Schlüsselwörter
psychosoziale Intervention - ART - Drop-out-Prädiktoren - APIM-Modell - Risiko-Score für vorzeitigen Drop-out
Einleitung
Reproduktionsmedizinische Maßnahmen („assisted reproductive technologies“ = ART) stellen für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch oft die Methode der Wahl, aber häufig auch eine starke emotionale Belastung dar [1]. Vor allem die 14-tägige Wartezeit zwischen dem Embryotransfer und dem nachfolgenden Schwangerschaftstest (SST) wird von PatientInnen[*] meist als besonders emotional belastend erlebt [2], [3]. Dies drückt sich u. a. in etwas erhöhten Depressivitäts- und Ängstlichkeitswerten sowie vermehrt auftretenden körperlichen Beschwerden aus, wie Wischmann et al. [4] im Vergleich zur Normstichprobe herausfanden.
Bis vor Kurzem wurde angenommen, dass IVF-PatientInnen – zumindest jene, deren Krankenkassen die Kosten zu 100% decken – ihre Behandlung solange fortsetzen, bis eine Schwangerschaft einsetzt oder ihnen aufgrund einer ungünstigen medizinischen Prognose empfohlen wird, die Behandlung zu beenden (sogenanntes „active censoring“) [5]. Einem aktuellen Review zufolge wird jedoch der Abbruch einer reproduktionsmedizinischen Maßnahme hauptsächlich durch psychische Belastungsfaktoren (vor allem persönliche Probleme und Beziehungskonflikte) ausgelöst [6]. Fast 30% der Paare scheiden frühzeitig aus der Behandlung aus, hauptsächlich bedingt durch psychische Gründe [7], [8], [9], [10], obwohl eine gute Prognose für eine Schwangerschaft sowie eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse besteht [11].
Für ein Ausscheiden aus reproduktionsmedizinischen Maßnahmen fanden europaweite Studien Prozentzahlen zwischen 17 und 70% [7], [8], [12], [13], [14], [15]. Ein vorzeitiger Abbruch der Behandlung ist assoziiert mit 15% geringeren Schwangerschaftsraten [11]. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass eine Belastungsreduktion für PatientInnen während einer Behandlung sinnvoll ist, um die Adhärenz für die Behandlung zu steigern und so die Chancen durch die IVF-Behandlung zu erhöhen [16], [17].
Neben der Unterstützung für PatientInnen, ihrem Ziel der Elternschaft näher zu kommen, steigert ein optimiertes Behandlungsangebot aber auch die finanziellen Benefits für die behandelnde Klinik. Dies spiegelt sich etwa in verstärkter Compliance der PatientInnen (sog. „patient retention“) oder erhöhten Schwangerschafts-Erfolgsraten wider [5]. Wenn belasteten PatientInnen frühzeitig psychosoziale Unterstützung angeboten wird, könnte dies neben geringeren Drop-out-Raten zudem zu gesteigertem Gesundheitsverhalten während der Behandlung führen [18]. Das Verhindern der vorzeitigen Beendigung der Behandlung sollte deshalb einer Studie zufolge [5] für das gesamte Klinikpersonal prioritär werden.
Psychische Belastungen während der Behandlung können durch „positive reappraisal coping intervention“ (PRCI) abgepuffert werden, indem die Situation umdefiniert und so in ein positiveres Licht gerückt wird [5]. Diese kurzzeitige Bewältigungsstrategie wurde speziell für die Wartezeit nach Embryotransfer vor dem Schwangerschaftstest während einer Fertilitätsbehandlung entwickelt [2]. Schon Folkman und Lazarus [19] gingen davon aus, dass positive Emotionen eine wichtige Rolle für die Motivierung der Menschen übernehmen, sich stressigen Situationen zu widersetzen und mit Belastungen besser umgehen zu können. Möglicherweise kann mithilfe einer psychosozialen Intervention eine reproduktionsmedizinische Behandlung trotz Höhen und Tiefen fortgeführt und bestenfalls erfolgreich abgeschlossen werden. Im Idealfall steigen die Patientenzufriedenheit, aber auch die Chancen einer Schwangerschaft.
Die PRCI hat sich bislang als akzeptabel und praktikabel für Frauen in Kinderwunschbehandlung erwiesen [2]. In einer Studie [3] haben Frauen, die 2-mal am Tag ein PRCI-Kärtchen mit einer positiv stimmenden Aussage lasen, dies als eine Stütze für ihren Bewältigungsprozess in dieser belastenden Situation empfunden. Auch sahen die Patientinnen die positiven Aussagesätze als hilfreich an, die belastende Situation aus einem optimistischeren Blickwinkel zu betrachten [20]. Die Wirkung von PRCI auf Paare wurde bisher nicht untersucht und wird aktuell im Rahmen der PAKI-Studie („Positive Ausrichtung bei unerfülltem Kinderwunsch“) geprüft.
