Pneumologie 2020; 74(06): 331-336
DOI: 10.1055/a-1175-8578
Stellungnahme

Stellungnahme der DGP zur Auswirkung von Mund-Nasenmasken auf den Eigen- und Fremdschutz bei aerogen übertragbaren Infektionen in der Bevölkerung

Position Paper of the German Respiratory Society (DGP) on the Impact of Community Masks on Self-Protection and Protection of Others in Regard to Aerogen Transmitted Diseases
D. Dellweg
1   Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft GmbH, Akademisches Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität Marburg, Schmallenberg Grafschaft
,
P. M. Lepper
2   Innere Medizin V – Pneumologie, Allergologie, Beatmungs- und Umweltmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar
,
D. Nowak
3   Klinikum der Universität München, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, LMU München, Mitglied des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), München
,
T. Köhnlein
4   Facharztzentrum Teuchern, Teuchern
,
U. Olgemöller
5   Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität, Göttingen
,
M. Pfeifer
6   Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Universitätsklinik Regensburg, Regensburg
7   Abteilung für Pneumologie, Fachklinik für Lungenerkrankungen Donaustauf, Donaustauf
8   Krankenhaus Barmherzige Brüder, Klinik für Pneumologie und konservative Intensivmedizin, Regensburg
› Author Affiliations
 

Mund-Nasenmasken, im Allgemeinen auch chirurgische Masken genannt, wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeführt, um die Ausatemluft von medizinischem Personal bei Operationen zu filtern und die postoperativen infektiösen Komplikationen zu verhindern. Die Effektivität dieser Masken wurde damals durch Umgebungsuntersuchungen mit Petrischalen getestet [1] [2]. Hiervon abzugrenzen sind FFP (filtering face piece, EN-Norm 149)-Masken der Klassen 1 – 3, welche die Masken-tragende Person vor der Inhalation schädlicher Aerosole schützen sollen.

Mund-Nasen- bzw. chirurgische Masken unterliegen der europäischen Norm EN 14683:2019 + AC:2019. In dieser Norm werden mehrere Anforderungen formuliert:

  1. Mikrobiologische Reinheit (Prüfung auf bakterielle Belastung in der Verpackung)

  2. Biokompatibilität (Eigenschaft der Verträglichkeit ohne negative oder unerwünschte Nebenwirkungen)

  3. Bakterielle Filterleistung: Je nach Leistungsklasse muss ein bestimmter Prozentsatz von Bakterien eines Staphylokokkenaerosols abgefiltert werden, welches mit einer bestimmten Flussrate über 49 cm2 des aufgespannten Maskentuches geschickt wird (Filterleistung Klasse 1 ≥ 95 %, Klasse 2 ≥ 98 %)

  4. Luftdurchlässigkeit des Maskentuches: Hier darf bei mittels Vakuumpumpe erzeugtem Fluss von 8  l/min über 4,9 cm2 eines aufgespannten Maskentuches die Druckdifferenz – 40 Pa/cm2 nicht unterschreiten.

Die Norm prüft somit im Kern die Dichtigkeit des reinen Maskentuchs auf Bakterien-Durchlässigkeit und stellt sicher, dass die Luftdurchlässigkeit des reinen Maskentuches ausreichend hoch ist, um die Atmung nicht zu sehr zu erschweren. Die Norm EN 14683:2019 + AC:2019 berücksichtigt nicht Leckagen, die zwischen dem Maskentuch und der Oberfläche der Gesichtshaut entstehen können. Ebenso wenig prüft die Norm einen möglichen Schutz der Masken-tragenden Person vor Gefahrstoffen aus der Umgebungsluft.

Zur Übertragbarkeit des Coronavirus sowie zu den generellen Grundlagen der Aerosolübertragung wird auf das Positionspapier der DGP zur Therapie der Corona-Infektion verwiesen [3]. In diesem Positionspapier wird vor allem auf die Übertragung der Viren innerhalb von Aerosolen kleiner Tröpfchengröße (< 5 µm) hingewiesen. Aerosole dieser Größe befinden sich lange im Schwebezustand, bevor sie deponieren. Tröpfchen unterhalb einer Größe von 1 µm bleiben dauerhaft im Schwebezustand. Dies spielt vor allem für die aerogene Übertragung innerhalb geschlossener Räume eine Rolle, da hier kein Luftaustausch und somit keine Aerosolkonvektion oder -verdünnung auftritt. In diesem Zusammenhang ist eine aktuell im Preprint veröffentlichte Studie anzuführen, die zu dem Ergebnis kommt, dass lediglich 2 von 1245 nachgewiesenen Erkrankungen unter Freiluftbedingungen erfolgten [4].

