Pneumologie 2019; 73(10): 597-604
DOI: 10.1055/a-0863-8903
Schritt für Schritt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Perikardpunktion – Schritt für Schritt

M. W. Ferrari
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. disc. pol. Markus W. Ferrari
Klinik Innere Medizin I
HELIOS Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

Publication History

Publication Date:
17 October 2019 (online)

 

Die Perikardpunktion ist eine diagnostische und therapeutische Maßnahme, welche sowohl in Notfallsituationen als auch elektiv durchgeführt wird. Die klassische Perikardpunktion wird über den Winkel zwischen Processus xiphoideus und linkem Rippenbogen flach in Richtung auf Mitte der linken Klavikula geführt. Die richtige Indikationsstellung und der Einsatz von Echokardiografie und Durchleuchtung minimieren das Komplikationsrisiko.


#

Hintergrund

Als erster beschrieb der Leibarzt Napoleons Jean-Dominique Larrey (1766 – 1842) bei Soldaten eine akute hämodynamische Kompromittierung und die entsprechende Entlastung eines Perikardergusses durch Punktion zwischen dem Schwertfortsatz und dem Rippenbogen durch eine kleine Lücke in der Muskelplatte des Zwerchfells. Heute kann die Punktion durch die sog. „Larreyʼsche Zwerchfellspalte“ im linken Winkel zwischen Processus xiphoideus und Rippenunterrand ohne Gefährdung relevanter Gefäß- oder Nervenstrukturen erfolgen [1]. Neben der klassischen Perikardiozentese mittels operativer Freilegung des Perikardbeutels ist die perkutane Punktion in Seldinger-Technik heute der Standard [2] [3].

Zusatzinfo

Bei der Therapie des Perikardergusses steht insbesondere bei Patienten im Schock die rasche symptomatische Verbesserung im Vordergrund. Auf der Intensivstation sollte ausreichend Flüssigkeit gegeben werden, damit das rechte Herz gefüllt wird. Ferner sollten eine Bradykardie und ein hoher PEEP bei Beatmung vermieden werden. Eine nachhaltige Dekompression bei rezidivierenden Ergüssen ist meist nur durch eine operative Fensterung oder Perikardektomie möglich.


#

Perikarditis

Für die infektiöse Perikarditis sind in erster Linie Viren (Coxsackie A und B, Adenoviren, Echoviren u. a.) verantwortlich, seltener Bakterien (früher häufig Mykobakterien bei Tuberkulose) oder im Rahmen einer Sepsis auch Pilze (meist Candida oder Aspergillus) [4].

Als Ursachen der nicht-infektiösen Perikarditis kommen unterschiedliche Grunderkrankungen infrage:

  • Komplikation eines Herzinfarkts (Perikarditis epistenocardica), was auch als sog. Dressler-Syndrom bezeichnet wird: Dabei unterscheidet man eine frühe Form (innerhalb von 24 – 48 Stunden) von einer späten Form, welche erst Wochen bis Monate nach dem Herzinfarkt klinisch manifest wird.

  • Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes, das rheumatische Fieber, die rheumatoide Arthritis oder die Sarkoidose, wobei dann zusammen mit dem Perikard häufig auch Endokard und Herzmuskel (Perimyokarditis) mit betroffen sind [5].

  • Seltener im Zuge allergischer Reaktionen (Serumkrankheit, Arzneimittelallergie), bei Urämie im Rahmen einer Niereninsuffizienz, nach Schädigungen durch Trauma oder Strahlentherapie, durch Karzinome im Bereich des Herzens wie auch bei fortgeschrittenen Stoffwechselerkrankungen (Schilddrüsenunterfunktion mit Myxödem, Diabetes mellitus o. a.) oder herzchirurgischen Eingriffen [6].


#

Symptome des Perikardergusses

Bei akut auftretendem Perikarderguss findet man typischerweise Zeichen der oberen Einflussstauung (gestaute Halsvenen) sowie eine hämodynamische Instabilität mit Abnahme des arteriellen Blutdrucks und der Pulsamplitude infolge der verminderten Ventrikelfüllung. Bereits ab 150 ml eines akut auftretenden Perikardergusses kann es zur relevanten Kompression des rechten Vorhofs und rechten Ventrikels kommen. Neben iatrogenen Verletzungen wie z. B. Stichverletzungen oder Koronargefäßrupturen im Rahmen von koronaren Interventionen oder Sondierung des linken Vorhofohrs bei Okkluderimplantation können in seltenen Fällen auch spontane Perikardergüsse akut auftreten [7].