Für einige Stichproben, zu denen auch die Stichprobe dieser PAKI-Studie gehört, liegen zum Teil beachtliche Ausfallraten von ProbandInnen aus psychosozialen Interventionen vor. In einer Untersuchung von de Klerk [21] wurden Patientinnen, die vorzeitig aus einer psychosozialen Interventionsstudie ausstiegen, mit denen verglichen, die sie beendeten. Diese Untersuchung fand keine Unterschiede zwischen den 2 Gruppen bezüglich der Depressivitäts- und Ängstlichkeitswerten, die vor der IVF-Behandlung gemessen wurden. Möglicherweise haben jedoch die vorzeitig ausgeschiedenen Frauen eine größere Belastung während der IVF-Behandlung erlebt, sodass sie vorzeitig die Studie abbrachen.
Eine andere Studie fand erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Studiengruppen bezüglich deren Drop-out-Raten [22]. Während die Interventionsgruppe mit kognitiv-behavioraler Unterstützung eine Drop-out-Rate von 16% aufwies, schieden 26% aus der standardisierten Unterstützung in der 2. Interventionsgruppe vorzeitig aus. Eine signifikant größere Ausfallrate von 60% gab es in der Kontrollgruppe, die unter Routinebedingungen behandelt wurde.
Hierauf aufbauend sollte geklärt werden, welche psychischen Belastungen die Wahrscheinlichkeit für vorzeitige Drop-outs erhöhen und wie diesen entgegengewirkt werden kann. In Bezug auf die Drop-out-Raten gingen wir deshalb der Fragestellung nach: „Lassen sich psychologische Prädiktoren für das vorzeitige Beenden einer psychologischen Intervention während einer reproduktionsmedizinischen Behandlung finden?“. Studienziel war nicht, Prädiktoren für den Drop-out aus der reproduktionsmedizinischen Behandlung zu identifizieren.
Material und Methoden
Stichprobe
Die vorliegenden Daten der prospektiven randomisiert-kontrollierten Prä-Post PAKI-Interventionsstudie (RCT) stammen aus dem Zeitraum August 2017 bis einschließlich April 2018 (Zwischenauswertung).
Patientenpaare, die sich im genannten Zeitraum einer IVF- oder ICSI-Behandlung in der Kinderwunschambulanz der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg unterzogen, wurden durch die behandelnden Ärzte zur Studienteilnahme eingeladen.
Einschlusskriterium für die Stichprobe war die Zustimmung zur Studienteilnahme von IVF- und ICSI-PatientInnen des genannten Zeitraums, der Besitz eines Smartphones und das Zur-Verfügung-Stellen der Handynummer. Im Falle einer Teilnahmeverweigerung des Partners/der Partnerin gab es die Möglichkeit, als Einzelperson aufgenommen zu werden. Ausschlusskriterien waren die Verweigerung der Teilnahme und/oder mangelnde Deutschkenntnisse und/oder das Fehlen eines Smartphones.
Nach der abgegebenen Einverständniserklärung fand unmittelbar eine computerisierte Randomisierung, paarweise in die Interventions- (IG) bzw. Kontrollgruppe (KG), statt. Die Studienteilnehmer sind durch Codenummern pseudonymisiert. Die Studie ist 2-armig und für die PatientInnen nicht verblindet.
Psychologisches Assessment
Als Evaluationsinstrument wurde der validierte ScreenIVF-Fragebogen ausgewählt [18]. Dieser Fragebogen basiert auf einer prospektiven niederländischen Studie [23], deren Ziel es war, das emotionale Risikoprofil von Patientinnen während einer reproduktionsmedizinischen Maßnahme zu erfassen. In dieser PAKI-Studie wurde der ScreenIVF sowohl zur Identifikation von Drop-out-Prädiktoren eingesetzt als auch als Maß für die Interventionseffekte (Prä-post-Effekte).
Die Entwickler des ScreenIVF [1], [23] postulierten 5 „Risikofaktoren“: Ängstlichkeit, Depressivität, eingeschränkt erlebte soziale Unterstützung, Hilflosigkeit und mangelnde Akzeptanz der Situation. Der Fragebogen besteht aus einem Multiple-Choice-Format mit 4-stufigen Likert-Skalen. Er erfasst die Ängstlichkeit der Patienten mit 10 Items, die auf dem Spielberger „State and Trait Anxiety Inventory“ basieren [25]. Die 7 Items zur Depressivität stammen aus dem Becks-Depressions-Inventar [26]. Mit dem Illness-Cognition-Questionnaire für IVF-Patienten wird Hilflosigkeit mit 6 Items und Akzeptanz mit 6 Items in Bezug auf die Fertilität erfasst [1], [27]. Die Wahrnehmung sozialer Unterstützung wird mittels 5 Items aus dem Inventar für Soziale Involviertheit [28] erhoben.
Ablauf
Probandenpaare, die teilnehmen wollten (Opt-in-Verfahren), erhielten Informationsmaterial zur Studie und eine kurze Anleitung zu den Techniken. Hierin wurden die Methoden (kreative Ablenkung für die KG und positive Neubewertung für die IG; s. weiter unten) kurz erläutert. Zudem erhielten die Teilnehmer (beide Partner) eine zu unterschreibende Einverständniserklärung. Der Studienablauf bestand aus 3 Messzeitpunkten (vgl. [Abb. 1]).