Wiederverwendbare Mund-Nasenmasken, so wie sie derzeit in der Öffentlichkeit getragen werden, werden sowohl aus Textilien (meist Baumwolle) als auch synthetischen Materialen wie z. B. Polyurethan bzw. aus Kombinationen dieser Gewebe hergestellt. Manche Masken ermöglichen die Einlage eines zusätzlichen Filtervlieses. Manche Hersteller bieten Masken mit Exspirationsventil an. Funktionen dieser Masken in der Bevölkerung sind:

1. Schutz einer anderen Person vor potenziell infektiösen Aerosolen in der Ausatemluft der Masken-tragenden Person

Hui et al. konnten mittels Rauch-markierter Luft zeigen, dass beim Husten eine traubenförmige Aerosolwolke entsteht, die in der sagittalen Ebene vom Gesicht weg gerichtet eine maximale Ausdehnung von 68 cm hatte [5]. Eine laterale Ausdehnung in der coronaren Ebene war nicht zu sehen. Beim Tragen einer einfachen chirurgischen Mund-Nasenmaske konnte die Rauchwolke in der sagittalen Ebene auf 30 cm verkleinert werden, es entstand aber eine coronare Ausbreitung der Rauchwolke um jeweils 28 cm rechts und links des Maskenrandes. Tang et al. konnten mittels Untersuchungen am Schlierenspiegel messen, dass die maximale Geschwindigkeit und Reichweite der Exspirationsluft beim Niesen 4,5 m/s und 60 cm, bei Nasenatmung 1,4 m/s und 60 cm und bei Mundatmung 1,3 m/s und 80 cm betrugen [6]. Die Studie von Tang hat den Nachteil, dass die Exspirationsluft außerhalb des 1 m messenden Schlierenspiegels optisch nicht weiterverfolgt werden kann. So konnten Aufnahmen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera zeigen, dass die Aerosolwolke beim Niesen eine Entfernung von bis zu 8 Metern zurücklegt [7]. Tang u. Mitarb. konnten aber nachweisen, dass durch das Tragen einer Mund-Nasenmaske die Aerosolwolke beim Husten in sagittaler Ebene deutlich reduziert werden konnte, es war aber ein deutlicher Luftstrom in der coronaren Ebene nach lateral und aufwärts (zur Stirn hin) sichtbar [8]. Letzteres gilt nur für Masken ohne Exspirationsventil [8]. Obwohl hierzu keine Daten vorliegen, liegt es in der Natur dieser Ventile, den Exspirationsstrom ungefiltert aus dem Ventil auszuführen. Daher sollten zum gegenseitigen Schutz keine Masken mit Exspirationsventil getragen werden, sie schützen nicht vor der exspirierten Luft des Maskenträgers. Auch beim Niesen kann ein Mund-Nasenschutz die exspirierte Aerosolwolke weitestgehend abbremsen [9].

Studien zur Durchlässigkeit von Viren und Bakterien

Bae et al. untersuchten in einem Experiment an 4 Sars-CoV-2-positiven Patienten chirurgische Masken und Baumwollmasken im Hinblick auf deren Fähigkeit, die abgegebenen Viren während eines Hustenmanövers abzufiltern. Dabei wurden Viren-Kulturplatten in 20 cm Abstand vor dem Kopf der Patienten platziert. In dem Experiment wuchsen 2,56 log Virus-Kopien/ml beim Husten ohne Maske, 2,42 log Kopien/ml beim Tragen einer chirurgischen Maske und 1,85 log Kopien/ml beim Tragen einer Baumwollmaske. Die Autoren kamen zum Schluss, dass keine der untersuchten Masken (auch nicht die chirurgische Maske) eine effektive Filterleistung erzielte [10].

