Transfusionsmedizin 2022; 12(01): 37-49
DOI: 10.1055/a-1034-8719
Praxistipp

Optimierung der Depotführung für Erythrozytenkonzentrate in Krankenhäusern

Optimizing the Supply of Red Cell Concentrates in Hospitals
Gerald Dietrich
Rottal-Inn Kliniken Kommunalunternehmen
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Zusammenfassung

Blutdepots ohne eigene Herstellung müssen Versorgungssicherheit garantieren, dabei aber auch eine möglichst geringe Verfallsrate sicherstellen. Für die Anzahl der zu bevorratenden Erythrozytenkonzentrate (EK) der verschiedenen Blutgruppen wird folgendes Berechnungsmodell gefunden: 1. Die örtliche Verteilung der AB0-Blutgruppen im Patientenkollektiv kann mit dem Hardy-Weinberg-Gesetz auf Plausibilität überprüft werden. 2. Der Beobachtungszeitraum ist die durchschnittliche Restlaufzeit von der Lieferung bis zum Ende der Haltbarkeit. 3. Der Erwartungswert für die Fallzahl transfundierter Patienten einer bestimmten Blutgruppe gehorcht einer Binomialverteilung. 4. Die Anzahl transfundierter Erythrozytenkonzentrate pro Patient ist geometrisch verteilt. 5. Eine Matrix wird gebildet, deren Zellen das Produkt aus Fallzahl (3.) und EK pro Fall (4.) und somit die Anzahl der benötigten EK enthalten. Nur letztgenannte sind für die Führung des Blutdepots interessant. Subtrahiert man die Zahl der im Beobachtungszeitraum (2.) benötigten EK von der Depotgröße, erhält man den Verfall. Der Vorrat von EK der Blutgruppe 0 bemisst sich an der maximal zu erwartenden Zahl benötigter Konserven für einen Fall bis zur nächstmöglichen Lieferung, wenn der durchschnittliche Depotumsatz diesen Wert nicht übersteigt. Er kann somit insbesondere in peripheren Krankenhäusern mit Akutversorgung die oben beschriebene Kalkulation deutlich überschreiten. Für Blutgruppe A gilt dieser Grundsatz nicht, wenn auch kompatible (0 auf A) Transfusionen stattfinden sollen. Binomial ist bei kleiner Anzahl nach links – das heißt gegen Null – schief verteilt. Dies betrifft in jedem Fall AB, bei jährlichem Depotumsatz unter ungefähr 1000 EK aber auch Blutgruppe B. Möchte man den Verfall vermeiden, darf man die betroffenen Blutgruppen nicht – zumindest nicht in dem notwendigen Umfang – bevorraten und muss dann majorkompatibel transfundieren. Die Unterschiede der einzelnen AB0-Blutgruppen in Herstellung (Blutgruppenverteilung in der Spenderpopulation) und der Bevorratung in Krankenhaus-Blutdepots sind hierin begründet. Entsprechende Überlegungen gelten gleichermaßen für den Rhesusfaktor D. Die oft emotional geführte Debatte über die zu bevorratende Anzahl an EK kann mittels dieses mathematischen Modells auf eine rationale Grundlage zurückgeführt werden. Das Rechenmodell ist mit einem einfachen Tabellenkalkulationsprogramm möglich. Das Blutdepot bestimmt damit den optimalen Bestand. Für die Blutspendedienste ergibt sich hieraus die Möglichkeit, die Kunden individuell, das heißt umsatzabhängig, zu beraten und gegebenenfalls den Preis entsprechend zu gestalten. Im Rahmen der Qualitätssicherung können abteilungs- oder krankenhausspezifische Besonderheiten im Transfusionsverhalten dargestellt werden.

Abstract

Hospital blood banks have to ensure a sufficient supply of red cell concentrates (RCCs) but also minimize the number of expired RCCs. The following model was developed to calculate the number of RCCs to be stored for the different blood groups, based on certain assumptions: 1. The local distribution of ABO blood groups can be checked for plausibility using the Hardy-Weinberg formula. 2. The observation period is the average duration from delivery to the end of shelf-life. 3. The expected figure for the number of cases of transfused patients of a certain blood group has a binomial distribution. 4. The number of transfused RCCs per patient is geometrically distributed. 5. A matrix is created with cells containing the product of the case number (3.) and the RCCs per case (4.), allowing the number of required RCCs to be calculated. Only the latter figure is relevant for stocking the hospitalʼs blood bank. The number of expired RCCs is the difference to the amount of stock. The supply of blood group O RCCs is based on the maximum number of RCCs actually required for one case until the next possible delivery. It can thus clearly exceed the calculated figure described above, especially in small hospitals which provide acute care. For blood group A this principle is not applicable if compatible (O to A) transfusions are considered. If the number is small, the binomial distribution will be skewed, which is generally the case for AB. With an annual blood bank turnover of less than 1000 RCCs, this also applies to blood group B. In order to avoid expiry, the blood groups in question must not be overstocked or at least not stocked in the required amounts. Differences in production and consumption are unavoidable and depend on the blood group. The emotional debate about RCCs stocks can be reduced to a rational figure with this mathematical model. The calculation can be performed with a simple spreadsheet program. The blood bank thus determines the optimal stock of blood. Using the calculation, blood transfusion services can advise customers on an individual basis and, if necessary, adjust prices accordingly. As part of quality assurance, the model can be used to describe departmental or hospital-specific features of transfusion behavior.



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Article published online:
15 February 2022

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