Abb. 1 PAKI-Flowchart.
Zu Messzeitpunkt 1 (T1: Prä-Intervention) wurde ein Paper-Pencil-Verfahren eingesetzt, um soziodemografische Daten (Alter, Geschlecht, Schulabschluss, Beruf, Dauer der Paarbeziehung) und fertilitätsbezogene Daten (Dauer des Kinderwunsches, Anzahl bisheriger Kinder, Dauer der ART-Behandlung, vermutete Ursache des unerfüllten Kinderwunsches) zu erfassen. Der ScreenIVF wurde zu T1 per Paper-Pencil-Verfahren und zu T2 (Post-Intervention) online von den Teilnehmern ausgefüllt. Zu T3 (Evaluation), 4 Wochen nach dem Schwangerschaftstest, bekamen die ProbandInnen einen Link zur Onlinebefragungsplattform Unipark per SMS zugesandt. Sie wurden dabei zur Wirksamkeit und Praktikabilität der Online-Intervention befragt (vgl. [Abb. 1]).
Bei fehlender Onlineteilnahme zu T2 und T3 erhielten die ProbandInnen eine SMS mit der Erinnerung an die Onlineteilnahme jeweils nach 7 und dann nach 14 Tagen. Alle Onlinedaten wurden pseudonymisiert auf dem Server von Unipark gespeichert, ansonsten erfolgte die Datenspeicherung verschlüsselt über das Universitätsklinikum Heidelberg. Die Daten wurden vom Institut für Medizinische Psychologie Heidelberg ausgewertet.
Intervention
Nach vorgenommener Randomisierung der Paare und dem Beginn des reproduktionsmedizinischen Behandlungszyklus begann parallel der computergestützte 13-tägige SMS-Versand. Die IG erhielt die oben beschriebene „Technik der positiven Ausrichtung“ (PAKI) [2], [29]. Diese ProbandInnen erhielten ab der Eizellpunktion jeden Mittag einen Satz auf ihr Smartphone geschickt, der eine positive Ausrichtung der Gedanken erzeugen sollte, bspw. „Heute tue ich mir etwas Gutes“ oder „Ich versuche, mehr an die positiven Dinge im Leben zu denken“. Dem gegenüber standen die KG-Paare, die täglich Denksportaufgaben zur „kreativen Ablenkung“ auf ihr Smartphone erhielten. Beispielsweise galt es, als Denksportaufgabe eine Zahlenreihenfolge zu vervollständigen.
Die Studie wurde durch die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät Heidelberg geprüft und genehmigt (Studie S-074/2017). Alle Studiendetails können auf clinicaltrials.org unter NCT03118219 eingesehen werden und in [29].
Datenanalyse und statistische Auswertung
Die soziodemografischen und fertilitätsbezogenen Daten sowie die 5 Skalen des ScreenIVF wurden in dieser Zwischenauswertung zunächst deskriptiv analysiert.
Ein vorzeitiger Drop-out ist definiert als ein Nichtbeantworten der Fragebögen zum 2. und/oder zum 3. Messzeitpunkt. Es wurde geprüft, ob spezifische Belastungsindikatoren (bzw. der aufsummierte Risiko-Score; s. u.) als mögliche Prädiktoren für einen frühzeitigen Drop-out dienen können.
Mit dem Actor–Partner Interdependence Model (APIM) [30] wurde untersucht, ob es innerhalb einer Dyade Zusammenhänge zwischen möglichen Prädiktoren und dem Drop-out gibt (auch unter Berücksichtigung des Einflusses vom Partner auf den Akteur). Es wurde jeweils ein APIM zu T1 und T2 für die ausgewählten Belastungsindikatoren berechnet. Da es sich um unterscheidbare Dyaden handelte, wurde für jeden Teil der Dyade eine eigene Gleichung in den pfadanalytischen Ansatz aufgenommen und jeweils ein Akteur-Effekt (a) und ein Partner-Effekt (p) berechnet [31].
Die Ermittlung eines Risiko-Scores als ein möglicher Prädiktor für den vorzeitigen Drop-out ist angelehnt an [21]: PatientInnen werden als risikobehaftet eingestuft, wenn sie auf den 5 Skalen des ScreenIVF klinisch relevante Werte über dem jeweiligen Cut-off aufzeigen und somit ein größeres Risiko einer relevanten emotionalen Belastung aufwiesen [18]. Der Score reicht von 0 bis 5 Punkten, wobei 0 bedeutet, dass kein Risikofaktor besteht, während 5 bedeutet, dass die Cut-offs aller 5 Skalen überschritten werden (s. a. [24]).
Die Analyse wurde mit der Statistiksoftware R Version 3.5.0 [32] und mit dem Paket lavaan Version 0.6.1 [33] durchgeführt.