Bei chronischen Perikardergüssen, welche z. B. im Rahmen eines neoplastischen Geschehens oder bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz infolge einer chronischen Urikämie auftreten können, bilden sich Ergussmengen von teilweise 1 Liter aus, bevor es zu klinischen Symptomen kommt.

Neben der oberen Einflussstauung weisen die Patienten oft Luftnot, Tachykardie und Tachypnoe sowie periphere Ödeme einschließlich Aszites auf [8]. Radiologisch imponiert die Vergrößerung und Verbreiterung der Herztaille. Normalerweise unterscheidet sich der systolische Blutdruck bei Inspiration und Exspiration um weniger als 10 mmHg. Im Falle einer Perikardtamponade, aber auch bei der konstriktiven Perikarditis nimmt der inspiratorische Blutdruckabfall deutlich zu, was als Kussmaul-Phänomen oder auch sog. Pulsus paradoxus bezeichnet wird. Bei einer Messung der Drücke mittels Herzkatheter findet sich ein sog. Dip-Plateau- oder auch Quadratsummenzeichen-Phänomen sowie eine Angleichung des diastolischen Blutdrucks von rechtem und linkem Ventrikel. Bei Auftreten einer entsprechenden klinischen Symptomatik zusammen mit einer typischen Anamnese sollte eine weitergehende Bildgebung idealerweise mittels Echokardiografie oder bei chronischen Fällen auch erweitert mittels Computertomografie veranlasst werden [9].

Merke

Bei der Typ-A-Dissektion der Aorta ascendens ist der Nachweis eines akuten Perikardergusses ein prognostisch ungünstiges Zeichen und erfordert die sofortige Notfallversorgung in der Herzchirurgie.

Bildgebung bei Perikarderguss

Die heute gebräuchlichste Methode zur Darstellung eines Perikardergusses ist die Echokardiografie. Hierbei können die Ergusslokalisation, das Ausmaß und die Dringlichkeit weiterer Maßnahmen bei Kompression der rechten Herzhälfte schnell und sicher beurteilt werden [10]. Im Falle einer kalzifizierenden Pericarditis constrictiva ist jedoch die Echokardiografie durch die Kalkspangen erheblich eingeschränkt. Entsprechend sollte hier – wie auch bei chronischen Perikarditiden – eine Computertomografie des Thorax idealerweise mit EKG-Triggerung erfolgen [11].

Im Weiteren können EKG-Veränderungen mit einer peripheren Niedervoltage sowie ein verbreiterter Herzschatten mit verstrichenen Konturen in der Röntgenaufnahme des Thorax Hinweise für einen Perikarderguss geben. Auch wenn die MRT selten bei diesen Patienten zur Anwendung kommt, ermöglicht sie eine sehr gute Dokumentation und Quantifizierung eines Perikardergusses. Daneben sollte im Falle eines chronischen Perikardergusses die MRT oder besser die Kontrastmittel-CT zur Abklärung weiterer maligner Prozesse im Thoraxbereich kombiniert werden. Sie können ferner bei voroperierten oder vorbestrahlten Patienten mögliche anatomische Probleme für die geplante Punktion anzeigen. Das nachfolgende Diagramm zeigt einen Algorithmus zum Vorgehen bei Diagnose eines Perikardergusses auf ([Abb. 1]).

Zoom Image
Abb. 1 Algorithmus zum Vorgehen bei klinischem Verdacht auf einen Perikarderguss. Stellt sich in der Echokardiografie eine Kompression des rechten Herzens, eine hämodynamische Instabilität oder gar eine Typ-A-Dissektion der Aorta ascendens dar, handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall. Bei der Punktion ist immer auf eine ausreichende Probenasservation für Labor, Mikrobiologie und Zytologie zu achten.