Eine differenziertere Betrachtung zur Filterleistung des Maskentuches wie auch zur Reduktion der Keimabgabe beim Hustenmanöver am Menschen zeigt die Arbeit von Davies et al. [11]. Die Studie untersuchte zunächst die Filterleistung des Maskentuches in einem der EN-Norm 14683:2019 + AC:2019 vergleichbaren Versuchsaufbau. Obwohl hier ein Impaktor verwendet wurde, liefert die Studie keine Angaben zu den Charakteristika der verwendeten Aerosole. Gleichzeitig wurde die Luftdurchlässigkeit der Materialien als Maß der zu erwartenden Atemanstrengung bei der Nutzung gemessen. Getestet wurden eine industriell gefertigte chirurgische Maske sowie weitere von Laien produzierte Masken aus verschiedenen Materialien. Die folgende [Tab. 1] fasst die Ergebnisse zusammen:

Tab. 1

nach [11].

Material der Maske

Filterleistung Bakterium
(ca. 1 µm)
in %

Filterleistung Bakteriophage
(ca. 23 nm)
in %

Druckdifferenz
in mbar
(Maß der Atemanstrengung)

Chirurgische Maske

96,4

89,5

5,2

Staubsaugerbeutel

94,4

86

10,2

Geschirrtuch

83,2

72,5

7,2

Baumwolle Mix

74,6

70,2

6,2

T-Shirt aus Baumwolle

69,4

50,9

4,3

Mikroben-dichter Kissenbezug

65,6

69

6,1

Schal

62,3

49

4,36

Kissenbezug

61,3

57

3,9

Leinentuch

60

61,7

4,5

Seidentuch

58

54,3

4,6

Aus der [Tab. 1] wird ersichtlich, dass die normierte chirurgische Maske die beste Filterleistung hat, gleichzeitig aber auch einen geringen Strömungswiderstand, wie anhand der Druckdifferenz erkennbar ist. Andere Stoffe, so z. B. Staubsaugerbeutel oder Geschirrhandtücher, haben nur eine geringere Filterleistung aber einen deutlich höheren Luftwiderstand. Letzteres führt zu einer erhöhten Atemanstrengung und kann vor allem bei älteren und vorerkrankten Patienten problematisch sein. Die Studie von Davies et al. weist aber auch darauf hin, dass bei der Gesamtbetrachtung der Effektivität immer auch die Leckage zwischen Maske und Gesicht zu beachten ist. So konnte bei 21 Probanden eine aus T-Shirt-Stoff hergestellte Maske beim Husten die Keimabgabe zwar etwas weniger gut als eine chirurgische Mund-Nasenmaske verringern, die Reduktion der Keimabgabe durch die T-Shirt-Maske war dennoch signifikant. Untersucht wurde auch die Filterleistung in Bezug auf die Partikelgröße. Hier zeigte sich eine Überlegenheit der chirurgischen Maske im Vergleich zur Maske aus T-Shirt-Stoff nur im Bereich kleiner Partikel (< 1,1 µm). Eine weitere Studie untersuchte die Filterleistung selbstgebastelter Masken aus Sweatshirt-Stoff, T-Shirt-Stoff, Handtuch-Stoff und aus Schals [12]. Die Filterleistung zeigte eine große Bandbreite und lag zwischen 10 und 60 %. Es scheint jedoch auch textile Gewebe zu geben, die nahezu keine Filterleistung aufweisen. So hatte eine Stoffmaske, die in einer klinischen Studie untersucht wurde, lediglich eine Filterleistung von 3 % [13].