Ergebnisse
Soziodemografische und fertilitätsbezogene Daten
In der Stichprobe befanden sich zu Messzeitpunkt T1 bei dieser Zwischenauswertung n = 141 ProbandInnen, davon 60 Männer (42,55%) und 81 Frauen (57,45%) (vgl. [Tab. 1]). Die Alterspanne reichte dabei von 27 bis 51 Jahren (M = 37,21; S = 4,79).
Tab. 1 Soziodemografische Daten.
|
Häufigkeit
|
Altersverteilung
|
n
|
%
|
M
|
SD
|
Min
|
Max
|
Geschlechterverteilung zu T1
|
|
|
|
|
|
|
|
81
|
57,45
|
36,62
|
4,01
|
27
|
44
|
|
60
|
42,55
|
38,04
|
5,62
|
28
|
51
|
|
141
|
100
|
37,21
|
4,79
|
27
|
51
|
fertilitätsbezogene Daten in Jahren zu T1
|
n
|
|
M
|
SD
|
Min
|
Max
|
|
138
|
|
4,88
|
3,09
|
1,00
|
18
|
|
138
|
|
9,46
|
4,83
|
2,00
|
19
|
|
136
|
|
2,60
|
1,96
|
0,16
|
9
|
Hat das Paar bereits Kinder?
|
n
|
%
|
|
|
|
|
|
97
|
70,80
|
|
|
|
|
|
40
|
29,20
|
|
|
|
|
Der durchschnittliche Kinderwunsch betrug 4,88 Jahre und die medizinische Behandlung dauerte von 2 Monaten bis 9 Jahren (M = 2,6 Jahre, SD = 1,96) (vgl. [Tab. 1]).
Trotz Erinnerungen reagierten einige PatientInnen der PAKI-Untersuchung nicht auf den per SMS zugeschickten Fragebogenlink und zählten somit zu den hier definierten Drop-outs. Zu T2 befinden sich noch 104 ProbandInnen in der Studie, was einem Drop-out von 26,24% entspricht (vgl. [Tab. 2]). Zum Evaluationszeitpunkt (T3) befinden sich noch 90 PatientInnen in der Studie, das bedeutet einen Drop-out von 13,46%, was einem Gesamt-Drop-out von 36,17% von T1 zu T3 entspricht (vgl. [Tab. 2]).
Tab. 2 Geschlechterverteilung und Drop-out-Werte zu T2 und T3.
|
Häufigkeit
|
Altersverteilung
|
Drop-out
|
Drop-out zu T2
|
n
|
%
|
M
|
SD
|
Min
|
Max
|
Anzahl Drop-out-Personen T1 zu T2
|
Drop-out in %
|
|
67
|
64,42
|
36,19
|
3,85
|
27
|
44
|
14
|
17,28
|
|
37
|
35,58
|
38,14
|
5,61
|
29
|
51
|
23
|
38,33
|
|
104
|
100
|
36,89
|
4,63
|
27
|
51
|
37
|
26,24
|
Drop-out zu T3
|
n
|
%
|
M
|
SD
|
Min
|
Max
|
Anzahl Drop-out-Personen T1 zu T3
|
Drop-out in %
|
Anzahl Drop-out-Personen T2 zu T3
|
Drop-out in %
|
|
57
|
63,33
|
36,31
|
3,74
|
28
|
44
|
24
|
29,63
|
10
|
14,93
|
|
33
|
36,67
|
38,55
|
5,60
|
29
|
51
|
27
|
45,00
|
4
|
10,81
|
|
90
|
100
|
37,16
|
4,63
|
28
|
51
|
51
|
36,17
|
14
|
13,46
|
Es wurde geprüft, ob sich Männer und Frauen in der Wahrscheinlichkeit, vorzeitig auszuscheiden, unterscheiden. Die Wahrscheinlichkeit, zu T2 auszuscheiden, war für Männer signifikant höher als für Frauen (b = 1,50, SE = 0,57, z = − 2,63, p = 0,008), die Odds Ratio betrug 4,50. Zu T3 zeigte sich ebenfalls ein signifikanter Unterschied zwischen Frauen und Männern bezüglich der Wahrscheinlichkeit eines Drop-outs (b = 1,21, SE = 0,56, z = − 2,15, p = 0,032): Für Männer war die Wahrscheinlichkeit erneut signifikant höher, die Odds Ratio betrug 3,35.
Deskriptive Statistik der Belastungsindikatoren
Insgesamt erreichten die ProbandInnen im Mittel bei den ausgewählten Belastungsindikatoren nicht die Cut-offs der Skalen bzw. klinisch auffällige Werte. So liegt der Mittelwert der Probandinnen für Depressivität zu T1 bei M = 2,23 (SD = 2,44) und bei den Probanden bei M = 1,10 (SD = 1,74) (vgl. [Tab. 3]). Der Cut-off der Kurzform des BDI liegt bei 4 Punkten [26] und entspricht ab diesem Wert einem leichten depressiven Syndrom.
Tab. 3 Belastungsindikatoren der Probanden über die Zeit im Geschlechtervergleich.