#
#

Vorbereitung zur Perikardpunktion

Bei Auftreten einer hämodynamischen Instabilität, bei Kompression des rechten Vorhofs oder rechten Ventrikels sowie bei Vorliegen einer Typ-A-Dissektion handelt es sich um eine Notfallsituation, welche sofortiges Handeln erfordert. In diesem Falle ist eine den Umständen angemessene Notfallaufklärung ausreichend. Im Falle eines chronischen Perikardergusses bei hämodynamisch stabilen Patienten muss die Indikation sorgfältig gestellt und der Patient ausführlich über Nutzen und Risiken des Eingriffs aufgeklärt werden. Als wesentliche Risiken müssen erwähnt werden:

  • Verletzungen des Myokards, welche ggf. einer nachfolgenden chirurgischen Versorgung bedürfen,

  • Herzrhythmusstörungen,

  • lebensbedrohliche Blutungen bei Verletzungen von Arterien,

  • Pneumothorax,

  • Myokardinfarkt.

In der Literatur werden Komplikationsraten von 3 – 5% und tödliche Komplikationen bis zu 0,3% angegeben. Patientenspezifische Risikofaktoren wie Gerinnungsstörungen, anatomische Besonderheiten wie z. B. Trichterbrust oder Verwachsungen nach Voroperationen oder Bestrahlungen sollten bei elektiven Punktionen immer vorher abgeklärt werden.

Wird zur Entlastung bei kompromittierendem Perikarderguss oder zur differenzialdiagnostischen Klärung die Indikation zur Perikardpunktion gestellt und der Patient hat nach ausführlichem Aufklärungsgespräch sein Einverständnis erteilt, sind die optimalen Rahmenbedingungen für den Eingriff zu schaffen. In der Vorbereitung sollten ein aktuelles Blutbild und Gerinnungsstatus des Patienten erhoben werden. Ferner sind mögliche Allergien gegen Lokalanästhetika, Röntgenkontrastmittel und Verbandsmaterialien abzufragen. Entsprechende Probenröhrchen für die Analyse des Perikardergusses im Labor auf Blutzellen, LDH, Eiweißgehalt, Zucker, ggf. Lipase sowie evtl. Tumormarker müssen vorbereitet werden ebenso wie Probenbehältnisse für die mikrobiologische Aufarbeitung und die pathologisch-zytologische Begutachtung.

Schritt 1

Zur Perikardpunktion sollte der Patient mit leicht erhöhtem Oberkörper (z. B. Keilkissen) auf einer Untersuchungsliege mit Option zur Durchleuchtung (z. B. Herzkathetertisch) gelagert werden. Neben der Durchleuchtung ist ein Echokardiografiegerät vor Ort notwendig, mit dem sich der Untersucher vor dem Eingriff nochmal das Ausmaß des Perikardergusses und die Punktionsstelle ansieht. Dann ist eine ausreichende Desinfektion des vorderen Brustkorbs durchzuführen. Die Punktionsstelle 2 cm unterhalb des linken Winkels zwischen Processus xiphoideus und linkem Rippenbogen ist idealerweise mit einem Lochtuch steril abzukleben. Der Untersucher sollte eine chirurgische Händedesinfektion durchführen, einen Mundschutz und einen sterilen Kittel sowie sterile Operationshandschuhe tragen.

Nach ausreichender Applikation von Lokalanästhesie (z. B. 10 ml Xylocain) wird eine kleine Stichinzision im Winkel zwischen Processus xiphoideus und linkem Rippenbogen durchgeführt und dann mit einer Punktionsnadel im flachen Winkel von 10 – 20° in Richtung auf das linke Ohr bzw. die Mitte der linken Klavikula hin punktiert [12]. Dabei sollte auf eine ausreichende Länge der Punktionsnadel (mind. 8 cm) geachtet werden. In Notfallsituationen kann ggf. eine Venenverweilkanüle (sog. Braunüle) für die Punktion verwendet werden, insbesondere wenn die Punktion im 5. oder 6. Interkostalraum von links lateral unter Kontrolle mittels Echokardiografie erfolgt ([Abb. 2]) [13].

Zoom Image
Abb. 2 Perikardpunktion. a „Klassische“ Perikardpunktion und Anlage eines Pigtail-Katheters zur Drainage. Röntgendurchleuchtung und Echokardiografie können zur Lagekontrolle und Orientierung bei der Punktion verwendet werden. b Notfall-Perikardpunktion unter Echokardiografiekontrolle im 6. Interkostalraum von lateral. Hierbei ist das Risiko größer, dass relevante Gefäße verletzt werden. Daher ist bei diesem Vorgehen immer eine Echokardiografiekontrolle zu empfehlen.

