Gastroenterologie up2date 2020; 16(03): 257-273
DOI: 10.1055/a-1092-8056
Spezielle Themen

Alkohol und gastroenterologische Erkrankungen

Gunda Millonig
,
Jens Werner
,
Helmut K. Seitz
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Mit einem Alkoholkonsum von nahezu 10 Litern reinem Alkohol pro Kopf der Bevölkerung und pro Jahr nimmt Deutschland eine Spitzenstellung im internationalen Vergleich ein. Dieser Beitrag diskutiert die wesentlichen klinischen Gesichtspunkte der Alkoholschädigung des Gastrointestinaltrakts, des Pankreas und der Leber. Einige Erkrankungen, die durch chronische Alkoholzufuhr ausgelöst oder verschlechtert werden können, werden zusätzlich besprochen.

Kernaussagen
  • Chronische Alkoholzufuhr verursacht über 200 Erkrankungen mit Schwerpunkt im Gastrointestinaltrakt (Leber und Pankreas).

  • Alkohol ist Ursache für über 5% aller Karzinome weltweit (oberer Alimentär- und Respirationstrakt, Leber, Kolon und weibliche Brustdrüse). Alkoholkranke sollten ein frühzeitiges und regelmäßiges Tumor-Screening (HNO, Gastroskopie, Koloskopie, Gynäkologie) erhalten.

  • Alkoholbedingte Krebserkrankungen werden begünstigt durch gleichzeitiges Rauchen, bestimmte Genkonstellationen (z. B. ADH, ALDH, PNPLA3), Präkanzerosen und Ernährungsfaktoren (Folatmangel, Vitamin-A-Exzess).

  • Alkohol führt zu schweren Mukosaschäden (Gastritis) mit Funktionseinbuße (Absorptionsstörung im Dünndarm mit Mangelernährung, Diarrhöen und Gewichtsverlust).

  • Alkohol ist eine der Hauptursachen für eine akute und chronische Pankreatitis. Die Folgen sind Pankreasinsuffizienz mit Maldigestion, Diabetes mellitus und Schmerzen. Pankreasgangsteine und Pseudozysten können endoskopisch oder chirurgisch angegangen werden.

  • Die alkoholische Lebererkrankung (ALE) ist die häufigste Lebererkrankung in Deutschland und Europa (> 500000 Tote pro Jahr). Früherkennung durch Labor und den Einsatz der transienten Elastografie erscheint wichtig.

  • Die alkoholische Leberzirrhose stellt bei entsprechenden Voraussetzungen (Alkoholkarenz über 6 Monate) eine Indikation zur Lebertransplantation dar.

  • Eine schwere Form der ALE mit hoher Mortalität ist die alkoholische Hepatitis. Eckpfeiler der Therapie sind Alkoholkarenz, die Gabe von Steroiden und N-Acetylcystein sowie eine adäquate Ernährungstherapie.

  • Voraussetzung für jede Therapie alkoholbedingter Schäden ist die Behandlung der Alkoholabhängigkeit durch frühen ärztlichen Kontakt (Entgiftungs- und Entwöhnungstherapie).



Publication History

Article published online:
07 September 2020

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