Die ausführlichste Arbeit zur Filterleistung verschiedener Gewebestoffe wurde gerade erst veröffentlicht [14]. Hier untersuchten Konda u. Mitarb. die Filtrationsleistung von insgesamt 15 Stoffen und deren Kombinationen (Baumwolle mit 80 und 600 threads per inch (TPI), eine Baumwolldecke, Flanell, synthetische Seide, echte Seide, Spandex, Satin, Chiffon sowie verschiedene Polyester- und Baumwollgemische. Getestet wurde die Filtrationsleistung bei Partikeln größer und kleiner 0,3 µm. Die Filterleistungen der Stoffe lagen zwischen 9 und 99 %. Die Details der Studie sind zu umfangreich, um hier wiedergegeben zu werden. Eine wichtige Botschaft aus dieser Studie ist aber, dass die Qualität eines Baumwollstoffes erheblichen Einfluss auf die Filterleistung hat. Qualität meint hierbei die Fadendichte, die in „threads per inch“ (TPI, Anzahl der Schussfäden auf einer Länge von 2,54 cm) angegeben wird. So hatte der Baumwollstoff mit 80 TPI eine Filterleistung von nur 9 % bei kleinen und 14 % bei großen Partikeln, ein Baumwollstoff mit 600 TPI dagegen eine Filterleistung von 79 % bzw. 98,4 %.

Verwendet man Maskentücher aus mehreren Lagen, so können durch Reibung elektrostatische Kräfte entstehen, die sich positiv auf die Filterleistung auswirken können [15]. Ob dieses Prinzip auch im feuchten Milieu der Ausatemluft zum Tragen kommt, ist bisher nicht untersucht.

Aufgrund der Heterogenität der Materialien, ihrer oft fehlenden Klassifizierbarkeit und fehlender Messungen kann über die Durchlässigkeit der Gewebe keine allgemeine Aussage getroffen werden. Bei Baumwollstoffen scheint die Dichte des Gewebes jedoch erheblichen Einfluss auf die Filterleistung zu haben. Es wäre empfehlenswert, wenn zumindest Hersteller größerer Maskenmengen ihre Produkte auf Partikel-Durchlässigkeit und Luftwiderstand prüfen würden.


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Interventionelle, epidemiologische Studien zum Effekt von Masken

Eine Untersuchung, bei der in französischen Haushalten die Indexperson mit einer Influenzaerkrankung innerhalb von 48 h zum Tragen einer Maske angehalten wurde, fand keine signifikanten Unterschiede bei der Häufigkeit von Influenzasymptomen anderer Haushaltsmitglieder innerhalb des Beobachtungszeitraumes von 7 Tagen [16]. MacIntyre u. Mitarb. randomisierten 245 Indexpatienten mit Influenza-Symptomen in 2 Gruppen [17]. Die erste Gruppe wurde mit medizinischen (chirurgischen) Masken versorgt, der Kontrollarm blieb ohne Intervention. Bei den Haushaltsmitgliedern der Erkrankten kam es nur zu einer Reduktion der respiratorischen Beschwerden im Maskenarm, nicht aber zu einer Abnahme von Influenzasymptomen. Bei beiden Studien [16] [17] wurde jedoch ein nicht signifikanter Trend in Richtung einer Reduktion von Influenzasymptomen in den Haushalten beobachtet, in denen die Indexperson eine Maske trug. Die Autoren weisen jeweils auf die schlechte Power der jeweiligen Studie hin.

Bei den jetzt folgenden Studien handelt es sich um Interventionen innerhalb bestimmter Kohorten, bei denen nicht nur bekannte oder potenzielle Virusspender, sondern auch potenzielle Virusempfänger eine Maske bekamen. Man kann daher nicht klar zwischen der Eigenschutz- und Fremdschutzkomponente der Maskenintervention unterscheiden.

Eine Interventionsstudie, die in Haushalten durchgeführt wurde, in denen ein positiver Influenzafall nachgewiesen wurde, zeigte, dass durch die Kombination aus Handhygiene und dem Tragen einer Mund-Nasenmaske die adjustierte Odds Ratio für die Virusübertragung bei 0,33 lag [18]. Einen ähnlichen Effekt konnten auch Suess et al. nachweisen [19]. Aiello u. Mitarb. publizierten 2 Kohortenstudien in Studentenwohnheimen und konnten zeigen, dass die Nutzung von Masken in Kombination mit regelmäßiger Händedesinfektion das Auftreten von Atemwegserkrankungen in der Influenzasaison 2006/2007 und 2007/2008 reduzierte [20] [21]. Die alleinige Verwendung von Masken zeigte dagegen keinen signifikanten Vorteil. Barasheed et al. untersuchten die Übertragung von Influenza bei Pilgern, die auf engem Raum in Zelten zusammenwohnten, und fanden einen signifikanten Effekt von Masken auf die Reduktion von Influenza-Symptomen [22].