#

Schritt 2

Unter stetiger Aspiration wird die Punktionsnadel vorgeschoben, bis Flüssigkeit aus dem Perikardraum aspiriert werden kann ([Abb. 3], [Abb. 4]). Während der Punktion sollte ununterbrochen das EKG überwacht werden, da bei direktem Kontakt der Nadel mit dem Myokard ST-Strecken-Veränderungen (Hebungen als Zeichen eines sogenannten Verletzungsstroms) auftreten können. In diesem Falle muss die Nadel umgehend zurückgezogen werden.

Zoom Image
Abb. 3 Punktion unter stetiger Aspiration 2 cm unterhalb des Winkels zwischen Processus xiphoideus und unterem Rippenbogen in Richtung auf die linke Klavikula.
Zoom Image
Abb. 4 Nach Erreichen des Perikardraums kann Flüssigkeit aspiriert werden.

#

Schritt 3

Bei korrekter Lage der Punktionsnadel nach Aspiration von Flüssigkeit wird ein Seldinger-Draht durch die Punktionsnadel vorgeschoben, über den ein Drainagekatheter oder ggf. eine Herzkatheterschleuse (5 F bis 7 F) eingebracht wird ([Abb. 5]).

Zoom Image
Abb. 5 Ein Seldinger-Draht wird in den Perikardraum vorgeschoben.

#

Schritt 4

Die korrekte Lage des Seldinger-Drahtes im Perikardbeutel ist nun mittels Echokardiografie oder Röntgendurchleuchtung zu überprüfen und zu dokumentieren ([Abb. 6]). Als Drainagekatheter haben sich weiche Pigtail-Katheter, aber auch entsprechende Drainagekatheter mit Seitlöchern, wie sie in den vorgefertigten Punktionssets zur Verfügung stehen, bewährt. Die korrekte Lage des Drainagekatheters kann ggf. durch die vorsichtige Gabe von Röntgenkontrastmittel bei der Durchleuchtung oder durch die Gabe von Kochsalzlösung in der Echokardiografie verifiziert werden.

Zoom Image
Abb. 6 In der Durchleuchtung ist die korrekte Lage des Seldinger-Drahtes im Perikardraum zu erkennen, da er sich entlang der perikardialen Umschlagfalte um das Herz frei schieben lässt.
Cave

Katheter mit Seitlöchern müssen ausreichend tief in den Perikardbeutel vorgeschoben werden zur Vermeidung einer Fistelung im Bereich des Stichkanals. Ein späteres Vorschieben unter unsterilen Bedingungen ist unbedingt zu vermeiden.


#

Schritt 5

Nach der korrekten Platzierung des Drainagekatheters sollte ein Dreiwegehahn am Ende angebracht werden und mit einer großen Spritze (50 ml) der Erguss drainiert werden ([Abb. 7]). Das Punktat ist für weitere Aufarbeitung im Labor, in der Mikrobiologie und in der Zytologie in die entsprechenden Behältnisse umzufüllen. Entsprechend der initialen Einschätzung bei der Echokardiografie können nun einige 100 ml Erguss abgelassen werden, bis sich nicht mehr ohne Widerstand mit der Spritze weiterer Erguss aspirieren lässt.

Zoom Image
Abb. 7 Durch den Drainagekatheter wird mit einem Dreiwegehahn und einer großen Spritze (50 ml) der Perikarderguss abgelassen und Material für die weitere Aufarbeitung gewonnen.
Merke

Beim Drainieren ist darauf zu achten, ob sich Herzrhythmusstörungen oder pulsabhängige Schmerzen einstellen, die Zeichen eines Ansaugens an der Myokardoberfläche sein können.

Geben die Patienten unter dem Ablassen des Ergusses thorakale Schmerzen an, sollte nicht weiter aspiriert werden. In Abhängigkeit von der klinischen Symptomatik und der Fragestellung (z. B. onkologische Weiterbehandlung) ist zu entscheiden, ob der Drainagekatheter sofort entfernt wird oder für einige Tage im Patienten verbleibt. Bei Einzelfällen kann der Drainagekatheter bis zu 1 Woche belassen werden, wenn die Punktionsstelle regelmäßig steril verbunden und täglich kontrolliert wird. Zur Fixierung des Drainagekatheters hat sich in diesem Fall eine entsprechende Naht oder die Verwendung industriell verfügbarer Klebefixierungen bewährt.


#

Schritt 6

Wird der Katheter belassen, sollte täglich eine Echokardiografie- und auch eine Röntgenthoraxkontrolle durchgeführt werden ([Abb. 8]). Diese ist im Stehen einmalig nach Perikardpunktion zum Ausschluss eines Pneumothorax obligat.