Belastungsindikator
|
Geschlecht
|
Messzeitpunkt
|
n
|
M
|
SD
|
Min
|
Max
|
Depressivität
|
w
|
1
|
77
|
2,23
|
2,44
|
0
|
11
|
2
|
67
|
3,06
|
3,56
|
0
|
14
|
m
|
1
|
58
|
1,10
|
1,74
|
0
|
7
|
2
|
37
|
1,16
|
1,72
|
0
|
7
|
Ängstlichkeit
|
w
|
1
|
75
|
20,97
|
5,64
|
10
|
33
|
2
|
67
|
21,91
|
6,43
|
11
|
37
|
m
|
1
|
57
|
18,44
|
4,63
|
10
|
30
|
2
|
37
|
17,78
|
5,74
|
10
|
32
|
soziale Unterstützung
|
w
|
1
|
78
|
17,04
|
3,28
|
7
|
20
|
2
|
67
|
16,78
|
3,28
|
9
|
20
|
m
|
1
|
60
|
17,33
|
3,32
|
8
|
20
|
2
|
37
|
17,73
|
2,71
|
11
|
20
|
Hilflosigkeit
|
w
|
1
|
77
|
11,58
|
4,38
|
6
|
24
|
2
|
67
|
12,24
|
4,33
|
6
|
24
|
m
|
1
|
59
|
10,00
|
3,09
|
6
|
17
|
2
|
37
|
9,73
|
2,95
|
6
|
16
|
Akzeptanz
|
w
|
1
|
74
|
14,04
|
4,05
|
6
|
24
|
2
|
67
|
13,00
|
4,34
|
6
|
24
|
m
|
1
|
59
|
16,00
|
3,35
|
10
|
24
|
2
|
37
|
16,00
|
4,38
|
7
|
24
|
Risiko-Score
|
w
|
1
|
71
|
1,38
|
1,46
|
0
|
5
|
2
|
67
|
1,87
|
1,67
|
0
|
5
|
m
|
1
|
54
|
0,81
|
1,10
|
0
|
5
|
2
|
37
|
0,78
|
1,42
|
0
|
5
|
Auch für die Skala Ängstlichkeit (Cut-off ≥ 24) finden sich die ProbandInnen T1 und T2 im Mittel unter dem Cut-off-Wert: Für Frauen lag zu T1 der Mittelwert bei M = 20,97 (SD = 5,64) und für Männer bei M = 18,44 (SD = 4,63). Für die anderen Belastungsindikatoren weist die Stichprobe im Mittel ebenfalls unauffällige Werte auf (vgl. [Tab. 3]). Die ProbandInnen erreichen im Mittel einen Risiko-Score zwischen 0,78 und 1,87 Punkten.
Belastungsindikatoren im Rahmen des Actor–Partner Interdependence Model (APIM)
Es konnte in unser Zwischenauswertung ein signifikanter Akteur-Effekt zu T1 bezüglich der Ängstlichkeit gefunden werden: Je höher die Ängstlichkeit eines Mannes, desto höher lag auch seine Wahrscheinlichkeit, vorzeitig auszuscheiden (β = 0,41, p = 0,032). Zudem zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Drop-out von Männern und Frauen (β = 0,43, p = 0,020) (vgl. [Abb. 2]). Zu T2 konnten signifikante Partner-Effekte gefunden werden: Je höher die Ängstlichkeit eines Mannes, desto höher lag die Wahrscheinlichkeit für das vorzeitige Ausscheiden der Frau (β = 0,54, p = 0,001). Je höher die Ängstlichkeit bei der Frau war, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit eines Drop-outs für den Mann (β = − 0,38, p = 0,014). Auch hier liegt ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Drop-out von Männern und Frauen insgesamt vor (β = 0,61, p = 0,061).
Abb. 2 Actor–Partner Interdependence Model für Prädiktor Ängstlichkeit zu T1.
Es zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der erlebten sozialen Unterstützung der Männer und dem Drop-out der Frauen zu T1: Je mehr soziale Unterstützung der Mann empfand, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit des vorzeitigen Ausscheidens seiner Partnerin (β = − 0,44, p = 0,016) (vgl. [Abb. 3]).
Abb. 3 Actor–Partner Interdependence Model für Prädiktor Soziale Unterstützung zu T1.
Ein signifikanter Partner-Effekt der Männer auf die Frauen konnte für den Belastungsindikator Hilflosigkeit zu T1 gefunden werden (β = − 0,57, p = 0,036): Gibt der Mann eine erhöhte Hilflosigkeit an, war die Wahrscheinlichkeit für die Frau, vorzeitig auszuscheiden, signifikant niedriger (vgl. [Abb. 4]).
Abb. 4 Actor–Partner Interdependence Model für Prädiktor Hilflosigkeit zu T1.
Für den aufsummierten Risiko-Score konnten keine signifikanten Akteur- und Partner-Effekte ermittelt werden, weshalb er sich für die vorliegende Stichprobe nicht als Prädiktor für einen frühzeitigen Drop-out eignet.
