Allgemeine Homöopathische Zeitung 2019; 264(03): 3
DOI: 10.1055/a-0872-8070
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart

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Gerhard Bleul
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Publication Date:
13 May 2019 (online)

Für die meisten Virusinfekte gibt es keine allgemein akzeptierte chemopharmazeutische Therapie. Auch die Behandlung bakterieller Infekte mit Antibiotika ist an ihre Grenzen gestoßen. Resistenzentwicklungen gefährden ihre Wirksamkeit vor allem bei lebensgefährlichen Erkrankungen. Neue Leitlinien zur Behandlung vieler Infektionskrankheiten beschreiben den Einsatz von Antibiotika erst in zweiter Linie. Zunächst solle abgewartet und / oder „symptomatisch“ behandelt werden. Die Gabe von fiebersenkenden und schmerzstillenden Mitteln aber kann die körpereigene Abwehr stören.

Die Homöopathie gehört daher zu den Therapien der ersten Wahl. Die akute Symptomatik führt zur Arzneimittelwahl, die schon bei den ersten Anzeichen einer Infektionskrankheit beginnen kann. Allerdings ist sie bei noch geringer Ausprägung der Symptomatik unsicher und muss eventuell im Verlauf korrigiert werden.

Bereits die frühesten Erfahrungen in der Homöopathie deuten auf spezifische Effekte bestimmter Mittel bei bestimmten Krankheiten hin. Diese Erfahrungen sind schon bei den ersten Autoren der Homöopathie (Hahnemann, Bönninghausen, Jahr, Hering u.v. a.) nachzulesen; sie flossen in die klinischen Rubriken der Repertorien ein. Hahnemann nannte die entsprechenden Krankheiten „festständig“, also immer wieder gleichförmig auftretend. Wenn es sich dabei um Infektionskrankheiten handelt, sind sie neben ihrer spezifischen Symptomatik auch durch den jeweils spezifischen mikrobiologischen Krankheitserreger charakterisiert. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Erregung einer Krankheit neben mikrobiologischen Agenzien weitere Ursachen hat.

Die Hypothese, dass ein bestimmtes Bakterium oder Virus wie ein Symptom angesehen und bei der Mittelwahl diesem gleichgesetzt werden kann, wird unter anderem von der Arbeitsgruppe „Spezifische Infektionskrankheiten“ der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie (WissHom) verfolgt. In einem früheren Heft der AHZ (Band 261, 2016, Heft 4) wurde sie am Beispiel der Borreliose dargestellt. Die Arbeit von Heinz Pscheidl war zunächst als Leserbrief gedacht und wurde für das vorliegende Heft erweitert.

Bezüglich der Campylobacter-Enteritis hat Friedrich Witzig die Symptomatik aus 35 Werken zusammengestellt und geordnet. Gerhard Bleul hat mit einer kleinen Sammlung der Campylobacter-Enteritiden seiner Praxis versucht, Hinweise auf spezifische Mittel zu finden.

Systematische Fallstudien können spezifische Effekte von bestimmten homöopathischen Mitteln auf bestimmte Infektionskrankheiten belegen. Die Erkenntnisse daraus erleichtern die Mittelwahl im Einzelfall. Sie können somit auch zu einer weiteren Grundlage werden, Antibiotika-Resistenzen einzudämmen.

Zwei kleine Zusammenstellungen spezifischer Arzneimittel für die Windpocken und den Herpes zoster runden die Darstellung des Schwerpunkts dieses Hefts ab.

Einen weiteren Aspekt homöopathischer Forschung benennt Ulrich Fischer mit einem Fallbericht, in dem er ein Symptom von Natrium carbonicum aufzeigt, welches allein im Krankheitsfall zu beobachten war.

Und wieder haben die Leser die Möglichkeit, mit der Beantwortung von 10 Multiple-Choice-Fragen zu diesem Heft Diplompunkte zu erwerben.

Gerhard Bleul