Zoom Image
Abb. 8 Über den Seldinger-Draht wird ein Drainagekatheter (hier 6 F Pigtail) mit Seitlöchern ausreichend tief in den Perikardraum vorgeschoben. Am Ende der Prozedur ist nochmals die Lage des Drainagekatheters zu dokumentieren, wenn dieser belassen wird.

Bei onkologischen Patienten sollte vor einer Applikation von Chemotherapeutika über den Drainagekatheter in jedem Falle eine erneute Lagekontrolle mittels Echokardiografie, Röntgendurchleuchtung oder CT erfolgen. Bei der Drainage von chronisch-rezidivierenden Perikardergüssen ist täglich durch erneute Aspiration nachlaufender Erguss abzulassen, bis weniger als 50 ml pro Tag zu aspirieren sind bzw. echokardiografisch der Erguss weniger als 5 mm im Durchmesser aufweist [14].

Bei chronisch-rezidivierenden Perikardergüssen hat sich neben der lokalen Applikation von entzündungshemmenden Substanzen auch die systemische Behandlung mit Kortikosteroiden, nicht steroidalen Antirheumatika sowie Colchicin bewährt. Bei rheumatologischen Krankheitsbildern kann im Einzelfall auch Azathioprin oder Methotrexat zur Anwendung kommen. Die Gabe von Immunglobulinen und Anakinra hat in rezidivierenden Fällen ebenfalls Vorteile gezeigt, wird jedoch in der Literatur kritisch diskutiert [15].

Als Ultima Ratio ist die Perikardiotomie oder Perikardektomie bei chronisch-rezidivierenden Perikardergüssen eine Option. Erstere kann nach perkutaner Punktion mit einem entsprechenden Dilatationsballon in der oben genannten Technik durchgeführt werden.

Merke

Im Rahmen einer Perikardpunktion ist die korrekte Lage des Drainagekatheters immer mittels Bildgebung zu dokumentieren.


#
#

Überwachung nach Perikardpunktion

Während nach diagnostischer Punktion eines chronischen Perikardergusses die Patienten auch auf einer „normalen“ Station mit regelmäßiger Kontrolle von Puls und Blutdruck über die nächsten 6 Stunden überwacht werden können, sollten alle Notfallpatienten auf einer IMC- oder Intensivstation überwacht werden. Sollte der Untersucher den Verdacht einer Komplikation beim Eingriff haben, ist ebenfalls eine intensivmedizinische Überwachung angezeigt. Ferner ist eine dem Krankheitsbild angemessene Weiterbehandlung zusammen mit entsprechenden Spezialisten der jeweiligen Fachdisziplinen (Rheumatologie, Onkologie oder Infektiologie) angezeigt. Bei V. a. Tuberkulose sind die Patienten zu isolieren, urämische Patienten bedürfen einer nephrologischen Mitbehandlung und ggf. Dialysetherapie.

Da im Falle eines chronisch-rezidivierten Perikardergusses in 30 – 40% Rezidive auftreten können, ist eine echokardiografische Verlaufskontrolle nach 1 und 3 Monaten einzuplanen.

Vor der Entlassung aus dem Krankenhaus sollte bei jedem Patienten die Punktionsstelle kontrolliert werden. Ein Pneumothorax ist in jedem Falle nach der Punktion auszuschließen. Eine echokardiografische Kontrolle des Lokalbefunds ist empfehlenswert. Die antiphlogistische Nachbehandlung bei chronischen Perikardergüssen muss mindestens 4 – 6 Wochen erfolgen. In Fällen eines chronisch-rezidivierenden Ergusses muss eine Pharmakotherapie für mindestens 3 – 6 Monate eingeplant werden.


#
Kernaussagen
  • Ein akut auftretender Perikarderguss mit Kompression des rechten Herzen ist immer eine Notfallsituation, in der eine rasche Entlastungspunktion erforderlich ist.

  • Die Echokardiografie ist für die Diagnose und den Eingriff essenziell. Sie kann nicht nur Ausmaß und Lokalisation des Perikardergusses, sondern auch die Punktion visualisieren.

  • Die Perikardpunktion hat eine Entlastung bei Perikardtamponade und die Gewinnung von Probenmaterial für die laborchemische, zytopathologische und mikrobiologische Aufarbeitung zum Ziel.