Diskussion
Domar et al. [22] fanden signifikant höhere Drop-out-Werte in einer Kontrollgruppe unter Routinebedingungen im Vergleich zu einer Gruppe mit kognitiv-behavioralen Interventionen. Dieses Resultat lässt den Schluss zu, dass die Adhärenz in Studien durch gezielte psychologische Interventionen gefördert werden kann.
Warum kommt es zu einem Drop-out aus der Studie? Sind es überwiegend die Belastungen der medizinischen Behandlung oder eine mangelnde Wirksamkeit der psychosozialen Intervention, die ProbandInnen empfinden? Oder ist es möglicherweise eine Kombination aus beidem?
Die deskriptive Betrachtung der vorliegenden Daten zeigt, dass eine durchschnittlich eher unbelastete Stichprobe vorliegt: Die ProbandInnen weisen in unser Zwischenauswertung im Schnitt keine auffälligen Werte auf den Belastungsindikatoren auf. Andere Studien hingegen konnten zeigen, dass emotionale Belastungen die Hauptgründe für einen frühzeitigen Drop-out von Probandinnen aus reproduktionsmedizinischen Behandlungen sind [7], [14]. Häufigste Gründe, die bei einer Untersuchung von Patientinnen dabei genannt wurden, waren „I had enough“ (66%), „emotional costs“ (64%) und „I could not cope with more treatment“ (42%) [10].
Verhaak et al. [18] fanden keine Unterschiede bei Frauen, die aus ihrer Studie ausschieden, im Vergleich zu denen, welche die Studie vollständig beendeten. Die Autoren [18] hatten hierfür das Ergebnis des Schwangerschaftstests sowie die Depressions- und Ängstlichkeitswerte der Probandinnen erfasst. In unserer Untersuchung haben wir keine Informationen über den Grund, warum ProbandInnen früher ausscheiden, erhalten. Künftig sollte der Grund des vorzeitigen Ausscheidens erhoben werden, was für weitere Drop-out-Analysen sicherlich einen Mehrwert schaffen würde.
Bestimmte Bewältigungsstrategien (wie sinngebendes Coping) ermöglichen es Frauen und Männern, die Belastung während einer Behandlung besser zu ertragen [20], [24], während andere Strategien (wie aktiv-vermeidendes Coping) das Belastungsrisiko wechselseitig erhöhen. Prüfenswert ist, ob die gefundenen positiven Effekte von PAKI nicht nur in klinischen Studien (sogenannte „efficacy“) Wirkung zeigen, sondern auch, wenn PatientInnen die Methode im „Alltagsleben“ ohne jegliche klinische Anleitung anwenden (sogenannte „effectiveness“).
Die Ergebnisse unserer Studie weisen auf einen deutlichen Einfluss des Partners auf einen Drop-out hin: Männer, die mehr Ängstlichkeit angaben, zeigten eine erhöhte Drop-out-Wahrscheinlichkeit. Zu T2 fanden wir signifikante Partner-Effekte bezüglich der Ängstlichkeit: Je höher die Ängstlichkeitswerte waren, desto größer die Wahrscheinlichkeit für den Partner bzw. die Partnerin, vorzeitig aus der Intervention auszuscheiden. Je höher die soziale Unterstützung des Mannes ausfiel, desto weniger wahrscheinlich beendete seine Partnerin die Studie. Eine erhöhte Hilflosigkeit des Mannes führte hingegen zu einem verminderten Drop-out-Risiko der Frau. Um Paare auch trotz großer emotionaler Belastung für eine fortgesetzte Teilnahme an einer psychologischen Intervention zu motivieren, sollten demnach explizit auch Ängste und Bedürfnisse des männlichen Partners aktiv adressiert werden.
Limitationen
In unser Zwischenauswertung der PAKI-Studie fiel es schwer, den Drop-out der ProbandInnen zu definieren und diesen vom Drop-out aus der ART-Behandlung (z. B. wegen Behandlungskomplikationen, Fertilisationsversagen bzw. Nichteintritt der Schwangerschaft, finanzieller oder emotionaler Belastung durch ART, Wechsel in ein anderes Kinderwunschzentrum) zu differenzieren: Eine Dokumentation, ob ProbandInnen nur aus der klinischen Interventionsstudie ausschieden oder ob zugleich die ART-Behandlung abgebrochen wurde, liegt für diese Untersuchung nicht vor.
Ein Teil der PAKI-ProbandInnen konnte nach Beginn der Studie nicht aufgenommen werden. Ein Kriterium war dabei der nicht stattfindende Embryonentransfer (z. B. wegen „embryonic arrest“). Aus technischen Gründen konnte die Telefonnummer der Studienteilnehmer nur einmalig registriert werden, die Teilnahme an der PAKI-Studie zu einem folgenden ART-Zyklus war also nicht möglich. Das 2. Ausschlusskriterium war die verspätete Abgabe der Einverständniserklärung (nach Eizellpunktion), welche die Teilnahme an der PAKI-Studie ermöglicht hätte.