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2. Schutz der Masken-tragenden Person vor Übertragung von infektiösen Aerosolen

Bezüglich der Entstehung und Ausbreitung infektiöser Aerosole verweisen wir hier nochmals auf das Positionspapier der DGP zur Therapie der Corona-Infektion [3]. Viren haben i. d. R. eine Schwellendosis, die erforderlich ist, um eine Infektion auszulösen (minimale Infektionsdosis). Diese Schwellendosis ist für verschiedene Viren sehr unterschiedlich. Für das Norovirus z. B. scheint die mittlere Schwellendosis bei nur etwa 16 Kopien des Virus zu liegen [23]. Beim Influenzavirus dagegen scheinen mehrere hundert Kopien des Virus erforderlich zu sein, wobei die Schwellendosis starken individuellen Schwankungen unterliegt [24] und auch von Wirtsfaktoren abhängt.

Auch für das Coronavirus ist es wahrscheinlich, dass es eine individuelle Schwellendosis gibt, genaue Daten hierzu fehlen jedoch bisher. Ferner gibt es Daten, die einen Zusammenhang zwischen der Viruslast und der Schwere der Erkrankung sehen [25]. Ähnliche Daten gibt es z. B. auch für Influenzaviren beim Menschen [26] sowie aus Tierexperimenten [27] [28], wobei auch die kumulative Dosis bei repetitiver Inhalation eine Rolle zu spielen scheint [29].

Infektion und Schwere der Erkrankung hängen somit sehr wahrscheinlich mit der inhalierten Virendosis zusammen. Somit kann jede Verringerung dieser Dosis von Vorteil sein.

Gase folgen bei ihrer Strömung immer dem Weg des geringsten Widerstandes. Von daher ist, neben der Filterleistung des verwendeten Stoffes bzw. Membran, die Leckage zwischen Maske und Gesicht von entscheidender Bedeutung. Noti et al. konnten in einer Bench-Studie zeigen, dass N 95-Respiratoren (US-Norm: FDA, under 21 CFR 878.4040 bzw. CDC NIOSH under 42 CFR Part 84, dem Pendant der europäischen EN 149-Norm für FFP-Masken) 99,8 % aller Viren abfiltern konnten [30]. Die Filterleistung einer chirurgischen Maske in derselben Studie lag immerhin bei 94,5 %. Zeigten die Masken Leckagen, so sank die Filterleistung auf 64,5 % bzw. 68,5 % ab, sodass die Qualität der Membran gar keinen Einfluss mehr hatte. In dem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass selbst medizinisches Personal häufig Schwierigkeiten hat, einen korrekten und möglichst dichten Sitz der Maske einzustellen [31]. Generell kommen große randomisierte Studien zum Ergebnis, dass N 95- oder FFP-Masken die viralen Infektionen beim Träger im Vergleich zu den einfacheren chirurgischen Masken nicht signifikant senken können [32] [33] [34] [35] [36], im Vergleich mit Kohorten, die gar keine Maske tragen, verringern sie aber die Infektionsraten [34].

In einer multizentrischen Studie wurden insgesamt 1607 Mitarbeiter im Gesundheitssystem in 3 Arme randomisiert: Konsequentes Tragen einer chirurgischen Maske, konsequentes Tragen einer Stoffmaske oder Durchführung des bisherigen Standards (usual care = Tragen einer chirurgischen Maske nach eigener Einschätzung). In der Gruppe der Stoffmaskenträger kam es zu einer höheren Infektionsrate [13]. Allerdings hatte die verwendete Stoffmaske eine Durchlässigkeit für respirable Partikel von insgesamt 97 % (Filterleistung 3 %).