  • Die Perikardpunktion wird über den Winkel zwischen Processus xiphoideus und linkem Rippenbogen flach in Richtung auf Mitte der linken Klavikula mit einer ausreichend langen Punktionsnadel unter Lokalanästhesie durchgeführt.

  • Der Drainagekatheter kann nach der Punktion belassen werden, um nachlaufenden Erguss abzulassen oder um Substanzen lokal zu applizieren.

  • Bei chronischen Perikardergüssen kann nach der Drainage eine antiphlogistische Therapie über mehrere Monate zur Vermeidung eines Rezidivs notwendig sein.

Erstveröffentlichung

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in: Kardiologie up2date 2018; 14: 115–122.


#
#

Autorinnen/Autoren


Markus W. Ferrari

Zoom Image

Prof. Dr. med. Dr. disc. pol. Markus W. Ferrari ist Direktor der Klinik Innere Medizin I der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden.

Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

  • Literatur

  • 1 Wong B, Murphy J, Chang CJ. et al. The risk of pericardiocentesis. Am J Cardiol 1979; 44: 1110-1114
  • 2 Adler Y, Charron P, Imazio M. et al. 2015 ESC Guidelines for the diagnosis and management of pericardial diseases: The Task Force for the Diagnosis and Management of Pericardial Diseases of the European Society of Cardiology (ESC). Endorsed by: The European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS). Eur Heart J 2015; 36: 2921-2964
  • 3 Allen KB, Faber LP, Warren WH. et al. Pericardial effusion: subxiphoid pericardiostomy versus percutaneous catheter drainage. Ann Thorac Surg 1999; 67: 437-440
  • 4 Hall IP. Purulent pericarditis. Postgrad Med J 1989; 65: 444-448
  • 5 Troughton RW, Asher CR, Klein AL. Pericarditis. Lancet 2004; 363: 717-727
  • 6 Azam S, Hoit BD. Treatment of pericardial disease. Cardiovasc Ther 2011; 29: 308-314
  • 7 Holmes jr. DR, Nishimura R, Fountain R. et al. Iatrogenic pericardial effusion and tamponade in the percutaneous intracardiac intervention era. JACC Cardiovasc Interv 2009; 2: 705-717
  • 8 Khandaker MH, Espinosa RE, Nishimura RA. et al. Pericardial disease: diagnosis and management. Mayo Clin Proc 2010; 85: 572-593
  • 9 Maisch B, Ristic AD. Diagnostik und Therapie der Perikarditis und des Perikardergusses. Herz 2014; 39: 837-856
  • 10 Pepi M, Muratori M. Echocardiography in the diagnosis and management of pericardial disease. J Cardiovasc Med (Hagerstown) 2006; 7: 533-544
  • 11 Cosyns B, Plein S, Nihoyanopoulos P. et al. European Association of Cardiovascular Imaging (EACVI) position paper: Multimodality imaging in pericardial disease. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2015; 16: 12-31
  • 12 Maisch B, Ristic AD, Pankuweit S. et al. Percutaneous Therapy in Pericardial Diseases. Cardiol Clin 2017; 35: 567-588
  • 13 McCanny P, Colreavy F. Echocardiographic approach to cardiac tamponade in critically ill patients. J Crit Care 2017; 39: 271-277
  • 14 Karam N, Patel P, deFilippi C. Diagnosis and management of chronic pericardial effusions. Am J Med Sci 2001; 322: 79-87
  • 15 Schwier N, Tran N. Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and Aspirin Therapy for the Treatment of Acute and Recurrent Idiopathic Pericarditis. Pharmaceuticals (Basel) 2016; 9: pii : E17

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. disc. pol. Markus W. Ferrari
Klinik Innere Medizin I
HELIOS Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