In der PAKI-Studie wurde die empfohlene „Opt-in-Methode“ zur ProbandInnenrekrutierung angewandt. Bei einem „Opt-out-Verfahren“ hingegen werden zunächst alle Personen, die infrage kommen, in die Studie aufgenommen, außer sie artikulieren explizit, dass keine Teilnahme erwünscht ist. Junghans et al. [34] fanden heraus, dass ProbandInnen in der Opt-in-Methode ein geringeres Risiko (44%) für verschiedene medizinische Krankheiten als ProbandInnen in der Opt-out-Methode (60%) aufweisen. Diverse Studienerkenntnisse zeigen, dass Opt-in-ProbandInnen insgesamt besser bei klinischen Indikatoren abschnitten. Es wird vermutet, dass Opt-in-ProbandInnen besser den zusätzlichen Anforderungen einer Studie standhalten können [34], [35]. Insgesamt ist die Ablehnungsrate der PatientInnen gegenüber der PAKI-Studie nach unserer Zwischenauswertung eher als gering einzustufen. Es könnte jedoch sein, dass sich vor allem insgesamt weniger belastete PatientInnen für die Studie meldeten.
Da die ProbandInnenrekrutierung nur in einer Klinik stattfand, bleibt die Generalisierbarkeit auf Paare deutschlandweit, europaweit und auch weltweit unklar. Zudem bleibt auch fraglich, ob die Erkenntnisse auf andere Paare mit unerfülltem Kinderwunsch zutreffen, die sich gar nicht in medizinische Behandlung begeben. Nur ein gewisser Prozentsatz der Paare in Deutschland unterzieht sich einer klinischen Diagnostik, um den Ursachen der Kinderlosigkeit auf den Grund zu gehen. Nach der Studie von Wippermann [36] nehmen ca. 63% der Paare keine Kinderwunschbehandlung in Anspruch, obwohl sie eine Diagnose für eine eingeschränkte Fruchtbarkeit erhalten haben und häufig eine grundsätzliche Nutzungsbereitschaft der ART mitbringen. Andere Schätzungen [37], [38], [39] gehen davon aus, dass bis zu 30% der Paare trotz Vorliegen einer Indikation und trotz (anteiliger) Kostenübernahme durch die Krankenkasse keine ART beginnen.
Stärken
Als eine Stärke der PAKI-Studie kann die innovative Intervention über das Smartphone gesehen werden. PRCI wurde zuvor über positive Sätze auf Papierkärtchen [2] oder als digitale Datei (per E-Mail) verschickt [5]. Das Smartphone, das heutzutage aus dem Alltag der Menschen nicht mehr wegzudenken ist, ist ein sinnvolles Medium, um täglich eine positive Nachricht darauf zu erhalten und um diese nach Bedarf jederzeit aufrufen zu können.
Männer reagieren häufig auf eine andere Art und Weise auf die Diagnose Infertilität als Frauen und der emotionale Stress kann sich unterschiedlich bemerkbar machen [40]. Zahlreiche Studien fanden heraus, dass Männer psychologisch von der Diagnose der Infertilität psychologisch auch betroffen sind (z. B. [41], [42]). Allerdings haben bislang viele Studien die emotionalen Einflüsse von Fertilitätsproblemen auf Männer vernachlässigt [1], [23]. So richten sich auch viele psychologische Unterstützungsangebote ausschließlich an Frauen. Wenn man die Drop-out-Werte für Männer und Frauen vergleicht, weisen in dieser Studie Männer eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit auf, vorzeitig aus der psychosozialen Intervention auszuscheiden. Zu T2 hatten die Männer gegenüber Frauen laut Odds Ratio ein viereinhalbmal so großes Risiko, die Studie vorzeitig zu beenden. Zu T3 zeigen Männer noch eine knapp 3-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Drop-out. Männliche Kinderwunschpatienten vermitteln häufiger, dass sie glauben, sie könnten mit ihren Gefühlen sehr gut alleine zurechtkommen [43]. Deshalb werden Männer meist nicht als Hauptzielgruppe für eine Kinderwunschberatung adressiert, obwohl Infertilität ein Problem des Paares darstellt. Dieses Phänomen könnte ein Ausdruck dessen sein, dass sich Männer in einer ART-Behandlung eher als Beobachter (oder als „Begleiter der Patientin“) und Frauen sich mehr als Patientinnen und als Mittelpunkt der Behandlung verstehen [43]. Der Einbezug des Mannes ist demnach ein positiv zu bewertender Gesichtspunkt dieser Untersuchung, denn er könnte auch dazu führen, dass sich Männer mehr als ein aktiver Part in der reproduktionsmedizinischen Behandlung wahrnehmen können.
