Notfallmedizin up2date 2021; 16(01): 67-79
DOI: 10.1055/a-1078-9006
Neurologische Notfälle

Spinale Notfälle: „Time is spine“

Alexander Romagna
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Die Fehleinschätzung oder verzögerte Behandlung spinaler Notfälle kann langfristige neurologische Defizite bedingen. Leitsymptome und klinische Zeichen müssen daher rasch erkannt und diagnostisch eingeordnet werden können. Therapeutisch ist das oberste Ziel die Rückbildung bestehender sowie das Vorbeugen neuer neurologischer Defizite. Im Beitrag soll auf verschiedene Szenarien in Hinblick auf Erkennung und Erstbehandlung eingegangen werden.

Kernaussagen
  • Eine spinale Beteiligung ist bei Polytraumata sehr häufig.

  • Ein segmentbezogenes, sich nach kaudal fortsetzendes, meist auch lateralisiertes neurologisches Defizit weist auf das Vorliegen einer Rückenmarkverletzung hin.

  • Eine komplette Querschnittslähmung ist definiert als Ausfall der motorischen und sensiblen Funktionen unter Einschluss des M. sphincter ani.

  • Eine OP-Indikation besteht bei Wirbelsäulenverletzungen mit kompressionsbedingter Nervenwurzel- oder Rückenmarkbeeinträchtigung mit motorischer oder vegetativer Dysfunktion.

  • Ein lumbaler Diskusprolaps kann durch Kompression von neuralen Strukturen zum Conus-Cauda-Syndrom führen (Harnverhalt mit nachfolgender Überlaufblase, Störung der Sexualfunktion, Reithosenanästhesie, Sensibilitätsstörungen im Anogenitalbereich).

  • Bei einer lumbalen Spinalkanalstenose imponiert eine sogenannte Claudicatio-spinalis-Symptomatik, eine akute Schmerzexazerbation kann in diesem Rahmen bei Synovialzysten zu finden sein.

  • Die zervikale Myelopathie ist ein klinisches Syndrom; es ist in der Regel gekennzeichnet durch eine Störung des epikritischen Systems.

  • Der häufigste pathogene Erreger bei Spondylodiszitiden ist Staphylococcus aureus.

  • Begünstigende Komorbiditäten sind

    • Diabetes mellitus,

    • Tumorleiden,

    • Nierenerkrankungen,

    • Leberzirrhose,

    • i. v. Drogenabusus.

  • Spinale Metastasen sind die prozentuell häufigsten Tumoren der Wirbelsäule und können im Rahmen des sog. malignen spinalen Kompressionssyndroms bei 5 – 10% aller Tumorpatienten zu einem echten spinalen Notfall werden.



Publication History

Article published online:
03 March 2021

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