  • Literatur

  • 1 Wong B, Murphy J, Chang CJ. et al. The risk of pericardiocentesis. Am J Cardiol 1979; 44: 1110-1114
  • 2 Adler Y, Charron P, Imazio M. et al. 2015 ESC Guidelines for the diagnosis and management of pericardial diseases: The Task Force for the Diagnosis and Management of Pericardial Diseases of the European Society of Cardiology (ESC). Endorsed by: The European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS). Eur Heart J 2015; 36: 2921-2964
  • 3 Allen KB, Faber LP, Warren WH. et al. Pericardial effusion: subxiphoid pericardiostomy versus percutaneous catheter drainage. Ann Thorac Surg 1999; 67: 437-440
  • 4 Hall IP. Purulent pericarditis. Postgrad Med J 1989; 65: 444-448
  • 5 Troughton RW, Asher CR, Klein AL. Pericarditis. Lancet 2004; 363: 717-727
  • 6 Azam S, Hoit BD. Treatment of pericardial disease. Cardiovasc Ther 2011; 29: 308-314
  • 7 Holmes jr. DR, Nishimura R, Fountain R. et al. Iatrogenic pericardial effusion and tamponade in the percutaneous intracardiac intervention era. JACC Cardiovasc Interv 2009; 2: 705-717
  • 8 Khandaker MH, Espinosa RE, Nishimura RA. et al. Pericardial disease: diagnosis and management. Mayo Clin Proc 2010; 85: 572-593
  • 9 Maisch B, Ristic AD. Diagnostik und Therapie der Perikarditis und des Perikardergusses. Herz 2014; 39: 837-856
  • 10 Pepi M, Muratori M. Echocardiography in the diagnosis and management of pericardial disease. J Cardiovasc Med (Hagerstown) 2006; 7: 533-544
  • 11 Cosyns B, Plein S, Nihoyanopoulos P. et al. European Association of Cardiovascular Imaging (EACVI) position paper: Multimodality imaging in pericardial disease. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2015; 16: 12-31
  • 12 Maisch B, Ristic AD, Pankuweit S. et al. Percutaneous Therapy in Pericardial Diseases. Cardiol Clin 2017; 35: 567-588
  • 13 McCanny P, Colreavy F. Echocardiographic approach to cardiac tamponade in critically ill patients. J Crit Care 2017; 39: 271-277
  • 14 Karam N, Patel P, deFilippi C. Diagnosis and management of chronic pericardial effusions. Am J Med Sci 2001; 322: 79-87
  • 15 Schwier N, Tran N. Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and Aspirin Therapy for the Treatment of Acute and Recurrent Idiopathic Pericarditis. Pharmaceuticals (Basel) 2016; 9: pii : E17

Zoom Image
Zoom Image
Abb. 1 Algorithmus zum Vorgehen bei klinischem Verdacht auf einen Perikarderguss. Stellt sich in der Echokardiografie eine Kompression des rechten Herzens, eine hämodynamische Instabilität oder gar eine Typ-A-Dissektion der Aorta ascendens dar, handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall. Bei der Punktion ist immer auf eine ausreichende Probenasservation für Labor, Mikrobiologie und Zytologie zu achten.
Zoom Image
Abb. 2 Perikardpunktion. a „Klassische“ Perikardpunktion und Anlage eines Pigtail-Katheters zur Drainage. Röntgendurchleuchtung und Echokardiografie können zur Lagekontrolle und Orientierung bei der Punktion verwendet werden. b Notfall-Perikardpunktion unter Echokardiografiekontrolle im 6. Interkostalraum von lateral. Hierbei ist das Risiko größer, dass relevante Gefäße verletzt werden. Daher ist bei diesem Vorgehen immer eine Echokardiografiekontrolle zu empfehlen.
Zoom Image
Abb. 3 Punktion unter stetiger Aspiration 2 cm unterhalb des Winkels zwischen Processus xiphoideus und unterem Rippenbogen in Richtung auf die linke Klavikula.
Zoom Image
Abb. 4 Nach Erreichen des Perikardraums kann Flüssigkeit aspiriert werden.
Zoom Image
Abb. 5 Ein Seldinger-Draht wird in den Perikardraum vorgeschoben.
Zoom Image
Abb. 6 In der Durchleuchtung ist die korrekte Lage des Seldinger-Drahtes im Perikardraum zu erkennen, da er sich entlang der perikardialen Umschlagfalte um das Herz frei schieben lässt.
Zoom Image
Abb. 7 Durch den Drainagekatheter wird mit einem Dreiwegehahn und einer großen Spritze (50 ml) der Perikarderguss abgelassen und Material für die weitere Aufarbeitung gewonnen.
Zoom Image
Abb. 8 Über den Seldinger-Draht wird ein Drainagekatheter (hier 6 F Pigtail) mit Seitlöchern ausreichend tief in den Perikardraum vorgeschoben. Am Ende der Prozedur ist nochmals die Lage des Drainagekatheters zu dokumentieren, wenn dieser belassen wird.