Implikationen für die Forschung
Theorie und Forschung implizieren, dass PAKI positive Effekte auf die fertilitätsbezogene Lebensqualität haben kann, vor allem während der Phasen, in denen Patientinnen vermehrt Stress und Unsicherheit erleben (z. B. [44], [45], [46], [47]). Das PAKI-Programm unserer Studie ist für die PatientInnen in der ART-Behandlung eine „Custom-made“-Intervention, bei der alle ProbandInnen dieselbe Unterstützung erhalten. Künftig wäre es spannend, „Tailor-made“-Interventionen zu testen, d. h. auf ProbandInnen individuell zugeschnittene Interventionen. Manche Paare empfinden vermutlich SMS als hilfreich, andere präferieren optionale Telefon- oder Chatgespräche und wieder andere möchten gar keine zusätzliche Hilfe in Anspruch nehmen. Möglicherweise gibt es einen geringeren Drop-out während einer psychologischen Intervention bei Paaren, die eine maßgeschneiderte Intervention erhalten, als bei Paaren während einer universal verwendeten Intervention. Auch die unterschiedliche Wirkung von psychosozialer Face-to-Face-Therapie im Vergleich zu Online-Interventionen könnte weiter überprüft werden. Ebenfalls sollte in künftigen Forschungsfragen der unterschiedliche Bedarf und die möglicherweise andere Wirkung von PAKI (bzw. anderen psychosozialen Interventionen) auf Männer im Vergleich zu Frauen weiter fokussiert werden. Die hier dargestellte Zwischenauswertung der PAKI-Studie weist unseres Erachtens eindeutig darauf hin, dass zukünftige Forschung in diesem Bereich die Rolle des männlichen Partners in der Reproduktionsmedizin immer mitberücksichtigen sollte.
Implikationen für die Praxis
Bestimmte Bewältigungsstrategien können das Risiko für Depressivität und Ängstlichkeit steigern [24]. Psychologische Beratung könnte PatientInnen behilflich sein, die förderlichen Copingstrategien einzusetzen und ungünstige Strategien (wie z. B. aktive Vermeidungsstrategien) nicht anzuwenden. Der Einfluss von Partner-Effekten auf das psychologische Befinden, wie er bspw. durch APIM belegt wurde [24] und teilweise – insbesondere für den männlichen Partner – auch in dieser Zwischenauswertung gefunden wurde, gibt Anlass dazu, die psychosoziale Kinderwunschberatung gezielt an das Paar zu richten (human reproduction takes more than one person) und Einzelberatung eher als Ausnahme bzw. nur auf expliziten Wunsch anzubieten. Insgesamt weisen die Ergebnisse unserer Studie darauf hin, dass es sich bei Paaren in reproduktionsmedizinischer Behandlung aus psychologischer Sicht um eine durchschnittlich wenig vulnerable Gruppe handelt (s. a. [48]).
Schlussfolgerung
Studienziel war das Identifizieren von Prädiktoren für den vorzeitigen Drop-out von ProbandInnen aus einer psychosozialen Intervention während einer ART-Behandlung. In dieser Zwischenauswertung wurden nur einzelne signifikante Effekte bezüglich der Belastungsindikatoren im Zusammenhang mit einem Drop-out gefunden. Es sollten weitere psychologische Interventionen für Paare in reproduktionsmedizinischer Behandlung angeboten werden, um diese zu unterstützen und so die Chancen der medizinischen Therapie optimal auszuschöpfen. Dieses kann langfristig zu erhöhter PatientInnenzufriedenheit – und über eine höhere Adhärenz in Bezug auf die medizinische Behandlung möglicherweise auch zu höheren kumulativen Schwangerschaftsraten [49] – führen. Darauf weisen die Verbesserungsvorschläge der befragten PatientInnen in der Studie von Domar et al. [10] hin: Ein Angebot psychologischer Unterstützung in schriftlicher Form sowie die Präsenz psychosozialer Beratungsfachkräfte waren aus retrospektiver Sicht von „Drop-outs“ die beiden meistgenannten Wünsche an die Reproduktionsmedizin. Das überwiegende Fehlen eines solchen psychosozialen Angebotes – auch und explizit an den männlichen Partner – könnte einen wichtigen Grund dafür darstellen, weshalb in Deutschland etwa die Hälfte aller Paare die medizinische Behandlung ohne Erreichung einer Schwangerschaft bereits nach dem 2. Behandlungszyklus als „Drop-outs“ verlassen, obwohl die Krankenkassen meistens 3 Zyklen (anteilig) finanzieren [49]. Insgesamt sollte die Rolle des männlichen Partners in der reproduktionsmedizinischen Behandlung explizit mehr Berücksichtigung finden [36].
Anmerkung
MB, MS, SR, AG, TS, MM, SB, BD und TW haben am Design der Studie mitgewirkt. MS und TW waren für die Einholung der Zustimmung seitens der Ethikkommission zuständig. MS, SR, AG, BD und TW waren an der Anpassung und Zusammenstellung der Interventionen beteiligt. SR, AG und TS waren für die Unterstützung des Rekrutierungsprozesses verantwortlich. MM und SB waren für die Unterstützung der technischen Prozesse der Intervention zuständig. MB war mit der Erstellung des Manuskriptentwurfs betraut. MS plante die statistische Analyse. Alle Autoren haben die Endfassung des Manuskripts gelesen, überarbeitet und genehmigt. Die Finanzierung dieser Studie erfolgte mit intramuralen Forschungsmitteln des Instituts für Medizinische Psychologie und der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Universitäts-Frauenklinik Heidelberg.