Laryngorhinootologie 2020; 99(04): 243-246
DOI: 10.1055/a-1123-3344
Gutachten und Recht

Die wirtschaftliche Unabhängigkeit der ärztlichen Fortbildung – Quadratur des Kreises oder realitätsfernes Wunschdenken?

Albrecht Wienke
,
Lisa Hübner

Ärzte[*] in Deutschland sind gesetzlich[1] zur berufsbegleitenden Fortbildung verpflichtet. Angebote dazu gibt es mehr als genug; offenbar ist die ärztliche Fortbildungspflicht für den einen oder anderen Anbieter solcher Fortbildungsveranstaltungen ein wirtschaftlicher Selbstläufer. Doch seit geraumer Zeit herrscht eine rege Diskussion zur Legitimation der Finanzierung und Zertifizierung dieser Fortbildungsveranstaltungen.[2] Denn eine Vielzahl von Fortbildungen wird durch Unternehmen aus der Gesundheitsbranche finanziell und personell unterstützt. Dies gilt in besonderem Maße für die Kongresse und Jahresversammlungen der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften. Dort treffen sich Jung und Alt der jeweiligen Fachgebiete, um Erfahrungen und Neuigkeiten der jeweiligen medizinischen Fachrichtung darzustellen und untereinander auszutauschen. Auch die Angebote für ärztliche Fortbildungen in Kursen oder anderen didaktisch wirksamen Verfahren nehmen erkennbar zu. Wesentliche Triebfeder solcher Veranstaltungen ist die Pharma- und Medizinprodukteindustrie, die solche Jahresversammlungen nutzt, um ihrerseits den pharmakologischen und medizintechnischen Fortschritt zu präsentieren. Nicht umsonst sprechen Insider in diesem Zusammenhang nicht von Messen oder Ausstellungen der Pharma- und Medizinprodukteunternehmen, sondern von einer (wissenschaftlich getriggerten) Präsentation der Fachindustrie. Dies soll von dem Vorwurf einer allein von den Unternehmen der Gesundheitsbranche wirtschaftlich unterstützten und beeinflussten Tagung ablenken. Einige Stimmen bangen vor diesem Hintergrund um die ärztliche Unabhängigkeit und verlangen eine strikte Trennung von Ärzteschaft und Industrie im Zusammenhang mit ärztlichen Fortbildungen. Gewünscht und anerkannt werden ausschließlich Fortbildungsveranstaltungen ohne Beteiligung von Industrieunternehmen der Gesundheitsbranche. Um gesponserten Fortbildungen die Attraktivität zu entziehen, wird gefordert, die Teilnahme an solchen Veranstaltungen nicht mehr mit CME-Punkten zu zertifizieren.[3]



Publication History

Article published online:
20 April 2020

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