Neurologie up2date 2019; 2(04): 415-434
DOI: 10.1055/a-0941-6925
Myopathien und Neuropathien
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Myasthene Syndrome

Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-myasthenisches Syndrom und kongenitale Myastheniesyndrome
Jörn Peter Sieb
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Publication Date:
13 November 2019 (online)

Störungen der neuromuskulären Transmission sind selten, jedoch gibt es sehr wirksame Therapieoptionen. Außer den unterschiedlichen Formen der Myasthenia gravis (MG) werden hier Diagnose und Therapie des ebenfalls autoimmun bedingten Lambert-Eaton-myasthenischen Syndroms (LEMS) und der kongenitalen Myastheniesyndrome dargestellt.

Kernaussagen

Myasthenia gravis (MG)

  • Dies ist eine heterogene Gruppe von Autoimmunerkrankungen mit einem postsynaptischen Defekt der neuromuskulären Übertragung. Überwiegend ist der Immunprozess gegen den Acetylcholinrezeptor gerichtet.

  • Die Anti-MuSK-MG betrifft in erster Linie Frauen im mittleren Erwachsenenalter. Klinisch zeigt sich eine okulopharyngeale Muskelschwäche. Das Risiko von myasthenen Krisen ist hoch.

  • In erster Linie wird nach wie vor immunsuppressiv mit Azathioprin behandelt. Alternativen sind insbesondere Mycophenolatmofetil und Tacrolimus. In einer kontrollierten Studie war Methotrexat ohne steroideinsparende Wirkung nach 12 Behandlungsmonaten.

  • Der Anti-CD20-Antikörper Rituximab ist offenbar besonders wirksam bei Anti-MuSK-MG. Daher sollte der Einsatz frühzeitig im Krankheitsverlauf erwogen werden, sofern sich initial eine Immunsuppression mit Azathioprin als nicht ausreichend wirksam erweist.

  • Eculizumab ist ein Antikörper gegen das Komplementprotein C5. Er ist für die Behandlung der therapierefraktären, generalisierten, anti-Acetylcholinrezeptor-Antikörper-positiven Myasthenia gravis zugelassen.

  • Der positive Effekt einer transsternalen Thymektomie bei nicht paraneoplastischer, anti-AChR-Antikörper-positiver Myasthenie bestätigte sich in einer prospektiven, randomisierten Thymektomiestudie. Die Thymektomie ist keine therapeutische Option bei der Anti-MuSK-MG.

Lambert-Eaton-myasthenisches Syndrom (LEMS)

  • Dies ist ein Immunprozess gegen präsynaptische Kalziumkanäle vom P/Q-Typ. Etwa 50% der Fälle beruhen paraneoplastisch auf einem kleinzelligen Bronchialkarzinom.

  • Klinisch besteht initial eine Hüftgürtelschwäche. Das Auftreten autonomer Symptome und eine rasche Progredienz der Muskelschwäche innerhalb der ersten 12 Erkrankungsmonate sprechen für eine paraneoplastische Verursachung.

  • Neurophysiologisch zeigt sich die Lambert-Trias aus motorischen Summenaktionspotenziale niedriger Amplitude, einem Dekrement in der niederfrequenten Serienstimulation und einem Inkrement durch eine kurze Willkürinnervation.

  • Zugelassen für die Therapie ist der Kaliumkanalblocker Amifampridinphosphat (Firdapse).

Kongenitale Myastheniesyndrome

  • Auch bei Erwachsenen kann ein bislang nicht erkanntes kongenitales Myastheniesyndrom Ursache einer Muskelschwäche sein.

  • Aus der Anamnese und der klinisch-neurologischen Untersuchung können sich Hinweise auf einen bestimmten Defekt der neuromuskulären Signalübertragung ergeben, sodass eine gezielte molekulargenetische Diagnostik veranlasst werden kann.

  • Aus der Identifikation des kongenitalen Myastheniesyndroms ergeben sich auch therapeutische Konsequenzen. Bei manchen Defekten sind Inhibitoren der Acetylcholinesterase, wie Pyridostigmin, ungünstig.