionen (Atemwege) – vor allem Staphylococcus aureus –, Umwelteinflüsse (Abgase, Rauchen, Inhalationsnoxen) und Arzneimittel (u. a. Cefotaxim, Minocyclin, Thyreostatika, Psychopharmaka) sein. Es wurde eine genetische Disposition für verschiedene genetische Variationen in Studien und Familienanalysen als Assoziation nachgewiesen (z. B. MHC Class II HLA-DP1 und -DRB1, CTLA-4).

Die Diagnostik basiert auf klinischen, laborchemischen und histopathologischen Befunden. Typische klinische Symptome im HNO-Bereich sind granulierende endonasale Veränderungen mit zunehmender Septumperforation bis zur äußeren Deformierung der Nase (Sattelnase), orale Ulcera, chronisch granulierende Otitis media. Bis zu 40 % der Patienten entwickeln im Verlauf eine Innenohrschwerhörigkeit. Laborchemisch erfolgt die Bestimmung von c-ANCA (positiv bei 90 %), p-ANCA (positiv bei 10 %), CRP und Nierenwerten. Bei granulierenden Veränderungen erfolgt die Biopsie. Die Klassifikation erfolgt nach den ACR(American College of Rheumatology)-Kriterien: Treffen 2 von 4 Kriterien zu, so besteht ein hochgradiger Verdacht auf eine Granulomatose mit Polyangiitis. Kriterien: oronasale Entzündung (schmerzhaftes oder schmerzloses orales Ulcus und/oder eitrige oder blutige endonasale Schleimhautveränderungen), pathologischer Röntgenbefund des Thorax (Granulome, Kavernen oder Infiltrationen), pathologisches Urinsediment (Hämaturie), Biopsiepräparat (nekrotisierende, teilweise granulomatöse Vaskulitis kleiner Gefäße).

Für alle akut auftretenden Symptome erfolgt in der Regel die Gabe von Glukokortikoiden. Die weitere Therapie sollte mit den behandelnden Fachgebieten (Rheumatologie, Ophthalmologie, Dermatologie) abgestimmt werden. Die Systemtherapie erfolgt bei lokal begrenzter Manifestation mit Methotrexat und Folsäure sowie Glukokortikoiden. Als Erhaltungstherapie wird Azathioprin oder Cyclophosphamid eingesetzt. Bei renalem Befall erfolgt die Gabe von Rituximab. Bei rapidem Verlauf wird die Plasmapherese in Kombination mit Cyclophosphamid empfohlen.

Ohne Therapie führt die Krankheit über eine rapid-progrediente Glomerulonephritis zum Tod. Mit kombinierter Therapie wird bei 90 % der Patienten eine ausgeprägte Besserung erzielt, 75 % erreichen eine komplette Remission. Etwa 50 % der Remissionen sind später mit einem oder mehreren Rezidiven verbunden.