In den zehn Jahren seit der Publikation der ersten Österreichischen
Bewegungsempfehlungen [4] waren in vielen
Bereichen Weiterentwicklungen zu beobachten, die eine Aktualisierung der
Empfehlungen nahelegen. Dazu gehören neben den neuen
österreichischen Daten zum Bewegungsverhalten insbesondere die
Amerikanischen Bewegungsempfehlungen 2018 [5],
die auf einer umfangreichen wissenschaftlichen Dokumentation beruhen. Die gemeinsame
Forschungsstelle der Europäischen Kommission hat im Mai 2019 unter dem Titel
„Körperliche Aktivität und sitzende Lebensweise“
ebenfalls ein Leitdokument veröffentlicht, in dem der aktuelle
Forschungsstand zum Thema zusammengefasst ist [6]. Auf Ebene politischer Zielsetzungen wurden mit dem „Global
Action Plan on Physical Activity 2018–2030“ der WHO
Bewegungsförderungsmaßnahmen schließlich vier Aktionsfeldern
zugeordnet und 20 politische Umsetzungsstrategien vorgeschlagen [7].
Diese Entwicklungen galt es im Rahmen einer Aktualisierung der
Österreichischen Bewegungsempfehlungen zu integrieren. Das Kernelement
dieser Empfehlungen bleibt jedoch die Beantwortung der Frage: „Wie viel
Bewegung ist empfehlenswert?“ Eine Antwort für verschiedene
Zielgruppen zu finden, ist nicht einfach. Zu unterschiedlich sind die
Zugänge, weil gute Gesundheitsförderung (und auch
Bewegungsförderung) voraussetzt, Bevölkerungsgruppen dort abzuholen,
wo sie sich befinden, und Ziele vorzugeben, die erreichbar sind. Diese Ziele sehen
für 25-jährige Freizeitsportlerinnen und -sportler anders aus als
bspw. für 50-jährige, körperlich inaktive Personen mit
Risikofaktoren. Die Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung sind daher
nach Altersgruppen gegliedert. Darüber hinaus wurden in diese Aktualisierung
auch spezifische Empfehlungen für Frauen während bzw. nach der
Schwangerschaft sowie Empfehlungen für Erwachsene mit chronischen
Erkrankungen aufgenommen. Zudem wird explizit darauf hingewiesen, dass die
Bewegungsempfehlungen für Menschen ohne und mit Körper-, Sinnes-
oder Mentalbehinderung gelten. Es versteht sich von selbst, dass die Altersgrenzen
nicht starr sind und bei der Anwendung der Empfehlungen der gesundheitliche
Gesamtzustand individuell berücksichtigt werden muss.
In dieser Sonderausgabe der Zeitschrift „Das Gesundheitswesen“ werden
die österreichischen Bewegungsempfehlungen samt Hintergrundinformationen
dargestellt. Die Kernempfehlungen werden für Frauen während der
Schwangerschaft und danach, Kinder im Kindergartenalter und Kinder und Jugendliche
[8] sowie für Erwachsene und
ältere Erwachsene ohne und mit Körper, Sinnes- oder
Mentalbehinderung und für Erwachsene mit chronischen Erkrankungen [9] dargestellt. Um diese Kernempfehlungen
besser interpretieren zu können, werden Grundbegriffe der Bewegungs- und
Trainingslehre erklärt, der Zusammenhang zwischen Bewegung und Gesundheit
dargestellt, und, damit Bewegung keine nachteiligen Folgen für die
Gesundheit hat, Informationen in Bezug auf Sicherheit während
körperlicher Aktivität gegeben [10]. Das Bewegungsverhalten der Österreicherinnen und
Österreicher, Kosten aufgrund mangelnder Bewegung und Umsetzungsempfehlungen
auf unterschiedlichen Ebenen zur Bewegungsförderung werden in einem eigenen
Artikel dargestellt [11]. Zusätzlich
wird in einem Originalbeitrag der Zusammenhang zwischen Bewegungsdeterminanten, dem
Bewegungsverhalten und der Gesundheit in den österreichischen
Bundesländern aufgearbeitet [12].
Die Mitglieder der Kompetenzgruppe Körperliche
Aktivität/Bewegung/Sport der Österreichischen
Gesellschaft für Public Health, die als Arbeitsgruppe die
österreichischen Bewegungsempfehlungen formulierten, waren von der
Überzeugung getragen, dass diese Empfehlungen einen wichtigen Eckpfeiler
für gesundheitsorientierte Bewegungsförderung darstellen. Dies setzt
jedoch voraus, dass diese Empfehlungen breite Akzeptanz bei all jenen Personen
finden, die sich im Sinne von „Health in all policies“ für
„Bewegung in all policies“ einsetzen und zu deren Verbreitung
beitragen. Daher wurde bei den entsprechenden Zielgruppen Feedback zu den
Bewegungsempfehlungen eingeholt und eingearbeitet.
Die Veröffentlichung dieser Empfehlungen ist mit dem dringenden Wunsch
verbunden, dass Personen aus dem Bereich Gesundheits- und Bewegungsförderung
diese aufgreifen und im eigenen Umfeld einsetzen. Das wäre einerseits ein
wichtiger Beitrag dazu, die Bewegungskompetenz und damit die Gesundheitskompetenz
der Bevölkerung zu steigern, und andererseits eine Chance, dass
Österreich bewegungsfreundlicher wird und mehr Menschen die Vorteile
gesundheitswirksamer Bewegung für sich entdecken können.