Die Autoren dieser Studie äußern Bedenken in Bezug auf die Verwendung von Stoffmasken. Als Gründe für das erhöhte Infektionsrisiko bei Stoffmaskenträgern wurde genannt:

  1. die durch Feuchtigkeit bedingten besseren Lebensbedingungen für Viren

  2. das mehrfache Benutzen der Masken

  3. die ungenügende Reinigung dieser Masken bei mehrfachem Gebrauch

Weitere Studien zur Selbstschutzfunktion von Stoffmasken konnten die Autoren dieses Positionspapiers zum jetzigen Zeitpunkt nicht finden. Es erscheint aber möglich, dass die Verwendung von Materialien mit höheren Filterleistungen auch den Träger der Maske vor viralen Infektionen schützen. Die Tatsache, dass z. T. sehr hohe Filterleistungen mit handelsüblichen, nicht medizinischen Stoffen erreicht werden können, zeigt die Studie von Konda et al. aus dem April 2020 sehr eindrucksvoll [14].

Ein Schwellenwert, ab dem eine Filterleistung einen protektiven Effekt hat, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher bestimmt werden. Der Infektionsschutz hängt in diesem Zusammenhang nicht nur von der Filterleistung der Maske alleine, sondern auch von minimaler Infektionsdosis, Kontagiosität des Virus und von Wirtsfaktoren ab.


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Maskeneinsatz bei Patienten mit kardialen oder pulmonalen Vorerkrankungen

Diese Patientengruppen haben häufig eine geringere respiratorische Reserve und können daher eine zusätzliche Belastung der Atmung schlechter kompensieren. Beim Einsatz von Mund-Nasenmasken sind hier zwei Mechanismen von Bedeutung:

  1. Erhöhung des Totraumvolumens: Dies setzt voraus, dass ein zusätzlicher Teil der Atemluft bei der Atmung keinen Austausch mit der Raumluft erfährt. Das zusätzliche Volumen, welches sich zwischen der Maske und dem Gesicht des Maskenträgers befindet, ist bei den nun empfohlenen Mund-Nasenmasken sehr gering, da sie eng am Gesicht aufliegen. Dieser zusätzliche Totraum ist bei sonst gesunden Erwachsenen zu vernachlässigen. Bei Kindern ist er relativ zur Minutenventilation gesehen größer, hier sollte vor allem darauf geachtet werden, dass die Masken keinen zusätzlichen Totraum (Hohlkörper vor dem Gesicht) bieten.

  2. Steigerung der Atemarbeit: Das Atmen durch ein Maskentuch stellt einen zusätzlichen Widerstand für die Atemmuskeln und somit eine Belastung der Atmung dar. Deswegen testet die EN-Norm 14683:2019 + AC:2019 (Norm für medizinische Gesichtsmasken) neben der bakteriellen Dichtigkeit des Maskentuches auch den Widerstand des Tuches, wie oben beschrieben. Generell wird ein erhöhter Widerstand bei der Atmung (z. B. vergleichbar mit der Atmung durch einen Strohhalm) die Atemarbeit erhöhen und bei Patienten mit COPD, restriktiven Thorax- oder Lungenerkrankungen, starkem Übergewicht oder Muskelerkrankungen potenziell zu einer Überlastung der Atemmuskulatur und zu einem PaCO2-Anstieg führen. Bei COPD-Patienten, die eine 6-Minuten-Wegstrecke mit und ohne N 95-Respirator absolvierten, unterschieden sich folgende Parameter signifikant (Werte jeweils ohne und mit Maske): Herzfrequenz (87,7 BPM vs. 92,2 BPM), Atemfrequenz (23,3 vs. 25,7 Atemzüge/Minute), Sauerstoffsättigung (93,8 % vs. 93 %) endtidales CO2 (34 mmHg vs. 35,5 mmHg) [37]. Insgesamt konnten 7 von 97 Probanden die Wegstrecke mit Maske nicht tolerieren. Prädiktoren für die Intoleranz waren ein MRC-Score > 3 und eine FeV1 < 30 % des Sollwertes. Bei Patienten mit Ruhe- oder Belastungsdyspnoe und/oder eingeschränkter Lungenfunktion kann die Bestimmung einer Blutgasanalyse mit Mund-Nasenmaske, idealerweise unter körperlicher Belastung (z. B. 6-Minuten-Wegstrecke) daher weiterhelfen. Studien zum Tragen von Mund-Nasenmasken bei Patienten, die eine Sauerstofftherapie benötigen, konnten die Autoren zum aktuellen Zeitpunkt nicht finden. Drei Aspekte scheinen hier aber von Bedeutung zu sein:

    1. Der Sauerstofffluss wird eher zu einer zusätzlichen Auswaschung der Exspirationsluft führen und den funktionellen Totraum daher eher verkleinern.

