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DOI: 10.1055/a-1186-0223
Die Einstellung deutscher Hausärzte zu rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit
German Family Practitioners’ Attitude toward the Legal and Economic Framework of their Professional WorkZusammenfassung
Der medizinisch-technische Fortschritt, die demografische Entwicklung und ein verändertes gesellschaftliches Verständnis von Gesundheit und Krankheit verändern die Anforderungen an die moderne hausärztliche Medizin. Parallel wächst der privat finanzierte sekundäre Gesundheitsmarkt. Die hausärztliche Tätigkeit ist durch die Vorgaben des Sozialgesetzbuches (wirtschaftlich, angemessen, notwendig, zweckmäßig), zunehmend auch von der ökonomischen Ausrichtung des sekundären Gesundheitsmarktes und von rechtlichen Fragestellungen geprägt. Um die Auswirkungen dieser Entwicklung zu erfassen, wurden deutsche niedergelassene Hausärzte zu den hieraus resultierenden Einstellungen und Konsequenzen befragt. An der vorliegenden Untersuchung nahmen 500 Hausärzte per Online-Umfrage zur ärztlichen Tätigkeit teil. Der verwendete Fragebogen wurde auf Grundlage halbstrukturierter Interviews entwickelt und vorgetestet. Er enthielt Items zur Einstellung gegenüber dem sekundären Gesundheitsmarkt sowie zu wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen. Die Stichprobe teilnehmender Hausärzte war, mit Ausnahme des Geschlechts, repräsentativ für niedergelassene Hausärzte in Deutschland. Jeder zweite Hausarzt lehnte eine private Honorierung von Gesundheitsleistungen ab. Der Einfluss medizinfremder Akteure auf ärztliche Maßnahmen wurde von 75% negativ wahrgenommen. Der Aussage, dass eine Integration innovativer Versorgungskonzepte durch die Digitalisierung die Patientenversorgung verbessert, stimmten nur 8% der Teilnehmer zu, während 37% diese Aussage ablehnten. 41% der Befragten befürworten eine stärkere rechtliche Überwachung wegen des zunehmenden negativen Einflusses der Privatisierung. Allerdings empfanden etwa zwei Drittel der Teilnehmer die aktuelle Gesetzgebung, darunter die Verabschiedung des Antikorruptionsgesetzes 2016, als unangemessen. Das Vertrauen von Hausärzten in die juristische Strafverfolgung medizinischer Tatbestände ist nur gering. Das hausärztliche Selbstverständnis wird sich durch eine stärkere Integration wirtschaftlicher und rechtlicher Aspekte ändern, welches für eine moderne Hausarztmedizin erforderlich ist. Eine kritische Diskussion zu möglichen Folgen der Wettbewerbsorientierung muss jegliche innovative Versorgung streng begleiten. Die Verknüpfung des klassischen Gesundheitssystems mit dem sekundären Gesundheitsmarkt bietet neben der Gefahr der Ökonomisierung einer Praxis auch Chance zur Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität.
Abstract
Advances in medical technology, demographic developments and changes in society’s understanding of health and illness are altering the requirements in modern family medicine. In parallel, the privately financed secondary health care market is growing. The practice of family medicine is shaped by the regulatory environment of the Code of Social Law (economical, reasonable, necessary, practicable) but now increasingly by the economic orientation of the secondary health care market and by legal questions as well. To capture the implications of these developments, German family practitioners were surveyed about the resultant attitudes and consequences. A total of 500 family doctors took part in an online survey regarding the medical practice. The questionnaire was developed and pre-tested on the basis of semi-structured interviews. It contained items related to the implications of the secondary health care market as well as questions about commercial and legal consequences. Except for the sex of participants, the sample was representative of the overall distribution of family practitioners in Germany. Every second doctor practicing family medicine dislikes private payment for health care services; 75% perceived negatively the influence of non-medical actors in the public health sector on medical measures. Only 8% of the participants agreed with the statement that integration of innovative care concepts through digitalization improved patient care while 37% rejected it; 41% of those surveyed advocated stronger legal monitoring due to the increasingly negative influence of privatization. However, approximately two-thirds of the participants felt that current legislation, including the passage of the Anti-Corruption Law of 2016, was inadequate. The confidence of family doctors in legal prosecution for medical criminal acts was minimal. The self-image of family medicine will change through stronger integration among the commercial and legal aspects, which will be necessary for modern family medicine. A critical discussion regarding the possible effects of a competitive orientation must closely accompany any innovative care. In addition to the risk of the economization of practices, combining the classical health care system with the secondary health care market also offers opportunities to improve the quality of medical care.
Schlüsselwörter
Hausarzt - Wirtschaftlichkeit - rechtliche Regelungen - IGeL-Leistungen - AntikorruptionsgesetzKey words
family practitioner - economic viability - legal regulation - private payment - anti-corruption lawPublication History
Article published online:
01 July 2020
© 2020. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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