    2. Die Führung des Sauerstoffschlauches zwischen Gesichtshaut und Maske kann zu einer zusätzlichen Leckage führen und die Effektivität der Maske so herabsetzen.

    3. Mobile Sauerstoffkonzentratoren haben am Lufteingang lediglich einen Grobpartikelfilter, der aber keine Viren-tragenden Aerosole abfiltert. Am Geräteausgang befindet sich i. d. R. ein zweiter Filter, der bei einigen Herstellern als Bakterienfilter deklariert wird. Ob der Ausgangsfilter auch Viren-tragende Partikel abfiltern kann, muss im Einzelfall mit dem Hersteller geklärt werden. Anderenfalls könnten infektiöse Partikel so theoretisch über den Konzentrator und die Sauerstoffbrille direkt in die Atemwege gelangen.


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Zusammenfassung

Nicht-medizinische, aus Stoffen hergestellte Masken, haben einen Fremdschutzeffekt. Ein Selbstschutzeffekt ist wahrscheinlich, in klinischen Studien jedoch noch nicht belegt. Die Filterleistung verschiedener Stoffe variiert erheblich. Das hat einen Effekt auf die Effektivität bei Fremd- und Selbstschutz.

Kernaussagen

Kernaussage 1: Nicht medizinische Mund-Nasenmasken bieten einen nachgewiesenen Fremdschutz. Ein Selbstschutz ist nicht nachgewiesen, aber wahrscheinlich.

Kernaussage 2: Durch das Tragen von Mund-Nasenmasken wird die exspirierte Aerosolwolke in ihrer Ausdehnung zu einer gegenüberstehenden Person reduziert, jedoch nach lateral und kranial in geringem Maße umgeleitet. Der propagierte Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern erscheint an Hand der publizierten Daten zu exspirierten Aerosolwolken ausreichend zu sein.

Kernaussage 3: Der schützende Effekt der Maske kommt vor allem innerhalb von geschlossenen Räumen zum Tragen. Unter freiem Himmel kann bei Einhalten des Sicherheitsabstandes auf den Mundschutz verzichtet werden.

Kernaussage 4: Masken mit Exspirationsventil sollten zum gegenseitigen Schutz nicht eingesetzt werden.

Kernaussage 5: Mehrlagige Membranen können durch Reibung eine elektrostatische Aufladung erfahren und so die Effektivität des Filters steigern.

Kernaussage 6: Selbstgefertigte Masken aus verschiedenen Tuchgeweben sind in der Lage, einen Anteil der Bakterien und Viren zu filtern. Die Filterleistung der verschiedenen Materialien ist sehr unterschiedlich. Auf die regelmäßige Reinigung der Maske ist unbedingt zu achten.

Kernaussage 7: Eine geringere Luftdurchlässigkeit ist i. d. R. mit einer besseren Filterleistung verbunden, erhöht aber auch die Belastung der Atempumpe. Bei der Materialauswahl sollte darauf geachtet werden, dass längeres (dauerhaftes) Atmen durch die anliegende Maske möglich ist.

Kernaussage 8: Hersteller größerer Maskenchargen sollten ihre Gewebe auf Filterleistung und Luftwiderstand prüfen lassen. Hierbei können z. B. die Verfahren der EN 14683:2019 + AC:2019 eingesetzt werden.

Kernaussage 9: Bei Patienten mit Herz- und Lungenerkrankungen und vorhandener Ruhe- oder Belastungsdyspnoe und/oder eingeschränkter Lungenfunktion (FeV1 < 30 % des Sollwertes) sollte eine Blutgasanalyse bei anliegender Maske, idealerweise unter Belastung, durchgeführt werden.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Korrespondenzadresse

PD Dr. Dominic Dellweg
Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft GmbH, Akademisches Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität Marburg, Schmallenberg Grafschaft
Anno-Straße 1
57392 Schmallenberg

Publication History

Article published online:
20 May 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

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